LG München I: Namensanmaßung bei Domains

Landgericht München I
Az 4 HKO 175/01

Verkündet am 24.04.2001

Im Namen des Volkes!

Urteil

I. Der Beklagten wird es

1. bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Widerholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren

untersagt,

sich im geschäftlichen Verkehr der Internetdomain “d.de” zu bedienen, insbesondere, sie auf einer Homepage einzusetzen oder einsetzen zu lassen und/oder die Internetdomain “d.de” zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, sofern dies nicht an den Kläger oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

2. bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 50.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, aufgegeben, gegenüber der Registrierungsstelle DENIC die Domain “d.de” freizugeben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III: Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,– vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Domain “d.de”.

Der Kläger ist seit seiner Geburt Träger des Familiennamens D und betreibt seit September 2000 ein Architekturbüro in München; er tritt im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung “Architektenbüro D” auf.

Die Beklagte ist seit April 1997 Inhaberin der Domain “d.de”; sie bietet unter der streitgegenständlichen Internetadresse keine Inhalte an.

Mit Schreiben vom 30.10.2000 und 14.12.2000 hat der Kläger die Beklagte erfolglos abgemahnt. Der Kläger ist der Ansicht, der Unterlassungsanspruch folge aus Namens- und Markenrecht, jedenfalls aus § 823 II BGB.

Der Kläger hat beantragt:

Der Beklagten wird es,

1. bei Meidung eines für jeden Falle der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,–, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Widerholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, untersagt,

sich im geschäftlichen Verkehr der Internetdomain “d.de” zu bedienen, insbesondere, sie auf einer Homepage einzusetzen oder einsetzen zu lassen und/oder die Internetdomain “d.de” zu veräußern oder veräußern zu lassen, sie zu übertragen oder übertragen zu lassen oder in sonstiger Weise darüber zu verfügen, sofern dies nicht an den Kläger oder mit dessen Zustimmung erfolgt.

2. bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 50.000,–, ersatzweise Ordnungshaft, aufgegeben, gegenüber der Registrierungsstelle DENIC die Domain “d.de” freizugeben.

Die Beklagte beantragt:

Klageabweisung.

Der Beklagte ist der Ansicht, eine Verkehrsgeltung käme dem Nachnamen des Klägers nicht zu, dieser werde als Peter D identifiziert. Auch sei der Name “D” nach allgemeinem Verständnis rein beschreibend und deswegen gemeinfrei. Wegen des Parteivorbringens im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet, der klägerische Anspruch ergibt sich bereits unmittelbar aus Namensrecht, im übrigen aus §§ 826, 226, 1004 BGB.

(1)

Der klägerische Anspruch ist aus Namensrecht begründet.

Eine Namensanmaßung liegt vor, wenn ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht und dadurch ein schutzwürdiges Interesse des Namensträgers verletzt. Im Falle des Gebrauchs des gleichen Namens setzt der Anspruch aus § 12 BGB voraus, dass durch den Gebrauch des Namens die Gefahr einer Zuordnungsverwirrung entsteht. Sie ist gegeben, wenn der Name dazu benutzt wird, einen andere Person, deren Einrichtungen oder Produkte namensmäßig zu bezeichnen (Palandt, Rdnr. 20 zu § 12 BGB).

Die Beklagte gebraucht den Domainnamen “duck” unbefugt.

Unbefugt gebraucht einen Namen, wer kein Recht hat, den Namen zu verwenden. Die Widerrechtlichkeit ist dabei zu bejahen, wenn durch den Gebrauch des Namens das Namensrecht des Namensinhabers verletzt wird.

Unstreitig führt der Kläger den Namen D seit seiner Geburt. Der Name D besitzt dabei auch – anders als Allerweltsnamen wie “Maier, Müller etc. – individualisierende Kennzeichnungskraft. Zwar geht diese nicht über die normale Kennzeichnungskraft üblicher unterscheidungskräftiger Namen hinaus, da auch weitere Personen diesen Namen führen und die Bezeichnung “duck” auch im beschreibenden Sinn Verwendung findet, dennoch steht dem Kläger aus § 12 BGB das Recht zu, sich gegen persönlichkeitsverletzende Namensanmaßung zur Wehr zu setzen.

Zwar geht die Kammer nicht davon aus, dass die Beklagte durch die Registrierung der streitgegenständlichen Domain bewusst die Berechtigung des Klägers beeinträchtigen wollte, sie hat letztendlich jedoch nicht vorgetragen, aus welchem Grund sie die Domain “d.de” für sich hat registrieren lassen. Sie verteidigt sich in erster Linie damit, dass dem Kläger ein “besseres Recht” an der Domain nicht zustehe, trägt aber nicht vor, aus welchem Recht sie ihre eigene Inhaberschaft ableitet.

Soweit sich die Beklagte insoweit auf ein “Markenregistereintragungsverfahren” berufen hat, erfolgte die Anmeldung der Marke d.de erst am 16.02.2001, zeitlich also nach der Zustellung der Klageschrift; insoweit wurde nach Ansicht der Kammer der Versuch unternommen, die Inhaberschaft der streitgegenständlichen Domain in einen rechtlichen Rahmen zu fügen; dem Kläger stehen insoweit jedenfalls prioritätsältere Ansprüche aus seiner Markenanmeldung vom 18.01.2001 zu.

(2)

Aus dem gleichen Grund ist die Klage auch aus den in der Rechtsprechung zum “Domain-Grabbing” entwickelten Grundsätzen aus §§ 826, 226, 1004 BGB begründet.

Hiernach kann die Anmeldung einer Domain ohne nachvollziehbares und vernünftiges Eigeninteresse eine wettbewerbswidrige Behinderung und zugleich ein Handeln im geschäftlichen Verkehr darstellen, wenn sie ausschließlich zu dem Zweck erfolgt, den Dritten an der Benutzung des Kennzeichens im Internet zu hindern bzw. ihn zur Zahlung einer “Überlassungsgebühr” zu veranlassen.

Bei Fehlen eines eigenen nachvollziehbaren Interesses an der Domainregistrierung kann eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigungsabsicht angenommen werden, womit ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch begründet wird (Landgericht München I, CR 2001, 191 f).

Zwar stellt die bloße Registrierung einer Domain zur Prioritätssicherung und die Absicht, diese Domain gegen weitere Registrierungen “abzusichern” keine den Vorwurf der Sittenwidrigkeit iSv. § 1 UWG oder § 826 BGB begründende Behinderung dar, fehlt jedoch ein eigenes nachvollziehbares Interesse des Inhabers an der Inhaberschaft der Domain, ist mangels Vorliegen anderer Anhaltspunkte davon auszugehen, dass der Inhaber die Absicht hat, finanzielle Vorteile aus dem späteren Verzicht auf die Domain zu ziehen.

Dass die Beklagte einen eigenen sachlichen Nutzungswillen an der Domain nicht hat, ergibt nach der Ansicht der Kammer bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte bereits seit April 1997 die streitgegenständliche Domain innehat und sich jedenfalls bis Dezember 2000 keinerlei Inhalte auf der Homepage befanden.

Insoweit wäre die Beklagte entgegen der insoweit von ihr vertretenen Rechtsauffassung verpflichtet gewesen, ihr behauptetes eigenes Interesse an der Inhaberschaft der Domain darzulegen.

(3)

Der Anspruch auf Freigabe der Domain folgt aus § 823 BGB iVm. § 249 BGB (OLG Frankfurt/ Main, WRP 2000, 645 – Weideglück.de).

(4)

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 Satz 1 ZPO.