Tenor:
Die Klage des Klägers zu 1. wird abgewiesen.
Der Beklagte wird verurteilt, Trainingsspiele an Werktagen von 20.00 Uhr – 8.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 20.00 Uhr – 9.00 Uhr und von 13.00 Uhr – 15.00 Uhr zu unterlassen und es zu unterlassen, Ligaspiele länger als 4 Stunden außerhalb der unter 1. genannten Zeiten stattfinden zu lassen. Die genannten Betriebszeiten gelten an 18 Kalendertagen im Jahr nicht.
Im übrigen wird die Klage der Kläger zu 2. und 3. abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 1. seine eigenen außergerichtlichen Kosten ganz, 1/3 der Gerichtskosten und 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen.
Die Kläger zu 2. und 3. haben zusammen je die 1/2 der eigenen außergerichtlichen Kosten und der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und 1/3 der Gerichtskosten zu tragen.
Der Beklagte hat die 1/2 seiner eigenen außergerichtlichen Kosten und der außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 2. und 3. und 1/3 der Gerichtskosten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung von 4.000,00 DM durch die Kläger zu 2. und 3. und den Beklagten.
Tatbestand:
Die Kläger sind Eigentümer zweier Einfamilienhäuser im …-Ring in Kriftel.
Die Häuser liegen in einem reinen Wohngebiet. Auf der der Stadt Kriftel gehörenden angrenzenden Grünfläche “Hinter’m Linsenberg”, die als Freizeitgelände und Bolzplatz ausgewiesen ist, findet seit 1993 der Trainings- und Wettkampfbetrieb des Baseball Clubs Kriftel Redwings e.V. statt Der Verein, dem für die Jugendarbeit in Kriftel eine bedeutende Stellung zukommt, hat heute über 160 Mitglieder.
6 Mannschaften nehmen am Ligabetrieb teil. Die Spielsaison dauert von April bis August. In diesen 5 Monaten fanden 1999 20 Heimspiele von den angemeldeten drei Jugendmannschaften statt. Zusätzlich fanden ausweislich der öffentlich zugänglichen Ergebnistabellen der Mannschaften noch weitere 18 Heimspiele der Seniorenteams statt. Dreimal die Woche wird der Trainingsbetrieb abgehalten. Auf dem Gelände wurde in den letzten Jahren eine Baseballanlage eingerichtet, zu der zwei Tribünen, zwei Bauwagen, eine chemische Toilette und ein 15 m hohes Fangnetz zum Schutz vor fliegenden Bällen gehörten. Beim Training und Spiel wird Lärm durch das laute Rufen des Trainers und der Spieler, das Schlagen der Bälle und bei Spielen zusätzlich durch das Anfeuern und Applaudieren der Zuschauer verursacht.
Die Spiele finden überwiegend an Wochenenden statt. Besondere Parkplätze für die Besucher der Baseballanlage oder Schallschutzvorrichtung zur Minderung des entstehenden Lärms sind nicht vorhanden.
Die Kläger haben ursprünglich beantragt, daß der Beklagte zur Beseitigung der Tribünen, der Bauwagen, der Toilette und des Fangzauns verurteilt werden solle; in der ersten mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Prozeß insoweit einvernehmlich für in der Hauptsache erledigt erklärt, nachdem die Gegenstände abgebaut worden waren.
Die Kläger behaupten, daß es durch die Aktivitäten des Beklagten zu erheblichen Lärmbelästigungen komme, die über die Werte, die für reine Wohngebiete zulässig seien, hinausgingen. Außer von dem normalen Spielbetrieb gehe der Lärm auch von dem ständigen Schlagen von Autotüren durch die parkenden und wegfahrenden Besucher der Anlage aus. Auch dieser Lärm werde durch die Veranstaltung des Beklagten verursacht. Gesetzliche Ruhezeiten würden nicht eingehalten. Der Trainings- und Wettkampfbetrieb findet bis 21.00 Uhr statt
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen es zu unterlassen, auf dem Bolzplatz Gemarkung Kriftel Flur … Flurstück … Grün- und Freizeitanlage …-Ring vom 01.05.-31.08. in der Zeit von 21.00 Uhr-7.00 Uhr, in den übrigen Monaten des Jahres in der Zeit von 20.00 Uhr -7.00 Montags bis Samstags in der Zeit von 13.00 Uhr-15.00 Uhr und an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen ganztägig Baseballwettkämpfe und Trainingsspiele abzuhalten und innerhalb der verbleibenden Zeiträume die Immissionsrichtwerte der 18. BimSchVO für reine Wohngebiete zu überschreiten.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er behauptet, es komme weder durch den Spiel- und Trainingsbetrieb noch durch das Schlagen von Autotüren zu erheblichen über das Normmaß hinausgehenden Lärmbeeinträchtigungen. Auch habe der Beklagte schon Kooperationsbereitschaft dadurch gezeigt, daß die Spiele auf eine Zeit nach 15.00 Uhr verlegt worden seien. Das Training finde bis 20.30 Uhr statt und auch Spiele hätten noch nie bis 21.00 Uhr angedauert Außerdem seien die Kläger durch die nahe gelegene Autobahn ohnehin einem ständigen Geräuschpegel ausgesetzt. Der Beklagte ist der Auffassung, daß für den vorliegenden Rechtsstreit die Zivilgerichte sachlich nicht zuständig seien und den Beklagten für den geltend gemachten Anspruch der Kläger die Passivlegitimation fehle.
Es wurde Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 06.01.2000 (Bl. 90 u. 91d.A.) durch Einholung eines Gutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das der Akte beiliegende Gutachten vorn 07.09.2000 des Sachverständigen S..
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, bei Eingriffen ins Eigentum gemäß § 1004 Abs. 1 BGB ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet.
Die Klage des Klägers zu 1. ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch wegen einer Beeinträchtigung seines Eigentums zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war an der Grundstücksgrenze des Klägers keine Lärmeinwirkung meßbar, die von dem stattfindenden Wettkampfspiel des Beklagten ausgegangen wäre. Es kann insoweit dahinstehen, ob eine Beeinträchtigung des Eigentums des Klägers zu 1. vorliegt, jedenfalls handelt es sich um eine im Sinne von § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB unwesentliche Beeinträchtigung, so daß der Kläger zur Duldung verpflichtet ist.
Auch durch das Schlagen von Autotüren durch die Besucher der Baseballanlage kommt es zu keinen wesentlichen Beeinträchtigungen für das Eigentum aller Kläger. Das Schlagen von Autotüren kann, wenn überhaupt, nur dann zu einer störenden Beeinträchtigung führen, wenn Autos direkt vor dem betroffenen Grundstück parken. Die Kläger wohnen in einem reinen Wohngebiet. Typischerweise sind in Wohngebieten vorhandene Parkmöglichkeiten meist schon von den dort wohnenden Menschen eingenommen. In unmittelbarer Nähe des klägerischen Grundstücks können daher nur wenige Autos von Besuchern der Baseballanlage einen Parkplatz finden Diese Besucher bleiben dann aber einige Stunden zur Teilnahme an einem Training, Spiel oder als Zuschauer eines Spiels. Die Besucher, die also tatsächlich vor dem Haus der Kläger parken, werden dann innerhalb von mehreren Stunden zweimal die Autotüren betätigen, nicht anders, als es Besucher umliegender Häuser täten. Diese Geräusche führen, soweit man überhaupt von einer Beeinträchtigung ausgeht, nur zu einer unwesentlichen und ortsüblichen Beeinträchtigung.
Die Klage der Kläger zu 2. und 3. ist teilweise begründet.
Ihnen steht ein Anspruch auf Unterlassung aus § 1004 Abs. 1 BGB wegen einer Beeinträchtigung ihres Eigentums gegenüber dem Beklagten insoweit zu, als dieser erstens Trainingsspiele nur noch außerhalb der in der BImSchVO festgelegten Ruhezeiten abhalten darf und zweitens Ligaspiele nur an 4 Stunden außerhalb der Ruhezeiten stattfinden dürfen. An 18 Kalendertagen im Jahr braucht sich der Beklagte aber an die Betriebszeiten nicht zu halten.
Durch die Trainingsspiele des Beklagten kommt es für das Eigentum der Kläger innerhalb der nach der BImSchVO festgelegten Ruhezeiten zu wesentlichen und ortsunüblichen Beeinträchtigungen. Auch außerhalb dieser Zeiten liegen teilweise Beeinträchtigungen vor. Die maßgeblichen Richtwerte gemäß § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Baseballanlage ergeben sich aus der 18. BImSchVO. Gemäß § 1 Abs. 2 BImSchVO ist eine Sportanlage jede ortsfeste Einrichtung, die zur Sportausübung bestimmt ist. Das Gelände, auf dem die Aktivitäten des Beklagten stattfinden, ist nach allen Maßgaben als Sportanlage für Baseball eingerichtet. Der Fangzaun ist eine ortsfeste Einrichtung, der den Ligabetrieb des Beklagten erst ermöglicht. Die Tribünen, die Bauwagen und die Toilette stehen im Eigentum des Beklagten und sind gleichfalls für den Mannschaftsbetrieb der Anlage notwendig Die Lärmmessungen des Sachverständigen wurden von Ligaspielen mit Zuschauerbeteiligung vorgenommen. Die Werte lagen allerdings nur 1 – 2 dB über den zulässigen Richtwerten für reine Wohngebiete außerhalb der Ruhezeiten Ein nicht unerheblicher Teil der meßbaren Lärmwerte kam aufgrund von Zuschauerreaktionen zustande. Bei Trainingsspielen geht aber gerade kein Lärm von Zuschauern aus. Ein großer Teil der gemessenen Lärmwerte geht aber von dem Schlagen der Bälle und den Rufen von Trainern und Spielern aus. Die zulässigen Werte für reine Wohngebiete innerhalb von Ruhezeiten, die mit 40 dB deutlich unter den gemessenen Werten von 51-52 dB liegen, werden daher auch von Trainingsspielen überschritten. Der vom Sachverständigen prognostizierte, wenn auch nicht gemessene Wert geht von einer höheren Zuschauerbeteiligung und spielstärkeren Mannschaften aus. Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß Baseball von der Spielweise her ein sehr verhaltenes Spiel ist. Außer dem gelegentlichen Schlagen der Bälle und den vereinzelten Rufen geht vom Spiel selbst kaum Lärm aus. Vom eigentlichen Spiel wird auch bei spielstärkeren Mannschaften nicht mehr Lärm ausgehen. Anders ist dies aber, soweit eine größere Anzahl von Zuschauern teilnimmt. Typischerweise ist bei Sportvereinen die erste Mannschaft, das ist immer die Mannschaft, die in der höchsten Liga spielt, das Aushängeschild des Vereins. Zu solchen Spielen ist tatsächlich eine weit höhere Zuschauerbeteiligung zu erwarten. Der vom Sachverständigen prognostizierte Wert von 55 dB könnte bei solchen Spielen durchaus noch übertroffen werden. Heimspiele der ersten Mannschaft finden aber während der Saison nur alle 2-3 Wochen statt, je nach Saisonaufteilung sogar noch seltener. Von einer Festsetzung von Betriebszeiten soll aber gemäß § 5 Abs. 5 BImSchVO abgesehen werden, soweit es sich um seltene Ereignisse handelt Bei seltenen Ereignissen dürfen demnach tagsüber innerhalb der Ruhezeit Werte von bis zu 65 dB und außerhalb 70 dB erreicht werden. Seltene Ereignisse sind nach Nr. 1.5 des Anhangs der Sportanlagen-Lärmverordnung Ereignisse, die höchstens an 18 Kalendertagen eines Jahres stattfinden.
Die höchste hessische Baseballiga, in der die 1. Mannschaft des Beklagten spielt, besteht aus 8 Mannschaften. D.h., es finden im Jahr 7 Heimspiele der ersten Mannschaft statt. Deshalb ist es den Klägern auch nicht gelungen, sich mit dem Sachverständigen auf einen Termin zu einigen, der nach Meinung der Kläger für die Beeinträchtigungen repräsentativ gewesen wäre, die von den Spielen ausgehen. Die Damen- und die 2. Herrenmannschaft haben zusammen noch 11 Heimspiele im Jahr. Zu solchen Spielen kommen erfahrungsgemäß noch weniger Zuschauer als bei Jugendspielen, da die Begleitung durch fahrdienstleistende Eltern fehlt. Aber selbst wenn man diese Spiele noch dazu zählt und davon ausgeht, daß alle Spiele an unterschiedlichen Tagen stattfinden, was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Fall ist, würden insgesamt gerade 18 Heimspieltage mit Spielen von erwachsenen Mannschaften im Jahr stattfinden. D.h., für die Spiele, für die der Sachverständige einen höheren Mittelpegelungswert angenommen hat, gelten die Vorschriften des § 5 Abs. 5 Nr. 1, weil es sich hierbei um seltene Ereignisse im Sinne des § 5 Abs. 5 handelt. Hiernach darf der Beklagte an seltenen Ereignissen in reinen Wohngebieten einen Mittelpegelungswert von 65 dB innerhalb und 70 dB außerhalb von Ruhezeiten erreichen. Diese Werte liegen aber weit über den gemessenen oder prognostizierten Werten. Von einer Festsetzung von Betriebszeiten soll bei diesen seltenen Ereignissen abgesehen werden. Bei den übrigen Jugendspielen kann mit einer größeren Lärmbeeinträchtigung als dem tatsächlich ermittelten nicht gerechnet werden. Bei den Trainingsspielen muß sogar von einer erheblich geringeren Lärmbeeinträchtigung ausgegangen werden, da Zuschauer hierbei in der Regel nicht teilhaben. Und selbst wenn zwei oder drei Neugierige kämen, bestände für sie kein Anlaß zu lauten Zuschauerreaktionen.
Es liegen keine tatsächlichen Verhältnisse vor, die vorliegend trotz Überschreitung der Richtwerte zu einer Unwesentlichkeit der Lärmbeeinträchtigung führen können. Da keine besonderen Umstände vorliegen, welche die Beeinträchtigung durch die tatsächlich gemessenen Lärmwerte abschwächen oder auch verstärken könnten, hängt die Frage, inwieweit eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ausschließlich von den Meßwerten in Anwendung der BImSchVO ab.
Der gesamte Betrieb der Anlage kann auch nicht als ortsüblich angesehen werden, da die Häufigkeit der Veranstaltungen und die Zahl der Beteiligten weit über das Maß hinausgeht, daß von der vorherigen Nutzung des Geländes als Grünfläche mit Bolzplatz ausgegangen ist.
Von den üblichen Ligaspielen wirken wesentliche Beeinträchtigungen auf das Eigentum der Kläger ein, soweit diese an mehr als 4 Stunden außerhalb der Ruhezeiten stattfinden. Die gemessenen Lärmwerte sind für durchschnittliche Ligaspiele repräsentativ. Baseball ist eine Randsportart. Zu Jugendspielen oder Spielen von zweiten oder dritten Mannschaften kommen selbst bei populären Sportarten kaum Zuschauer. Bei einem Großteil der stattfindenden Spiele werden daher nicht mehr als 15-20 Zuschauer anwesend sein. Aus der Überschreitung der Richtwerte von 1-2 dB folgt daher eine dementsprechende angemessene Einschränkung der Betriebszeit von 4 Stunden außerhalb der Ruhezeiten.
Der Beklagte kann an 18 Kalendertagen im Jahr Veranstaltungen abhalten, ohne sich an die beschränkten Betriebszeiten halten zu müssen.
Auch den Trainingsbetrieb des Beklagten, der laut eigener Angabe bis 20.30 Uhr dauert, muß der Beklagte nach den Maßgaben der BImSchVO einschränken.
Soweit der Rechtsstreit erledigt ist, haben die Kläger die Kosten zu tragen gemäß § 91 a ZPO, denn ein Anspruch auf Beseitigung der Tribünen, der Bauwagen, der Toilette und des Fangzaunes bestand nicht. Von den Einrichtungen, deren Beseitigung die Kläger verlangt haben, gingen selbst keine Einwirkungen auf das Eigentum der Kläger aus. Soweit aber die Nutzung der Einrichtungen, wie z.B. der Tribünen, durch eine ungünstigere akustische Übertragung Lärm verursacht, könnte auch insoweit nur die Beseitigung der Sache gefordert werden, wenn nicht bereits durch ein Verbot der Lärmverursachung die Störungsquelle beseitigt werden könnte. Soweit eine Eigentumsbeeinträchtigung nur durch die Nutzung einer Sache verursacht wird, aber nicht durch die Sache selbst, kann auch nur die Benutzung der Sache auf zivilrechtlichem Weg untersagt werden. Vor allem aber gilt für § 907 Abs. 1 genau wie für § 1004 Abs. 1 und 2 BGB, daß eine Beseitigung nur verlangt werden kann, soweit keine Duldungspflicht besteht.
Die Kläger sind aber verpflichtet, die Beeinträchtigung durch den Betrieb der Sportanlage in großem Umfang zu dulden.
Im übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 Satz 1 ZPO.