LG Hamburg: Einstweilige Verfügung gegen Darstellung fremder Inhalte in Fenstern der eigenen Site bestätigt

Landgericht Hamburg

Im Namen des Volkes

Urteil

Geschäftsnummer: 308 O 205/00
Verkündet am 12. Juli 2000

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren (…)

erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 8,
durch (…), aufgrund der am 12. Juli 2000
geschlossenen mündlichen Verhandlung

für R e c h t:

I. Die einstweilige Verfügung der Kammer vom 18. Mai
2000 wird bestätigt.

II. Die Antragsgegnerin hat die weiteren Kosten des
Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin,
es zu unterlassen, auf ihrer Website unter der
Internet-Domain www.medizin-forum.de einen Link zu
der von der Antragstellerin unter der
Internet-Domain www.roche-lexikon.de betriebenen
Website zu setzen, wenn nach Aktivierung des
Links der Inhalt der Website der Antragstellerin
unverändert in einem Fenster auf der Website der
Antragsgegnerin erscheint.

Die Antragstellerin verlegt medizinische
Publikationen. Sie betreibt unter der Internet Domain
www.roche-lexikon.de eine Website im Internet. Diese
beinhaltet als Online-Datenbank das in ihrem
Verlag auch in Buchform und auf CD-ROM erschienene
Werk mit dem Titel „Roche Lexikon
Medizin„. Dieses Lexikon erscheint in Buchform
bereits seit 1984 und wurde bislang in einer
Gesamtauflage von über 500.000 Exemplaren
vertrieben. Es ist eines der umsatzstärksten Produkte
der Antragstellerin mit einem Umsatzanteil von 4 %.

Die Erstellung der dem „Roche Lexikon Medizin„
zugrunde liegenden Online-Datenbank hat bei der
Antragstellerin erhebliche Investitionen erfordert.
Mit der Programmierung wurde ein externer
Programmierer beauftragt, der dafür rund 400 Stunden
benötigte und bezahlt erhielt. Verlagsintern
sind rund weitere 100 Stunden im Zusammenhang mit
der Erstellung der Online-Datenbank
aufgewendet worden. Die Antragstellerin hat für den
Betrieb der Datenbank zum Preis von rund DM
25.000,00 einen eigenen Server angeschafft. Bei ihr
fallen zudem monatliche Kosten für die
Standleitung sowie die Wartung der Datenbank in Höhe
von etwa DM 3.000,00 an. Der Nutzer kann
auf über 60.000 Stichwörter und über 40.000
englische Übersetzungen zugreifen. Als besondere
Merkmale weist die Datenbank unter anderem eine
fehlertolerante Stichwortsuche, eine
automatische Englisch-Deutsch-Übersetzung und eine
automatische Weiterleitung bei
Verweisstichworten auf. Im Internet wird das „Roche
Lexikon Medizin„ von der Antragstellerin
kostenlos für jedermann zum Abruf angeboten.

Die Antragsgegnerin entwickelt und vertreibt
medizinische Online-Projekte und verwaltet
medizinische Datenbanken. Sie betreibt unter der
Internet-Domain www.medizin-forum.de eine
Website, welche eine Plattform für medizinische
Informationen und Nachrichten umfasst. Neben
eigenen Informationsangeboten kann der Anwender von
hier aus per Link auch Publikationen
aufrufen, die Dritte im Internet veröffentlichen.

Das von der Antragstellerin ins Internet gestellte
„Roche Lexikon Medizin„ ist von der Website der
Antragsgegnerin aus per Link abrufbar. Unter der
Oberschrift „Aktuell„ findet sich als Link der Begriff
„Roche Lexikon Medizin„. Bewegt man den Cursor auf
den Titel „Roche Lexikon Medizin„, wandelt
sich der üblicherweise pfeilförmige Cursor in eine
Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger um. In der
Statuszeile ist „Java-Script:fl
(‘http://194.221.209.14’):„ zu lesen. Aktiviert man den Link
durch
Drücken der linken Maustaste, erscheint auf der
Homepage der Antragsgegnerin ein Fenster, in
welchem der Inhalt der unter der Internet-Domain
www.roche-lexikon.de aufrufbaren Website der
Antragstellerin wiedergegeben wird, und zwar in
vollständiger und unveränderter Form, allerdings
ohne Menü-, Adress- und Symbolleiste. Der Anwender
kann im Umfeld der Website der
Antragsgegnerin innerhalb des Fensters sämtliche
Funktionen bedienen, die in der Website der
Antragstellerin vorgesehen sind, insbesondere
Suchstichworte eingeben und sich anzeigen lassen.
Mangels Menü- und Symbolleiste nicht genutzt werden
können die in dieser Leiste an sich
vorgesehenen Funktionen. Auf der eingeblendeten
Website der Antragstellerin kann daher zum
Beispiel kein Lesezeichen (Bookmark) gesetzt werden,
mit welchem dem Anwender ein direkter
Zugriff auf die Website der Antragstellerin
ermöglicht wird. Der Anwender kann innerhalb des
Fensters auch nicht von einer aufgerufenen Seite zur
anderen blättern. Der Anwender sieht auf
seinem Bildschirm mit dem Fenster im vorformatierten
Rahmen zwei verschiedene Websites zweier
verschiedener Betreiber, die auf unterschiedlichen
Rechnern zum Abruf bereitgehalten werden. Im
Adressfeld der Navigationsleiste des von der
Antragsgegnerin verwendeten Browsers erscheint
weiterhin die Internet-Domain der Antragsgegnerin.
Werden andere Links auf der Website der
Antragsgegnerin aktiviert, so gelangt der Nutzer
direkt auf die angewählte Website. Diese erscheint
in vollem Umfang unter Angabe der neuen
Internet-Domain einschließlich vollständiger
Navigationsleiste auf dem Bildschirm.

Andere Website-Betreiber als die Antragsgegnerin
haben sich von der Antragstellerin eine Lizenz
zur Nutzung der Datenbank erteilen lassen, bevor sie
auf ihren Websites einen Link gesetzt haben.
Die Antragsgegnerin fühlt sich hierzu nicht
verpflichtet.

Die Antragstellerin hat am 15.02.2000 Kenntnis vom
Inhalt der Website der Antragsgegnerin erlangt.
Eine Abmahnung mit Schreiben vom 09.03.2000 blieb
erfolglos.

Unter Glaubhaftmachung ihres tatsächlichen Vortrags
erwirkte die Antragstellerin am 18.05.2000
eine einstweilige Verfügung gegen die
Antragsgegnerin, mit der dieser zur Vermeidung der
Ordnungsmittel des § 890 ZPO verboten wurde, auf
ihrer Website unter der Internet-Domain
www.medizin-forum.de einen Link zu der von der
Antragstellerin unter der Internet-Domain
www.roche-lexikon.de betriebenen Website zu setzen,
wenn nach Aktivierung des Links der Inhalt
der Website der Antragstellerin unverändert in einem
Fenster auf der Website der Antragsgegnerin
erscheint. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin
mit ihrem Widerspruch vom 29.06.2000.

Die Antragstellerin trägt vor, der Anwender könne
nicht erkennen, dass er eine fremde Website
aufruft. Er nehme den per Link aufgerufenen und im
Fenster wieder­gegebenen Inhalt als Teil des
Inhalts der Website der Antragsgegnerin wahr. Ein
besonderer Hinweis darauf, dass eine fremde
Website aufgerufen wird, erfolge nicht.

Die Antragstellerin stützt den Unterlassungsanspruch
auf Urheberrecht und Wettbewerbsrecht. Sie
beruft sich auf einen Schutz als Datenbankwerk nach
§ 4 Abs. 2 UrhG, auf einen Datenbankschutz
nach §§ 87a ff. UrhG und auf allgemeinen Werkschutz
gemäß § 2 UrhG. Daneben nimmt die
Antragstellerin ergänzend wettbewerbs-rechtlichen
Leistungsschutz gemäß § 1 UWG in Anspruch
und beruft sich auf den Gesichtspunkt irreführender
Werbung gemäß § 3 UWG. Hierzu macht sie
jeweils weitere Ausführungen. Sie ist der Ansicht,
dass sich die Antragsgegnerin durch den
angebotenen Link an der rechtswidrigen
Vervielfältigung der Online-Datenbank beteilige und die
Verwender über die Herkunft des Fensterinhalts
täusche. Sie, die Antragstellerin, habe zu dem
Vorgehen der Antragsgegnerin keine Zustimmung
erteilt.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung
vom 18. Mai 2000 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 18. Mai
2000 aufzuheben
und den zugrundeliegenden Antrag
zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin trägt vor, dass die
Vervielfältigung der Inhalte der Antragstellerin in
zulässiger
Weise nur beim Nutzer erfolge. Stelle jemand eine
Website ins Internet, so müsse er mit Verweisen
rechnen. Die Antragstellerin habe dementsprechend
dem Link auch in dieser Form konkludent
zugestimmt. Die „fehlende„ Arbeitsleiste im Browser
des Nutzers habe auf die Bewertung der
urheberrechtlichen Lage keinerlei Einfluss. Die
Leiste sei Teil der Programmoberfläche des Nutzers,
nicht etwa der Antragstellerin. Deren Angebot
beschränke sich auf die Anzeige innerhalb der
Vorgaben des Browsers. Es liege keine „Übernahme„
fremder Leistungen vor. Auch würden die
Nutzer nicht über die fremde Urheberschaft
getäuscht. Ergänzend nimmt die Antragsgegnerin auf ein
Urteil des OLG Düsseldorf (CR 2000, 184 ff.) Bezug.

Die Antragsgegnerin trägt weiter vor, dass die
Antragstellerin bereits 1996 selbst eine Kooperation
angeregt und um die Aufnahme eines Hinweises auf das
„Roche Lexikon der Medizin„ in ihren, der
Antragsgegnerin, Internet-Dienst gebeten habe.
Hierzu macht sie weitere Ausführungen. Im übrigen
hält die Antragsgegnerin den Tenor des Beschlusses
für unklar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags
wird ergänzend auf die Schriftsätze der
Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die einstweilige Verfügung erweist sich auch nach
Durchführung des Widerspruchverfahrens als
zulässig und begründet.

I.

Die Antragstellerin hat einen aus §§ 97 Abs.1, 4
Abs.1 u. 2, 15 Abs. 1, 16 UrhG folgenden
Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegnerin.
Denn das „Roche Lexikon Medizin” ist ein
urheberrechtlich geschütztes Werk, und zwar in
Printform als Sammelwerk im Sinne des § 4 Abs. 1
UrhG und hinsichtlich der ins Internet eingestellten
Version als Datenbankwerk im Sinne des § 4 Abs.
2 UrhG, die Antragstellerin hat – unstreitig – die
ausschließlichen Nutzungsrechte an beiden Werken,
und die Antragsgegnerin verletzt das darin
enthaltene Vervielfältigungsrecht widerrechtlich durch das
Setzen des Links „Roche Lexikon Medizin„ auf ihrer
Website, da durch die Aktivierung des
Verweises auf der Website der Antragsgegnerin ein
den Bildschirm teilweise abdeckendes Fenster
geöffnet wird, welches die Website der
Antragstellerin ohne deren Zustimmung identisch zum Inhalt
hat und technisch im Arbeitsspeicher des von einem
Dritten genutzten Rechners abgespeichert wird.

1. Die von der Antragstellerin unter der Überschrift
„Roche Lexikon Medizin„ betriebene
Zusammenstellung von Stichwörtern und Zeichnungen
genießt den Schutz als Sammelwerk im Sinne
des § 4 Abs. 1 UrhG und die in das Internet
eingestellte Version den als Datenbankwerk im Sinne
des § 4 Abs. 2 UrhG. Das Printwerk beinhaltet
umfangreiche medizinische Information in Form von
Erklärungen, Zeichnungen, Fotos und weiteren
Hinweisen, die nach der Art der Auswahl, Darstellung
und methodischen Anordnung fraglos ein Sammelwerk im
Sinne des § 4 Abs. 1 UrhG ist. Ebenso
fraglos ist die darauf aufbauende in das Internet
eingestellte Version ein Datenbankwerk im Sinne
des § 4 Abs. 2 UrhG. Sie ist im Sinne einer
Datenbank als Sammelwerk systematisch und
methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe
elektronischer Mittel zugänglich. Der Nutzer kann den
von ihm gesuchten Themenbereich durch Auswahl eines
von über 60.000 Stichwörtern und von über
40.000 englischen Übersetzungen finden. Durch das
der Suchfunktion des Lexikons immanente
Abfragesystem sind die einzelnen medizinischen Daten
systematisch und methodisch geordnet und
unter Nutzung von Rechner sowie Modem oder anderen
Kommunikationsmitteln als
Online-Datenbank auch einzeln zugänglich. Aufgrund
der besonderen und eigenen Struktur erreicht
die Datenbank der Antragstellerin urheberrechtlichen
Schutz. Gerade in dieser Struktur liegt die
persönliche geistige Schöpfung des Datenbankwerkes
im Sinne des § 2 Abs. 2 UrhG. Hierbei ist die
individuelle schöpferische Leistung in der
unstreitigen Leichtigkeit und Benutzerfreundlichkeit des
Abfragesystems begründet. Das Online-Lexikon der
Antragstellerin ermöglicht die Suche nach den
gewünschten Daten, auch wenn der Suchbegriff
fehlerhaft eingegeben wurde. Die Suchfunktion
korrigiert bis zu einem bestimmten Grad selbständig
das eingegebene Wort. Zudem wird nach
erfolgreicher Suche die erste Datei ohne weitere
Eingaben des Nutzers geöffnet. Das Lexikon
ermöglicht die automatische Weiterleitung bei
Verweisstichworten. Der Verwender erhält hierdurch
ohne eigene Eingaben umfassende Informationen und
Erklärungen zu dem von ihm gewünschten
Themenbereich.

2. Die Darstellung der Website der Antragstellerin
im Rahmen eines Fensters, welches durch
Aktivierung des sich auf der Website der
Antragsgegnerin eingestellten Links „Roche Lexikon
Medizin„ in den Arbeitsspeicher des Verwenders
gelangt, verletzt widerrechtlich die Nutzungsrechte
der Antragstellerin. Nach §§ 15 Abs. 1, 16 UrhG hat
der Urheber das hier auf die Antragstellerin
übertragene ausschließliche Recht, sein Werk in
körperlicher Form zu verwerten, insbesondere zu
vervielfältigen, und damit auch das Recht, über die
Vervielfältigung seines Werkes zu entscheiden.
Gegen dieses Recht verstößt die Antragsgegnerin.

a) Durch die Aktivierung des Links wird die
entsprechende Website in den Arbeitsspeicher des
Rechners des Nutzers geladen. Dieses temporäre
Ablegen einer Website im Arbeitsspeicher stellt
nach h.M., der die Kammer folgt, eine
Vervielfältigung dar (vgl. Schricker/Loewenheim
Urheberrecht,
2. Auflage, § 69 c, Rdnr. 9 m.w.N.).

b) Im vorliegenden Fall bedarf die konkrete Art der
Vervielfältigung die Zustimmung der
Antragstellerin. Da diese fehlt, ist die
Vervielfältigung widerrechtlich. Zwar erscheint es
zutreffend,
dass derjenige, der Websites ins Internet stellt,
mit Verweisen rechnen muss und hiermit
grundsätzlich einverstanden ist (vgl. OLG Düsseldorf
CR 2000, 184, 186). Keine uneingeschränkte
Geltung kann dieser Grundsatz aber jedenfalls dann
beanspruchen, wenn, wie hier, durch die
Aktivierung des Links kein vollständiger Wechsel zu
der fremden Website erfolgt und dadurch der
Internet-Auftritt mit der Darstellung einer
urheberrechtlich geschützten Leistung in einem anderen
Umfeld stattfindet. Für die Bejahung einer
stillschweigenden Zustimmung kommt es dann auf die
Gesamtumstände des Einzelfalles an. Danach ist hier
eine Zustimmung der Antragstellerin nicht
anzunehmen. Vielmehr bestehen bei objektiver
Betrachtung erkennbare berechtigte Interessen der
Antragstellerin, die gegen die Annahme einer
stillschweigenden Zustimmung sprechen. Denn ihr
geschütztes Werk erscheint ohne Offenlegung ihrer
Internet-Domain nur seiten- bzw. stichwortweise
in Form eines Fensters innerhalb einer fremden
Website mit eingeschränkten Navigations- und
Nutzungsmöglichkeiten auf dem Bildschirm. Dadurch
besteht nicht nur angesichts des Umstands,
dass die Webseiten beider Prozessparteien
Informationen über medizinische Bereiche und
Fragestellungen geben, die Gefahr, dass der Nutzer
das Lexikon für einen Service der
Antragsgegnerin und nicht der Antragstellerin halten
könnte, mag auch eine echte
Herkunftsverwechselung oder -täuschung im
wettbewerbsrechtlichen Sinn zu verneinen sein. Es ist
ersichtlich nicht im Interesse der Antragstellerin,
dass die Antragsgegnerin, die auch im
medizinischen Bereich Informationen anbietet, die
eigene Website mit Leistungen der Antragstellerin
ohne Offenlegung von deren Internet-Domain
interessanter macht, ohne sich hierfür eine
Nutzungslizenz erteilen zu lassen, wie es andere
Website-Betreiber unstreitig gemacht haben.

Vor allem auch muss es die Antragstellerin nicht
hinnehmen, wenn ihr geschütztes Werk mit
eingeschränkten Navigations- und
Nutzungsmöglichkeiten präsentiert wird. Denn aktiviert man
den
Link durch Drücken der linken Maustaste, erscheint
auf der Homepage der Antragsgegnerin ein
Fenster, in welchem der Inhalt der unter der
Internet-Domain www.roche-lexikon.de aufrufbaren
Website der Antragstellerin wiedergegeben wird, und
zwar in vollständiger und unveränderter Form,
allerdings ohne Menü-, Adress- und Symbolleiste. Der
Anwender kann im Umfeld der Website der
Antragsgegnerin innerhalb des Fensters sämtliche
Funktionen bedienen, die in der Website der
Antragstellerin vorgesehen sind, insbesondere
Suchstichworte eingeben und sich anzeigen lassen.
Mangels Menü- und Symbolleiste nicht genutzt werden
können aber die in dieser Leiste an sich
vorgesehenen Funktionen. Auf der eingeblendeten
Website der Antragstellerin kann daher zum
Beispiel kein Lesezeichen (Bookmark) gesetzt werden,
mit welchem dem Anwender ein direkter
Zugriff auf die Website der Antragstellerin
ermöglicht wird. Der Anwender kann innerhalb des
Fensters auch nicht von einer aufgerufenen Seite zur
anderen blättern. Damit erscheint das
Online-„Roche Lexikon Medizin„ unattraktiver, als es
konzipiert ist. Dabei geht es nicht darum, ob
etwa die Programmoberfläche urheberrechtlich
geschützt ist, sondern um die nach den
Gesamtumständen anzunehmende Zustimmung der
Antragstellerin.

Zusammengefasst spricht hier alles gegen die Annahme
einer stillschweigenden Zustimmung der
Antragstellerin. Einen konkreten Wunsch der
Antragstellerin, in der gegebenen Weise auf der
Website der Antragsgegnerin Berücksichtigung zu
finden, trägt auch die Antragsgegnerin nicht vor.
Urheberrechtliche Schrankenbestimmungen gemäß §§ 45
ff. UrhG greifen hier von vornherein nicht.

c) Im vorliegenden Fall bieten auch die Ausführungen
des OLG Düsseldorf (CR 2000, 184 ff.), auf die
sich die Antragsgegnerin ausdrücklich bezogen hat,
keine andere Bewertung. Die zur Beurteilung
stehenden Sachverhalte sind nicht vergleichbar.
Anders als in der dortigen Entscheidung geht es im
vorliegenden Fall nicht um allein zu Werbezwecken
gestaltete und auf eine rasche und wirksame
Verbreitung angelegte Websites, die keinen
Sonderrechtsschutz genießen, sondern um ein
urheberrechtlich geschütztes Werk. Die
Antragstellerin hat hier nicht nur, wie ausgeführt, die
Möglichkeit, durch Lizenzvergaben Kapital aus ihrer
schöpferischen Leistung zu ziehen, ihr Interesse
geht auch weiter dahin, dass ihre Leistung vollen
Umfangs gewürdigt wird und nicht als Beiwerk einer
fremden Website Unbeteiligten kostenlos zugute
kommt.

Ebenso wenig ist die vorliegende Situation mit der
Tätigkeit einer herkömmlichen sog.
Suchmaschine vergleichbar. Für die Betreiber von
Suchmaschinen spielt der Inhalt der gefundenen
Website keine Rolle. Darüber hinaus geht nicht nur
der Nutzer einer solchen herkömmlichen sog.
Suchmaschine von vornherein davon aus, dass er
Verweise auf eine fremde Seite erhält, wie die von
der Antragsgegnerin zur Akte gereichten Anlagen AG 3
und 4 zeigen, wird nach erfolgreicher Suche
auch die korrekte Adresse des gesuchten Objekts
angezeigt.

3. Die Antragsgegnerin ist hinsichtlich des geltend
gemachten Unterlassungsanspruchs auch
passivlegitimiert, da sie die Verletzungshandlung
kausal herbeiführt. In Anspruch zu nehmen ist jeder,
der die Rechtsverletzung begeht oder daran
teilnimmt, sofern zwischen dem Verhalten und der
Rechtsverletzung ein adäquater Kausalzusammenhang
besteht (vgl. BGHZ 42, 118, 124). Hier wäre
ohne die Antragsgegnerin die konkrete
Verletzungshandlung gar nicht möglich. Die Antragsgegnerin
könnte sie jederzeit verhindern, indem sie die
Programmierung des Fensters unterlässt oder
rückgängig macht. Durch die Einrichtung des Links
und des Fensters unter Beschränkung der
Navigations- und Nutzungsmöglichkeiten wirkt sie an
der Verletzungshandlung mit, wenn sie diese
nicht sogar gerade steuernd beherrscht, da der
Nutzer sich des Verstoßes im Zweifel selbst gar nicht
bewusst ist. Die Antragsgegnerin zielt gerade auf
die unzulässige Vervielfältigung beim Nutzer ab.

4. Ob daneben noch Ansprüche unter anderen urheber-
oder wettbewerbsrechtlichen
Gesichtspunkten bestehen, kann dahinstehen.

II.

Es liegt auch ein Verfügungsgrund vor. Aufgrund der
fortlaufenden Verletzung der Rechte der
Antragstellerin ist die Dringlichkeit einer
Untersagung im Wege der einstweiligen Verfügung
begründet. Dem steht auch das Verhalten der
Antragstellerin nicht entgegen. Sie hat die
Angelegenheit bis zur Einreichung des Antrags auf
Erlass der einstweiligen Verfügung am
18.05.2000 unter Berücksichtigung des Umstands, dass
es sich um einen neuartigen und komplexen
Sachverhalt handelt, dessen Ermittlung und
Darstellung einer gründlichen Aufarbeitung bedurfte,
selbst als durchaus dringlich behandelt.
Unbestritten hat die Antragstellerin am 15.02.2000 Kenntnis
vom Inhalt der Website der Antragsgegnerin erlangt.
Eine Abmahnung mit Schreiben vom
09.03.2000 blieb sodann erfolglos.