Verkündet am 09.11.2001
Landgericht Düsseldorf
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
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Klägerin […],
g e g e n
Beklagte […],
hat die 8. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht […], den Handelsrichter […] und den Handelsrichter […] für R E C H T erkannt
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin. 3.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d
Die Klägerin befaßt sich seit Jahrzehnten mit dem Bau von lndustrieanlagen, vorwiegend Industrieöfen. Sieist Inhaberin der Wort-Bild-Marke “Alte”, wegen deren grafischer Ausgestaltung auf die Anlage K 3 Bezuggenommen wird. Der Schutzbereich betrifft Waren der Klasse 7, 9, 11 und 40.
Die Beklagte betreibt zum einen einen Handel mit Dachbaustoffen, zum anderen befaßt sie sich mitsogenanntem E-Commerce insbesondere in Form eines Branchen- und lnformationsservice Verlages, dersogenannte Internet-Führer herausgibt. Dieser Führer besteht im wesentlichen daran, daß unter einerVielzahl reservierter Internet-Domains mit vorwiegend allgemeiner Bedeutung dritte Personen oder FirmenVeröffentlichungen vornehmen können, die einen Zusammenhang mit der Domain-Bezeichnung herstellenwollen. So hat die Beklagte für sich auch die Bezeichnung “http://www.alte.de” reserviert. Nach ihrer Darstellung istsie dabei, ein Senioreninformationssystem unter dieser Domain aufzubauen.
Die Klägerin sieht in der Reservierung und Nutzung dieser Bezeichnung eine Verletzung ihrer prioritätsalterenMarken- und Namensrechte sowie einen Verstoß gegen § 1 UWG. Die Klägerin werde insbesondere in derNutzung ihres Namens eingeschränkt durch die dem sogenannten Domain Grabbing vergleichbareVerhaltensweise der Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gerichtfestzusetzender Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM – ersatzweise Ordnungshaft – oder einerOrdnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zweiJahren zu unterlassen, die Kennung “alte.de” bei Online-Dienstleistungen als Domain- Namen imDatennetz Internet, insbesondere im World Wide Web, zu benutzen oder benutzen zu lassen,
2. die Beklagte zu verurteilen, durch Erklärung gegenüber dem Deutschen Network interformationCenter (DENIC e.G) die Eintragung des Domainnamens “alte.de” freizugeben,
3. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin über die Dauer und den Umfang der vorstehend unter Ziffer1 bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen, unter Angabe des Umfanges des erzieltenUmsatzes, sowie des Umfanges der über die Internet-Domain erfolgten Internet Anfragen unter Vorlagevon Logfiles und Zugriffsstatistiken offenzulegen,
4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieserdurch die Handlungen nach Ziffer 1 entstanden ist oder künftig entstehen wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält das Reservieren einer Vielzahl von Domain-Bezeichnungen nicht für gesetzwidrig und weist daraufhin, daß die Klägerin sowohl selbst unter ihrem vollständigen Firmennamen wie auch mittels etwa einerSubdomain im Wege des sogenannten Domain-Sharing auf der Seite der Klägerin vertreten sein könne. DieFirma der Klägerin sei ihr bis vor kurzem unbekannt gewesen. Der Begriff “Alte” habe bestimmte generischeBedeutungen, die weder mit der Marke noch der Firma der Klägerin eine Verbindung aufweisen. Für dieDomain-Bezeichnung sei bereits ein Titelschutzantrag gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhaltverwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, daß die Beklagte dieKennung “alte.de” bei OnlineDienstleistungen als Domain-Name in Zukunft im Internet nicht mehr benutzt.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 14 Abs. 2 und Abs. 5 MarkenG. Bei der für die Klägeringeschützten Marke handelt es sich um eine Wort- Bild-Marke, deren Schutz sich auf die konkreteAusgestaltung bezieht. Nach den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen benutzt sie die Marke auchauf ihren Werbeträgern vom Briefpapier bis zu LKW-Planen in eben dieser noch farbig stets gleichen Weise.Da der Wortbestandteil zudem in der deutschen Umgangssprache zu finden ist und die Klägerin selbst nichtetwa behauptet, es handele sich um eine im Inland bekannte Marke, erscheint schon fraglich, ob dieDomain-Bezeichnung “alte.de” den erforderlichen Ähnlichkeitsgrad im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenGaufweist. Jedenfalls aber besteht keine Ähnlichkeit der jeweils unter den Bezeichnungen angebotenen Warenoder Dienstleistungen, die eine Verwechslungsgefahr begründen könnte. Der von der Klägerin betriebene undauch in ihrer Werbung stets zusätzlich herausgestellte Geschäftsbereich des lndustrieofenbaus und derHarterei weist keine Nähe zum Baustoffhandel oder zu internetspezifischen Dienstleistungen auf. Diebisherige und unstreitig zukünftig beabsichtigte Nutzung der Domain bietet keinerlei tatsächlichen Anhalt fürirgendeinen Zusammenhang mit der Marke der Klägerin.
Entsprechendes gilt auch für einen möglichen Unterlassungsanspruch gemaß § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG.Angesichts des Firmennamens “Wilhelm Alte GmbH” weist die Bezeichnung “alte.de” nur eine teilweiseIdentität auf. Hierbei ist aber besonders zu beachten, daß gerade der hier streitige Teil als Bestandteil derdeutschen Umfangssprache – auch – beschreibenden Charakter aufweist. Wie die Klägerin selbst vorträgt,kommt einer Domain Bezeichnung in erster Linie Adressenfunktion zu. Die Beklagte benutzt aber wedernach Form noch nach Inhalt die Domain “alte.de” um Inhalte zu vermitteln, die irgendeinen Bezug zurgeschäftlichen Bezeichnung der Klägerin nahelegen könnten.
Ob neben markenrechtlich zu prüfenden Ansprüchen solche mit gleicher Rechtsfolge überhaupt möglichsind, die ihre Grundlage im allgemeinen Wettbewerbsrecht haben, ist umstritten. Vorliegend bedarf es jedochinsoweit keiner Entscheidung, weil die Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichenUnterlassungsanspruches gemäß § 1 UWG ebenfalls nicht erfüllt sind.
Unabhängig auch von der Frage eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses liegt eine unzulässigeindividuelle Behinderung nur dann vor, wenn gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seinerEntfaltung zu hindern und ihn dadurch zu verdrängen. Jedenfalls muß die Behinderung derart sein, daß derbeeinträchtigte Mitbewerber seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessenerWeise zur Geltung bringen kann.
Keine dieser Voraussetzungen ist bei Würdigung der Umstände als erfüllt anzusehen. Die Klägerin trägtselbst vor, seit Jahrzehnten ihren Geschäftsbetrieb zu führen. Zur Beklagten bestanden keinerleigeschäftliche Kontakte. Erst als die Klägerin im Jahre 2000 eine Internet-Darstellung ihres Unternehmensplante, wurde sie auf die seit mehreren Jahren bestehende Reservierung der Domain “alte.de” aufmerksam.Eine der Interessenlage vergleichbare Situation wie beim sogenannten Domain-Grabbing liegt nicht vor.Unstreitig könnte die Klägerin noch heute eine Internet-Präsens unter dem kennzeichnungskräftigen Teil ihresFirmennamens anmelden. Verschiedene Gestaltungen einer Domain mit “Wilhelm Alte” sind technischmachbar. Durch eine den Vornamen einbeziehende Kennzeichnung würde der lndivdualisierungseffektbedeutend erhöht, der bei dem beschreibenden Begriff “Alte” nur gering ausgeprägt ist. Auf eineschlagwortmäßig kurze, dafür aber naturgemäß ungenaue Sammelbezeichnung läßt sich einRechtsanspruch wettbewerbsrechtlich nicht begründen. Die Beklagte beabsichtigt nicht, die Domain an denMeistbietenden zu veräußern. Sie hat der Klägerin eine Präsens auf der fraglichen Seite gegenKostenerstattung ohne übermäßiges Gewinnstreben angeboten. Ihre Geschäftsidee des Internet-Führers alsKonkurrenz zu Suchmaschinen ist nicht von vornherein als bloße Maßnahme der Einschränkung des Internetund derjenigen anzusehen, die sich dort präsentieren. Aus dem Umstand, daß die Beklagte eine auffälliggroße Zahl von Reservierungen hat vornehmen lassen, läßt sich nicht generell auf wettbewerbsfeindlicheAbsichten schließen. Die mögliche Zahl von Reservierungen ist weder gesetzlich noch nach denBestimmungen der Denic begrenzt. Viele Firmen “bevorraten” eine erhebliche Zahl von “Marken” auch undgerade im Internet. Ob die Rechte Dritter hierdurch unzulässig beeinträchtigt werden, ist jeweils im Einzelfallzu prüfen.
Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 12 BGB. Ob diese Vorschrift neben denBestimmungen des Markenrechts anwendbar ist, um geschäftliche Bezeichnungen zu schützen, erscheintbereits erheblich zweifelhaft. Die Klägerin kann nicht im eigenen Namen etwaige Rechte natürlicherPersonen mit dem Familiennamen “Alte” geltend machen. Der im Rahmen von § 12 BGB als schutzfähiganzusehende Firmenname besteht aus einem Vor- und einem Familiennamen. Diese Kombination nebstGesellschaftszusatz hatte die Klägerin selbst gewählt, um sich im geschäftlichen Verkehr individualisierbarzu kennzeichnen. Unstreitig verwendet die Beklagte diese Bezeichnung nicht, sie bestreitet auch nicht dasRecht der Klägerin an diesem Namen. Ob neben dem eingetragenen Firmennamen auch der Begriff ,,Alteals Firmenschlagwort gebräuchlich ist, wird schon nicht mit nachprüfbaren Tatsachenbehauptungenvorgetragen. Jedenfalls aber läßt sich nicht erkennen, daß außerhalb der besonderen Fachkreise, die sichmit lndustrieöfen befassen, die klägerische Firma überhaupt, geschweige denn unter einemFirmenschlagwort einem weiteren Publikum bekannt ist. Zum einen gibt es unstreitig weitere Firmen, die denBegriff “Alte” in geschäftlichen Bezeichnungen und in Marken verwenden. Zum anderen wendet sich dasInternet bestimmungsgemäß an die allgemeine Bevölkerung ohne Beschränkung auf bestimmte Fachkreise.
Wie bereits ausgeführt, weist zudem der hier fragliche Begriff “Alte” als der deutschen Umgangsspracheentlehntes Wort eine solche Vielzahl von Bedeutungs- und Assoziationsmöglichkeiten auf, daß einZusammenhang mit einer Firma entsprechenden Namens eher fernliegt. In der InternetDomain “alte.de”kann daher insgesamt weder eine unbefugte Namensverwendung des Namens der Klägerin noch einBestreiten der Berechtigung im Sinne von § 12 BGB gesehen werden. Die Beeinträchtigung, nicht über diewerbemäßig einprägsame, weil kürzeste Bezeichnung im Internet zu verfügen, muß die Klägerin nachallgemeinen Prioritätsgesichtspunkten hinnehmen. Eine lnternetpräsens unter ihrem Firmennamen wird ihrnicht verwehrt.
Mangels Unterlassungsanspruch kann die Klägerin auch keinen auf Freigabe der Domain im Sinne einerStörungsbeseitigung gerichteten Anspruch gegen die Beklagte haben.
Aus gleichem Grund scheiden ein Schadenersatzanspruch und der zu seiner Durchsetzung dienendeAuskunftsanspruch aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.
Der Streitwert wird auf 150.000,00 DM festgesetzt.
Unterschriften