LG Frankfurt/Main: Verbot der Behauptung, SPD erhielt Geld für Hochhäuser

Verbot der Behauptung, SPD erhielt Geld für Hochhäuser

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil vom 30.11.2000
Aktenzeichen 2/03 O 489/00

Tenor:

Die einstweilige Verfügung vom 10. Oktober 2000 wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es den Verfügungsbeklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wird, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, der dem Verfügungskläger angehörende SPD-Unterbezirk Frankfurt am Main oder ihm angehörende Mitglieder hätten für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern an der Mainzer Landstraße und am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main von Dritten Geld erhalten.

Im übrigen wird die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen.

Die Kosten des Eilverfahrens haben der Verfügungskläger zu 1/4 und die Verfügungsbeklagten als Gesamtschuldner zu 3/4 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; der Verfügungskläger kann die Vollstreckung der Verfügungsbeklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Verfügungsbeklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Bei dem Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger) handelt es sich um eine Untergliederung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Zu seinen Untergliederungen wiederum gehört der SPD-Bezirk Frankfurt am Main. Der Verfügungsbeklagte zu 1. (im Folgenden: Beklagter zu 1.) ist Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion im Frankfurter Römer, der Verfügungsbeklagte zu 2. (im Folgenden: Beklagter zu 2.) deren Pressesprecher.

Unter dem 27. September 2000 veröffentlichten die Beklagten eine Presseerklärung unter der Überschrift: “Bührmann: Unverschämte Anwürfe der SPD gegen Petra Roth und CDU Frankfurt”. Der erste Absatz dieser Presseerklärung befasst sich mit den Vorwürfen der Frankfurter SPD gegen Oberbürgermeisterin Petra Roth und die Frankfurter CDU wegen der Finanzierung der Frankfurter CDU im Zusammenhang mit dem “Schwarzgeldsystem” Helmut Kohls. Der zweite Absatz lautet: “Dabei habe gerade die Frankfurter SPD einen Grund, sich in Spenden- und Finanzfragen sehr zurückzuhalten. Die “krummen” Geschäfte der Ära Arndt seien keineswegs vergessen. Mitte der 70er Jahre hatte der damalige Oberbürgermeister Rudi Arndt (SPD) in seinem Amtszimmer eine Barspende von dem Investor A. entgegengenommen, der das Parkhaus am Flughafen bauen wollte. Auch andere Spenden an die SPD abseits der gesetzlich vorgeschriebenen Wege wurden damals bekannt. Die merkwürdige Spendenpraxis der SPD wurde zuletzt Anfang der 90er Jahre ruchbar, als Investoren hinter vorgehaltener Hand berichteten, für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern an der Mainzer Landstraße bzw. am Hauptbahnhof (Campanile) seien erhebliche Summen an die Frankfurter SPD geflossen. In den Spendenberichten der SPD aus den letzten Jahren tauchen allerdings nicht nur die Architekten B. & Partner sowie H. J. auf, von den Investoren keine Spur. Diese Gelder sind – sollten sie tatsächlich geflossen sein – wohl bar übergeben und heimlich vereinnahmt worden. Die Frankfurter SPD sollte daher in Finanzfragen sehr vorsichtig sein und vor ihrer eigenen Haustür kehren. Zu Vorwürfen gegen die CDU – insbesondere wenn es sich nur um olle Kamellen handele – gebe es nach den Finanzpraktiken der Vergangenheit keinerlei Anlass.”

Einen Tag später erklärte der Beklagte zu 2. gegenüber Vertretern der Presse, er selbst sei Zeuge eines Gesprächs gewesen, in dem ein Investor erklärt habe, er habe 300.000,00 DM für die Zustimmung der Frankfurter SPD zu den bereits genannten Vorhaben an diese gezahlt.

Diese Informationen verwertete die Presse in mehreren Zeitungsartikeln, wegen deren Inhalt auf die Anlagen K1 – K3 der Antragsschrift Bezug genommen wird.

Mit Schriftsatz vom 29. September 2000, im Original bei Gericht eingegangen am 09. Oktober 2000, beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Inhalt, es den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu untersagen, wörtlich oder sinngemäß die Behauptung aufzustellen und/oder zu verbreiten, der dem Kläger angehörende SPD-Unterbezirk Frankfurt am Main oder ihm angehörende Mitglieder hätten für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern an der Mainzer Landstraße und am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main von Dritten Geld verlangt und/oder erhalten bzw. dies sei von Dritten berichtet worden.

Einen Tag später erließ die Kammer eine einstweilige Verfügung gemäß dem Antrag, jedoch ohne den letzten Halbsatz: “… bzw. dies sei von Dritten berichtet worden”.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Beklagten.

Der Kläger behauptet, dem Vorstand des SPD-Unterbezirks Frankfurt am Main sei, ebenso wie ihm selbst, nicht bekannt, dass eines seiner Vorstandsmitglieder seine Zustimmung von der Zahlung irgendwelcher Gelder abhängig gemacht hätte oder solche Gelder erhalten hätte und legt hierzu eidesstattliche Versicherungen von Herrn Dr. M. W., Frau A. B. und Herrn S. P. vor, wegen deren Inhalt auf die Anlagen K4 – K6 der Antragsschrift (Bl. 23 – 25 d. A.) Bezug genommen wird. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass sich das von dem Beklagten zu 2. am 28.09.2000 gegenüber Vertretern der Presse beschriebene Gespräch tatsächlich so zugetragen habe und den behaupteten Inhalt gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 10. Oktober 2000 zu bestätigen.

Die Beklagten beantragen,

die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag

auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, die einstweilige Verfügung könne keinen Bestand haben, weil sie zu keiner Zeit behauptet hätten, die SPD Frankfurt habe für die Zustimmung zum “Campanile” Geld erhalten. Es sei lediglich behauptet worden, Investoren hätten hinter vorgehaltener Hand berichtet, für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern seien erhebliche Summen an die SPD geflossen. In diesem Zusammenhang weisen die Beklagten auf die Formulierung in der Presseerklärung hin: “Diese Gelder sind – sollten sie tatsächlich geflossen sein – wohl bar übergeben und heimlich vereinnahmt worden.” Keinesfalls sei behauptet worden, die Frankfurter SPD habe von Dritten Geld verlangt.

Die Beklagten sind der Auffassung, von ihnen könne eine Glaubhaftmachung der Richtigkeit von Äußerungen, die ihnen lediglich unterstellt werden, billigerweise nicht verlangt werden. Sie seien jedoch in der Lage, die zur Stützung ihrer Äußerungen genannten Fakten glaubhaft zu machen. In diesem Zusammenhang behaupteten die Beklagten zunächst, am Ende einer Debatte betreffend das “Campanile”-Projekt hätten der damalige Vorsitzende der CDU-Fraktion Horst H. und der Beklagte zu 2. den Plenarsaal im Römer in Richtung Foyer verlassen. Von der Besuchertribüne, deren Freitreppe in das Foyer mündet, seien in diesem Augenblick zwei Besucher heruntergekommen, die sich sehr erregt an Herrn H. und den Beklagten zu 2. sinngemäß mit den Worten gewandt hätten “Jetzt fließt Blut, wir haben nicht umsonst 300.000,00 DM an euch gezahlt.” Wie sich in dem anschließenden Gespräch herausgestellt habe, hätten die beiden Herren den Zeugen H. und den Beklagten zu 2. für Stadtverordnete der SPD gehalten. Zur Glaubhaftmachung dieser Darstellung hat der Beklagte zu 2. eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt, wegen deren Inhalts auf die Anlage 1 des Schriftsatzes vom 30.10.2000 (Bl. 48 – 49 d. A.) Bezug genommen wird. Herr H. hat unter dem 25.10.2000 hierzu eine eidesstattliche Versicherung folgenden Wortlauts abgegeben: “Ich bin Adressat eines Gesprächs gewesen, in dem der Investor F. des seinerzeit geplanten Hochhauses Campanile am Hauptbahnhof sich bei mir beklagte, dass die SPD diesem Vorhaben nicht zustimme, obwohl er, der Investor, dafür eine größere Summe gezahlt habe.” Unter dem 02.11.2000 gab Herr H. eine weitere eidesstattliche Versicherung ab, in der es unter anderem heißt: “Ich wurde am Rande der Plenardebatte, in der das Thema Campanile entschieden wurde, aus dem Plenarsaal herausgebeten mit dem Hinweis, die Investoren des geplanten Campaniles wünschten mich zu sprechen und war dann in Gegenwart des Fraktionsassistenten und Pressesprechers der CDU-Fraktion, Dr. Johannes Theißen, Adressat eines Gesprächs mit Herrn F. von der Firma F. KG in Mannheim und weiterer Teilnehmer. Herr Dr. Theißen hat einen weiteren Teilnehmer als Herrn V. W. in Erinnerung. Ich persönlich habe keine genaue Erinnerung an Namen weiterer Gesprächspartner. Richtig ist, dass die beiden Herren sehr aufgeregt auf uns zustürzten und massive Vorwürfe erhoben. Ich kann mich auch an die sinngemäßen Worte erinnern: “Jetzt fließt Blut”. Ich kann mich jedoch nicht an eine Summe erinnern, die er behauptet hat, bin mir jedoch sicher, dass es um einen höheren Betrag ging. Ich hatte allerdings nicht den Eindruck, dass er sich über uns beschweren wollte, sondern bei uns über die SPD, die ihre frühere Zustimmung zu dem Campanile-Projekt in der Plenarsitzung zurückgezogen hatte. Deswegen kann ich auch nicht genau sagen, wie damals von Herrn F. formuliert worden ist. Meine Erinnerung ist, dass er gesagt hat, “Wir haben an die gezahlt”. Jedenfalls war den Vorwürfen eindeutig zu entnehmen, dass sie sich gegen diejenigen richteten, die das Projekt Campanile soeben abgelehnt hatten.”

Schließlich sind die Beklagten der Auffassung, die Äußerungen aus ihrer Presseerklärung vom 27.09.2000 dürften ihnen auch deshalb nicht untersagt werden, weil diese Äußerungen im Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen und des Rechts auf freie Meinungsäußerung erfolgt seien und die Meinungsäußerungen zudem im Verlaufe einer öffentlichen Auseinandersetzung mit hohem Informationswert für die Öffentlichkeit gemacht worden seien.

Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung war auf den Widerspruch der Beklagten auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Dies führte im Wesentlichen zu ihrer Bestätigung.

Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist in dem tenorierten Umfang begründet gemäß §§ 823 Absatz 2 BGB, 186 StGB (üble Nachrede) i.V.m. § 1004 BGB analog.

Die Beklagten haben behauptet, der dem Kläger angehörende SPD-Unterbezirk Frankfurt am Main bzw. ihm angehörende Mitglieder hätten für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern an der Mainzer Landstraße und am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main von Dritten Geld erhalten. Diese Behauptung ist in der Pressemitteilung vom 27.09.2000 enthalten. Das Behaupten kann auf zwei Wegen geschehen. Zum Einen kann jemand eine Äußerung als Ausdruck seiner eigenen Ansicht vorbringen, wie dies bei allen eigenen Erklärungen der Fall ist. Zum Anderen kann man sich die Behauptung eines Dritten zueigen machen. Ein solches Zueigenmachen ist gegeben, wenn die Äußerungen eines Dritten in den eigenen Gedankengang so eingefügt werden, dass diese Äußerungen die eigene Aussage unterstreichen (Prinz/Peters, Medienrecht RN 34). Letzteres ist hier der Fall. In der Pressemitteilung vom 27.09.2000 werden die Angriffe gegen die Frankfurter SPD eingeleitet mit den Worten: “Dabei habe gerade die Frankfurter SPD einen Grund, sich in Spenden- und Finanzfragen sehr zurückzuhalten.” Sodann wird über “krumme” Geschäfte der Ära Arndt berichtet und sodann über die “merkwürdige Spendenpraxis” Anfang der 90er Jahre. Zwar heißt es in diesem Zusammenhang, Investoren hätten “hinter vorgehaltener Hand berichtet, für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern an der Mainzer Landstraße bzw. am Hauptbahnhof (Campanile) seien erhebliche Summen an die Frankfurter SPD geflossen.” Und weiter: “Diese Gelder sind – sollten sie tatsächlich geflossen sein – wohl bar übergeben und heimlich vereinnahmt worden.” Die Schlussfolgerung der Beklagten ist jedoch eindeutig und geht dahin, dass die Frankfurter SPD in Finanzfragen sehr vorsichtig sein und vor ihrer eigenen Haustür kehren solle. Damit ist der Kernvorwurf – für die Zustimmung zu Hochhäusern seien Gelder geflossen – eingebettet in eine Einschätzung – die Frankfurter SPD habe allen Grund, sich in Spenden- und Finanzfragen sehr zurückzuhalten, sie solle sehr vorsichtig sein und vor ihrer eigenen Haustür kehren – die nur dann einen Sinn macht, wenn man von der Richtigkeit des Vorwurfs ausgeht. Vor diesem Hintergrund hat die Wendung “… sollten sie tatsächlich geflossen sein …” eher den Charakter eines “Feigenblattes” und ist nicht geeignet, bei dem Durchschnittsleser den Eindruck hervorzurufen, die Beklagten referierten lediglich fremde Äußerungen.

Bei der Äußerung, die SPD Frankfurt habe für die Zustimmung zu geplanten Hochhäusern Geld erhalten, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung, nicht etwa um eine Meinungsäußerung. Denn die Frage, ob Gelder geflossen sind oder nicht, ist ohne weiteres dem Beweis zugänglich. Diese Tatsache ist geeignet, den SPD-Unterbezirk Frankfurt am Main und damit den Kläger als übergeordnete Organisationseinheit in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen im Sinne von § 186 StGB (üble Nachrede). Es liegt auf der Hand und wurde durch die öffentliche Diskussion der letzten Monate belegt, dass das Verwickeltsein politischer Parteien oder ihrer Untergliederungen, Mitglieder oder Funktionsträger in Schmiergeldaffären von der öffentlichen Meinung nicht toleriert wird, sondern zu einer empfindlichen Rufschädigung führt. Daraus folgt gemäß § 186 StGB i.V.m. § 823 Absatz 2 BGB, dass jemand, der eine solche Behauptung aufstellt, in der Lage sein muss, diese im Streitfall zu beweisen bzw. im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes glaubhaft zu machen.

Etwas Anderes folgt nicht aus dem Rechtsgedanken des § 193 StGB (Wahrnehmung berechtigter Interessen). Das Rechtsinstitut der “Wahrnehmung berechtigter Interessen” nimmt dem Mitteilenden das Risiko ab, dass sich eine von ihm aufgestellte Behauptung trotz Beachtung der von ihm zu verlangenden Sorgfalt nachträglich als falsch erweist (Prinz/Peters RN 254). Seine Anwendung erfordert zunächst eine Interessenabwägung, und zwar eine Abwägung des Grundrechts aus Artikel 5 Absatz 1 GG mit dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Voraussetzung ist außerdem, dass die Veröffentlichung in der Absicht der Interessenwahrung erfolgte und ihr eine hinreichend sorgfältige Recherche über deren Wahrheitsgehalt vorausgeht. Der Umfang der Recherchepflicht wiederum hängt von der Schwere des Vorwurfs ab. Je schwerer der Vorwurf desto größere Anforderungen sind an die Prüfungspflicht zu stellen (Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, RN 6.112).

Fraglich ist bereits, ob die Veröffentlichung der Beklagten in der Absicht der Interessenwahrung – also in Wahrnehmung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit – erfolgte oder in der Absicht, den Kläger bzw. die Frankfurter SPD zu schädigen. Ein Indiz für eine Schädigungsabsicht kann sich daraus ergeben, dass der Mitteilende von dem behaupteten Vorgang bereits des Längeren Kenntnis hatte, er die Meldung aber erst in dem Zeitpunkt verbreitet, in dem die Schädigung am nachhaltigsten ist (Wenzel, a. a. O. RN 6.83). Die Schädigungsabsicht kann auch daraus zu entnehmen sein, dass der Mitteilende seine Aktivitäten erst entfaltet, nachdem der Betroffene den Mitteilenden seinerseits angegriffen hat (Wenzel a.a.O.). Hier beziehen sich die Beklagten auf ein Gespräch am Rande einer Plenardebatte, die vor 11 Jahren, im September 1989, stattfand. Bereits aus der Überschrift der Pressemitteilung (“Bührmann: Unverschämte Anwürfe der SPD gegen Petra Roth und CDU Frankfurt”) ergibt sich, dass die Veröffentlichung in Reaktion auf Angriffe der Frankfurter SPD erfolgte, Petra Roth sei in die Finanzaffäre der hessischen CDU oder in das “Schwarzgeldsystem” Helmut Kohls verwickelt.

Letztlich kann die Frage, ob die streitgegenständlichen Äußerungen dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit oder der Schädigung des Klägers dienen, hier jedoch dahingestellt bleiben, da die Beklagten jedenfalls ihrer Recherchepflicht nicht nachgekommen sind. Aus den eidesstattlichen Versicherungen des Beklagten zu 2. und von Herrn H. ergibt sich keineswegs, dass “die Investoren” sich ihnen gegenüber eindeutig geäußert hätten, weitere Recherchen also obsolet geworden wären.

Während der Beklagte zu 2. eidesstattlich versichert, 2 Vertreter der Mannheimer Investorengruppe über den Campanile, darunter Herr V. W., hätten sich auf ihn und Herrn H. gestürzt in der Annahme, sie seien Mitglieder der SPD-Fraktion, mit den Worten: Jetzt fließt Blut. Wir haben nicht umsonst 300.000,00 DM an euch gezahlt” formuliert Herr H. anders. Abgesehen davon, dass er nach seiner Erinnerung zusammen mit dem Beklagten zu 2. gezielt von den Investoren zu einem Gespräch gebeten wurde, hat einer der Investoren, Herr F. , nach der Darstellung von Herrn H. lediglich gesagt: “Wir haben an die gezahlt”. Diese Formulierung lässt mehrere Interpretationen zu, nicht nur die, dass an Mitglieder der Frankfurter SPD gezahlt worden sei, sondern ebenso die, es sei an andere Personen oder Einrichtungen gezahlt worden, um die Voraussetzungen für die Realisierung des Bauprojekts zu schaffen, etwa durch Einholung von Gutachten, Studien oder ähnlichem. Die Entrüstung der Investoren über die ablehnende Haltung der SPD wäre auch in diesem Falle verständlich, da dieses Geld ohne Baugenehmigung nutzlos aufgewendet worden wäre.

Mit Rücksicht auf diese unterschiedliche Erinnerung und vor allem mit Rücksicht auf die Schwere des erhobenen Vorwurfs waren die Beklagten verpflichtet, weitere Recherchen bei den damals beteiligten Politikern und Investoren anzustellen, um den Wahrheitsgehalt ihrer Behauptungen zu überprüfen.

Da die Beklagten sich nicht auf die Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen können, liegt die Glaubhaftmachungslast für die Richtigkeit ihrer Behauptung, die SPD Frankfurt am Main hätte für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern von Dritten Geld erhalten, bei ihnen. Dieser sind sie nicht nachgekommen. Die beiden eidesstattlichen Versicherungen von Herrn H. sind insoweit bereits nicht ergiebig. Wie bereits dargelegt, lässt sich weder der eidesstattlichen Versicherung vom 25. Oktober 2000 noch der vom 02. November 2000 entnehmen, Investoren hätten behauptet, an die SPD gezahlt zu haben. Den eidesstattlichen Versicherungen lässt sich lediglich entnehmen, Investoren hätten behauptet, für das Campanile-Projekt Geld gezahlt zu haben; an wen, das bleibt offen. Von entscheidender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die eidesstattlichen Versicherungen sich auf Hörensagen beziehen. Das heißt, Herr H. kann nicht aus eigener Wahrnehmung bestätigen, dass die Frankfurter SPD für ihre Zustimmung Gelder erhalten hat, sondern er kann zu diesem Thema nur etwas darüber sagen, was Dritte geäußert haben. Da die Beklagten sich jedoch den Vorwurf, die Frankfurter SPD habe Gelder erhalten, zueigen gemacht haben, müssen sie glaubhaft machen, dass solche tatsächlich geflossen sind. Eine eidesstattliche Versicherung vom Hörensagen ist zwar als Glaubhaftmachungsmittel nicht schlechthin ungeeignet, jedoch von geringerem Gewicht als eine solche, die eigene Wahrnehmung zum Gegenstand hat. Die Berücksichtigung beider Aspekte – die bloße Wiedergabe dessen, was Dritte behauptet haben und noch dazu die fehlende Eindeutigkeit dieser Behauptungen – führt dazu, dass die eidesstattlichen Versicherungen von Herrn H. als Glaubhaftmachungsmittel unergiebig sind. Die eidesstattliche Versicherung des Beklagten zu 2. ist demgegenüber eindeutig. Er versichert, Investoren hätten ihm und Herrn H. gegenüber in der Annahme, sie seien Mitglieder der SPD-Fraktion, gesagt: “Jetzt fließt Blut. Wir haben nicht umsonst 300.000,00 DM an euch gezahlt.” Im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Beklagten zu 2. kann jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass er Partei dieses Verfahrens ist und insofern an dessen Ausgang ein erhebliches Interesse hat. Die eidesstattliche Versicherung einer Partei ist daher letztlich nicht viel mehr als eine Bekräftigung des Parteivortrages. Überdies bestehen an der Glaubhaftigkeit dessen, was eidesstattlich versichert wurde, erhebliche Zweifel. Denn während der Beklagte zu 2. eidesstattlich versichert, die Investoren hätten ihn und Herrn H. für Mitglieder der SPD-Fraktion gehalten, versicherte Herr H. eidesstattlich, er und der Beklagte zu 2. seien gezielt von den Investoren zu einem Gespräch gebeten worden. Hierbei handelt es sich keineswegs nur um einen Nebenpunkt. Denn die Bedeutung der Aussage der Investoren, an die der Beklagte zu 2. sich erinnern will, nämlich “Wir haben nicht umsonst 300.000,00 DM an euch gezahlt” hängt entscheidend davon ab, wen die Investoren glaubten, vor sich zu haben.

Aufzuheben war die einstweilige Verfügung, soweit der Verbotstenor sich auf die Behauptung bezog, der Kläger habe Geld verlangt. Das Wort “verlangen” wird von dem Durchschnittsleser so verstanden, der Kläger bzw. Mitglieder seines Unterbezirks Frankfurt am Main hätten die Initiative ergriffen, sich ihre Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern abkaufen zu lassen. Derartiges haben die Beklagten jedoch nicht behauptet. In der Pressemitteilung heißt es hierzu: “… für die Zustimmung … seien erhebliche Summen an die Frankfurter SPD geflossen.” Darin steckt der Vorwurf, es habe einen “Deal” gegeben, der Formulierung lässt sich jedoch nicht entnehmen, ob die Frankfurter SPD oder die Investoren diesen eingefädelt haben. Mithin wurde dem Kläger die “Begehungsform” des Verlangens nicht vorgeworfen.

Klarzustellen ist überdies, dass sich die Entscheidung der Zurückweisung auch auf die ursprünglich beantragte Variante bezieht, es sei von Dritten berichtet worden, der dem Kläger angehörende SPD-Unterbezirk Frankfurt am Main oder ihm angehörende Mitglieder hätten für die Zustimmung zu den geplanten Hochhäusern an der Mainzer Landstraße und am Hauptbahnhof in Frankfurt am Main von Dritten Geld verlangt und/oder erhalten. Insoweit war dem Verfügungsantrag nicht zu entsprechen, weil die Behauptung, Dritte hätten von entsprechenden Schmiergeldzahlungen berichtet, ohne sich die Richtigkeit dieser Berichte zueigen zu machen, für sich genommen noch nicht als ehrenrührig bezeichnet werden kann mit der Folge, dass es im Anordnungsverfahren Aufgabe des Klägers gewesen wäre, Glaubhaftmachungsmittel vorzulegen, aus denen sich wenigstens Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es solche Berichte Dritter nicht gibt. Dies ist jedoch nicht geschehen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Absatz 1, 708 Nr. 6, 711 ZPO.