LG Frankfurt a.M.: Aufklärungspflichtverletzung gegenüber Rollstuhlfahrer im Rahmen eines Reisevertrags bei nicht behindertengerechter Durchführung einer Reise in die USA

LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24. Juni 1999 – 2/24 S 344/98

Urteil
Im Namen des Volkes
Tatbestand

Zwischen den Parteien kam ein Vertrag über eine Reise in die USA in der Zeit vom 16.6. bis 08.7.1999 zustande, die eine Bus-Rundreise an der Westküste der USA in der Zeit vom 16.6 bis 30.6.1997 sowie einen Hotelaufenthalt in Hawaii in der Zeit vom 30.6. bis 07.7.1997 nebst Flügen von Berlin nach Las Vegas und zurück umfaßte. Die Buchung erfolgte in einem Reisebüro der Beklagten und wurde mit drei Schreiben, nämlich vom 09.1., 15.1. und 16.1.1997 bestätigt. Die Klägerin zu 3) ist körperbehindert und zu ihrer Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesen. Im Vorfeld der Buchung der Reise hatten sich die Kläger nach einer sogenannten “Marlboro-Rundreise” erkundigt, von der eine Mitarbeiterin des Reisebüros abriet, da diese Reise nicht rollstuhlgeeignet sei.

Der für die Rundreise eingesetzte Bus war nicht rollstuhlgeeignet, so daß die Kläger zu 1) und 2) die damals 13-jährige Klägerin zu 3) jeweils in den Bus hinein- und hinausheben mußten.

Für die letzten sechs Übernachtungen ihres Aufenthaltes in dem Hotel in Hawaii, das in dem Prospekt der Beklagten als gut geführtes Hotel der Mittelklasse mit einer Kategorie von “NNN” und 700 modernen, gut eingerichteten Zimmern ausgeschrieben war, erhielten die Kläger ein rollstuhl-geeignetes Zimmer, für das sie einen Aufpreis von 105,– DM zu zahlen hatten, während sie in der Nacht zuvor, wie auch in den anderen Hotels, in einem normalen Zimmer für 3 Personen untergebracht waren.

Die Kläger haben behauptet, es hätten mehrere Beratungsgespräche im Reisebüro stattgefunden, bei denen auch die Klägerin zu 3) meistens anwesend gewesen sei. Sie hätten darauf hingewiesen, daß die Einzelbestandteile der Reise wie Zimmer und Busse rollstuhlgeeignet sein müßten. Ihnen sei bekannt gewesen, daß dies in der Regel in den USA keine Probleme bereite. Nach Erhalt der Reisebestätigungen hätten die Kläger jeweils in dem Büro der Beklagten nachgefragt, warum kein Vermerk bezüglich der notwendigen Rollstuhleignung der Unterkünfte und Transportmittel enthalten sei, woraufhin die Mitarbeiterin erklärt habe, daß alles in Ordnung gehe. Sie haben weiter behauptet, bei einem entsprechenden Hinweis der Beklagten an die Reiseleitung vor Ort hätten in den Hotels behindertenzugängliche Zimmer und von der Reisegesellschaft ein Bus mit rollstuhltauglichem Zugang zur Verfügung gestellt werden können. Tatsächlich seien die Hotelzimmer – bis auf die letzten 6 Übernachtungen – nicht rollstuhlgeeignet gewesen. Die Kläger zu 1) und 2) hätten der Klägerin zu 3) für alltägliche Dinge stets Hilfe leisten müssen, also um zu Bett zu gelangen und die Bäder zu nutzen. Im ersten Zimmer im Hotel in Hawaii hätten die Möbel zu eng gestanden, so daß die Klägerin zu 3) mit dem Rollstuhl nicht zwischen Bett und Schrank habe hindurchrollen können. Auch habe sie nicht selbst an die Wasserhähne gelangen können. Vom ständigen Heben des Rollstuhls während der Busreise hätten die Kläger zu 1) und 2) Rückenschmerzen bekommen.

Die Kläger haben eine Minderung von 30% des Reisepreises sowie eine Erstattung der zusätzlichen Hotelkosten im Hotel in Hawaii sowie der ihnen in diesem Zusammenhang entstandenen Telefonkosten begehrt.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger DM 3.859,70 nebst 4% Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, bei dem Gespräch über die Buchungsmöglichkeiten einer sogenannten Marlboro-Rundreise , also quasi eine Abenteuer-Rundreise, habe die Mitarbeiterin ihres Büros sofort nachgefragt, ob eine solche Reise denn das Richtige für die Kläger sei und zur Antwort bekommen, daß man schon oft so gereist sei und das überhaupt kein Problem sei, denn man führe einen zusammenklappbaren Rollstuhl mit sich. Auf ihre nochmalige Nachfrage, ob denn die Buchung mit einem behinderten Kind kein Problem sei, sei äußerst barsch reagiert worden, so daß die Mitarbeiterin das Gefühl gehabt habe, daß darüber in keiner Weise mehr gesprochen werden solle. Die Beklagte hat geltend gemacht, im Hinblick auf diese Aussagen der Kläger hätte keine Veranlassung bestanden, behindertengerechte Zimmer oder Beförderungsmittel zu buchen. Wenn etwas speziell Behindertengeeignetes bestellt worden wäre, hätte sie die Buchung nicht angenommen. Ein behindertengerechter Bus mit Hebevorrichtung hätte nur durch kleinere Reisegruppen mit 25 Personen belegt werden können.

Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 13.8.1998 der Klage in Höhe von DM 1.913,02 nebst Zinsen stattgegeben. Es hat eine Mangelhaftigkeit der Reise bejaht, da die Rundreise nicht mit einem Bus stattfand, der behindertengerecht war, was zur Folge hatte, daß die Kläger zu 1) und 2) die Klägerin zu 3) jeweils in den Bus hinein- und hinausheben mußten. Obgleich die Buchung einer behindertengerechten Unterbringung nicht Vertragsbestandteil geworden sei, hafte die Beklagte jedoch, weil sie zu erkennen gegeben habe, daß sie bereit sei, die Behinderung der Klägerin zu 3) , die ihr zur Kenntnis gelangt war, zu berücksichtigen. Demgemäß habe ihr die vertragliche Pflicht oblegen, bezüglich der Rundreise entsprechende Maßnahmen betreffend die Behinderung einzuleiten oder im Falle der Unmöglichkeit den Klägern einen entsprechenden Hinweis zu geben. Das Amtsgericht hat für die Beeinträchtigungen der Kläger während der Rundreise eine Minderung von 20% des Rundreisepreises und damit von 1.638,60 DM zuerkannt. Hinsichtlich der Qualität der Zimmer während der Rundreise hat es Ansprüche wegen insoweit nicht substantiierten Vortrages zur Beeinträchtigung der Klägerin zu 3) verneint. Hinsichtlich des Hotels in Hawaii hat das Amtsgericht eine Mangelhaftigkeit des zunächst zugewiesenen Zimmers angesichts der durch die Lichtbilder dargetanen Umstände bejaht und eine Minderung für die Klägerin zu 3) mit 50% und für die Kläger zu 1) und 2) mit jeweils 25% wegen ihrer verstärkten Hilfeleistung, damit von 169,42 DM bejaht. Desweiteren hat es den für ein ordnungsgemäßes Zimmer aufgewandten Aufpreis von 105, – – DM zuerkannt, während es die Telefonkosten als unsubstantiiert abgewiesen hat.

Die Beklagte greift diese Entscheidung mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung mit der Begründung an, die von ihr erbrachte Leistung habe der Ausschreibung in ihrem Katalog exakt entsprochen, während eine behindertengerechte Unterbringung oder ein solcher Transport nicht Vertragsbestandteil geworden sei. Auch wegen ihrer Kenntnis von der Behinderung der Klägerin zu 3) habe ihr keine besondere Schutzpflicht oblegen, die sie verletzt habe. Aufgrund der vorherigen Buchungswünsche hinsichtlich einer Abenteuerreise habe ihre Mitarbeiterin davon ausgehen können, daß keine gravierende Behinderung bei der Klägerin zu 3) vorliege. Überdies habe sie ja darauf hingewiesen, daß und in welchem Umfang bei einer solchen Marlboro-Reise Belastungen für die Reiseteilnehmer entstehen, was ja auch zum Unterlassen der diesbezüglichen Buchung geführt habe. Wenn jegliche weitere Nachfrage, ob die Reise für einen Behinderten überhaupt das Richtige sei, in äußerst barschem Ton mit der Bemerkung beantwortet werde, man reise immer so und mit einem zusammenklappbaren Rollstuhl sei das alles überhaupt kein Problem, ließen sich weitere Fürsorgepflichten für die Beklagte nicht konstruieren. Sie habe gerade nicht zu erkennen gegeben, daß sie bereit sei, die Behinderung zu berücksichtigen. Wenn ein Behinderter eine derartige Reise buche, müsse er eine eigene Sorgfalt an den Tag legen, da nur ihm bekannt sei, welche konkrete Behinderung vorliege und wie sie bei einer Reise zu Beeinträchtigungen führen kann.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage vollumfänglich abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger machen geltend, daß eine behindertengerechte Unterbringung und ein behindertengerechtes Transportmittel sehr wohl Vertragsbestandteil geworden seien. Sie hätten lediglich erklärt, daß für die Klägerin zu 3) ein zusammenklappbarer Rollstuhl mitgenommen würde. Sie meinen, jedenfalls habe ein Hinweis erfolgen müssen, daß die Reise nicht behindertengerecht sei, was auch gelte, wenn der genaue Grad der Behinderung des Reisenden unbekannt sei. Im übrigen wiederholen sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach der Beurteilung der Kammer stehen den Klägern die erstinstanzlich zuerkannten Ansprüche in Höhe von DM 1.913,02 nebst Zinsen zu, weil die Beklagte gegen eine ihr obliegende Aufklärungspflicht verstoßen hat, weil sie die Kläger vor bzw. bei Abschluß des Reisevertrages trotz Kenntnis der Tatsache, daß die Klägerin zu 3) Rollstuhlfahrerin ist, nicht darauf hingewiesen hat, daß der von ihrem Vertragsunternehmen eingesetzte Bus für die Durchführung der Rundreise an der Westküste der USA nicht rollstuhlgeeignet sein werde und in dem Hotel Hawaiian … nicht ohne besondere Buchung gegen Aufpreis ein rollstuhlgeeignetes Zimmer zur Verfügung stehen werde.

Unabhängig davon, daß § 1 Abs. 1 b, c der zweiten Verordnung über die Informationspflichten von Reiseveranstaltern vom 14.11.1994 (InfVO) auch die Information des Reiseveranstalters über das Transportmittel und die Unterbringung verlangt, richten sich die im jeweiligen Fall konkreten Aufklärungs- und Hinweispflichten gerade danach, was für den potentiellen Reisekunden objektiv erkennbar für den Abschluß des Vertrages von Bedeutung ist. Insoweit kommt es neben dem Inhalt der Erklärungen auf die Person des Reisenden sowie auf die Art der beabsichtigten Reise und das Reiseziel an.

Hierzu ist im vorliegenden Fall festzustellen, daß für die Mitarbeiterin der Beklagten bei Buchung der Reise durch die Kläger erkennbar war, daß es diesen auf die Frage der Rollstuhlgeeignetheit des Reisebusses sowie der Hotelzimmer ankommt. Dies gilt auch dann, wenn die Kläger nicht ausdrücklich erklärt haben, daß sichergestellt sein müsse, daß die Einzelbestandteile der Reise auch rollstuhlgeeignet seien, denn auch unter Zugrundelegung der zwischen den Parteien unstreitigen Umstände mußte sich für die Mitarbeiterin der Beklagten die ersichtliche Bedeutsamkeit der Rollstuhlgeeignetheit des Transportmittels und der Unterkünfte ergeben. So war nämlich unstreitig bekannt, daß die Klägerin zu 3) aufgrund ihrer Körperbehinderung zu ihrer Fortbewegung einen Rollstuhl benutzt. Desweiteren ist bei einem Rollstuhlfahrer – wenn keine dagegensprechenden Anhaltspunkte ersichtlich sind -gerade davon auszugehen, daß er grundsätzlich eine Reise eigenständig durchführen und seinen Urlaub verbringen will, ohne ständig auf die Hilfe Dritter zur Überwindung von Hindernissen bei der Benutzung eines Busses oder von Hotelzimmern angewiesen zu sein, was sowohl für Alleinreisende als auch für Reisende in Begleitung gilt, wenn der Rollstuhlfahrer aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten in dem gewählten Reiseland davon ausgehen durfte, daß dies ohne Schwierigkeiten möglich sein werde.

Insofern ist folglich darauf abzustellen, welche tatsächlichen Umstände in den USA im Hinblick auf die Rollstuhlfahrergeeignetheit von öffentlich genutzten Bussen, insbesondere Reisebussen, sowie von Hotels herrschen. Hierzu ist aber festzustellen, daß in den ÜSA, was den Klägern auch bekannt war, gerade für Körperbehinderte bzw. Rollstuhlfahrer wesentlich geeignetere Verhältnisse gegeben sind als etwa noch in Europa oder anderen Kontinenten.

So ist in den USA nämlich bereits – wie der Kammer bekannt – eine Vielzahl von öffentlichen Verkehrsmitteln derart konstruiert, daß Rollstuhlfahrer, ohne ihr Fortbewegungsmittel verlassen zu müssen, über eine Rampe bzw. eine Rollstuhlhebevorrichtung in den Bus und aus diesem herausgelangen können und ein eigener Platz für ihren gegen das Wegrollen zu sichernden Rollstuhl vorgesehen ist. Abgesehen von der Vielzahl öffentlicher Verkehrsmittel im engeren Sinn bieten auch private Anbieter von Reisebussen in einer Vielzahl solche Möglichkeiten an, so daß jedenfalls auf kurzfristige, vorherige Nachfrage des Kunden gerade derart ausgerüstete Busse zur Verfügung gestellt werden können, wenn diese nicht schon per se für den Einsatz auf einer Route vorgesehen sind. So bietet unter anderem z.B. das bekannte Unternehmen “Greyhound” mit Hebevorrichtungen ausgerüstete Reisebusse mit einem bevorzugten Service für behinderte Reisegäste an ebenso wie etwa der Veranstalter “Trave1wäys”. Insgesamt herrscht in den USA nämlich bereits der Grundsatz, daß auch ein Rollstuhlfahrer überall ohne besondere eigene Anstrengungen hinkommen muß, was eine Umsetzung in der Konstruktion neuer Beförderungsmittel bzw. teilweise auch Umrüstung alter Beförderungsmittel gefunden hat.

Diese tatsächlichen Verhältnisse in den USA haben ihre gesetzliche Grundlage in dem Bundesgesetz vom 26.7.1990, dem “Americans with Disabilities Act of 1990” (42 USC 12101) kurz genannt ADA.

Demgemäß konnten die Kläger auch bei ihrer Buchung, die im Januar 1997 bestätigt wurde, jedenfalls davon ausgehen, daß die Klägerin zu 3), ohne den Rollstuhl verlassen und in das Fahrzeug hineingehoben werden zu müssen, Zugang zu dem Reisebus während der 15-tägigen Rundreise würde erlangen können. Wenn dies hier ohne vorherige ausdrückliche Vereinbarung entgegen der aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse in den USA berechtigten Erwartung der Kläger gerade nicht der Fall sein sollt, hätte die Beklagte jedenfalls in Kenntnis der unstreitigen Umstände darauf hinweisen müssen, daß sie derartige Leistungen – entgegen dem verbreiteten dahingehenden Angebot in den USA – nicht werde erbringen können bzw. sie hätte klarstellen müssen, daß sie dies nicht zu erfüllen gewillt war, weil bei dieser Rundreise die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt seien.

Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Rollstuhlgeeignetheit von Hotels, denn auch insoweit konnte ein Reisender auch bereits im Januar 1997 davon ausgehen, daß ihm in den USA bei Buchung eines nicht ganz einfachen Hotels ein behindertengeeignetes Zimmer werde zur Verfügung gestellt werden können, das heißt eine Räumlichkeit, in der er angesichts der Größe und der Anordnung der Einrichtung mit dem Rollstuhl in das Badezimmer, ans Bett und an den Schrank würde gelangen können, abgesehen davon, daß bei solcher Unterbringung häufig auch Griffe an Badewanne und Toilette vorhanden sind. Auch insofern enthält bereits das vorstehend genannte Bundesgesetz (ADA) grundsätzliche Regelungen, unabhängig davon, daß darüber hinausgehend auch freiwillig für eine behindertengeeignete bzw. – gerechte Unterbringung von Körperbehinderten Sorge getragen wird.

Das hier von den Klägern gebuchte Hotel auf Hawaii – um das es in der Berufung alleine noch geht – war auch als gut geführtes Hotel der Mittelklasse mit 700 modernen, gut eingerichteten Zimmern ausgeschrieben, so daß die Kläger auch insoweit davon ausgehen konnten, daß sie in einem rollstuhlgeeigneten Zimmer Unterkunft finden würden. Anderenfalls hätte die Beklagte auch insoweit darauf hinweisen müssen, daß dies hier gerade nicht möglich sei, was jedoch widerlegt ist durch die unstreitige Tatsache, daß dieses Hotel sehr wohl über entsprechend ausgestattete Zimmer verfügte, von denen die Kläger eines für die letzten sechs Übernachtungen gegen Aufpreiszahlung ja auch in Anspruch nehmen konnten.

Demgemäß mußte die Mitarbeiterin der Beklagten, die Kenntnis von der Rollstuhlfahrereigenschaft der Klägerin zu 3) hatte, davon ausgehen, daß diese bei Buchung der Reise als wesentlichen Vertragsbestandteil die im wesentlichen ungehinderte Zugangsmöglichkeit mit dem Rollstuhl in den Reisebus voraussetze, ebenso wie die Benutzbarkeit des Hotelzimmers in Hawaii mit dem Rollstuhl. Wenn die Beklagte ein solches, in den USA durchaus übliches Angebot nicht erbringen wollte, hätte sie die Kläger hierauf hinweisen bzw. einen Vertragsschluß ablehnen müssen.

Eine solche Pflicht entfiel auch nicht angesichts des Umstandes, daß für die Beklagte nicht konkret erkennbar war, in welchem Umfang die Klägerin zu 3) auf ihren Rollstuhl angewiesen ist. Wenn diesbezügliche Unklarheiten bestanden, traf die Beklagte insoweit nämlich jedenfalls eine Pflicht zur Nachfrage dahingehend, ob die Klägerin zu 3) denn selbst jedenfalls kurzfristig den Rollstuhl verlassen und jeweils aus eigener Kraft in einen Bus ein- und aussteigen bzw. sich in einem normalen Hotelzimmer zurechtfinden könne. Zwar gibt es durchaus körperbehinderte Personen, die nicht ständig auf den Rollstuhl angewiesen sind, sondern diesen nur für die Überwindung längerer Strecken benötigen. Da jedoch das Erfordernis der permanenten Benutzung des Rollstuhls gerade bei einem nicht nur geringen Teil der Betroffenen besteht, hätte die Beklagte jedenfalls die bei der Klägerin zu 3) gegebenen Verhältnisse konkret abklären müssen. Insoweit erachtet die Kammer nämlich eine Fürsorge- und Obhutspflicht des Reiseveranstalters gegenüber Behinderten als gegeben, wie bereits in der Entscheidung vom 24.7.1989 (NJW 1989, 2397 f.) festgestellt für den Fall der Offenbarung der auf einer Behinderung beruhenden Bedürfnisse. Die bereits in der dortigen Entscheidung angesprochenen gebotenen Nachforschungen über die konkreten Anforderungen an die behindertengerechte Unterkunft zwecks Verhinderung ansonsten eintretender Beeinträchtigungen sind auch hier zu bejahen.

Die Beklagte vermag auch nicht mit Erfolg geltend zu machen, daß hier aufgrund des vorherigen Buchungswunsches der Kläger gerade davon auszugehen war, daß keine gravierende Behinderung vorlag, da die Kläger von der zunächst beabsichtigten sogenannten Marlboro-Reise jedenfalls abgesehen haben. Auch reichte nicht etwa die behauptete Nachfrage der Mitarbeiterin der Beklagten im Hinblick auf die schließlich nicht gebuchte Reise aus, ob denn eine solche Reise das Richtige für die Kläger sei nebst der diesbezüglich behaupteten Antwort, daß man schon oft so gereist sei und das überhaupt kein Problem sei, denn man führe einen zusammenklappbaren Rollstuhl mit sich. Eine solche Nachfrage war nämlich ebenso wie die diesbezügliche Antwort gänzlich pauschal ohne konkreten Erklärungsinhalt dazu, ob die Klägerin zu 3) in ihrem Rollstuhl sitzend würde in den Bus gelangen müssen, weil sie hierauf ständig angewiesen ist oder ob sie selbst zu Fuß während der Rundreise jeweils würde ein- und aussteigen können. Auch im Hinblick auf die Fortbewegung im Zimmer ergibt sich aus diesen Erklärungen nichts konkretes. Die behauptete Äußerung der Kläger, man reise immer so und mit einem zusammenklappbaren Rollstuhl sei das alles überhaupt kein Problem, läßt sich auch dann erklären, wenn man den vorgenannten Erwartungshorizont der Kläger im Hinblick auf die Rollstuhlgeeignetheit des Busses und des Hotels zugrundelegt, denn auch dann verbleiben für einen Rollstuhlfahrer bei einer derartigen Rundreise ja immer noch größere Beschwerlichkeiten als für einen nicht behinderten Reisenden, so daß auch eine solche Erklärung nicht etwa als Verzicht auf die gebotene Aufklärung im vorgenannten Sinn oder als Grund für deren Entbehrlichkeit angesehen werden kann. Auch die Behauptung der Beklagten zu einer Antwort
der Kläger in “barschem Ton” bleibt gänzlich subjektiv wertend und läßt objektive Rückschlüsse dahingehend ebenfalls nicht zu, daß die Kläger weitere Aufklärung bzw. Hinweise eindeutig ablehnten.

Von daher sind Ansprüche der Kläger dem Grunde nach wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen ihre Informations- bzw. Nachfragepflicht bereits zu bejahen, so daß es auf die klägerischen Behauptungen zu ihrem Hinweis auf die erforderliche Rollstuhlgeeignetheit der Einzelbestandteile der Reise ebenso nicht ankommt wie auf ihre Behauptung zu diesbezüglichen Erklärungen der Mitarbeiterin der Beklagten, daß alles in Ordnung sei, als die Kläger nach Erhalt der Reisebestätigungen wegen eines diesbezüglichen Vermerkes nachfragten.

Die Verletzung der Pflicht der Beklagten zur klaren und vollständigen Information über die für die Kläger erkennbar wesentliche Rollstuhlgeeignetheit des Transportmittels und der Unterbringung in den USA führte hier auch zu einem Reisemangel und damit zu gewähr1eistungsrechtlichen Ansprüchen, wie sie das Amtsgericht zuerkannt hat. Angesichts der von den Klägern geschilderten Beeinträchtigungen sowohl der Klägerin zu 3) als auch der Kläger zu 1) und 2) , die verstärkt Hilfe erbracht haben beim Hinein- und Hinausheben aus dem Bus, erscheint die vom Amtsgericht zuerkannte Minderungsquote von 20% als durchaus gerechtfertigt. Auch die im Hinblick auf die fehlende Rollstuhlgeeignetheit des zunächst in dem Hotel in Hawaii zugewiesenen Zimmers zuerkannte Minderung von 50% für die Klägerin zu 3) sowie von jeweils 25% für die Kläger zu 1) und 2) sind nicht unangemessen. Der desweiteren zuerkannte Aufpreis für die Zurverfügungstellung eines behindertengeeigneten Zimmers für die letzten sechs Übernachtungen in dem Hotel in Hawaii begegnet gleichfalls keinen Bedenken

Demgemäß war die Berufung zurückzuweisen mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO.