LG Köln: Werbeframes

Landgericht Köln

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 28 0 141/01

Urteil vom 2. Mai 2001

In dem Rechtsstreit […]

hat die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom 11. April 2001 durch […]

für R E C H T erkannt:

1.Die Verfügungsbeklagte wird verurteilt, es unter Androhung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, unter www.*.de solche HTML Dokumente bzw. HTML-Dateien im Internet ohne Einwilligung der Verfügungsklägerin öffentlich abrufbar zu halten, in denen durch eine unmittelbare Referenzierung im HTML Sourcecode per “” Element auf lyrische Textbeiträge bzw. Dateien der Internetadresse www…..de verwiesen wird, und die beim Abruf dort bestimmungsgemäß einen Vervielfältigungsvorgang auslösen, sofern gleichzeitig in einem anderen ” Werbung und/oder Drittwerbung eingeblendet wird, wie nachstehend wiedergegeben: […]

2.Die Kosten des Verfahrens trägt die Verfügungsbeklagte.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin, die auch Inhaberin eines als Pressea­gentur tätigen Medienunternehmensist und ein Online-Magazin mit eigenen und fremden Textbeiträge herausgibt, betreibt unter denInternet-Domains www…..de und www…..net eine Website, die u.a. die Internet-Domain www…..de enthält, wo lyrische Textbeiträge veröffentlicht werden. Dabei handelt es sich umeine chronologisch angeordnete Zusammenstellung lyrischer Textbeiträge die seit April 1999 miterheblichem finanziellen und personellem Aufwand zusammengestellt und betrieben wird. Wegender Einzelheiten wird auf die Auflistung auf Seite 7 und 8 des Schriftsatzes der Verfügungsklägerinvom 23.03.2001 (Bl. 7 und 8 GA) Bezug genommen.

Die Verfügungsbeklagte bietet unter der Internet-Domain www.*.de im deutschsprachigen RaumInformations- und Navigationsportale an.

Am 13.03.2001 entdeckte der Ehemann der Verfügungsklägerin auf der vorgenannten Domain derVerfügungsbeklagten in von der Verfügungsbeklagten abrufbereit gehaltenen HTML-Dateienmehrere Referenzen, die auf die Homepage der Verfügungsklägerin verwiesen. Bei Betätigung dervon der Verfügungsbeklagten gesetzten Links ergab sich eine Verlinkung auf die Seiten der Verfügungsklägerin in Form eines Frame-Linking. Dabei wurde die Website vollständig undunverändert abgebildet, oben links befand sich der Name der Verfügungsbeklagten mit dem Zusatz, dass es sich um einen externen Link handelt, für den Inhalt dieser Seite sei die Verfügungsbeklagtenicht verantwortlich. Daneben befand sich ein Werbefeld mit einer bei der Verfügungsbeklagtengeschalteten Werbeanzeige.

Mit Schreiben vom 15.03.2001 forderte die Verfügungsklägerin die Verfügungsbeklagte unterFristsetzung bis zum 19.03.2001 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. MitSchreiben vom 19.03.2001 erklärte die Verfügungsbeklagte, sie könne die erwünschte Unterlassungsverpflichtung nicht abgeben, sie sei jedoch bereit, die Seiten der Verfügungsklägerinaus den Web-Verzeichnissen zu entfernen, wenn dies gewünscht werde und ihr dies angezeigtwerde, da nicht bekannt sei, auf welche Domains sich das Begehren der Verfügungsklägerinbeziehe.

Die Verfügungsklägerin behauptet, sie sei zwar im allgemeinen mit der Verbreitung von Auszügenihrer Website einverstanden, nämlich dann, wenn interessierte Personen über den Eingang derDomain www…..de oder www…..de den Beitrag abrufen, da in diesem Falle sich dieHits auf ihrer Website erhöhen. Dies gelte jedoch nicht mehr, wenn ohne Hinweis auf dasSammelwerk der Verfügungsklägerin Teile der Datenbank systematisch dergestalt entnommenwerden, dass diese aus der Publikation herausgerissen erscheinen, mit den Beiträgen verbundene Urheberrechtshinweise nicht eingeblendet werden und für den Interessierten der Eindruck entstehe,der Verfügungsbeklagten sei die Einwilligung zur Verwertung der selbständigen Elemente erteiltworden. Zudem habe sie bei ihrer Sammlung lyrischer Texte bewusst darauf verzichtet, diesezusammen mit Werbung zu veröffentlichen. Dies werde jedoch durch die Vorgehensweise derVerfügungsbeklagten unterlaufen.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

die Verfügungsbeklagte im Wege der einstweiligen Ver­fügung zu verurteilen, es unterAndrohung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzuset­zendenOrdnungsgeldes bis zu 500.000,– DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder derOrdnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, unter www.*.de solche HTMLDokumente bzw. HTML­Dateien im Internet ohne Einwilligung der Verfügungs­klägerinöffentlich abrufbar zu halten, in denen durch eine unmittelbare Referenzierung im HTML Sourcecode per „„-Element auf lyrische Textbeiträ­ge bzw. Dateien derInternetadresse www…..de verwiesen wird, und die beim Abruf dortbestimmungsgemäß einen Vervielfältigungsvorgang auslösen, sofern gleichzeitig ineinem anderen „ Werbung und/oder Drittwerbung eingeblendet wird, wienachstehend wiedergegeben: […]

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag der Verfügungsklägerin zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, die Verwertungsrechte der Verfügungsklägerin würdendurch sie nicht verletzt, da die in ihrem Frame dargestellten Inhalte auf dem Server derVerfügungsklägerin verbleiben und eine Vervielfältigung dieser Inhalte frühestens auf dem Rechnerdes Betrachters stattfinde. Zudem bestehe die Möglichkeit für den Betreiber einer Seite im Netzdiese über einen sogenannten “Frame-Killer„ mit geringem Aufwand vor einer Frame-Verlinkung zuschützen. Wer eine Website ins Internet stelle, müsse mit Verweisen rechnen und sei grundsätzlichhiermit einverstanden. Rechte der Verfügungsklägerin würden nicht verletzt, da ein vollständigerWechsel auf ihre Seite erfolge, ihre Internet-Domain genannt werde und keine Veränderung oderEinschränkungen der Navigations- und Nutzungsmöglichkeiten vorgenommen würden. DieAttraktivität der Seite der Verfügungsklägerin werde folglich nicht berührt, vielmehr steige sogar dieAttraktivität der Seite da sich die Zugriffszahlen auf die Seite der Verfügungsklägerin erhöhen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze nebstallen Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass der von ihr begehrten einstweiligen Verfügung ist invollem Umfang begründet.

Der Verfügungsanspruch der Verfügungsklägerin ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1 Satz 1 2. Alt., 87 a,87 b Abs. 1 Satz 2 UrhG.

Das von der Verfügungsklägerin bereitgehaltene Angebot an lyrischen Textbeiträgen stellt eine nach§ 87 a Abs. 1 Satz 1 UrhG geschützte Datenbank dar. Datenbank im Sinne dieser Vorschrift ist eineSammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch odermethodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglichsind und deren Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentlicheInvestition erfordert. Diesen Anforderungen wird die von der Antragstellerin unter der Domain www…..de angebotene Textsammlung gerecht, denn die einzeln und unabhängig voneinanderbestehenden Beiträge sind nach ihrem unbestrittenen Vortrag von ihr zusammengestellt undgeordnet worden und sie sind mit elektronischen Mitteln einzeln zugänglich. Auch das Erfordernisder wesentlichen Investition ist vorliegend zu bejahen, denn nach dem von der Verfügungsbeklagtenebenfalls nicht bestrittenen Vortrag der Verfügungsklägerin forderte die Erstellung und die weitereBereithaltung der Textsammlung eine Investition von erheblichem personellem und finanziellemUmfang.

Das demgemäß der Verfügungsklägerin zustehende ausschließliche Recht der Vervielfältigung,Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe ihrer Textsammlung hat die Verfügungsbeklagte nach §87 b Abs. 2 Satz 2 UrhG verletzt, denn indem sie den Nutzern ihrer eigenen Internetseite esermöglicht, unmittelbar Zugriff auf die von der Verfügungsklägerin angebotenen Textbeiträge zunehmen, verbreitet sie nach Art und Umfang unwesentliche Teile der Datenbank derVerfügungsklägerin. Unerheblich ist insoweit, dass die jeweiligen Nutzer des Internetangebots derVerfügungsbeklagten durch die Betätigung des Links erst auf die Seite der VerfügungsklägerinZugriff nehmen, denn für § 87 b Abs. 1 UrhG gilt ein weiter Verbreitungsbegriff, der sowohl dasAngebot von Vervielfältigungsstücken an die Öffentlichkeit als auch ihr Inverkehrbringenmiteinschließt. Ein Inverkehrbringen ist bereits bei jeder Handlung gegeben, durch dieDatenbankstücke aus der internen Betriebssphäre des Datenbankbetreibers der Öffentlichkeitzugeführt werden. Dies ist hier gegeben, denn die Verfügungsbeklagte macht über ihreInternetadresse vorgehenden Nutzern aus der Datenbank der Verfügungsklägerin stammendeTextbeiträge zugänglich.

Es liegt auch eine wiederholte und systematische Vervielfältigung i.S.v. § 87 b Abs. 1 Satz 2 UrhG vor, denn bei der vom Ehemann der Verfügungsklägerin am 13.03.2001 auf der Domain derVerfügungsbeklagten vorgefundenen Verweisung auf die Homepage der Verfügungsklägerinhandelt es sich nicht um einen Einzelfall sondern Teil einer fortlaufend und regelmäßigvorgenommenen Verweisung seitens der Verfügungsbeklagten.

Eine Zustimmung der Verfügungsklägerin zu dieser Vorgehensweise der Verfügungsbeklagten liegtnicht vor. Dabei kann offenbleiben, ob derjenige, der Websites ins Internet stellt, mit Verweisenrechnen muss und deshalb hiermit auch grundsätzlich einverstanden ist. Ebenso bedarf keinerEntscheidung, ob sich ein solches generelles Einverständnis mit Verweisen auf die eigene Websiteregelmäßig auch auf Verweise im Wege des Framing erstreckt, wenn die eigene Websitevollständig übernommen wird, dem Nutzer auch erkennbar bleibt, um wessen Website es sichhandelt und die Nutzungsmöglichkeiten unverändert bleiben, denn vorliegend kann unabhängighiervon schon deshalb von einer solchen Zustimmung der Verfügungsklägerin nicht ausgegangenwerden, weil der von der Verfügungsbeklagte gesetzte Frame bei ihr geschaltete Werbeanzeigenenthält. Durch das Framing der Verfügungsbeklagten wird eine Verbindung zwischen der auf derrechten oberen Seite des Frames vorhandene Werbung und den darunter sichtbaren aus derDatenbank der Verfügungsklägerin stammenden Texten hergestellt. Eine solche Verbindungzwischen fremder Werbung und eigenen Texten muss der Betreiber einer Datenbank abergrundsätzlich nicht hinnehmen. Dies gilt stets in solchen Fällen, in denen der Datenbankbetreiber aufseiner eigenen Website bei ihm geschaltete Werbeanzeigen veröffentlicht, deren Wert durch diezusätzliche Werbung auf dem Frame der Verfügungsbeklagten beeinträchtigt wird. Eine solcheBeeinträchti­gung ist nicht nur dann gegeben, wenn es sich dabei um Werbung zweier miteinanderin einem Wettbewerbsverhältnis stehenden Anbieter handelt sondern ist grundsätzlich immeranzunehmen, da durch weitere Werbeanzeigen die Aufmerksamkeit des Betrachters abgelenkt wirdund daher nur noch in geringerem Maße durch die auf der Website des Datenbankbetreibersvorhandene Werbung gefesselt wird.

Aber auch wenn wie hier der Datenbankbetreiber keine eigene Werbung auf seiner eigenenWebsite veröffentlicht muss er es nicht hinnehmen, wenn die von ihm bereitgehaltenen Daten durchdas Framing mit einer fremden Werbung in Verbindung gebracht werden. Es obliegt grundsätzlichder Gestaltungsfreiheit des Datenbankbetreibers, ob und inwieweit er seine Daten mit Werbungversehen oder werbefrei veröffentlichen will. Diese Entscheidung, die von wesentlicher Bedeutungfür die Gestaltung der Website ist, darf nicht dadurch unterlaufen werden, dass im Wege desFramings die bei dem Dritten geschaltete Werbung in unmittelbarer Verbindung mit den eigenenDaten gebracht wird, so dass jedenfalls dann, wenn dieses Framing mit einer Werbung verbundenist, von einer Zustimmung des Datenbankbetreibers mit Verweisen im Wege des Framings nichtausgegangen werden kann.

Durch das Vorgehen der Verfügungsbeklagten werden die berechtigten Interessen derVerfügungsklägerin aus den vorgenannten Gründen auch unzumutbar beeinträchtigt, denn dieGestaltungs­freiheit der Verfügungsklägerin als Datenbankbetreiberin wird durch die konkreteAusgestaltung des mit Werbebannern versehenen Framings der Verfügungsbeklagten in erheblichem Maße gestört. Nichts anderes ergibt sich auch daraus, dass nach dem Vortrag derVerfügungsbeklagten die Verfügungsklägerin technisch die Möglichkeit hätte zu verhindern, dasseine Verlinkung im Wege des Framings auf ihre Websites möglich ist, denn der Umstand, dass einDatenbankhersteller eine Vervielfältigung von unwesentlichen Teilen seiner Datenbank mittelszusätzlichen Aufwandes unterbinden könnte, kann für die Berechtigung der Verfügungsbeklagten,eine solche Vervielfältigung vorzunehmen, nicht herangezogen werden, da ansonsten dieVerfügungsbeklagte es in der Hand hätte, durch eine unberechtigte Nutzung von unwesentlichenDatenbankteilen der Verfügungsklägerin diese zur Tätigung weiterer Investitionen zum Schutze ihrerDatenbank zu zwingen. Dies ist aber mit dem Schutzzweck der § 87 a und b UrhG unvereinbar.

Der für den Erlass der von der Verfügungsklägerin begehrten einstweiligen Verfügung erforderlicheVerfügungsgrund ist ebenfalls gegeben, denn angesichts der von der Verfügungsklägerin bereitslaufend betriebenen Verweisung auf die Seiten der Verfügungsklägerin kann dieser nicht zugemutetwerden, den Ausgang eines Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Nichts anderes ergibt sich auch aus der von der Verfügungsbeklagten in ihrem Schreiben vom 19.03.2001 erklärten Bereitschaft,die Seiten der Verfügungsklägerin aus ihren Webverzeichnissen zu entfernen, denn da die Verfügungsbeklagte in dem gleichen Schreiben die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hat, bot dieses Angebot der Verfügungsbeklagten derVerfügungsklägerin keine ausreichende Sicherheit dafür, dass ihre Rechte auch ohne dieInanspruchnahme einer einstweiligen Verfügung gewahrt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO; einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht.