Im Namen des Volkes
Urteil
Aktenzeichen: 3/8 0 86/01
Urteil vom 10. Oktober 2000
In dem Rechtsstreit
[….] vertreten durch ihren Geschäftsführer
– Klägerin –
gegen
[….]
-Beklagter –
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin Marwitz, Frankfurt,?
hat das Landgericht Frankfurt a. Main – 8. Kammer für Handelssachen – durch VorsitzendenRichtet am Landgericht Rau, Handelsrichterin Bachler und Handelsrichter Saller auf Grund dermündlichen Verhandlung vom 19.9.01 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 5.000,- vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Klägerin ist auf dem Gebiet der Datenverarbeitungstechnik tätig. Ihr Geschäftsführer verfügtüber die Wort – Bildmarke “Digamma„, wegen deren Ausgestaltung auf Bl.13 d.A. Bezuggenommen wird – Die Klägerin selbst verfügt über die Internetdomain www.digamma.de. DerBeklagte hat sich die Domain “digamma-portal.de” registrieren lassen. Wofür diese verwendetwerden soll, ist noch offen. Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Namensrechte und derMarkenrechte ihres Geschäftsführers.
Die Klägerin beantragt, zu erkennen:
I. Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligenOrdnungsgeldes in Höhe bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaftbis zu sechs Monaten, es zu unterlassen, in von der Bundesrepublik Deutschland zugänglichenNetzwerken eine Intemetadresse mit der Domain “digamma-portal.de” zu verwenden, untereiner derartigen Adresse Leistungen anzubieten, zu bewerben und/oder Informationen zuveröffentlichen.
II. Der Beklagte wird verurteilt gegenüber der DENIC Domain Verwaltungs- undBetriebsgesellschaft e.G., Wiesenhüttenplatz 26,60329 Frankfurt die Löschung der Domain”digamma-portal.de” zu beantragen und zu betreiben.
III. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin zum Ersatz all desjenigen Schadensverpflichtet ist, der ihr bislang durch Handlungen des Beklagten gemäß Ziff I entstanden ist undzukünftig noch entstehen wird.
Der Beklagte beantragt die Klage abzuweisen,
Der Beklagte leugnet die Namensfunktion von „Digamma„, da es sich um ein früheresgriechisches Zeichen handele, das noch als mathematische Maßeinheit verwendet werde. ImÜbrigen bestehe mangels Branchennähe keine Verwechslungsgefahr. Wegen der weiterenEinzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezuggenommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nicht begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüchegegenüber dem Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Ansprüche aus MarkenGund UWG scheitern schon daran, dass ein Handeln zu Wettbewerbszwecken bzw. imgeschäftlichen Verkehr bei dem Beklagten nicht ersichtlich ist. Der Beklagte hat lediglich denHinweis auf seiner Homepage “Unter Konstruktion”. Irgendein Hinweis auf eine geschäftlicheTätigkeit findet sich dabei nicht. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann man bei derAnmeldung einer Internetdomain auch nicht ohne weiteres Erstbegehungsgefahr für eineMarken? oder Wettbewerbsverletzung annehmen, weil die rein private Nutzung einerHomepage als ernsthafte und mittlerweile häufige Alternative mangels anderer Anhaltspunktedurchaus in Betracht kommt. In diesem Zusammenhang sind Ansprüche aus § 12 BGB nichtgegeben. Die Klägerin könnten sich auf den erweiterten Schutz berühmter Kennzeichnungennur berufen, wenn die Bezeichnung „Digamma„ durch lange Benutzung und intensive Werbungeine übwagende Verkehrsgeltung erlangt hätte (vgl. BGHZ 114,108 ff.), was sich demVorbringen der Klägerin nicht entnehmen lässt. Abgesehen von der Namensleugnung, die hiernicht in Betracht kommt, liegt ansonsten eine Namensverletzung nur vor, wenn durch denGebrauch eines gleichen oder jedenfalls hinreichend ähnlichen Namens die Gefahr einerZuordnungsverwirrung entsteht. Eine solche resultiert daraus, dass der unrichtige Eindruckerweckt wird, der Namensträger habe dem Gebrauch des Namens zugestimmt (vgl. Palandt §12 BGB, 20). Dieser Eindruck kann jedoch nicht lediglich aus der Verwechslungsfähigkeit dergegenüberstehenden Bezeichnungen hergeleitet werden, die hier allerdings zweifellos zubejahen ist. Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es im Namens- wie imgesamten Kennzeichenrecht vielmehr auf das Zusammenspiel von Ähnlichkeit derBezeichnungen, Kennzeichnungskraft und Branchennähe der Verwender an (vgl z.B. BGH NJW93, 459 f ). Die hohe Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Bezeichnungen und die einmal zuunterstellende gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke (bzw. geschäftlichenBezeichnung) können nicht wettmachen, dass es eine Branchenberührung zwischen denParteien schon deshalb nicht gibt, weil der Beklagte nicht einmal im geschäftlichen Verkehrauftritt.
Selbst wenn jedoch der Beklagte eine geschäftliche Nutzung seiner Domain planen sollte,würde allein dieser Umstand der Klägerin nicht weiter helfen. Da nicht bekannt ist, in welcherBranche der Beklagte tätig sein wird, kann das für die Beurteilung der Verwechslungsgefahrunverzichtbare Element der Branchennähe (vgl, etwa OLG Frankfurt WRP 2000,772) nichtbeurteilt werden. Auch der Aspekt der sittenwidrigen Schädigung und Behinderung verhilft derKlägerin nicht weiter. Das OLG Frankfurt (WRP 2000, 645) hatte ihn in einem Fall eröffnet alsein Nutzer eine mit einer Marke identische Domain anmeldete und den Markeninhaber damitzwangsläufig ausschloss. Das geschieht im vorliegenden Fall jedoch nicht weil die Klägerin diemit der Klagemarke identische Domain bereits unangefochten benutzt und auf die konkret vondem Beklagten gewählten Domain nicht angewiesen ist. Selbst wenn die Klägerin auch denZusatz „Portal„ hinzu fügen wollte, könnte sie dies z.B. schon durch die Wahl eines anderenBindestrichs (digamma_portal.de) tun.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufigeVollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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