Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 1.500.000,00 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2001 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 1.810.000,00 vorläufig vollstreckbar.
Der Klägerin wird gestattet, die Sicherheit auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und schriftliche selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen inländischen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Refinanzierungsbeträgen für Leasingverträge, die die Beklagte abgeschlossen hatte. Es handelt sich um Auswirkungen aus dem sog. FlowTex-Skandal.
Die Klägerin hat zur Geldanlage Leasingverträge refinanziert, die die Beklagte mit der FlowTex-Gruppe abgeschlossen hatte. Die FlowTex-Gruppe war operativ so aufgestellt, daß die KSK guided microtunneling technologies Spezialtiefbaugeräte GmbH & Co. KG (im folgenden: KSK) horizontale Bohrsysteme an die FlowTex Technologie GmbH & Co. KG (im folgenden: FlowTex) verkaufte. Zur Finanzierung dieser Kaufverträge trat die Beklagte in die Kaufverträge zwischen KSK und FlowTex ein und schloß dann als Leasinggeberin Leasingverträge mit der FlowTex als Leasingnehmerin ab. Die Beklagte refinanzierte diese Verträge wiederum zu einem erheblichen Teil dadurch, daß sie einzelnen Sparkassen – so auch der Klägerin – die Forderungen aus den Leasingverträgen verkaufte.
Anfang Februar 2000 brach die FlowTex-Gruppe wirtschaftlich zusammen. Der vorläufige Insolvenzverwalter stellte fest, daß von den ca. 3.000 im Wege des Leasing finanzierten Bohrsystemen nur ca. 280 körperlich vorhanden waren (vgl. Bericht in dem Insolvenzverfahren der KSK vom 29.08.2000, Anlage B 1, Bl. 112-137 d.A.). Teilweise sind die körperlich existenten Bohrsysteme mehrfach verkauft und geleast worden.
Aus den im Insolvenzverfahren gewonnenen Erkenntnissen ergibt sich, dass innerhalb der FlowTex-Gruppe spätestens in den Jahren 1998 und 1999 im wesentlichen ein Schneeballsystem betrieben wurde. Es wurden nur noch Geschäfte mit fiktiven, d. h. tatsächlich nicht existenten Bohrsystemen getätigt. Nachdem die KSK zuvor noch die von einem italienischen Unternehmen hergestellten Teile und Komponenten für die Bohrgeräte montiert hatte, begann die FlowTex-Gruppe im Jahr 1992, Bohrsysteme zum Inhalt von Kauf- und Leasingverträgen zu machen, die gar nicht existierten. Hierdurch wurden einerseits Kaufpreise für nicht existierende Bohrsysteme von den Leasinggesellschaften vereinnahmt, andererseits mußten anschließend zur Tarnung die Leasingraten bezahlt werden, die nicht durch den Einsatz des Bohrsystems verdient wurden und somit anderweitig angeschafft werden mußten. Diese Anschaffung geschah dann wieder durch den Abschluß eines neuen Kauf- und Leasingvertrags über ein nicht existierendes System.
Hinsichtlich des hier streitigen Geschäftes kam es am 09.09.1999 zu einem ersten Gespräch zwischen den Parteien. Nach weiteren Gesprächen und internen Überprüfungen der FlowTex-Gruppe bei der Klägerin mit positivem Ergebnis war die Klägerin bereit, die Finanzierung zu übernehmen.
Nachdem sich der Abschluß von Leasingverträgen durch FlowTex und deren Refinanzierung durch die Klägerin abzeichneten, übersandte KSK Rechnungen vom 01.12.1999 (Anlagenkonvolut B 8, Bl. 172-184 d.A.) für 13 Bohrsysteme mit einem Gesamtbetrag von DM 17.613.440,00 brutto, die Gegenstand des von der Klägerin zu refinanzierenden Leasingvertrages werden sollten. Auf den Rechnungen war jeweils die ldentifikationsnummer der einzelnen Bohrsysteme ausgewiesen, die auch noch zusätzlich durch den von FlowTex eingeschalteten Vermittler W. H. mitgeteilt wurden. Schriftliche Kaufverträge zwischen KSK und FlowTex in Form einer Urkunde existieren nicht. Auf dieser Grundlage bereitete die Beklagte den Leasingvertrag (Anlage K 2, Bl. 52 d.A.) und die Abnahmeerklärung (Anlage B 10, Bl. 187 d.A.) vor und leitete sie der FlowTex sowie der Klägerin zu. Die beiden Formulare wurden unter dem 08.12.1999 von FlowTex unterschrieben. Dem Leasingvertragsformular lag als Anlage 1 eine Aufstellung bei, in der sämtliche Identifikationsnummern der Leasinggegenstände aufgeführt waren (Anlage B 11, Bl. 188 d.A.).
Am 08.12.1999 hat eine physische Abnahme der Objekte durch den Geschäftsführer der Beklagten stattgefunden. Daran waren die Mitarbeiter die Klägerin, obwohl an diesem Tag ebenfalls bei FlowTex anwesend, nicht beteiligt.
Derartige Abnahmen fanden üblicherweise so statt, daß in einer großen Halle Bohrgeräte in verschiedenen Größen je nach Stückelung des Volumens der Verträge in sog. Sheltern oder Containern auf fabrikneuen Lkw.s standen. Die Bohrgeräte waren mit Schildern versehen, die eine Gerätenummer enthielten. Die Übereinstimmung dieser Nummern mit denen in den schriftlichen Unterlagen, vor allen in den sog. Shelter-Briefen wurde überprüft. Tatsächlich wurden die Schilder mit den Gerätenummern immer wieder ausgetauscht. Dem Geschäftsführer der Beklagten waren im Oktober 1999 Zweifel gekommen. Bei einer derartigen Abnahme klebte er grüne Punkte (post it-Zettel) an die Unterseite der Bohrgeräte. Bei der nächsten Abnahme waren an den Geräten keine grünen Punkte mehr.
Es existiert eine Eintrittsvereinbarung zwischen KSK und der Beklagten mit Datum 09.12.1999, die aber keine Unterschriften trägt (Anlage K 1, Bl. 51 d.A.). Damit vereinbarten KSK und Beklagte unter Zustimmung der FlowTex, daß die Beklagte in die bestehenden Kaufverträge zwischen KSK und FlowTex eintrat.
Infolge des zwischen den Parteien geschlossenen Forderungs-Kaufvertrags berechnet die Beklagte den zu zahlenden Barwert mit DM 15.019.695,22 (Anlage K 4, Bl. 60 d.A.), der von der Klägerin bezahlt wurde.
Grundlage des Forderungskaufvertrages war der Rahmenvertrag “Forderungskauf” vom 17.08.1988/19.10.1988 (Anlage K 5, Bl. 66-67 d.A.). In diesem Vertrag wird die Risikoverteilung ausdrücklich dahingehend geregelt (Ziff. 3.4), daß die Klägerin das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Leasingnehmers FlowTex, die Beklagte das Risiko des rechtlichen Bestandes der Mietforderungen während der Laufzeit des Mietvertrages und das Risiko der Verschaffung des Sicherungseigentums trägt.
Zwischen den Parteien besteht darüberhinaus bereits seit Jahren ein Verbundvertrag, den die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Verbundunternehmen der Sparkassen inhaltsgleich mit vielen Sparkassen abgeschlossen hat. Der Vertrag zwischen den Parteien dieses Rechtsstreites datiert vom 17.08.1988/19.10.1988 (Anlage K 6, Bl. 68-71 d.A.)
Die Klägerin macht im Wege der Teilklage einen erstrangigen Teilbetrag in Höhe von 10 % ihrer Zahlung geltend.
Sie ist der Ansicht, die Beklagte hätte ihr mit dem Forderungskauf keine Leasingforderung gegenüber der FlowTex verkauft, weil der Kaufvertrag zwischen KSK und FlowTex als Scheingeschäft nichtig gewesen sei, so daß sie – die Beklagte – durch die Eintrittsvereinbarung nichts erworben hätte. Darüberhinaus bestünden aus einer Reihe weiterer Rechtsgründe Ansprüche auf Rückzahlung der geleisteten Summe.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 1.500.000,00 nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.01.2001 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, sie habe alle Rechte aus dem Leasingvertrag mit FlowTex an die Klägerin verkauft und übertragen, weil FlowTex sich auf die eventuelle Nichtigkeit des Kaufvertrags nicht berufen dürfte, so daß dieser Vertrag wirksam sei.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Teilklage begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von DM 1.500.000,00 verlangen (§ 437 BGB).
Die Beklagte hat die von der Klägerin gezahlte Summe zur Refinanzierung der zwischen ihr – der Beklagten – und der FlowTex abgeschlossenen Leasingverträge als Gegenleistung für den vereinbarten Rechtskauf erhalten. Das verkaufte Recht bestand aber nicht, so daß die Beklagte den hier rechtshängig gemachten Teil der Summe an die Klägerin zurückzuerstatten hat.
Den zwischen der Beklagten und der FlowTex geschlossenen Leasingverträgen fehlt die Geschäftsgrundlage, weil die Beklagte nicht in wirksame Kaufverträge über die angeblichen Leasinggegenstände eingetreten ist und deshalb – auch nicht gutgläubig – weder Eigentum noch andere Rechte daran erworben hat, die sie der Klägerin hätte übertragen können. Das anfängliche Fehlen der Geschäftsgrundlage für die Leasingverträge führt zum Wegfall der Zahlungspflicht der Klägerin, so daß diese ohne rechtlichen Grund an die Klägerin gezahlt hat. Die Beklagte hat das so Erlangte an die Klägerin zurückzuzahlen, wobei es in diesem Rechtsstreit nur um einen Teil der Gesamtforderung geht.
Die Beklagte hat zur Vorbereitung der später mit der FlowTex abzuschließenden Leasingverträge eines der üblichen und absolut gängigen rechtlichen Modelle gewählt (vgl. MK-BGB-Habersack, 3.Aufl., Band 3 Leasing Rdnr. 39 und 42). Da der Leasinggeber den Leasinggegenstand zunächst selbst erwerben muß, kann er ihn unmittelbar beim Hersteller oder Lieferanten kaufen. Er kann aber auch in den zwischen dem späteren Leasingnehmer und dem Hersteller oder Lieferanten bereits abgeschlossenen Kaufvertrag “einsteigen”, ihn übernehmen. Dies geschieht durch einen sog. dreiseitigen Vertrag, mit dem letztendlich alle daran Beteiligten damit einverstanden sind, daß der bisherige Käufer aus dem Vertragsverhältnis ausscheidet und der Leasinggeber an seine Stelle tritt. Der Leasinggeber erlangt dadurch dieselben Rechte, die zuvor dem Käufer zustanden.
Die so erfolgte Vertragsübernahme zwischen der Beklagten als Leasinggeberin und der KSK als Lieferantin unter Zustimmung der FlowTex als ursprünglicher Käuferin und zukünftige Leasingnehmerin war rechtlich wirksam. KSK und FlowTex wollten, daß die Beklagte in die Kaufverträge eintrat. Sie wollten die Vertragsübernahmen so vereinbaren, wie sie tatsächlich dem äußeren Anschein nach abgeschlossen und dokumentiert wurden, und haben so auch die Vertragserklärungen der Beklagten verstanden. Damit fehlt es an dem in § 117 BGB vorausgesetzten tatsächlichen Konsens über die Simulation (vgl. BGH, Urteil v. 26.05.2000 – V ZR 399/99, veröffentlicht in NJW 2000, 3127; MK-BGB-Kramer, 4. Aufl., § 117 Rdnr. 9), die Absprachen sind wirksam. Soweit KSK und FlowTex wußten, daß sie das Erklärte aber deshalb nicht bewerkstelligen und erreichen konnten, weil es Kaufverträge in wirksamer Form gar nicht gab, die die Beklagte hätte übernehmen können, handelte es sich um einen unbeachtlichen geheimen Vorbehalt (§ 116 BGB; vgl. zu dieser Konsequenz beim Vertretenen im Fall des Scheingeschäftswillens beim Vertreter und beim Vertragspartner: BGH Versäumnisurteil v. 01.06.1999 – XI ZR 201–98, veröffentlicht in NJW 1999, 2882 und ZIP 1999, 1167). Die Beklagte hat deshalb die Verträge wirksam in der Form übernommen, wie sie zwischen FlowTex und KSK abgeschlossen worden waren.
In diesem Verhältnis zwischen FlowTex und KSK aber gab es keine wirksamen Kaufverträge. Diese waren vielmehr als Scheingeschäfte nichtig und damit nicht existent (§ 117 Abs. 1 BGB).
Wenn sich der Erklärende und der Erklärungsempfänger darüber einig sind, daß das objektiv Erklärte nicht gelten soll, wenn also die Parteien “einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundene Rechtswirkung nicht eintreten lassen wollen”, ist die Nichtigkeit der Erklärung im Verhältnis zwischen den beiden Partnern wertungsmäßig die einzig plausible Rechtsfolge (so MK-BGB-Kramer, 4. Aufl., § 117 Rdnr. 1 unter Zitierung von BGH NJW 1962, 295 zum Normzweck des § 117 BGB).
Bei der Simulation geht es um eine Willensübereinstimmung, nämlich zum Abschluß eines Scheingeschäfts. Dieser Wille muß bei den abschließenden Vertragsparteien vorhanden sein und nur aus ihm ergibt sich wertungsmäßig die vom Gesetz festgelegte Nichtigkeitsfolge, weil eine Erklärung keine rechtsgeschäftlichen Folgen haben kann, die die Handelnden übereinstimmend nicht wollen. Deshalb wird § 117 Abs. 1 BGB auch als Konkretisierung der negativen Kehrseite der Privatautonomie bezeichnet (vgl. BGH, Urteil v. 26.05.2000 – V ZR 399/99, veröffentlicht in NJW 2000, 3127, 3128; MK-BGB-Kramer, 4. Aufl., § 117 Rdnr. 1).
Aus dem Bericht des Konkursverwalters, aus dem Vortrag der Parteien, aus allem was in der Öffentlichkeit über den FlowTex-Skandal und aus dem ihn betreffende, kurz vor der Hauptverhandlung stehende Strafverfahren bekannt ist sowie aus den jedem Schneeballsystem immanenten Gesetzmäßigkeiten folgt eindeutig, daß KSK und FlowTex zu keinem hier relevanten Zeitpunkt wirklich einen Kaufvertrag über Horizontal-Bohrgeräte schließen wollten. Weder sollte KSK derartige Geräte in der Realität liefern, noch wollte FlowTex derartige Geräte abnehmen und den Kaufpreis dafür bezahlen. Der äußere Schein der dennoch geschlossenen Verträge hatte ein anderes Motiv als die gegenseitige Übernahme von Vertragspflichten.
Zweck eines Scheingeschäftes ist es nämlich oft, Dritte zu täuschen, auch wenn diese Absicht nicht konstitutiv für sein Vorliegen ist (MK-BGB-Kramer, 4. Aufl., § 117 Rdnr. 9). So war es auch hier. Der getäuschte Dritte war die Beklagte und zu deren Täuschung wurden die Kaufverträge simuliert und die anschließenden Vertragsübernahmen mit geheimem Vorbehalt verabredet.
Die deutsche Rechtsordnung kennt nur einen sehr eingeschränkten Schutz des gutgläubig Getäuschten, als der die Beklagte trotz mancher Sorglosigkeit in der Abwicklung der Engagements mit der FlowTex und KSK angesehen werden kann (vgl. dazu und zur Gestaltung in anderen Ländern: MK-BGB-Kramer, 4. Aufl., § 117 Rdnr. 19). Für den Fall einer ohnehin im BGB nicht vorgesehenen Vertragsübernahme gibt es derartige Schutznormen nicht. Die Beklagte hat auch nicht gutgläubig Eigentum an Horizontal-Bohrgeräten erworben, bzw. kann nicht dartun an welchen, weil in allen derartigen Tatbeständen in den §§ 932 – 934 BGB an konkrete Sachen, hier also an Bohrgeräte und an den Besitzübergang angeknüpft wird, was die Beklagte allem Anschein nach nicht im Hinblick auf hier interessierende einzelne Geräte darlegen kann.
Die Eintrittsvereinbarung, die bereits oben abgehandelt wurde, stellt keine Bestätigung iSd. § 141 BGB der Kaufverträge dar. Eine derartige Bestätigung verlangt einen entsprechenden Bestätigungswillen, der weiter voraussetzt, daß bei den Parteien des Bestätigungsvertrags zumindest Ungewißheit über den Bestand des ursprünglichen Vertrags besteht. Die Beklagte hatte derartige Zweifel aber nicht, sie wollte keinen Kaufvertrag neu vereinbaren, diese Neuvornahme des ursprünglichen Geschäfts ist die Bestätigung, sondern sie wollte in die aus ihrer Sicht zweifelsfrei bestehenden Kaufverträge im Wege der Vertragsübernahme eintreten.
Waren die Kaufverträge über Horizontal-Bohrgeräte nichtig und damit rechtlich ohne Bedeutung, so konnte die Beklagte durch deren Übernahme keine irgendwie gearteten Rechte erlangen. Den mit der FlowTex geschlossenen Leasingverträgen fehlte von Anfang an ihre Geschäftsgrundlage, nämlich ein zur Nutzung zur Verfügung zu stellender Leasinggegenstand. Formell wirksam waren diese Verträge, denn der geheime Vorbehalt der FlowTex, die gar kein Nutzungsrecht erwerben wollte und den Vertrag dem äußeren Tatbestand nach nur abschloß, damit die Beklagte den Kaufpreis an KSK zahlte, bleibt ohne Berücksichtigung (§ 116 BGB).
Die Kammer sieht keinen grundlegenden Unterschied mit der Rechtfertigung einer unterschiedlichen Behandlung zwischen dem in der Rechtsprechung anerkannten Wegfall, bzw. Fehlen der Geschäftsgrundlage bei nicht brauchbarem Leasinggegenstand (vgl. BGH, Urteil v. 25.10.1989 – VIII ZR 105/88, veröffentlicht in BGHZ 109, 139 = NJW 1990, 314) und dem völligen Fehlen desselben. In beiden Fällen kann der Leasingnehmer (hier: FlowTex) den Leasinggegenstand real nicht nutzen (der fehlende Nutzungswille im konkreten Fall ist ohne Bedeutung). Hier gelten die Erwägungen gleichermaßen, aufgrund deren das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auch beim Finanzierungsleasing zur Anwendung kommt: “Im Unterschied zu einem zur Finanzierung eines Sacherwerbs geschlossenen Kreditvertrag mit einer Bank, bei dem der Darlehensnehmer außer seiner Rechtsbeziehung zum Darlehensgeber ein eigenes Kaufvertragsverhältnis zum Veräußerer hat, beschränken sich die gegenseitigen Rechtsbeziehungen beim Finanzierungs-Leasing für den Leasingnehmer auf den Vertrag mit dem Leasinggeber. Dieser hat sich, anders als die Kreditbank bei einer Sicherungsübereignung, kein Sicherungs-, sondern Volleigentum vorbehalten, das er nicht nur bei Vertragsstörungen, sondern gerade auch beim normalen Ablauf des Vertrages in Anspruch nimmt, sofern nicht aufgrund einer besonderen Abrede ein sich dem Vertragsablauf selbständig anschließender Eigentumserwerb durch den Leasingnehmer vereinbart ist. Diese Vertragskonstruktion und die Zuordnung des Leasinggutes zum Vermögen des Leasinggebers verbieten es, in der formularmäßigen Haftungsfreizeichnung mit Abtretung von Gewährleistungsansprüchen eine Risikozuweisung zu sehen, derzufolge nach Ansicht der Kl. die Frage der Benutzbarkeit der Leasingsache völlig vom Bestand und vom Verlauf des Leasingvertrages gelöst würde. Anderenfalls stünde der Verpflichtung des Leasingnehmers zur Zahlung der Leasingraten kein Vertragspartner mit äquivalenten Gegenleistungspflichten gegenüber. Schon deshalb muß es bei der bisherigen Rechtsprechung verbleiben, nach der zwar die Haftungsfreizeichnung unter Abtretung der kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche zulässig ist, die Wirkung des Gewährleistungsvollzugs aber auch das Leasingverhältnis erfaßt” (so BGH,Urteil v. 27.02.1985 – VIII ZR 328/83, veröffentlicht in BGHZ 94, 44 = NJW 1985, 1535).
Der von Anfang an seiner Geschäftsgrundlage beraubte Leasingvertrag kann als Grundlage für in der Vergangenheit bereits erbrachte Vertragsleistungen nicht mehr herangezogen werden. Er ist deshalb rückabzuwickeln. Dem läßt sich nicht entgegenhalten, daß nach dem Wegfall der Geschäftsgrundlage ein Vertrag in aller Regel der veränderten Sachlage – nur – anzupassen ist und eben nur ausnahmsweise eine völlige Beseitigung des Vertragsverhältnisses eintritt (BGHZ 47, 48 (51, 52) = NJW 1967, 721) und daß deshalb hier eine Anpassung erfolgen müßte. In der Rechtsprechung ist nämlich anerkannt, daß die vollzogene Wandelung des Kaufvertrages nicht nur zu einer Änderung, sondern zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Leasingvertrages führt mit der Folge des Wegfalls aller vertraglichen Verpflichtungen. Damit ist betont werden, daß nicht nur einzelne, für die Geschäftsgrundlage bedeutsame Faktoren, sondern die gesamten Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrages entfallen sind, weil endgültig feststeht, daß der Leasinggeber die zur Erfüllung seiner Verpflichtung notwendige (mangelfreie) Sache nicht beschafft hat. In einem solchen Fall kommt eine Anpassung, die die Vertragspflichten auch nur teilweise bestehen ließe, nicht in Betracht (BGH, Urteil vom 05.12.1984 , veröffentlicht in NJW 1985, 796 = LM § 537 BGB Nr. 34 unter II 2c).
Die Beklagte konnte der Klägerin deshalb weder Rechte aus Leasingverträgen verkaufen noch abtreten oder sonstwie über sie verfügen, weil sie – die Beklagte – selbst keine derartigen hatte, bzw. sind diese nachträglich und rückwirkend entfallen. Für den Bestand der verkauften Forderungen aus Leasingverträgen mit der FlowTex aber haftet die Beklagte der Klägerin, so daß sie die erhaltenen Zahlungen zurückzuerstatten (§ 437 BGB) hat.
An diesem Ergebnis ändert sich nicht deshalb etwas, weil – wie die Beklagte und dies vermutlich auch zu Recht betont – weder FlowTex noch KSK sich ihr gegenüber auf die Nichtigkeit berufen dürften, die die beiden in kollusivem Zusammenwirken erst herbeigeführt hatten. Das ist ein relativer, sich auf § 242 BGB, auf Treu und Glauben und das Verbot widersprüchlichen Verhaltens stützender Einwand. Er untersagte FlowTex und KSK, den “Betrügern”, sich auf die rechtlichen Folgen ihres rechtswidrigen Tuns zu berufen. Dieser subjektive und nur auf die Handelnden beschränkte Einwand führt aber nicht zur Überwindung der allgemein gültigen und alle sonst am Rechtsverkehr Teilnehmenden treffende Rechtsfolge “Nichtigkeit gemäß § 117 Abs. 1 BGB”. Das wird schon daran deutlich, daß die Klägerin, hätte sie die ihr von der Beklagten verkauften oder sonstwie übertragenen Forderungen weitergereicht, sich gegenüber ihren Vertragspartnern auch nicht deshalb exkulpieren könnte, weil zu Beginn der Kette die “Betrüger” wegen Treu und Glaubens nicht berechtigt sind, sich darauf zu berufen, daß Folge ihres Manövers die Nichtigkeit war.
Die Relativität des von der Beklagten in den Vordergrund gerückten Einwands findet ihre Entsprechung in der Nähe der Beklagten selbst zu dem rechtswidrigen Manöver von FlowTex und KSK. Nach der rechtlichen wie nach der tatsächlichen Abwicklung der Geschäfte war sie es, die so nahe am Geschehen war, daß sie das Manöver bei gebotener Vorsicht und Distanz hätte erkennen können, vielleicht sogar müssen. Dies gilt zumindest in der hier interessierenden Endphase des Schneeballsystems und zeigt sich in dem – allerdings zu simplen – (Gegen-)Manöver mit dem an den Geräten angebrachten “grünen Punkt”. Insoweit empfindet die Kammer das Ergebnis auch als gerecht.
Zinsen kann die Klägerin aus dem Gesichtspunkt des Verzugs – wie beantragt – in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem Eintritt der Rechtshängigkeit und damit seit dem 12.01.2001 beanspruchen (§§ 284, 286, 288 BGB).
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 108, 709 ZPO.
Anmerkung der Pressestelle:
Zu demselben Komplex sind zeitgleich 4 weitere, vom Wortlaut her nahezu identische Urteile ergangen. Gegen alle 5 Urteile hat die – jeweils identische – Beklagte Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main eingelegt. Nachfolgend steht zuerst das jeweilige Aktenzeichen des Landgerichts und sodann das dazu passende des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main:
3-13 O 220/00 = 5 U 225/01
3-13 O 221/00 = 5 U 226/01
3-13 O 222/00 = 5 U 227/01
3-13 O 223/00 = 5 U 228/01
3-13 O 224/00 = 5 U 229/01
3-13 O 225/00 = 5 U 230/01