LG Göttingen: Auseinandersetzung einer atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung (Göttinger Gruppe III)

Landgericht Göttingen

Urteil vom 20. Juni 2002 – Az.: 2 O 360/01

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen auf die mündliche Verhandlung vom 28.05.2002 (…)

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerinnen je zu 1/2 zu tragen

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerinnen sind die Erbinnen des am 2.01.2001 verstorbenen Herrn (…).
Durch den für das (…) tätigen Herrn (…) kam der Erblasser mit der Beklagten in Berührung.
Am 28.02.1999 unterzeichnete er den Zeichnungsschein Vertragsnummer 18 626426 mit einer Einmaleinlage von 90.000,– DM und einer
Rateneinlage von 120 Monaten zu je 640,– DM (Anlage K2), jeweils zuzüglich 5% Agio.

Der Zeichnungsschein enthält u.a. folgende Hinweise:

1. Dieses Angebot zur Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter stellt keine festverzinsliche Kapitalanlage, sondern eine unternehmerische Beteiligung dar.

2. Bei Beendigung der stillen Gesellschaft kann zum Ausgleich eines eventuell negativen Auseinandersetzungsguthabens eine Nachschusspflicht bestehen.

Ferner hat der Erblasser durch gesonderte Unterschrift bestätigt, den “Emissionsprospekt zur –––––-Rente” (Kenn.Nr. 13.2.1) der Beklagten ausgehändigt erhalten zu haben. Eine weitere Unterschrift leistete der Erblasser neben einer Beitrittserklärung, die folgenden Wortlaut hat:

Für den atypisch stillen Gesellschaftsvertrag gelten die Verantwortlichkeitserklärung, die Angabenvorbehalten, die Einstandspflicht und die Risikobelehrung im Emissionsprospekt sowie die umseitigen Vertragsbedingungen.

Ebenfalls abgesondert von dem übrigen Text und optisch hervorgehoben enthält der Zeichnungsschein eine gesonderte Widerrufsbelehrung, die der Erblasser unterzeichnet hat.

Nach dem Tode ihres Vaters ließen die Klägerinnen mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 12.3.2001 die Beteiligung außerordentlich kündigen, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklären und hilfsweise nach § 19 des Beteiligungsvertrages ordentlich zum 31.12.2001 kündigen.

Die Klägerinnen behaupten, dass der Erblasser durch Herrn (…) nicht anlegergerecht aufgeklärt sondern sogar arglistig getäuscht worden sei. Angesichts der wirtschaftlichen Situation des Erblassers sei eine Gesellschaftsbeteiligung nahezu unsinnig gewesen. Der Erblasser habe über lediglich 11.004,– DM Einkommen 1998 verfügt, nachdem er sein Taxiunternehmern 1997 aufgegeben habe. Er habe daher mit der Beteiligung keinerlei Steuervorteil erzielen können. Zudem habe ihm Herr (…)
empfohlen, seine beiden Lebensversicherungsverträge zu kündigen und diese für die Finanzierung der Einmaleinlage zu nutzen. Angesichts der langen Laufzeit und der nahen Zukunft der Fälligkeit der Lebensversicherungen sei dies ein wirtschaftlich äußerst unvorteilhafter Rat gewesen. Er habe bei dem Gespräch mit dem Erblasser weder auf die mit der Anlage verbundenen Risiken noch darauf hingewiesen, dass das Risiko bestehen könne, dass vertraglich vereinbarte Auszahlungen später nicht realisiert werden könnten. Vielmehr sei ihm gesagt worden, dass diese Geldanlage wesentlich rentabler sei als eine Lebensversicherung, wobei aber kein größeres Risiko als bei dieser eingegangen werde. Dem Erblasser sei auch erklärt worden, dass die Entnahmen in Höhe von monatlich 675,– DM sicher seien. Dies sei von Bedeutung gewesen, weil damit die Rateneinlagen von monatlich 672,– DM finanziert werden sollten. Aufgrund dieser arglistigen Täuschungen sei eine Anfechtung des Vertrages begründet. Die Beklagte müsse sich das Verhalten des Vermittlers zurechnen lassen.

Die Klägerinnen sind zudem der Ansicht, dass die durch den Erblasser abgeschlossenen Beteiligung an der Beklagten wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 und 2 BGB nichtig sei. Es liege ein erhebliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor. Das Konzept sei zum Scheitern verurteilt, weil es der Beklagten aufgrund der negativen Berichterstattung nicht gelinge, weitere Anleger zu finden, deren Anlage aber Voraussetzung für die Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens an ausscheidende Gesellschafter sei. Damit liege ein Schneeballsystem vor. Die Klägerinnen bestreiten erhebliche Investitionen der Beklagten.

Aus dem Konzept der Beklagten sei ohnehin nicht ersichtlich, wie jemals ein Auseinandersetzungsguthaben entstehen solle, weil die Steuerverluste wesentlich durch den Ansatz von Emissions- und Verwaltungskosten entstünden, deren Großteil auf die Anfangszeit der Gesellschaften entfiele.

Das Konzept der Beklagten beschneide die Mitspracherechte der Gesellschafter unangemessen, deshalb würden mangels unternehmerischer Mitspracherechte keine Steuervergünstigungen gewährt.

Die Verträge enthielten eine unangemessene Knebelung auch aufgrund einer erstmaligen Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von drei Monaten zum Ende des Geschäftsjahres, in der die Beteiligung ende. Dies seien im vorliegenden Fall 10 Jahre.

Eine Sittenwidrigkeit folge auch aus dem Erfordernis der Zeichnung von Folgebeteiligungen durch die Beklagte, wodurch der Anfall eines Auseinandersetzungsguthabens auf unabsehbare Zeit hinausgeschoben werde. Letztlich spiegele das gesamte Vertragswerk ein strukturelles Ungleichgewicht wieder, das den Anleger ungewöhnlich stark belaste.

Zudem sei der Vertrag wegen des Verstosses gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Es liege ein Verstoß gegen § 32 KWG vor, weil es sich um ein erlaubnispflichtiges Einlagengeschäft handele. Die Beklagte verfüge unstreitig über diese Erlaubnis nicht.

Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass die Beklagte ihnen die Rückzahlung der durch den Erblasser erbrachten Einlagen schulde. Wegen der arglistigen Täuschung seien die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft nicht anwendbar.

Dieser Anspruch ergebe sich auch aus einem zwischen dem Erblasser und der Beklagten, diese vertreten durch Herrn (…) , geschlossenen Beratungsvertrag. Herr (…) habe auf Wunsch des Erblassers die Erstellung eines persönlichen Anlagekonzepts vorgenommen und sei daher Berater gewesen. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus der außerordentlichen Kündigung der Klägerinnen, bei der Beklagten eingegangen am 23.3.2001.

Die Klägerinnen beantragen,

I. festzustellen, dass der zwischen der Beklagten und dem Rechtsvorgänger der Klägerinnen, Herrn (…) am 28.02./22.3.1999
abgeschlossene Vertrag Nr. 18 x 626426 x 60 über eine atypisch stille Gesellschaftsbeteiligung EK 1/7/8 – B – Vertragssumme
DM 175.140,– an der (…) nichtig ist und die Beklagte hieraus keine Rechte ableiten kann,

II. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen DM 108.612,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz gemäß § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 9.6.1998 seit 27.8.2001 – Zug um Zug gegen Übertragung der
atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung der Klägerinnen an der –––––, Vertrag Nr. 18 x 626426 x 60 über eine atypisch
stille Gesellschaftsbeteiligung EK 1/7/8 Vertragssumme DM 175.140,– auf die Beklagte – sowie 30,– DM vorgerichtliche
Mahnkosten zu bezahlen.

III.
III.

hilfsweise,

1. das den Klägerinnen zustehende Auseinandersetzungsguthaben an der Beklagten zum 23.3.2001 an der vorstehend bezeichneten atypisch stillen Gesellschaftsbeteiligung durch Vorlage einer Abschichtungsbilanz, in die sämtliche Forderungen und Verbindlichkeiten der Beklagten zum 23.3.2001 aufzunehmen sind, sowie durch Mitteilung des hieraus auf die Klägerinnen zum 23.3.2001 entfallenden Anteils durch Mitteilung des Verhältnisses der von Herrn
(…) auf die Beteiligung eingezahlten Einlagen zur Summe der eingezahlten Einlagen aller stillen Gesellschafter am der Beklagten,

2. erforderlichenfalls die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern,3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerinnen das sich aus der Auskunft ergebende Auseinandersetzungsguthaben, jedoch mindestens 55.532,43 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG sowie 5,11 Euro vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet eine Falschinformation oder arglistige Täuschung des Erblassers durch Herrn (…) und behauptet, dieser habe über alle sich mit der Anlage ergebenden Risiken aufgeklärt. Sie behauptet, Herr (…)
habe den Erblassers bereits im Januar 1999 etwa drei Stunden beraten und ihm bereits dort einen Emissionsprospekt sowie einen Geschäftsbericht der Beklagten für 1997 ausgehändigt, den der Erblasser mitgenommen habe. Dieser selbst habe dann zwei Wochen später bei Herrn (…)
einen neuen Termin vereinbart und erklärt, er habe den Prospekt durchgelesen und ihm gefalle das Konzept der Anlage. Der Erblasser habe dann Mitte Februar 1998 erneut angerufen und nun erklärt, er wolle sogar 100.000 DM anlegen. Er habe dazu mitgeteilt, er habe sich an die Unternehmen seiner Lebensversicherungen gewandt und erfahren, dass sein Kapital für Investitionen frei sei. Erst wiederum später sei es zur Unterzeichnung des Zeichnungsscheines gekommen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass der Erblasser bereits durch die Hinweise auf dem Zeichnungsschein selbst ausreichend auf die Risiken einer unternehmerischen Beteiligung hingewiesen worden sei.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass Herr (…) nicht als Berater sondern allein als Vermittler aufgetreten sei. Beratungspflichten könnten ihn daher nicht treffen, auf keinen Fall aber die Beklagte.

Eine Sittenwidrigkeit der Beteiligung sei nicht gegeben. Aus einer monatlichen Belastung des Erblassers von 672,–DM ergebe sich keine unzumutbare Belastung.

Das Konzept der Beklagte beruhe auch nicht darauf, ständig neue Anleger zu gewinnen. Vielmehr werden nach einer Verlustphase, aus der die Verlustzuweisungen an die Anleger erfolgten, durch die Investitionen der zufließenden Mittel in Immobilien, Unternehmbeteiligungen und Wertpapieren Gewinn erzielt. Deshalb habe auch das OLG Celle in seinem Urteil vom 15.5.1996 (9 U 41/95) festgestellt, dass ein Schneeballsystem gerade nicht vorliege. Die Investitionen ergäben sich aus den jeweiligen Geschäftsberichten der Jahresabschlüsse für 1998 und 1999, die die Beklagte als Anlagen B9 und B10 vorgelegt hat.

Dem Anleger würden durch den Beteiligungsvertrag auch keineswegs Rechte verkürzt. Ihm seien nicht nur die gesetzlichen Rechte eines stillen Gesellschafter aus § 233 HGB eingeräumt, sondern auch die sich aus § 716 BGB ergebenden Ansprüche.

Weder stelle die Dauer von 10 Jahren selbst eine unangemessene Knebelung eines Anlegers dar, noch berücksichtige die Klage das sich aus § 17 der Vertragsbestimmungen ergebende Recht auf Stornierung der Beteiligung nach vier Jahren bzw. das Recht, die Beteiligung beitragsfrei stellen zu lassen.

Eine Zeichnung von Folgebeteiligungen sei für den Anleger nicht nachteilig. Vielmehr bleibe er in den Gesellschaften mit den bereits erbrachten Raten und nehme dann auch an deren Gewinn teil. Hinsichtlich des unternehmerischen Risikos ergebe sich sogar ein Vorteil aus dieser Aufteilung, weil sich das Risiko mit mehreren Beteiligungen breiter verteile. Eine Knebelung sei durch die erteilte Vollmacht schon deshalb nicht zu erreichen, weil diese jederzeit widerrufbar sei.

Bei den Erstbeteiligungen werde Gewinn nicht nur aus den Immobilien- und sonstigen Wertanlagen erzielt, sondern Gelder auch aufgrund der Vermittlungsprovisionen eingenommen, die diese Beteiligungen aus der Weitergabe von Anlegern erhalten.

Damit stehe den Klägerinnen weder ein Anspruch aufgrund der Nichtigkeit des Beteiligungsvertrages noch aufgrund seiner Anfechtung oder Rücktritts zu.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerinnen jedenfalls keine Rückzahlung der Einlage verlangen könnten, sondern nach den Grundsätzen einer fehlerhaften Beteiligung allenfalls ein Anspruch auf Auseinandersetzung und Auszahlung eines eventuellen Auseinandersetzungsguthabens bestehen könne.

Hinsichtlich der Hilfsanträge bestehe kein Rechtsgrund, weil die Beklagte zu einer Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens zum 23.3.2001 nicht verpflichtet sei. Aufgrund der Kündigung der Klägerinnen als Erbinnen ende die Beteiligung zum 31.12.2001. Nach den vertraglichen Bestimmungen sei ein Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungsguthabens auf den Stichtag 31.12.2001 jedoch erst mit Ablauf des 31.12.2002 fällig.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in den Haupt- und Hilfsanträgen unbegründet.

I.

1. Der von dem Erblasser geschlossene Beteiligungsvertrag ist nicht wegen Verstosses gegen ein gesetzliches Verbot nichtig, § 134 BGB in Verbindung mit den §§ 32 ff. KWG

Selbst wenn die ratierliche Auszahlung der Kapitalbeteiligung nach Vertragsende erlaubnispflichtig sein sollte, wovon nach der Verbotsverfügung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen und dem anschließenden Vergleich zwischen der Behörde und der Beklagten durchaus auszugehen sein könnte, so würde dies nicht zur Nichtigkeit des Gesamtvertrags führen, sondern allenfalls zur Teilnichtigkeit des § 22 Absätze 1 und 2 des Vertrags, während die übrigen Bestimmungen gemäß § 139 BGB wirksam blieben. Dies ergibt sich auch aus § 29 des Vertrags.

2. Eine Nichtigkeit folgt auch nicht aus Sittenwidrigkeit, § 138 BGB.

Soweit der Kläger behauptet, dass ein Schneeballsystem vorliege, folgt die Kammer dem nicht. Die mit dem Anlagemodell der Beklagten verbundene Gewinnerwartung stützt sich auch nicht im Wesentlichen auf den Eintritt eines so genannten “Schneeballeffekts”, weil für den Anlageerfolg die Gründung der Nachfolgegesellschaften nötig sei, für die neue Anleger gefunden werden müssten, und weil eine der Säulen des gesamten Konzepts zusammenbreche, wenn dies misslinge; denn das Konzept der Beklagten enthält ein derartiges “Schneeballsystem” nicht. Dieses definiert sich aus § 6 c UWG, wonach es strafbar ist, im geschäftlichen Verkehr Nichtkaufleute zur Abnahme von Waren, gewerblichen Leistungen oder Rechten durch das Versprechen zu veranlassen, ihnen besondere Vorteile für den Fall zu gewähren, dass sie Andere zum Abschluss gleichartiger Geschäfte veranlassen, denen ihrerseits nach der Art dieser Werbung derartige Vorteile für eine entsprechende Werbung weiterer Abnehmer gewährt werden sollen. Darunter fällt das Anlagesystem der Beklagten schon deshalb nicht, weil in ihm die Anleger nicht selbst weitere Anleger werben müssen, um Nachteile zu vermeiden oder besondere Vorteile zu erlangen; denn bei der Beklagten liegt der Vertrieb allein in den Händen eingeschalteter Vermittler. Darüber hinaus fehlt es an einer weiteren Besonderheit eines jeden “Schneeballsystems”, nämlich an der Weiterleitung der von Neuanlegern stammenden Zahlungen an Altanleger; denn nach ihrer Konzeption ist die Beklagte nicht unbedingt auf ständig neue Anleger angewiesen, um das Anlagemodell, insbesondere durch Gründung von Nachfolgegesellschaften, fortzusetzen und zum wirtschaftlichen Erfolg zu führen (vgl. zu allem OLG Celle, Urteil vom 15. Mai 1996 – 9 U 41/95 -).

Die Sittenwidrigkeit ergibt sich nicht schon allein aus einer langjährigen Vertragsbindung, sondern ist unter Berücksichtigung und Abwägung der jeweiligen vertragstypischen und durch die Besonderheiten des Einzelfalls geprägten Umstände zu prüfen (BGH NJW 95,2350,2351). Wie sich aus dem Emissionsprospekt ergibt, ist Gegenstand der Beteiligung der langfristige Aufbau des Vermögens zur effektiven Altersversorgung (S. 10). Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Beteiligung nur auf längere Dauer angelegt sein kann, um auch steuerlich optimiert zu sein. Zudem sieht der Vertrag in § 17 eine vorzeitige Kündigungs- bzw. Stornierungsmöglichkeit für den Anleger vor. Die lange Vertragsdauer führt daher nicht zur Sittenwidrigkeit.

Dass mit einer vorzeitigen Beendigung der Beteiligung Kosten für den Anleger verbunden sind, stellt keinen Verstoß gegen § 10 Nr. 7 b) AGBG dar. Es kann dahinstehen, ob atypisch stille Gesellschaftsbeteiligungen aufgrund § 23 AGBG von den Bestimmungen dieses Gesetzes ausgenommen sind oder nicht (so OLG Oldenburg NZG 99,896; OLG Celle NZG 00,85; OLG Stuttgart NZG 00,93), denn jedenfalls unterliegen sie einer ähnlichen Inhaltskontrolle und Auslegung wie allgemeine Geschäftsbedingungen (BGH NJW 01, 1270,1271 mit weit. Nachweisen). Gemäß § 17 der Vertragsbedingungen schuldet der Anleger für den Fall einer vorzeitigen Kündigung eine Vorfälligkeitsentschädigung, deren Berechnung vorgegeben ist. Eine Prüfung der Angemessenheit dieser Berechnung kann hier dahinstehen. Selbst wenn es sich um eine unangemessen hohe Vorfälligkeitsentschädigung handeln sollte, würde dies nicht den gesamten Beteiligungsvertrag sondern lediglich diese Klausel zur Berechnung unwirksam machen und damit nicht die Rechtsfolge auslösen können, die die Klägerinnen begehren.

Die Sittenwidrigkeit folgt auch nicht aus einer Einschränkung der unternehmerischen Mitspracherechte des Gesellschafters. Vielmehr sind die Rechte eines atypischen stillen Gesellschafters typischerweise verkürzt und im wesentlichen auf Kontroll- und Einsichtnahmerechte beschränkt.

Die Kammer vermag auch weder ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung bei dieser unternehmerischen Beteiligung noch eine Sittenwidrigkeit aufgrund der Vollmacht für Folgebeteiligungen zu sehen. Zum einen ist diese Vollmacht jederzeit widerruflich und zum anderen ist nur so das Konzept zu erreichen, den Anlegern über viele Jahre hin durch Verlustzuweisungen zu Steuereinsparungen zu verhelfen. Die Kammer vermag die Ansicht der Klägerinnen auch nicht zu teilen, dass nicht ersichtlich sei, wie Auseinandersetzungsguthaben entstehen sollten. Die Beklagte hat hierzu auf die Investitionen in Immobilien u.a. verwiesen. Soweit die Klägerinnen dies bestreiten, ist der Vortrag angesichts der vorgelegten Geschäftsberichte zu pauschal und damit unbeachtlich.

3. Ein Anfechtungsrecht der Klägerinnen wegen arglistiger Täuschung des Erblassers besteht ebenfalls nicht.

Es kann dahingestellt bleiben, ob Herr (…) die Beteiligung tatsächlich als so sicher wie, aber rentabler als eine Lebensversicherung bezeichnet und auf mit ihr verbundene Risiken nicht hingewiesen hat. Selbst wenn dieser Vortrag unterstellt wird, lag bei dem Erblasser zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Verträge keine Fehlvorstellung über das Anlagegeschäft vor.

Aus dem unterzeichneten Zeichnungsschein ergibt sich eindeutig, dass es sich bei der atypisch stillen Beteiligung nicht um eine festverzinsliche Kapitalanlage handelt, sondern um eine unternehmerische Beteiligung, bei der im Fall eines negativen Kapitalkontos sogar eine Nachschusspflicht besteht. Dieser Hinweis befindet sich deutlich erkennbar auf dem Zeichnungsschein vor der ersten von insgesamt vier abverlangten Unterschriften. Ebenso deutlich wird in dem Zeichnungsschein auf die Risikobelehrung im Emissions-Prospekt Bezug genommen.

Selbst wenn also Herr (…) dem Erblasser gegenüber falsche Angaben gemacht haben sollte und dies der Beklagte zudem überhaupt zurechenbar wäre, wäre diese behauptete Täuschung nicht ursächlich für den Vertragsabschluß geworden, weil eine zutreffende Aufklärung über die Risiken der Beteiligung bereits vorlag, bevor der Erblasser den Zeichnungsschein unterschrieben hat. Daher kann offen bleiben, ob die angeblichen Äußerungen wegen ihres erkennbar anpreisenden Charakters überhaupt geeignet waren, beim Erblasser durch eine gezielte Desinformation eine relevante Fehlvorstellung zu wecken.

Dies gilt auch hinsichtlich der behaupteten Falschinformation über die Sicherheit der gewinnunabhängigen Entnahmen. Auch hier wird der Anleger durch die Vertragsbedingungen darüber belehrt, dass er bei den Entnahmen Rücksicht auf die Liquidität der Gesellschaft zu nehmen hat (§ 12 Abs. 6).

4. Den Klägerinnen steht auch kein außerordentliches Kündigungsrecht der Beteiligung zu.

Der Wegfall einer ratierlichen Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung nicht. Auch unter dem Gesichtspunkt eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage könnten die Klägerinnen insoweit keine Vertragsbeendigung erreichen, weil dieses Institut grundsätzlich zunächst zu einer Vertragsanpassung und nur in gravierenden Fällen zu einer Vertragsauflösung führt (BGH NJW 00, 1714,1716 mit weiteren Nachweisen). Da eine der vertraglichen Alternativen gerade die Auszahlung in einer Summe vorsieht, wäre eine entsprechende Vertragsanpassung den Klägerinnen auch zuzumuten. Das Hauptinteresse des Erblassers bei der von der Beklagten zu 1. angebotenen atypisch stillen Beteiligung lag in der Gewinnerzielung und der Steuerersparnis aufgrund von Verlustzuweisungen sowie in dem Aufbau eines entsprechenden Kapitalstocks. Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach einer ratierlichen Auszahlung oder einer Einmalauszahlung von untergeordneter Bedeutung. Hinzukommt, dass der Erblasser bei einer Einmalauszahlung durch eine entsprechende Anlage dieses Betrages mit monatlichen Auszahlungsbeträgen die ratierliche Zuwendung selbst erreichen hätte können.

Auch die Einstellung der monatlichen gewinnunabhängigen Entnahmen stellt weder isoliert betrachtet noch in Verbindung mit weiteren Umständen den zur außerordentlichen Kündigung erforderlichen wichtigen Grund dar. Denn wie in Anbetracht des Vertragstextes und den Angaben im Emissionsprospekt von Anfang an klar gewesen sein musste, begründete der Vertrag kein unbedingtes Recht auf die monatlichen Entnahmen. Gem. § 12 Nr. 6 des Beteiligungsvertrages ist der Anleger vielmehr verpflichtet, hinsichtlich der Entnahmen Rücksicht auf die Liquidität der Beklagten zu nehmen. Er war nach den Vertragsbedingungen sogar dazu verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen bereits erhaltene Entnahmen im Rahmen seiner Nachschusspflicht nach § 7 des Vertrages wieder zurückzuzahlen. Er durfte also nach den Vertragsbedingungen – die in dem Prospekt noch einmal in verständlicher und deutlicher Weise angeführt und erörtert werden – nicht darauf vertrauen, dass Entnahmen durchgängig oder auch nur überwiegend möglich sein würden. Da es sich bei den Entnahmen um gewinnunabhängige Zahlungen handelt, ist eine entsprechende Klausel nicht nur wirksam, sondern auch wesentlich, da andernfalls die Solvenz der Gesellschaft gefährdet werden könnte. Die Beklagte handelt nach alledem nicht nur vertragstreu, wenn sie unter bestimmten Voraussetzungen Entnahmen der Anleger nicht mehr gewährt – ihre Treuepflicht gegenüber allen Anliegern gebietet ihr dies sogar, sofern andernfalls ihre Liquidität gefährdet wäre.

Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung kann daher in der Einstellung der Entnahmen nur dann liegen, wenn die entsprechend ungünstige Liquiditätslage sich als Ausdruck derartiger Fehler der Geschäftsführung darstellte, dass dem Anleger das Festhalten am Vertrag unter Abwägung aller Umstände nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei ist bei der Bewertung möglicher Fehler der Geschäftsführung zu berücksichtigen, dass Beteiligung an einer Gesellschaft auch Beteiligung an unternehmerischen Risiken bedeutet. Für dieses Risiko hat der Anleger sich entschieden, um die Chance zu haben, mit dem eingesetzten Kapital höhere Gewinne zu erzielen. Daraus folgt, dass der Anleger grundsätzlich auch das Risiko unternehmerischer Fehlentscheidung zu tragen hat. In Konsequenz dessen können nur ganz besonders schwere Fehler der Geschäftsführer – etwa vorsätzliche oder grob fahrlässige Schädigung der Anleger – eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Dies entspricht auch der Wertung des § 723 BGB. Es ist indessen nicht ersichtlich, dass die Liquiditätslage der Beklagten auf derartige Fehler zurückzuführen ist. Die vorstehenden Gründsätze gelten auch dann, wenn der Anleger aus den Entnahmen die Raten für eine Ratenbeteiligung finanzieren wollte.

5. Schließlich steht den Klägerinnen auch kein Anspruch gegen die Beklagte wegen der behaupteten Verletzung von Pflichten aus einem Beratungsvertrag zu. Wenn der Erblasser sich an Herrn (…)
mit dem Anliegen gewandt haben sollte, dieser möge eine für ihn und seine Vermögensverhältnisse “passende” Anlage finden, dann wäre zwischen dem Erblasser und Herrn (…) Beratungsvertrag zustandegekommen. Inhalt dieses Beratungsvertrages wäre eine dem Erblasser und seinen Vermögensverhältnisses gerecht werdende Beratung. Ob der Berater (…) diese Pflicht durch die Empfehlung der Beteiligung an der Beklagten verletzt hat, kann im Ergebnis dahinstehen, weil hierfür die Beklagte nicht einzutreten hätte. Zwar ist im rechtsgeschäftlichen Bereich einem Vertragspartner das Verhalten eines Gehilfen ohne Weiteres zuzurechnen, wenn dieser den anderen Vertragspartner im Zusammenhang mit der Erfüllung einer Verbindlichkeit schädigt. Diese Zurechnung kann auch im Bereich der Vertrauenshaftung bei einer schädigenden Handlung eines Beauftragten erfolgen, wenn dieser sie nur im Zusammenhang mit einer Tätigkeit begeht, mit der er beauftragt worden und die ihrem Inhalt nach geeignet ist, die Vertrauenhaftung des Auftraggebers zu begründen (BGH WM 1984,1017,1018).

Eine Haftung der Beklagten käme gegebenenfalls in Betracht, wenn die Beklagte Herrn (…) beauftragt hätte, den Erblasser anlegergerecht zu beraten. Dies war aber gerade nicht der Fall. Vielmehr hat sie ihn allein mit der Vermittlung der Anlage beauftragt, wodurch er zu einer vollständigen und richtigen Information über die Anlage selbst verpflichtet gewesen ist. Somit wäre allein zwischen dem Erblasser und dem Berater bzw. der Beraterfirma ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Bei der Erfüllung seiner Beraterpflichten handelte Herr (…) damit außerhalb des ihm von der Beklagten erteilten Vermittlungsauftrages; § 278 BGB führt daher auch in entsprechender Anwendung nicht zu einer Haftung der Beklagten (vgl. BGH a.a.O.).

6. Selbst wenn man jedoch zu Gunsten der Klägerinnen hinsichtlich der Einlagen eine Haftung der Beklagten aus c.i.c. annehmen wollte, so hätte dies im Ergebnis auf die Entscheidung keinen Einfluss; denn nach den Grundsätzen der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft ist die stille Gesellschaft, und zwar in jeder ihrer Erscheinungsformen (vgl. BGH in NJW 92, 2696 [2697]; BGH in NJW 93, 2107, jeweils mit weiteren Nachweisen), bei Vorliegen eines Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrundes nur für die Zukunft ex nunc auflösbar mit der Folge, dass keine Rückzahlung geleisteter Einlagen, sondern eine Auseinandersetzung zu erfolgen hat (vgl. grundlegend RG in RGZ 165, 193 [201 ff.]; BGH in NJW 92, 1501 [1502]; BGH in NJW 01, 2718 [2720], jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen).

Die Voraussetzungen für die Anwendung der Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die auch für den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft gelten (vgl. BGH in NJW 92, ebendort), sind hier erfüllt. Der Erblasser hat seine Einmaleinlagen und einen Teil der Rateneinlagen erbracht, die Beklagte hat mit dem Geld gearbeitet, so dass die Leistung nicht ohne Weiteres gegenständlich rückgängig gemacht werden kann.

Die vorstehend erwähnten Grundsätze würden allerdings mit der Rechtsfolge eines Bereicherungsanspruchs aus § 812 BGB (Leistungskondiktion) dann nicht gelten, wenn der Vertrag gegen ein gesetzliches Verbot verstieße und daher nach § 134 BGB insgesamt nichtig wäre. Die rechtliche Anerkennung der fehlerhaften Gesellschaft findet nämlich da ihre Grenze, wo vorrangig schützenswerte Interessen der Allgemeinheit oder einzelner besonders schutzwürdiger Personen entgegenstehen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrags auf der Vorschrift des § 134 BGB beruht. Die Rechtsordnung kann nicht ein von ihr verbotenes und für nichtig erklärtes Rechtsverhältnis anerkennen, das laufend neue Rechte und Pflichten begründet. Hier verdient die fehlerhafte Gesellschaft keinen Bestandsschutz, weil das Interesse der Gesellschafter an der Anerkennung des von ihnen gewollten und tatsächlich geschaffenen Zustands gegenüber den entgegenstehenden Belangen der Allgemeinheit zurücktreten muss (vgl. BGH in BGHZ 62, 234 [241]; BGH in BGZHZ 75, 214 [217]).

Wie sich allerdings aus den vorstehenden Entscheidungsgründen ergibt, liegt eine Nichtigkeit des Vertrages nach § 134 BGB nicht vor. Es verbleibt daher bei den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft.

Damit waren die Hauptanträge abzuweisen.

II.

Auch die Hilfsanträge sind unbegründet.

Ein Anspruch auf Auskunft über ein Auseinandersetzungsguthaben steht den Klägerinnen nicht aufgrund einer Nichtigkeit, Anfechtung oder außerordentlicher Kündigung der Beteiligung zu.

Soweit die Klägerinnen als Erbinnen des Anlegers die Beteiligung wirksam mit Schreiben vom 12.3.2001 gekündigt haben, folgt daraus ebenfalls nicht der begehrte Auskunftsanspruch. Wie sich aus diesem Schreiben ergibt, wirkt diese Kündigung auch nach Ansicht der Klägerinnen zum 31.12.2001. Damit aber besteht kein Anspruch auf Auskunft über ein Auseinandersetzungsguthaben mit dem Stichtag 23.3.2001 zu.

Auch die Auszahlung des mit einer Mindestgrößenordnung versehenen Hilfsantrags zu Ziffer III 3 können die Klägerinnen nicht verlangen. Eine Zahlung des zum Stichtag 31.12.2001 zu ermittelnden Auseinandersetzungsguthabens ist gemäß § 22 Abs. 3, 2. Absatz der Vertragsbedingungen erst zum 31.12.2002 fällig. Hierauf ist nicht nur von Beklagtenseite sondern auch in der mündlichen Verhandlung vom 28.5.2002 hingewiesen worden.

Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.