Geschäftsnummer: 9 HKO 850/99
Verkündet am 25.05.1999
ENDURTEIL:
I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Die Klägerin trägt die Kosten des
Rechtsstreits.
III.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckbarkeit durch
Sicherheitsleistung in Höhe von DM 400,00
abwenden, wenn nicht zuvor der Beklagte
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gegenstand des Rechtsstreits sind Kosten für eine
markenrechtliche Abmahnung.
Die Klägerin entwickelt und vermarktet Software und
ist Inhaberin der am 22.09.1995 angemeldeten
deutschen Marke “Explorer” (Anlage K 1). Die Marke
ist eingetragen für Datenverarbeitungsgeräte und
Datenverarbeitungsprogramme.
Der Beklagte betreibt unter der Internetadresse
“www.spartips.com” eine Homepage.
Im Rahmen des Dienstleistungsangebots des Beklagten
war auch die Möglichkeit angeboten, eine
Software mit der Bezeichnung “Telco-Explorer” auf
den Rechner des Nutzers herunter zu laden (Anlage
K 3 a). Der Telco Explorer wurde als eine
ausgezeichnete Hi1fe beim Vergleich verschiedener
Telekommunikationsanbieter zu allen Tageszeiten
angeboten.
Mit Schreiben. vom 19.06.1998 wurde der Beklagte
wegen dieses Sachverhalts von der Klägerin
abgemahnt (Anlage K 4).
In der Folge gab der Beklagte eine strafbewehrte
Unterlassungserklärung dahingehend ab, daß er bei
Meidung einer Vertragsstrafe es unterläßt, im
geschäftlichen Verkehr die Kennzeichnung “TelcoExplorer”
im geschäftlichen Verkehr für
Datenverarbeitungsprogramme zu benutzen (Anlage K 4 a).
Die Klägerin vertritt die Auffassung, daß die
Abmahnung berechtigt war und deshalb die noch nicht
beglichenen Kosten hierfür von dem Beklagten zu
tragen sind. Die Klägerin hält die Bezeichnung
TelcoExplorer mit der Bezeichnung der eingetragenen
Marke “Explorer” für verwechslungsfähig. Ferner
sei davon auszugehen, daß der Beklagte für
sogenannte “Links”, also für programmtechnische
Verknüpfungen zwischen seinem
Teledienstleistungsangebot und dem des Vertreibers der
Software
“Telco-Explorer” hafte.
Die Klägerin beantragte infolge dessen:
I.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
DM 1.633,80 zuzüglich 4 % Zinsen p. a. ab Zustellung
dieser Klage zu zahlen.
II.Der Beklagte trägt die Kosten des
Rechtsstreits.
III.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei
eine etwaige angeordnete Sicherheitsleistung durch
Bankbürgschaft eines deutschen Bankinstituts
erbracht werden kann.
Der Beklagte beantragte:
I.Die Klage wird abgeweisen.
II.Die Klägerin trägt die Kasten des
Rechtsstreits.
Der Beklagte hält seine markenrechtliche oder
wettbewerbsrechtliche Verantwortung für nicht gegeben.
Er handle mit seinem Internet-Angebot vergleichbar
zu Presseerzeugnissen, weshalb ihm die
Pressefreiheit zugute kommen müsse: Eine Haftung für
sogenannte “Links” bestehe im konkreten Fall
nicht, weil der Beklagte lediglich die Absicht
verfolge, seine Leser über Software, mit welcher man Geld
sparen kann, zu informieren. Der Beklagte trägt
ferner vor, daß er keine finanzielle Vergütung erhalte und
somit ein Handeln im geschäftlichen Verkehr nicht
anzunehmen sei. Darüber hinaus wird eingewandt,
daß die Marke beschreibend sei.
Zuletzt sei auf das Teledienstegesetz hinzuweisen,
wonach Diensteanbieter für fremde Inhalte, zu denen
sie lediglich den Zugang zur Nutzung vexmitteln,
nicht verantwortlich seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird,
auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die
mündliche Verhandlung vom 13.04.1999 Bezug genommen.
Nach Zustimmung der Parteien konnte gegenständlich
schriftlich entschieden werden.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf
Erstattung der Kosten für die .Abmahnung vom
19.06.1998. Die Klägerin hat weder einen Anspruch auf
der Grundlage einer Geschäftsführung ohne Auftrag
(§§ 670, 683, 677 BGB), noch auf markenrechtlicher
Grundlage nach § 14 Abs. 6 MarkenG.
a.Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob
markenrechtlich eine Haftung für sogenannte
“Links”, also den Verweis auf Programmangebote
dritter, besteht. Desweiteren bedarf es hier
keiner Entscheidung, ob etwaige Einschränkungen
in der Haftung aufgrund von § 5 Abs. 2 oder
Abs. 3 TDG bestehen.
b.Gegenständlich ist festzuhalten, daß eine
Markenrechtsverletzung nicht besteht bzw. die Klägerin
,es nicht für erforderlich halten durfte, daß es
im Interesse des Beklagten liegt, eine Abmahnung
zur Vermeidung weiterer, gerichtlicher
Auseinandersetzungen vorzunehmen.
Die sich gegenüberstehenden Bezeichungen
“TelcoExplorer”, sowohl in der Schreibweise als ein Wort
mit großem Binnen-E, a1s auch in der Schreibweise
mit Bindestrich, und “Explorer” sind unter
Zugrundelegung der Grundsätze des BGH nicht
verwechslungsfähig im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG.
Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr kommt es
entscheidend darauf an, wie die sich
gegenübertretenden Zeichen auf den
Durchschnittsverbraucher dieser Art von Waren und
Dienstleistungen wirken. Dabei ist darauf
abzustellen, daß der Durchschnittsverbraucher, eine
Markenbezeichnung normalerweise a1s Ganzes wahrnimmt
und nicht auf verschiedene Einzelheiten
achtet (EuGH, GRUR Int 1998, 56, 58). Das von der
Klägerin angegriffene Zeichen “TelcoExplorer” wird
von den Elementen “Telco” und “Explorer”
gleichermaßen geprägt. Eine Kennzeichnungsschwäche des
einen oder anderen Wortbestandteils liegt nicht vor.
“Telco” mag in gewissen Verkehrskreisen als
Abkürzung aus der Bezeichnung “Telekommunikation”
angesehen werden. Bei den
Durchschnittsverbrauchern, an die sich auch das
Internetangebot des Beklagten richtet, und zu denen
sich die Mitglieder der Kammer zählen, hat die
Bezeichnung “Telco” keine beschreibende Wirkung, die
ein absolutes Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs.
2 Nr. 2 MarkenG darstellen würde, Rein
beschreibend ist die-Bezeichnung “Telco” nicht.
Aber selbst wenn das Erkennen einer gewissen
Abkürzung zu einer gewissen Kennzeichungsschwäche
führen würde, läßt sich eine Prägung des
Gesamtbegriffs “TelcoExplorer” durch den ersten Wortteil
nicht
in Abrede stellen. Selbst nicht schutzfähige
Bestandteile können zur Prägung des Gesamteindrucks
beitragen (Ingerl/Rohnke, § 14 MerkenG, Rn. 399).
Zur Beurteilung der Kennzeichungskraft der
Bezeichung “TelcoExplorer” ist eine zergliedernde
semantische Betrachtungsweise nicht zulässig, weil
die Bezeichung, wie sie sich in der Abmahung vom
19.06.1998 wiederfindet, einen Einwortbegriff
darstellt und insgesamt ein Kunstwort ohne beschreibende
Anklänge bildet.
Für die Frage, ob die Kosten der Abmahnung vom
19.06.1998 berechtigt sind, ist auf die Bezeichnung
abzustellen, wie sie sich in der Abmahnung
niedergeschlagen hat.
Unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen
steht fest, daß eine zergliederte Betrachtungsweise
in Bezug auf die Bezeichnung “TelcoExplorer”
streitgegenständlich nicht zulässig ist.
Die Gefahr der Verwechslung der beiden Kennzeichen
ist gegenständlich nicht anzunehmen, weil nach
dem Erfahrungssatz des Bundesgerichtshofs gerade der
Anfang eines Begriffs dessen Gesamteindruck
wesentlich mitbestimmt (GRUR, 1996, 200, 201 –
“Innovadiclophont”; Ingerl/Rohnke, a. a. O., Rn. 328).
Bei Zugrundelegung dieses Erfahrungssatzes fällt die
Beachtung des durchschnittlichen Verbrauchers
vordringlich auf die Bezeichnung “Telco” und nicht
auf die Bezeichnung “Explorer”. Etwaige
Besonderheiten ausgewählter Verkehrskreise, denen
die Mitglieder der Kammer nicht angehören, sind
im Streitfall nicht zu berücksichtigen.
Desweiteren ist bei der Kennzeichenprüfung
festgestellt worden, daß der Gesamteindruck des
angegriffenen Zeichens als kombiniertes Zeichen
durch gleichgewichtige Elemente bestimmt wird.
Nachdem es sich so verhält, ist kein Element der
angegriffenen Bezeichnung allein geeignet, den
Gesamteindruck des Kombinationszeichens zu prägen,
weshalb bei. einer Übereinstimmung des
Gesamteindrucks des beanstandeten Zeichens mit nur
einem Element des prioritätsälteren Zeichens die
zeichenrechtliche und markenrechtliche
Verwechslungsgefahr zu verneinen ist (BGH, GRUR 1998, 942,
943 – “Alka-Seltzer”).
Gegenständlich besteht die Marke der Klägerin zwar
nicht aus zwei Zeichen, von denen eines sich auch
in der angegriffenen Bezeichnung wiederfindet. Durch
den Umstand, daß die Bezeichnung “Explorer” bei
der angegriffenen Bezeichnung nicht hervortritt,
sind jedoch die in .der vorstehend zitierten Entscheidung
angeführten Grundsätze hier anzuwenden.