UWG § 1
In dem Rechtsstreit (…) hat das Landgericht Memmingen
das Landgericht Memmingen, 1. Kammer für Handelssachen (…) für Recht erkannt:
I. Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden
Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder von Ordnungshaft bis zu 6
Monaten – die Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken an Mitgliedern ihres Vorstandes – zu unterlassen, im geschäftlichen
Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf Kinder und Jugendliche – wie nachfolgend abgebildet – ein Gewinnspiel mit
dem Hinweis auf eine 0190iger-Telefonnummer auch bei Nennung der anfallenden Gebühren anzukündigen, wobei unter dieser
Telefonnummer zwecks Teilnahme an dem Gewinnspiel die geforderte Leistung – Nennung der verrücktesten Ausrede und/oder Namen
und Adresse – mitzuteilen ist.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Verfügungsbeklagte 3/4 und die Verfügungsklägerin 1/4.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Verfügungsklägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von
36.000,00 DM. Der Verfügungsklägerin wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch Stellung einer unbefristeten,
unwiderruflichen, unbedingten und selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse zu erbringen.
Die Verfügungsklägerin streitet mit der Verfügungsbeklagten um die Berechtigung, im Bezug auf Kinder und Jugendliche ein
Gewinnspiel auszurichten oder ausrichten zu lassen, an dem die Teilnahme lediglich auf telefonischem Wege unter Verwendung
einer gebührenpflichtigen 0190-er Telefonnummer möglich ist.
Die Verfügungsbeklagte, die u. a. im großen Umfang Joghurt und andere Milchprodukte herstellt und vertreibt, erteilte dem
Sender in erheblichem Umfang entgeltliche Werbeaufträge. Im Herbst 1999 veranstaltete daraufhin der Sender, u.a. durch
Erstellung einer entsprechenden Internet-Seite und Schaltung einer Anzeige in der Kinderzeitschrift (…) für die
Verfügungsbeklagte ein sog. (…) Gewinnspiel. Für die genaue Ausgestaltung dieser Internet- bzw. Anzeigenseiten wird auf
die Anlagen K 2 und K 3 Bezug genommen. Eine Teilnahme an diesem Gewinnspiel, das insgesamt etwa 67.000 Teilnehmer hatte,
war nur über den Anruf unter einer auf der Internetseite bzw. auf der Anzeigenseite angegebenen Telefonnummer mit der
Vorwahl 0190 möglich. Auf die dabei entstehenden Kosten, die entsprechend durch technische Vorgaben auf ein Maximum begrenzt
waren, wurde mit dem Vermerk “DM 0,97/Anruf” hingewiesen. Die von den Teilnehmern mitgeteilten Ausreden wurden ausgewertet;
die ausgelobten Preise un!
ter den so ausgewählten Teilnehmern verteilt.
Der Verfügungsbeklagten entstanden durch die Veranstaltung des Gewinnspiels weder Kosten noch flossen ihr Gelder zu. Die
aus der Verwendung der 0190er-Telefonnummer” fließenden Gelder erhielt in voller Höhe der ausführende Sender (…).
Die Verfügungsklägerin hält es generell für wettbewerbswidrig, Zusammenhang mit einer nach der Verkehrsanschauung nicht
geldwerten Leistung eine “0190er-Telefonnummer” zu verwenden. Dies gelte im besonderen Maße, wenn sich ein Gewinnspiel an
Kinder und Jugendliche wende, da zu befürchten sei, daß diese – was der Wertung des Taschengeldparagraphen widersprechen
würde – ohne entsprechende Genehmigung den Telefonanschluß ihrer Eltern verwenden würden und/oder sich im übermäßigen Ausmaß
durch wiederholte Anrufe an dem Gewinnspiel beteiligen würden.
Die Verfügungsklägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte dazu zu verurteilen, es zu unterlassen, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs – wie nachfolgend abgebildet – ein Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine
019er-Telefonnummer (0,97 DM/Anruf) anzukündigen, wobei unter dieser Telefonnummer zwecks Teilnahme an dem Gewinnspiel die
geforderte Leistung – hier: Angabe der verrücktesten Ausrede – mitzuteilen sei.
Nach entsprechenden gerichtlichen Hinweisen hat die Verfügungsklägerin schließlich beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis
zu 500.000,00 DM, ersatzweise von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, im
geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in Bezug auf Kinder bzw. Jugendliche – wie nachfolgend abgebildet – ein
Gewinnspiel mit dem Hinweis auf eine 0190iger-Telefonnummer (0,97 DM/Anruf) anzukündigen, wobei unter dieser Telefonnummer
zwecks Teilnahme an dem Gewinnspiel die geforderte Leistung – Nennung der verrücktesten Ausrede und/oder Namen und Adresse –
mitzuteilen sei.
Die Verfügungsbeklagte beantragt Klageabweisung.
Die Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, die Teilnahme an Gewinnspielen unter Einsatz des Telefons sei Folge der
gesellschaftlichen Entwicklung der Kommunikationswege und könne deshalb nicht als wettbewerbswidrig beanstandet werden.
Es sei ferner, wie von der Rechtssprechung gefordert, auf die für ein Telefonat entstehenden Kosten in der Anzeige bzw. der
Internetseite deutlich hingewiesen; darüber hinaus liege das für ein Telefonat anfallende Entgelt sogar geringfügig unter
den Kosten einer Postkarte. Des weiteren sei die Verwendung von Gewinnspielen auch unter Heranziehung einer
gebührenpflichtigen 0190er-Telefonnummer zwischenzeitlich, wie auch von der Verfügungsklägerin nicht bestritten’werde, weit
verbreitet; im einzelnen wird für eine Liste derartiger Veranstaltungen auf die Anlage B 1 Bezug genommen. Durch die
Notwendigkeit, eine “originelle Ausrede” angeben zu müssen, sei auch ausreichend dagegen Vorsorge getroffen, daß
teilnehmende Kinder oder Jugendliche an einem Tag fortlaufend oder über viele Tage hinweg regelmäßig unter der angegebenen
Nummer anriefen.
Im übrigen wird für den Vortrag der Parteien Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Ausführungen im
Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05. April 2000 (vgl. Bl. 35/37 d. A.).
A. Dem Unterlassungsantrag der Verfügungsklägerin konnte in der zuletzt gestellten Fassung in vollem Umfang aus § 1 UWG
stattgegeben werden.
I.
Nach Auffassung der Kammer ist es generell wettbewerbswidrig, ein Gewinnspiel zu veranstalten, wenn die Teilnahme daran
unter der Verwendung von “0190er-Telefonnummern” erfolgen muss oder erfolgen kann und wenn wirtschaftliche Vorteile aus der
Verwendung dieser Telefonnummern der veranstaltenden Firma oder anderen in ihrem Interesse tätigen Beteiligten zufließen:
1. Die Veranstaltung von Gewinnspielen wie dem hier vorliegenden sieht die Kammer, wie es gefestigter Rechtsprechung
entspricht (vgl. Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., UWG § 1, Rn. 151) wettbewerbsrechtlich grundsätzlich als
zulässig an; dies gilt auch, wenn der angesprochene Teilnehmerkreis wie hier überwiegend aus Kindern und Jugendlichen
besteht.
2. Die Kammer sieht auch keine Bedenken dagegen, daß dem einzelnen Verbraucher die Teilnahme an einem solchen Gewinnspiel
durch die Verwendung moderner Telekommunikationseinrichtungen wie Telefon oder Telefax entweder zusätzlich oder sogar
ausschließlich ermöglicht wird.
Denn diese Kommunikationseinrichtungen stehen heute – vergleichbar mit einer Teilnahme mittels Postkarte oder Brief
-praktisch allen potentiellen Interessenten zur Verfügung. Auch von der Höhe der die Teilnehmer finanziell dadurch
treffenden Belastungen sieht die Kammer keine grundsätzlichen Bedenken: Denn bei der Verwendung normaler Rufnummern – also
nicht der 0190-Sondernummern – oder – wie hier – bei entsprechenden technischen Vorkehrungen werden diese Kosten diejenigen
einer Teilnahme durch Postkarte oder Brief jedenfalls nicht übersteigen.
3. Nach Auffassung der Kammer verstößt die Verwendung jeglicher “0190er Nummern” jedoch ebenso wie eine Kopplung der
Teilnahme an einem Preisausschreiben oder Gewinnspiel mit dem Warenabsatz des jeweiligen Veranstalters (vgl. insoweit
Baumbach-Hefermehl, a.a.O., § 1 UWG, Rn 155) gegen die im Wettbewerb zu beachtenden guten Sitten i.S. des § 1 UWG:
a) Anerkannt ist (vgl. Baumbach-Hefermehl, a.a.0.), dass die Teilnahme an einem Preisausschreiben oder sonstigen
Gewinnspiel nicht in irgendeiner – auch nur indirekten – Weise mit dem Warenabsatz des Veranstalters verkoppelt sein darf.
Denn den zu beachtenden Interessen der Verbraucher wird in diesem Fall dadurch zuwidergehandelt, dass der Veranstalter deren
Spiellust und deren Streben nach Gewinn ausnutzt. In solchen Fällen wird regelmäßig die Gefahr gesehen, dass eine Ware nicht
mehr im Hinblick auf ihre Güte und Preiswürdigkeit, sondern ausschließlich oder jedenfalls überwiegend wegen der
Teilnahmemöglichkeit an dem Preisausschreiben oder sonstigen Gewinnspiel erworben wird.
b) Die Nutzung einer “0190-Telefonnummer” durch einem Gewinnspielteilnehmer führt nun zwar nicht zu einem u unmittelbaren
Warenabsatz beim Veranstalter.
Der Veranstalter erlangt jedoch durch diese Nutzung zur Überzeugung der Kammer Vorteile, die dem eines durch ein
Preisausschreiben geförderten Warenabsatzes durchaus gleichzustellen sind und die zum anderen in vergleichbarer Weise die
schutzwürdigen Interessen der teilnehmenden Verbraucher verletzen.
Unstreitig fließt ein Teil der bei der Verwendung von “0190-Nummern” anfallenden Gebühren dem Verwender dieser jeweiligen
Sondernummern zu. Damit entstehen für diesen, insbesondere bei einer so hohen Teilnehmerzahl wie hier, erhebliche
Einnahmeeffekte. Dies stellt nach Ansicht der Kammer einen einem erhöhten Warenabsatz vergleichbaren wirtschaftlichen
Vorteil dar, weil der Veranstalter durch die Veranstaltung derartiger Gewinnspiele dann eben in erheblichem Umfang auch
Einnahmen erzielt, die er ohne dieses Gewinnspiel gerade nicht hätte.
Der Umstand, dass im vorliegenden Fall diese Gelder unstreitig nicht der Verfügungsbeklagten, sondern dem Sender (…)
zufließen, ändert hieran nichts. Denn es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass der Sender (…) kommerziell
und mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird und dass daher die für die Verfügungsbeklagte im vorliegenden Fall
kostenfreie Veranstaltung des Gewinnspiels nur im Hinblick auf die von der Veranstaltung des Gewinnspiels nur im Hinblick
auf die von der Verfügungsbeklagten sonst geschalteten Werbemaßnahmen erfolgt. Damit aber erhält die Verfügungsbeklagte
durch die Veranstaltung dieses Gewinnspiels von ihrem Vertragspartner bei wirtschaftlicher Betrachtung eine entgeltliche
Leistung, so dass ihr wirtschaftlich und rechtlich auch der
Zufluss der Telefongebühren an ihren Vertragspartner zuzurechnen ist.
4. Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass – jedenfalls bei einer seriösen Veranstaltung eines solchen
Gewinnspiels wie hier – dem Teilnehmer aus technischen Gründen keine höheren Kosten als bei einer Verwendung einer Postkarte
entstehen können und dass der “Bezugsvorteil” der Verfügungsbeklagten sich pro Teilnehmer in einem sicherlich nur sehr
geringfügigen Rahmen bewegt.
Denn nach Auffassung der Kammer ist für die Interessen der teilnehmenden Verbraucher nicht auf deren absolute Belastung
durch die Teilnahme am Gewinnspiel abzustellen. Die Unbedenklichkeit einer Verwendung von Postkarten oder Briefen sieht die
Kammer vielmehr gerade darin, dass sich der Verbraucher in solchen Fällen der Leistung eines Dritten bedient , der mit
diesem Gewinnspiel keine eigenen wirtschaftlichen Interessen verfolgt. Dieser Dritte erbringt vielmehr
Kommunikationsleistungen, für die ihm ein gewisses Entgelt zusteht.s
Diese Betrachtungsweise gilt auch, solange “normale” Telefonnummern verwendet werden und damit seitens der Verbraucher
ebenfalls nur die Kommunikationsleistungen einen Dritten bezahlt wird.
Die Verwendung der “0190er-Nummern” hat hingegen zur Folge, dass der teilnehmende Verbraucher über die Verwendung der
Telekommunikation zwangsläufig an den Veranstalter des Gewinnspiels selbst bezahlen muss. Ihm wird also – und hierin sieht
die Kammer den entscheidenden Unterschied zu den sonstigen Teilnahmemöglichkeiten – keine gegenüber dem Veranstalter
unentgeltliche Teilnahmemöglichkeit mehr geboten, sondern er muss für seine Beteiligung am Gewinnspiel an den Veranstalter
bezahlen.
Die Kammer ist, was sie auch aus eigener Sachkunde zu beurteilen vermag, der Überzeugung, dass dieser Umstand dem
aufgeklärten Durchschnittskunden nicht bewusst ist.
Hinzu kommt, dass eine Verletzung der wohlverstandenen Verbraucherinteressen durch derartige Gewinnspiele insbes. im
Hinblick auf die Gesamtheit der Verbraucher eintritt. Denn es kann nicht übersehen werden, dass durch die. große Anzahl der
Teilnehmer im wirtschaftlichen Gesamtergebnis letztendlich dem Veranstalter erhebliche Mittel zufließen, die wohl regelmäßig
dazu führen, dass – wie auch hier – die Gesamtsumme der zufließenden Mittel wohl ganz erheblich über dem Gesamtwert der
ausgelobten Preise liegen wird.
Damit aber erhält der durchschnittliche Verbraucher nicht, wie er es bei einem Preisausschreiben erwartet, die Möglichkeit
eines Gewinns auf Kosten des Veranstalters, sondern er erhält in seiner Gesamtheit die Möglichkeit eines Gewinns auf Kosten
der Teilnehmer seiner Gruppe. Letztendlich gewinnt ein derartiges Gewinnspiel aufgrund dieses Systems nach Ansicht der
Kammer sogar zumindestens Ähnlichkeit mit einer gem. § 287 StGB unerlaubten Veranstaltung einer öffentlichen Lotterie oder
Ausspielung.
5. Diesen Argumenten kann der Veranstalter eines derartigen Preisausschreibens auch nicht entgegenhalten, dass die
Errichtung der telefonischen “Hotline” für ihn wesentlich höhere Kosten verursache als dies bei einer Veranstaltung unter
Verwendung es schriftlichen Postweges der Fall wäre. Denn einmal handelt es sich um eine eigenverantwortliche Entscheidung
des Veranstalters, deren Folgen er nicht den Spielteilnehmern aufbürden kann. Zum zweiten steht diesem erhöhten Aufwand als
Vorteil auch die gerade nach Auffassung der Verfügungsbeklagten größere Akzeptanz bei den angesprochenen Verbrauchern
gegenüber.
II.
Im vorliegenden Fall gelten für diese Wettbewerbswidrigkeit aber nicht nur die oben dargestellten, allgemeinen
Überlegungen, sondern es ist zusätzlich noch der Umstand zu berücksichtigen, dass als Teilnehmer ganz überwiegend Kinder und
Jugendliche angesprochen werden:
Denn beim Heranziehen eines derartigen Teilnehmerkreises spricht zur Überzeugung der Kammer zusätzlich zum einen für die
Wettbewerbswidrigkeit, dass dieser Teilnehmerkreis erst recht nicht erkennen kann und erkennen wird, dass ein Teil der von
ihm ausgelösten Fernsprechgebühren letztlich dem Veranstalter zufließt.
Darüber hinaus sieht die Kammer einen weiteren Verstoß gegen die guten Sitten i. S. des § 1 UWG aber auch darin, dass diese
Art der Veranstaltung eines Preisausschreibens dazu geeignet ist, die teilnehmenden Kinder in erheblichem Umfang zu einer
aus unerlaubten Inanspruchnahme der Telekommunikationseinrichtungen ihrer Eltern zu animieren und damit die elterlichen
Entscheidungsbefugnisse zu verletzen:
Die Kammer setzt es als allgemein bekannt voraus, dass vor allem Kinder und Jugendliche in einem Alter bis zu etwa 16
Jahren – also der hier ganz überwiegend angesprochene Teilnehmerkreis – regelmäßig noch nicht über eigene
Telekommunikationseinrichtungen verfügen werden, sondern dass sie bei Bedarf diejenigen ihrer Eltern mitbenutzen.
Die Kammer geht weiter davon aus, dass allgemein bekannt ist, dass der großen Mehrzahl der Eltern eine vollständige
Benutzungskontrolle ihrer Telekommunikationseinrichtung gegenüber ihren Kindern weder möglich ist noch von ihnen aus
erzieherischen Gründen gewollt ist. Vielmehr sieht die Kammer die üblichen Lebensverhältnissen dahingehend, dass Kindern und
Jugendlich ein im Rahmen des familiären Zusammenlebens eine angemessene Mitbenutzung der Telekommunikationseinrichtungen
ihrer Eltern regelmäßig gestattet sein wird.
Gerade dieser Gesichtspunkt der Angemessenheit verbietet es aber nach Auffassung der Kammer, Kinder und Jugendliche zu der
Nutzung einer mit erheblichen Gebühren belasteten “0190er-Nummer” zu veranlassen. Denn gerade die hiermit verbundene, nicht
unerhebliche finanzielle Belastung wird, wie auch den betroffenen Kindern und Jugendlichen bekannt ist, nicht im Sinne ihrer
Eltern sein. Umso mehr ist die Auslobung eines für Kinder und Jugendliche attraktiven Preises nach Ansicht der Kammer
geeignet, Kinder und Jugendliche in solchen Fällen zu einer heimlichen und unerlaubten Nutzung der entsprechenden
Telefonnummern zu veranlassen und damit letztlich das elterliche Erziehungsrecht zu verletzen.
Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im konkreten Fall die entstehenden Kosten mit denen des Versendens einer
Postkarte verglichen werden können. Denn wenn die Versendung einer Postkarte nicht mit Einwilligung der Eltern erfolgt,
werden die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen regelmäßig die entsprechende Leistung nur mit Mitteln aus ihrem Taschengeld
und damit unter Beachtung der Wertanschauungen des § 110 BGB bewirken können. Die Nutzung der elterlichen
Telekommunikationseinrichtungen kann und wird hingegen – wie auf der Hand liegt – sehr viel leichter heimlich und letztlich
gegen den Willen der Eltern erfolgen können.
Hinzu kommt auch noch, dass für die angesprochenen Kinder und Jugendlichen eine wiederholte Nutzung des Telefons zu einer
häufigeren Teilnahme an Mm -entsprechenden Gewinnspiel weitaus leichter durchführbar ist als das häufige. Versenden von
Postkarten. Auch insoweit löst die Verfügungsbeklagte durch die von ihr gewählte Art des Gewinnspiels Gefahren für das
elterliche Erziehungsrecht aus, die im wohlverstandenen Interesse der Verbraucher als mit den guten Sitten nicht mehr
vereinbar betrachtet werden müssen.
Diesem Verstöß gegen die guten Sitten kann zur Überzeugung der Kammer auch nicht entgegengehalten werden, dass Gewinnspiele
unter der Verwendung von “0190er-Nummern” mittlerweile schon recht weit verbreitet sind.
Denn die Rechtsprechung hat sich, soweit ersichtlich, mit der hier zu entscheidenden Problematik jedenfalls in
obergerichtlichen Entscheidungen noch nicht befasst. Es liegt also insbesondere keine Billigung eines derartigen Verhaltens
in der Weise vor dass dies zumindestens in erheblichen Teilen der Rechtsordnung für unbedenklich gehalten würde.
B.
Kosten: §§ 91, 269 ZPO.
Im Gegensatz zu der Auffassung der Verfügungsklägerin sieht die Kammer in der Neufassung des Klageantrags eine teilweise
Rücknahme der Klage, die zu einer entsprechenden Kostenfolge führen musste.
C.
Vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.