LG Frankenthal: § 5 III TDG erfaßt auch Hyperlinks innerhalb einer Linksammlung

Landgericht Frankenthal (Pfalz)

Urteil

vom 28.11.2000 (Az.: 6 O 293/00)

Leitsatz der Redaktion:

§ 5 III TDG erfaßt auch Hyperlinks innerhalb einer
Linksammlung. Die Hyperlinks haben insoweit nur die Funktion
den Zugang zu fremden Angeboten zu ermöglichen. Eine
Verantwortlichkeit des Linksetzers für fremde Inhalte ist
insoweit grundsätzlich ausgeschlossen.

Urteil

In dem Rechtsstreit

(…)

wegen Schadensersatzes,

hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal
(Pfalz) …

auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2000

f ü r R e c h t e r k a n n t:

1.Die Klage wird abgewiesen.
2.Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu
tragen.
3.Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem
Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 2.200,– DM
abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadensersatz in
Höhe von 18.000,– DM wegen Verletzung seines
Urheberrechts durch unberechtigte Veröffentlichung
von insgesamt 9 Bildern im Internet.

Der Kläger ist als Fotograf tätig und bestreitet
hieraus seinen Lebensunterhalt. Darüber hinaus ist er
Inhaber des …, in
dem er seine Lichtbilder veröffentlicht.

Der Kläger trägt vor,

der Beklagte betreibe unter der Fa. …
als Werbeagentur eine Domäne “Pfälzer Links”
im Internet. Der Beklagte habe unberechtigterweise 9
Bilder des Klägers im Internet veröffentlicht, und
zwar betreffend das Hotel-Restaurant “Zur Post” in
… (5 Bilder) und das Hotel “Zum
Ochsen” in Hauenstein (4 Bilder). Unstreitig sind
die betreffenden Bilder auf den Internetseiten mit den
URL “…” (Bl. 5 d.A.) sowie
“…” (Bl. 18 d.A),
“…/Ausflug.htm” (Bl. 20
d.A.) und unter
“…” (Bl. 21
d.A.) zu finden. Unstreitig bestanden auch sogenannte
Links von der Homepage “…” zu
den Domains “…” und
“…”, so dass auch zu den oben
genauer bezeichneten Adressen im Internet, die die
streitgegenständlichen Bilder enthalten, eine
Verknüpfung hergestellt war.

Der Kläger trägt weiter vor

dass entgegen der Auffassung des Beklagten dieser
auch passiv legitimiert sei, weil er der Betreiber der
Home-Page “Pfälzer Links” sei und nicht seine
Ehefrau Frau …. Dies ergebe sich schon
daraus, dass es eine Domäne “…” gäbe,
die vom Beklagten betrieben werde. Auf der
Startseite “…” sei die Domäne “Pfälzer
Links” integriert. Hierfür erkläre sich der Beklagte –
nicht dessen Ehefrau – als zuständig, weil in seinem
Impressum zu lesen sei, dass er der Betreiber der
Home-Page sei und auch für deren Inhalt
verantwortlich sei. Als Inhaber der Domäne “…”
sei er auch verantwortlich für die
Urheberrechtsverletzung, die durch die unberechtigte
Veröffentlichung
der Bilder des Klägers unter den o.g.
Internet-Adressen (URL’s) eingetreten sei. Der Beklagte sei
kein
harmloser Access-Provider, sondern eindeutig ein
Service-Provider im Sinne des Urheberrechts. Er biete
seinen Kunden Home-Pages auf seinem eigenen Rechner
an und das als Service gegen Entgelt. Er
kenne auch die Angebote seiner Kunden, die er auf
seinem eigenen Rechner anbiete und über die er im
Sinne des

§ 5 Abs. 2 TDG verfügen könne, die er also ggfls.
sperren bzw. herausnehmen könne. Der Beklagte
kenne natürlich den Inhalt seiner “Pfälzer links”
und es wäre ihm ein leichtes, die streitgegenständlichen
Fotos aus den von ihm betriebenen, Home-Pages
herauszunehmen. Soweit der Beklagte die
Urheberschaft der Fotos bestreite, seien diese
bewiesen durch die Vorlage von Postkarten, die den
Aufdruck “…” tragen. Der
Beklagte habe dem Kläger durch die für ihn
kostenlose Nutzung im Internet einen gehörigen
Schaden zugefügt, weil der Kläger bzw. dessen Verlag
nun von seinen früheren Kunden keine Aufträge mehr
erhielt. Daher sei ein Schadensersatz in Höhe von
2.000,– DM pro Bild, mithin also 18.000,-DM,
angemessen.

Der Kläger beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
18.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus ab Rechtshängigkeit
zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

Die Klage abzuweisen.

Er trägt vor,

nicht er sei Betreiber der Home-Page “Pfälzer Links”
sondern seine Ehefrau, Frau …. Allein
sie habe ein Gewerbe für Internet-Dienstleistungen
angemeldet und sei für die Gestaltung und den Inhalt
der Home-Page verantwortlich (Beweis: Vernehmung der
Zeugin …, Bl. 33 d.A.). Die
streitgegenständliche Home-Page Restaurantbetriebe
in … sei durch die Fa. “…” erstellt. Diese Firma
habe auch die Home-Page mit dem Titel
“Willkommen im Restaurant “Zur Post” erstellt. Der
Beklagte betreibe auch keine Fa. “WEB-DESIGN
…” als Werbeagentur.

Unabhängig hiervon bestehe auch keinerlei
Schadensersatzanspruch des Klägers. Die Domäne’ “Pfälzer
Links” bietet dem Nutzer eine nach verschiedenen
Kategorien und Branchen geordnetes Angebot auf den
Zugang zu Internetseiten Dritter in der Region
Pfalz. Nach Anklicken von Hotelgaststätten erscheine
sodann ein Verzeichnis von geführten Gaststätten.
Zugang zu den Internetseiten habe jede dritte Person.
Jeder, ob Privatperson oder Firma, könne über ein
Formular kostenlos einen Link auf seiner eigenen
Home-Page bei der Domäne “Pfälzer Links” anmelden.
Die Anmeldungen würden grundsätzlich nicht auf
ihren Inhalt überprüft, da es sich um eine reine
Zugangsmöglichkeitseröffnung durch die Domäne “Pfälzer
Links” handele. Lediglich bei offensichtlichem
strafrechtlichen Inhalt rechtsextremer, rassistischer oder
pornographischer Form werde die Aufnahme verweigert.
Wie bei allen anderen Kunden, verweise auch
bezüglich der streitgegenständlichen Home-Pages
lediglich ein Textlink auf diese Seiten. Nach
Betätigung des Textlinkes werde ein eigenes Fenster
mit einer anderen URL, nämlich
“…/hotels” geöffnet. Es sei somit
für jeden Nutzer sofort klar erkenntlich, dass es sich
nicht um ein eigenes Angebot der Domäne “Pfälzer
Links” handele, sondern lediglich der Zugang zu
einer fremden Home-Page vermittelt wird. Außerdem
enthalte die Domäne “Pfälzer Links” einen
Haftungsausschluss. Die Verantwortlichkeit und die
Haftung des Betreibers der HomePage “Pfälzer
Links” ergebe sich ausschließlich aufgrund der §§ 5
f f Teledienstegesetz (TDG) . Der Betreiber der
Home-Page sei lediglich Access-Provider und auf ihn
sei § 5 Abs. 3 Teledienstegesetz anwendbar. Die
Betreiber der Seite “…” hätten die
Home-Pages, die die streitgegenständlichen Bilder
enthielten, nicht auf ihrem eigenen Rechner
angeboten und somit hierüber nicht verfügt und auch nicht
verfügen können. Sie hätten zu keinem Zeitpunkt die
Möglichkeit gehabt, den Inhalt der betreffenden
Seiten zu sperren bzw. herauszunehmen. Derjenige,
der einen Link setze, beherrsche nämlich den
fremden Inhalt einen sogenannten “Content”- nicht
und er kann diesen auch nicht verändern. Den
Betreibern der Seite “…” sei es
lediglich möglich gewesen, den entsprechenden Link zu
löschen, was mittlerweile auch geschehen sei. Damit
seien die Betreiber auch ihrer Verpflichtung aus §5
Abs. 4 TDG nachgekommen, weil sie den entsprechenden
Link entfernt hatten, nachdem sie durch den
Kläger auf den möglicherweise problematischen Inhalt
der Seite aufmerksam gemacht worden seien.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die
gegenseitig gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug
genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten
aus §§ 97 Urhebergesetz auf Schadensersatz in
der geltend gemachten Höhe.

Zwar spricht vieles dafür, dass der Beklagte Inhaber
der Domäne “…” ist, insbesondere der
Eintrag in der Denic-Datenbank, die den Beklagten
als Domäne-Inhaber ausweist (Bl. 69 d.A.) und auch
seine Sachkenntnis über die Inhalte etc. der
Homepage. Doch konnte diese Frage offen bleiben, da
selbst für den Fall, dass der Beklagte Betreiber der
betreffenden Homepage sein sollte, seine Haftung
aufgrund der besonderen Vorschriften des
Teledienstegesetzes (TDG) vom 22.07.1997 (abgedruckt in
“Das Deutsche Bundesrecht, 853. Lieferung-August
2000, VI H, 10 a)) ausgeschlossen ist. Die zivil-,
urheber-, wettbewerbs- und markenrechtliche Haftung
von Teledienstenanbietern wird nämlich, durch § 5
TDG begrenzt (vgl. Schricker, Urheberrecht, 2.
Auflage München 1999, § 97, Randnr. 40 a, Seite 1511).

Dass der Betreiber der Home-Page “Pfälzer Links”
Dienste anbietet im Sinne des § 3 Ziffer 1 TDG ist
unproblematisch, da er jedenfalls den Zugang zur
Nutzung fremder Teledienste vermittelt.

Anbieter sind gemäß § 5 Abs. l TDG für eigene
Inhalte, die sie zur Nutzung bereit halten, nach den
allgemeinen Gesetzen verantwortlich. Für fremde
Inhalte dagegen, die sie zur Nutzung bereit halten,
besteht eine Verantwortlichkeit nach § 5 Abs. 2 TDG
nur dann, wenn der Anbieter von diesen Inhalten
Kenntnis hat und es ihm technisch möglich und
zumutbar ist, deren Nutzung zu verhindern. Nicht
verantwortlich dagegen sind Anbieter nach § 5 Abs. 3
TDG für fremde Inhalte, zu denen sie lediglich den
Zugang zur Nutzung vermitteln (vgl. Schricker,
aa0,Randnr. 40 a, Seite 1519). Im vorliegenden Fall richtet
sich die Verantwortlichkeit aber nach § 5 Abs. 3 –
TDG. Der Betreiber der HomePage “Pfälzer Links”
vermittelt nämlich lediglich den Zugang zur Nutzung,
indem er auf seiner Homepage Links zu den übrigen
Homepages herstellt, auf denen dann die
streitgegenständlichen Bilder abgelegt sind. Bei den Bildern
handelt es sich aber daher um fremde Inhalte, auf
die verwiesen wird. Wie der Beklagte dargelegt hat,
sind die streitgegenständlichen Bilder (in
digitalisierter Form) auch nicht auf den Rechner des
Home-Page-Betreibers abgelegt. Es werden vielmehr
lediglich beim Anklicken der Links auf der
Home-Page “Pfälzer Links” unter Zuhilfenahme des
Internets Verknüpfungen zu den Daten auf fremden
Rechnern hergestellt. Der Kläger hat dies zwar
bestritten und behauptet, dass seine Fotografien auf dem
Rechner des Beklagten zugänglich gemacht werden
würden, wenn man den Link anklickt, hat aber für
diese Behauptung keinen Beweis angetreten. Damit
liegt also auch keine Haftung eines Host-Providers
vor, weil dieser fremde Inhalte auf eigenen Rechnern
zugänglich macht, so dass auch kein Fall des § 5
Abs. 2 -TDG vorliegt (Schricker aaO, § 97
Urhebergesetz, Randnr. 40e). Erst recht liegt keine Haftung
eines Content-Providers vor, § 5 Abs. 1 TDG, der
eigene oder f remde Inhalte, mit denen er sich
identifiziert und die er sich zu eigen macht, auf
eigenem Rechner speichert und zur Verfügung stellt (vgl.
Schricker aaO, § 97 Urhebergesetz, Randnr. 40 d) ,
weil es hier auch schon an der Identifizierung mit
den fremden Inhalten fehlt. Im vorliegenden Fall
haben die Links lediglich die Funktion eines Türöffners für
Dritte und dienen nur der Erleichterung des Zugangs
des Nutzers zu den betreffenden Homepages, wobei
die Inhalte auf fremden Rechnern gespeichert sind
und von diesem auch direkt zum Nutzer Übermittelt
werden. Die Home-Page “Pfälzer Links” stellt sich
also als “kleine Suchmaschine” dar, wobei die Links
dem Nutzer lediglich die umständliche Eingabe der
Adresse der anderen auf der Home-Page “Pfälzer
Links” verzeichneten Home-Pages durch, direktes
Anklicken erspart. Damit ist aber eine
Verantwortlichkeit gemäß § 5 Abs. 3 TDG für die
Inhalte auf den fremden Homepages, die die
streitgegenständlichen Bilder beinhalten,
ausgeschlossen. Der Verpflichtung zur Sperrung der Nutzung
rechtswidriger Inhalte gemäß § 5 Abs. 4 TDG ist die
Beklagtenseite auch nachgekommen, indem sie
den Link, also die Verknüpfung zu den
streitgegenständlichen Homepages unbestritten sperren ließ.

Aus diesen Gründen ist die Haftung des Beklagten
ausgeschlossen, und somit die Klage als
unbegründet abzuweisen gewesen.