LG München: “www.rechtsanwaelte.de”

Landgericht München I

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 7 O 5570/00Verkündet am 16. November 2000

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die rechtliche Zulässigkeit der Internet-Domain “www.rechtsanwaelte.de”.Die Kläger betreiben eine Rechtsanwaltskanzlei in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Sieunterhalten Büros in München und Berlin. Die Beklagten betreiben eine Rechtsanwaltskanzlei in Köln. Fürdie Kanzlei der Kläger ist seit 1995 die streitgegenständliche Domain konnektiert. Daneben nutzen dieKläger die Domain “www.graefe-partner.de”. Außerhalb des Internets treten die Kläger weder aufVisitenkarten, noch auf Geschäftspapier oder im Kanzleiprospekt unter der Domain”www.rechtsanwaelte.de” in Erscheinung. Mittlerweile wurde die Konnektierung aufgehoben; die Klägersind gleichwohl weiterhin Inhaber der streitgegenständlichen Domain.Die Beklagten haben die Kläger mit Schreiben vom 16.03.2000 gemäß dem im klägerischen Antragauszugsweise wiedergegebenen Schreiben abgemahnt.Die Kläger behaupten, die Domain “rechtsanwälte.de” sei in keiner der gängigen Suchmaschinen zufinden. Durch die streitgegenständliche Domain werde nicht der Eindruck erweckt, die Kanzlei der Klägersei die einzige Anwaltskanzlei in München bzw. Deutschland. Der Nutzer erwarte im übrigen auch keinenvollständigen Überblick über alle Anbieter hinter einer Domain wie der der Kläger. Niemand erwarte, daßes sich bei der Domain “rechtsanwaelte.de” um ein Portal handele, mit dem sämtliche deutschenRechtsanwälte aufgefunden werden könnten. Deshalb nehme auch kein Nutzer eine Direkteingabe ausdieser Motivation heraus vor. Die Konnektierung der Domain schaffe auch keinen relevanten Vorteil etwaim Sinne einer Kanalisierung. Der rechtssuchende Internetnutzer suche nicht pauschal nachRechtsanwälten, sondern entweder thematisch oder lokal. Einem solchen Suchverhalten entspreche dieklägerische Domain nicht; deshalb sei sie zur Kanalisierung nicht geeignet. Eine Kanalisierung trete auchdeshalb nicht ein, weil Suchmaschinen regelmäßig jedwede Kombination des Suchwortes”Rechtsanwälte” anzeige, ohne dabei die streitgegenständliche Domain zu bevorzugen.Die Kläger sind der Ansicht, die Beklagten berühmten sich zu Unrecht der geltend gemachtenUnterlassungsansprüche. Bei der Domain “rechtsanwaelte.de” handele es sich nicht um Werbung,sondern lediglich um die alphabetische Version eines ansonsten numerisch gekennzeichnetenRechnerplatzes. Die Kläger meinen, von der vielfachen Verwendung von beschreibenden Domains durchRechtsanwälte könne auf eine Branchenübung geschlossen werden. Außerdem sei die Ausnutzungbestimmter Suchgewohnheiten der Internetnutzer grundsätzlich wettbewerbsrechtlich nicht anstößig.

Die Kläger beantragen daher,

1. festzustellen, daß den Beklagten die Ansprüche nicht zustehen, derer sie sich gegenüberden Klägern … mit Schreiben vom 16. März 2000 (Anlage K 1) berühmen:”Wir Rechtsanwälte … verpflichten uns hiermit gegenüber den Anwälten … in Köln, es absofort zu unterlassen, im rechtsgeschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken im Internetunter der Domain http://www.rechtsanwaelte.de für meine Kanzlei zu werben.Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichten wir uns zur Vertragsstrafe in Höhe von10.000,00 DM, wobei unter Ausschluß eines Fortsetzungszusammenhangs jedeRechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr als neuer Verstoß gilt.”

2. festzustellen, daß den Beklagten die Ansprüche nicht zustehen, derer sie sich gegenüberden Klägern … mit Schreiben vom 16.03.2000 (Anlage K 2) berühmen:”Wir, Rechtsanwälte … und … verpflichten uns hiermit gegenüber den Anwälten … in Köln, esab sofort zu unterlassen, im rechtsgeschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken imInternet unter der Domain http://www.rechtsanwaelte.de für meine Kanzlei zu werben.Für jeden Fall der Zuwiderhandlung verpflichten wir uns zur Vertragsstrafe in Höhe von10.000,00 DM, wobei unter Ausschluß eines Fortsetzungszusammenhangs jedeRechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr als neuer Verstoß gilt.”

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die streitgegenständliche Domain sei im Internet durch eine Vielzahl von Linksbeworben worden und über die Suchmaschinen “Altavista Search” und “Metacrawler” auffindbar gewesen,ehe die Kläger die Domain vom Netz nehmen ließen. Die Kläger kanalisierten durch ihre Domain”rechtsanwaelte.de” die Kundenströme, da ein nicht unerheblicher Teil der Internetnutzer versuche, durchDirekteingaben unmittelbar zum Ziel zu gelangen, ohne vorher die zeitraubenden Suchmaschinen genutztzu haben. Die Beklagten haben als Beleg der von ihnen behaupteten Suchgewohnheit der Direkteingabeeine im Internet veröffentlichte Nutzeranalyse von “Fittkau & Maaß” vorgelegt. Dieser Studie zufolge habenvon knapp 30.000 befragten deutschsprachigen Internetnutzern auf die Frage “Wie machen Siewww-Adressen bzw. -Seiten ausfindig, die Sie noch nicht kannten?”, bei der Mehrfachnennungen möglichwaren, 49,1 % der Nutzer angegeben, sie würden “durch Eintippen/Ausprobieren der Adresse bzw. URL”fündig, während 70,6 % der Befragten angaben, “Suchmaschinen/Navigationshilfen, Webkataloge” zunutzen. Die Beklagten tragen weiter vor, durch die streitgegenständliche Domain würde beim Nutzer derEindruck erweckt, er finde hier zumindest einen Großteil der in Deutschland ansässigen Rechtsanwälte.Dies entspreche den Gegebenheiten anderer Suchdienste (Anwaltssuchservice, interlex, advopolis,law-line etc.). Die Verwendung von Gattungsbegriffen erfolge nur mit dem Ziel, potentielle Mandantenabzufangen.Die Beklagten sind der Ansicht, sie hätten gegenüber den Klägern einen Anspruch auf Unterlassung derNutzung der streitgegenständlichen Domain ohne einen unterscheidungskräftigen Zusatz, weil diese inwettbewerbswidriger Weise behindernd und irreführend sei, §§ 1, 3 UWG. Dies ergebe sich aus eineranalogen Anwendung des § 8 MarkenG. Die alleinige Besetzung des Gattungsbegriffes “Rechtsanwälte”im Internet komme einer Alleinstellungsbehauptung gleich. Letztlich verstoße die klägerische Domain auchgegen das Standesrecht der Rechtsanwälte, § 43 b BRAO.Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Akteninhalt sowie die nachfolgenden Ausführungen in denEntscheidungsgründen Bezug genommen.

Entscheidungsgünde:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

1. Das LG München ist sachlich und örtlich zuständig. Gerichtsstand ist jeder für die umgekehrteLeistungsklage zulässige Gerichtsstand (Thomas/Putzo, ZPO, § 256 Rn. 2). Die Kläger der negativenFeststellungsklage haben ihren allgemeinen und besonderen Gerichtsstand in München, § 12 ZPO, § 24UWG.

2. Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO kann den Klägern nicht abgesprochen werden. DieBeklagten haben die Kläger abgemahnt und sich dabei eines Unterlassungsanspruches berühmt.

II.

Die Feststellungsklage ist unbegründet. Die Kläger sind zur Unterlassung der Verwendung der Domain”www.rechtsanwaelte.de” verpflichtet. Die Verwendung dieser Domain durch die Kläger ohneunterscheidungskräftige Zusätze stellt eine wettbewerbswidrige Behinderung des Leistungswettbewerbeszu Lasten der Beklagten dar, § 1 UWG.

1. Die Verwendung der angegriffenen Domain führt zu einer unlauteren Absatzbehinderung der Beklagten.Wie alle Gattungsbezeichnungen kann auch die Domain “rechtsanwaelte.de” als eine prägnante, imInternet leicht auffindbare und daher wirtschaftlich besonders interessante Domain charakterisiert werden.Die Verwendung der streitgegenständlichen Domain ist insofern bestimmt und geeignet, all diejenigenpotentiellen Mandanten der Beklagten im Wege der internetspezifischen Kanalisierung vonKundenströmen abzufangen und auf die Homepage der Kläger zu leiten, die im Internet eineAnwalts-Recherche mittels der Direkteingabe der Berufsbezeichnung “Rechtsanwälte” unternehmen.Dadurch wird es den Mitbewerbern regelmäßig unmöglich gemacht, diesem Mandantenkreis ihre Leistunganzubieten. Ein sachlicher Leistungsvergleich wird auf diese Weise vereitelt.a. Die Beklagten konkurrieren mit den Klägern auf dem überregionalen Markt der Anwaltsdienstleistungen.Wie in anderen Branchen wird das Internet auch im Bereich der Anwaltsdienstleistungen als bedeutendesWerbemittel betrachtet und zur Mandantenaquirierung genutzt. Dabei spielt die Domain eine bedeutendeRolle. Beide Parteien unterhalten Homepages, die jeweils darauf angelegt sind, den Rechtsrat suchendenInternetnutzer umfassend über das eigene Leistungsangebot zu informieren sowie die Leistungsfähigkeitder Kanzlei darzustellen. Die Kläger bedienen sich dabei als Domain einer rein beschreibenden Gattungs-oder Branchenbezeichnung, nämlich schlicht der allein üblichen Berufsbezeichnung “Rechtsanwälte”. DieEntscheidung für eine Gattungsbezeichnung ist im Internet beliebt und verbreitet (vgl. nur Ubber, WRP1997, 497 (510); Sosnitza, K & R 2000, 209). Die Verwendung einer solchen Gattungsbezeichnung kannaus naheliegenden Gründen eine besondere Attraktivität für sich in Anspruch nehmen: ihre Verwenderversprechen sich davon einen erleichterten und damit erhöhten Zugriff auf ihre Websites (vgl. nur Ubber,WRP 1997, 497 (510); Sosnitza, K & R 2000, 209; Kur, CR 1996, 325 (328)). Eine solcheErwartungshaltung wird vor allem durch das Suchverhalten der Internetnutzer gerechtfertigt. Diesebedienen sich bei ihrer Suche häufig der Möglichkeit der Direkteingabe, anstatt auf die Leistungen vonSuchmaschinen zuzugreifen. In dieser Weise verfährt ein wettbewerblich relevanter Teil der Nutzer.b. Wie das OLG Hamburg Urt. v. 13.07.1999 – 3 U 58/98; abgedruckt in K & R 2000, 190 -mitwohnzentrale.de) vermag auch die Kammer die Suchgewohnheiten der Internetnutzer aus eigenerSachkunde heraus zu beurteilen. Das Internet ist ein sich an Letztverbraucher richtendesInformationsmedium des täglichen Bedarfs. Die Kammermitglieder nutzen das Internet selbst,regelmäßig, privat und beruflich. Sie zählen sich daher zu den angesprochenen Verkehrskreisen. Die nichtnäher dargelegten Behauptungen der Kläger hinsichtlich der Einschätzung des Suchverhaltens vonInternetnutzern können das von der Kammer nachfolgend dargelegte Verständnis nicht ernsthaft in Fragestellen. Die klägerseits in der mündlichen Verhandlung angeregte Einholung einesSachverständigengutachtens bzw. einer Verbraucherbefragung erübrigt sich deshalb.c. In Übereinstimmung mit den Feststellungen des OLG Hamburg zur Frage der Suchgewohnheiten vonInternetnutzern ist insoweit davon auszugehen, daß sich ein einheitlicher Typus desInformationssuchenden im Internet nicht ausmachen läßt. Die Suchgewohnheiten bestimmen sichvielmehr individuell nach verschiedenen Faktoren wie Alter, Bildung, Interessen, Vorkenntnissen,Suchgegenstand (allgemein oder speziell), Erfahrung im Umgang mit dem Medium Internet, für dieRecherche zur Verfügung stehende Zeit etc. Die Nutzergewohnheiten entsprechen dabei den vielfältigenstrukturellen Möglichkeiten des Internets. Neben dem Zugriff auf Suchmaschinen oder dem Mittel derDirekteingabe kommt neben vielen anderen Möglichkeiten beispielhaft auch die Methode in Betracht, sichentlang der auf den verschiedenen Websites vorgefundenen Links zu orientieren. Während der Erfolg derDirekteingabe einer Domain, hinter der der Suchende die ihn interessierenden Informationen vermutet, vonderen Existenz abhängt, sieht sich der eine Suchmaschine zur Hilfe nehmende Nutzer meist mit einemnur mit erheblichem Zeitaufwand zu bewältigenden, unübersichtlichen Suchergebnis konfrontiert. Dabeierhält der Suchende regelmäßig unzählige unbrauchbare Verweise, die es durch das mühsame undzeitraubende Aufrufen der jeweiligen Seiten auszusortieren gilt; dies insbesondere dann, wenn das Themader Suche sehr allgemein gehalten ist: wird beispielsweise nach einem bestimmten Gesetz gesucht, istdas von der Suchmaschine ermittelte Ergebnis aufgrund der exakten Suchanfrage quantitativ regelmäßigsehr viel begrenzter, treffender und damit brauchbarer, als wenn andererseits etwa ganz allgemein nach”Rechtsanwälten” gesucht wird, die von den Suchmaschinen in großer Zahl im Netz aufgefunden werden.In letzterem Falle muß sich der Nutzer in aller Regel durch eine mehrere zehntausend Einträgeumfassende Ergebnisliste arbeiten. Es bedarf keiner näheren Begründung dafür, daß dieses Manko derSuchmaschinen als benutzerunfreundlich empfunden wird. Hinzu kommt das große Angebot sowie dieunterschiedliche Funktionsweise und Leistungsfähigkeit der über 1.000 im Internet verfügbarenSuchmaschinen. All dies veranlaßt einen nicht unerheblichen Teil der Nutzer zu einer deutlichenZurückhaltung bei der Verwendung von Suchmaschinen. Erfahrungsgemäß werden diese insbesonderedann nachrangig zur Hilfe genommen, wenn es sich um ein allgemeines Suchthema handelt. Der Nutzerist dann – wie das OLG Hamburg zutreffend ausführt – geneigt, eine andere Suchstrategie anzuwenden,um die gewünschten Informationen mit möglichst geringem Aufwand zu erlangen. Insoweit bietet sich alseinfacherer Weg zur Erzielung eines zufriedenstellenden Ergebnisses vor allem die Direkteingabeverschiedener, in Bezug auf das Suchthema naheliegender Domains an. Dabei nimmt der Nutzer nachdem Prinzip “Trial and Error” in Kauf, daß die Erfolgsaussichten dieser Vorgehensweise unsicher sind.Der Internetnutzer weiß andererseits, daß die Verwendung allgemeiner, nicht kennzeichnungskräftigerGattungsbezeichnungen als Domainnamen weit verbreitet ist und bei Direkteingabe zielsicheren Zugriffauf die gewünschten Informationen und Anbieter gewährleistet. Deshalb wird ein nicht unerheblicher Teildes Verkehrs mit der Eingabe einer Branchenbezeichnung die Erwartung verbinden, hierdurch auch ohneKenntnis des Namens konkreter Anbieter an das gewünschte Ziel zu gelangen (Sosnitza, K & R 2000, 209(212), Bettinger, CR 1997, 273; Ubber, WRP 1997, 497). Diese Erwartung wird in einer Reihe von Fällenauch nicht enttäuscht. So findet der Nutzer etwa unter der Domain www.suchmaschinen.de eineÜbersicht über eine Vielzahl der in Deutschland gängigen Internet-Suchprogramme mit weiterführendenHinweisen zu deren Umfang und Leistungsfähigkeit (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 13.07.1999, S. 13]). DieDomain www.anwaltsuchservice.de eröffnet den Zugriff auf eine umfangreiche Datenbank, mit deren HilfeRechtsanwälte aufgefunden werden können. Es liegt auf der Hand, daß der Suchstrategie derDirekteingabe die Bevorzugung solcher Anbieter, die sich im Netz mit einer prägnanten, aussagekräftigenAdresse präsentieren können, immanent ist (so auch Kur, CR 1996, 325 (328)).Die von der Kammer durch richterliche Sachkunde bei den maßgeblichen Verkehrskreisen als verbreitetfestgestellte Suchgewohnheit der Direkteingabe wird im übrigen unabhängig hiervon nicht nur durch dasOLG Hamburg, das OLG Braunschweig (CR 2000, 614 (615) – stahlguss.de) und die einschlägigerechtswissenschaftliche Literatur (etwa Sosnitza, K & R 2000, 210; Kur, CR 1996, 325 (328)), sondernauch durch die von den Beklagten zwar vorgelegte, aber nicht in Auftrag gegebene Erhebung über dasNutzverhalten im Internet bestätigt. Die Kammer hat keinen Anlaß, an der Objektivität der von derBeklagten vorgelegten Erhebung zu zweifeln.d. Die Kläger nutzen diese Verbrauchergewohnheiten in wettbewerbswidriger Weise aus. Mit derVerwendung des Branchenbegriffes “Rechtsanwälte” neben ihrer vergleichsweise unbekannten undweitaus weniger einprägsamen Domain www.graefe-partner.de lenken sie all diejenigen Nutzer auf ihreHomepage, die sich mittels der Direkteingabe der streitgegenständlichen Domain ohne konkrete Kenntnisdes Website-Betreibers und -inhalts ganz allgemein Informationen über Rechtsanwälte, nicht jedochausschließlich über einen einzelnen Anbieter wie die Kanzlei der Kläger verschaffen wollen. Dabei geht dieKammer davon aus, daß eben diese Kanalisierung – und nicht wie die Kläger glauben machen wollenlediglich die numerische Kennzeichnung eines Rechnerplatzes – Zweck der Konnektierung der Domain”rechtsanwaelte.de” ist. Das kommt auch in dem Artikel des Klägers zu 1 in der Zeitschrift “DerMarkenartikel” Ausgabe 3 1996, S. 100 (103) deutlich zum Ausdruck. Der Kläger zu 1 schreibt dort:”Es ist durchaus denkbar, daß der Anmelder einer Domain-Adresse … ein Sachgebiet für sich in Anspruchnimmt: Ärzte, Kunstsaustellungen, Auktionen, Börse, Banken oder die Bezeichnung sonstigerDienstleistungs- oder Produktionsbranchen. Dies hat zur Folge: Jeder Internet-Nutzer, der beispielsweise”Ärzte” wählt, wird auf eben diesen Inhaber des Domain-Namens stoßen. Andere sind ausgeschlossen.Ein kennzeichenrechtliches Thema ist dies nicht. Zu prüfen sind Grundsätze desBehinderungswettbewerbes…”Angesichts dieser Umstände hegt die Kammer keinen Zweifel daran, daß sich die Kläger diestreitgegenständliche Domain ganz bewußt zum Zwecke der Kanalisierung von Kundenströmen und demdamit einhergehenden Ausschluß von Mitbewerbern von der Mitnutzung dieses Gattungsbegriffes imInland gesichert haben.e. Angesichts des von den Klägern auf ihrer Homepage dargestellten umfangreichen Leistungsangebotes,welches auch Spezialbereiche mit einschließt, ist die Homepage der Kläger objektiv geeignet, die derartfündig gewordenen Interessenten zu veranlassen, die Leistungen der Kläger in Anspruch zu nehmen,ohne ihre Suche nach weiteren Anbietern fortzusetzen. Hierdurch verschaffen sich die Kläger in unlautererWeise einen erheblichen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Beklagten, welche unter ihrer Domainwww.kanzlei-steinert.de durch Direkteingabe nur dann aufgefunden werden, wenn dem Suchenden dieseDomain bereits bekannt ist. Es kann allerdings ausgeschlossen werden, daß ein Nutzer ohne Kenntniseiner spezifischen Adressenbezeichnung eines Rechtsanwaltes im Internet von sich aus auf eine solcheschließt.f. Wettbewerbswidrig ist die Kanalisierung der Kundenströme durch die zielgerichtete Monopolisierung desGattungsbegriffes “Rechtsanwälte” im Internet deshalb, weil die Kläger den Rechtsrat Suchenden durchden vereinnahmten Branchenbegriff einen denkbar einfachen Weg zu ihrer Homepage ebnen, von demsämtliche Mitbewerber infolge der bestehenden Knappheit gängiger Branchenbezeichnungen fürRechtsanwälte, die als Domain im Internet jeweils nur einmal zur Vergabe kommen können,ausgeschlossen sind. Durch die Darstellung eines umfassenden Angebotes, welches die Wünsche derInteressenten zufriedenstellt, werden diese aufgrund des Auffindens der von ihnen gewünschtenInformationen dazu verleitet, ihre Recherche mit dem Lesen der Homepage der Kläger abzuschließen,ohne sich über die Angebote von Wettbewerbern der Kläger ein Bild zu machen. Das zügige Auffindenrelevanter Informationen ist ja, wie oben dargestellt, gerade die Ursache für das zu beobachtendeSuchverhalten, bei dem auf Suchmaschinen verzichtet und auf zufällige Erfolge im Wege derDirekteingabe gehofft wird. Die naheliegenden Eingabebegriffe bei der Rechtsanwaltsrecherche sindbegrenzt. Die Gattungsbezeichnung Rechtsanwälte darf mit Fug und Recht unter ihnen als dieNaheliegendste bezeichnet werden. Die so beabsichtigte Bindung der potentiellen Mandanten an dieKläger ist unlauter.g. Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, daß andere Rechtsanwälte im Internet ebenfallsbeschreibende Domains verwenden, in denen die Berufsbezeichnung “Rechtsanwälte” enthalten ist (etwawww.rechtsanwaelte-muenchen.de), so daß insofern von einer Branchenübung ausgegangen werdenmüßte. Es kann dahinstehen, ob andere Domains ebenso wettbewerbswidrig sind. Das angerufeneGericht hat ausschließlich über die Zulässigkeit der hier allein im Streit stehenden Domain zu befinden. Imübrigen kann eigenes wettbewerbswidriges Verhalten durch eine etwaige Unlauterkeit Dritter nichtgerechtfertigt werden.

2. Die streitgegenständliche Domain ist auch unter dem Gesichtspunkt des § 43 b BRAOwettbewerbswidrig, § 1 UWG. Sie ist in dieser Form mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts nichtvereinbar.Werbung ist dem Rechtsanwalt gemäß § 43 b BRAO nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit inForm und Inhalt sachlich unterrichtet und nicht auf die Erteilung eines Auftrags im Einzelfall gerichtet ist.Nach der Rechtsprechung des BVerfG besteht ein Werbeverbot für Rechtsanwälte auch, soweit einreklamehaftes Sichherausstellen vorliegt (BVerfGE 76, 196 (205 ff.); BVerfG in NJW 1992, 1613). DieseRechtsprechung ist auch unter dem neuen § 43 b BRAO weiter gültig (vgl. nur OLG Frankfurt/Main in NJW1996, 1065). Werbung im Sinne des § 43 b BRAO ist nach ständiger Rechtsprechung (BVerfG NJW 1992,45; Feuerich/Braun, BRAO, § 6 BO Rn. 6) ein Verhalten, das planmäßig darauf angelegt ist, andere dafürzu gewinnen, die Leistung desjenigen, für den geworben wird, in Anspruch zu nehmen.Durch die Verwendung der Domain “rechtsanwaelte.de” verschaffen sich die Kläger in standeswidrigerWeise eine Alleinstellung. Die Direkteingabe der Domain bewirkt ausschließlich den Zugang zurHomepage der Kläger. Die Kläger verschaffen sich durch die monopolisierende Besetzung derBranchenbezeichnung einen privilegierten Zugang zu potentiellen Mandanten. Die Domain ist geeignet,einem Rechtsanwalt unter der Vielzahl seiner Kollegen einen Vorsprung im Zugang zu Mandatenzuzuweisen. Dahinter steht jedenfalls auch die Motivation, durch diese hervorragende Auffindbarkeit imanarchisch organisierten Internet über das normale Maß hinaus Aufträge erteilt zu bekommen. Dabei istdie Beurteilung, ob eine solche Form der Werbung gezielt erfolgt, nach der Verkehrsanschauungvorzunehmen. Maßgebend ist, welchen Eindruck das Publikums aus dem Verhalten gewinnt (BVerfG NJW1976, 171 (184 ff.)). Dem Publikum bleibt die (Werbe-) Wirksamkeit einer solch hervorragenden Domainindes nicht verborgen. Dabei ist mit dem OLG Stuttgart (K & R 2000, 248 (249)) der Umstandunbeachtlich, daß der Zugang zum Rechtsanwalt letztlich auf der Initiative des das Medium InternetNutzenden ausgeht. Entscheidend ist vielmehr die Konnektierung durch die Kläger. Ebenso, wie dasblickfangmäßig übertriebene Herausstellen eines Eintrags in einem Branchenverzeichnis standeswidrigist, ist die Vereinnahmung des Oberbegriffes für die gesamte Branche in einem einzigartigen Medium wiedem Internet mit dem Werberecht der Rechtsanwälte nicht vereinbar. Mehr noch als beimblickfangmäßigen Herausstellen in einem Branchenverzeichnis unter der Rubrik “Rechtsanwälte” findetder Internetnutzer bei Direkteingabe der Suchdomain “rechtsanwaelte.de” sogar ausschließlich die Kanzleider Kläger auf. Bei der Wahl der streitgegenständlichen Domain stand das Ziel, sich im Internet aus dergroßen Gruppe der Rechtsanwälte durch eine anreißerische Kennung herauszustellen und dadurch denWettbewerb zu beeinflussen, erkennbar im Vordergrund. Dabei werden die Grenzen einer auf sachlicheInformation über die berufliche Betätigung beschränkten, wettbewerbsneutralen Außendarstellungüberschritten.

3. Das unlautere Verhalten der Kläger erfordert allerdings keinen vollständigen Verzicht auf ihre bisherigeDomainbezeichnung. Ausreichend, aber zur Verhinderung künftiger Wettbewerbsbehinderungenerforderlich ist die Ergänzung der Domain durch einen unterscheidungskräftigen Zusatz, wie etwa dendurch Bindestrich angefügten Kanzleinamen.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.