LG Köln: “d-radio.de”

“D-RADIO”

LANDGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

– 31 O 861/97 – verkündet am 30. Dezember 1997

Die einstweilige Verfügung vom 28.10.1997 wird bestätigt.

Die Antragsgegnerin hat auch die weiteren Kosten des Verfahrens zu tragen.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen, weil ihr Erlaß auch nach dem weiteren Vorbringen der Parteien gerechtfertigt war.

II.

Der Verfügungsanspruch der Antragstellerin folgt in dem zuerkannten Umfang aus § 14 MarkenG.

Indem die Antragsgegnerin Dienstleistungen unter der Domain “d-radio.de” im Internet anbietet, benutzt sie ein Zeichen, das wegen der Ähnlichkeit mit den “D-…”-Marken der Antragstellerin und wegen der Ähnlichkeit der durch die Marken und das Zeichen erfaßten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen begründet.

1.

Die Antragstellerin ist unstreitig Inhaberin einer Vielzahl von Wort-/Bildmarken, die in charakteristischer Weise dadurch geprägt sind, daß einem vorangestellten “D” ein Bindestrich folgt, an den wiederum eine generalisierend-beschreibende Angabe des auf der so gekennzeichneten CD-ROM gespeicherten Programms anknüpft.

2.

Diese Kennzeichnungskraft hat – gerade im Hinblick auf die vorliegend anzunehmende mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Serienmarkt – dadurch eine nicht unerhebliche Steigerung erfahren, daß die Antragstellerin, wie sie unwidersprochen vorgetragen hat, wie glaubhaft gemacht ist und wie der Kammer auch aus zahlreichen früheren Verfahren bekannt ist, jedenfalls spätestens ab Herbst 1995 – und damit zeitlich vor Aufnahme der Verwendung der beanstandeten Domain durch die Antragsgegnerin – mit den mit ihrem Marken gekennzeichneten Datenträgern ganz erhebliche Umsätze getätigt hat. Es muß daher davon ausgegangen werden, daß seit dieser Zeit dem Verkehr gerade auch in bezug auf die von der Antragstellerin vertriebenen Produkte die Übung der Antragstellerin bekannt, sich der vorbezeichneten Kombination als Stammzeichen einer Vielzahl der von ihr angebotenen Datenträger zu bedienen. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, daß die stetige Abwandlung des Stammzeichens jeweils nach einem identischen Muster erfolgt, indem nämlich zu den Zeichenbestandteilen “D-” ein neues, die gespeicherten Daten beschreibendes Schlagwort tritt.

3.

Aus diesen die Kennzeichnungskraft steigernder Umständen ergibt sich zugleich, daß mittelbare Verwechslungsgefahr besteht, wenn andere Unternehmen sich zur Kennzeichnung ähnlicher Waren oder Dienstleistungen identischer Kombinationen bedienen. Aufgrund der vorbezeichneten Umstände liegt für den Verkehr in einem solchen Fall die Annahme nahe, daß ihm mit der so gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung ein weiteres Produkt aus dem Hause der Antragstellerin begegnet.

Dies gilt in besonderem Maße auch für die beanstandete Domain d-radio.de” der Antragsgegnerin. Auch sie nutzt damit zur Kennzeichnung die Kombination aus einem vorangestellten “d”, nachfolgendem Bindestrich und der daran anknüpfenden beschreibenden Angabe “radio”. Daß einer solchen Domain nach der völlig herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich kennzeichnende Funktion zukommen kann, wird von keiner der Parteien in Abrede gestellt und belegt zugleich, daß auch aus der Sicht der Antragsgegnerin die vorbezeichnete Kombination trotz ihrer beschreibenden Elemente sehr wohl zu individualisierender Kennzeichnung geeignet ist. Besondere Bedeutung gewinnt bei der Annahme der mittelbaren Verwechslungsgefahr dabei schließlich der Umstand, daß die Waren bzw. Dienstleistungen der Parteien bei allein Unterschieden in dem mit ihnen von den Parteien verfolgten Zwecken aufgrund ihrer besonderen Verwendung im Markt einem nur eingegrenzten Abnehmerkreis auf gleichsam “engsten Raum” begegnen: Beide Anbieter wenden sich ausschließlich an die Nutzer von PC’s. Nur diese treten als Nachfrager der von der Antragstellerin vertriebenen Datenträger auf. Nur diese sind in der Lage, die von der Antragsgegnerin benutzte Domain im Internet anzusteuern. D.h. angesichts dieser besonderen Nachfragesituation und der beträchtlichen Umsatzzahlen der Antragstellerin besteht nicht nur eine theoretische Möglichkeit, daß derjenige PC-Nutzer, der sich soeben mit Hilfe der von der Antragstellerin vertriebenen Datenträger der “D-…”-Reihe bestimmte Informationen verschafft hat, bei einem Anschließenden “Surfen” durch das Internet zufällig oder gezielt die registrierte “d-radio”-Domain ansteuert. Daß zumindest für diesen Kunden der Parteien die Annahme naheliegt, eine Domain des Herstellers der ihm bekannten Datenträger der “D-…”-Reihe aufgerufen zu haben, liegt auf der Hand und bedarf wohl keiner weiteren Darlegung. Dies gilt um so mehr, als die Antragstellerin ihrerseits unstreitig mit zahlreichen Domains im Internet präsent ist, die als allein kennzeichnenden Bestandteil die Marken der “D-…”-Reihe enthalten.

4.

Umstände, die dieser Verwechslungsgefahr entgegenstehen bzw. nachhaltig entgegenwirken könnten, hat die Antragsgegnerin nicht dargetan, noch sind diese ansonsten ersichtlich.

Insbesondere die Tatsache, daß es Markeneintragungen und Domain-Reservierungen für Dritte gibt, die identische Kombinantionsmerkmale aufweisen, reicht dazu nicht aus. Gerade angesichts der festgestellten beachtlichen Umsatzzahlen der Antragstellerin mit ihrer “D-…”-Reihe käme es dazu in besonderem Maße auf eine nähere Darlegung der konkreten Benutzungslage an. Ohne entsprechenden Vortrag kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Verkehr in dem hier maßgeblichen Marktsegment daran gewöhnt ist, daß verschiedene Anbieter mit Kennzeichnung am Markt auftreten, die derartige “D-…”-Kombinationen enthalten. Dagegen spricht zunächst, daß die Antragstellerin bislang konsequent und weitgehend erfolgreich gegen ihr bekannt gewordene Markenverletzungen der vorliegend zu beurteilenden Art vorgegangen ist; etliche davon sind noch in den von der Antragsgegnerin vorgelegten Listen erfaßt. Hinzu kommt, daß wieder andere der erfaßten Kennzeichnungen ersichtlich nicht im Bereich der hier erörterten mittelbaren Verwechslungsgefahr anzusiedeln sind, sei es, daß es sich um reine Buchstabenkombinationen handelt, bei denen “zufällig” der Buchstabe “D” an erster Stelle steht, sei es, daß in die Kombination ein Schlagwort eingestellt worden ist, das ersichtlich nicht zur Beschreibung von gespeicherten Programmen geeignet ist.