Urteil
9 O 188/00
FTP-Explorer
Tatbestand
Mit der Klage begehrt die Klägerin Feststellung,
daß sie unter
Verwendung des Zeichens “FTPX-Explorer” im
Internet Hyperlinks
setzen darf, die zu dem amerikanischen Hersteller
der Software und
zu einer Uni in Norwegen führen und von denen aus
der “FTP
Explorer” kostenlos heruntergeladen werden kann.
Die Klägerin ist Inhaberin der Internet-Domain
“… .de”. In einer
Unterrubrik unter der Bezeichnung “ossi” stellt
sie Studenten einen
Teil ihrer Domain zur Verfügung. Im Quellcode
dieser Datei wird auf
das Computerprogramm “FTP-Explorer” des
amerikanischen
Software-Herstellers FTPX Corporation hingewiesen
und drei
sogenannte Hyperlinks auf die Uni Trondheim in
Norwegen und den
amerikanischen Software-Hersteller FTPX gesetzt,
von denen aus
der “FTP-Explorer” kostenfrei heruntergeladen
werden kann.
Die Beklagte ist Inhaberin der Wortmarke
“Explorer”, die sie
lizenzweise auch dem amerikanischen
Software-Hersteller Microsoft
für deren “Internet-Explorer” zur Verfügung
gestellt hat (Anlage B17).
Mit Schreiben vom 11.01.2000 hat die Beklagte die
Klägerin wegen
der Benutzung ihrer Marke “Explorer” abgemahnt,
die Klägerin hat
Ansprüche der Beklagten zurückgewiesen.
Die Klägerin behauptet,
“Explorer” sei seit den 80’er Jahren ein
Gattungsbegriff. Zudem
werde die Marke der Klägerin durch 400 Einträge
in Suchmaschinen
verwässert. Auch sei der Inhalt des Servers
“ossi” inzwischen
vollständig gelöscht. Sie ist weiter der Ansicht,
daß sie nicht im
geschäftlichen Verkehr handele, wenn sie einen
Hyperlink im Internet
setze. Für die Studenten, die den Hyperlink
gesetzt hätten, sei sie
nicht verantwortlich, da sie ihre Prüfpflichten
nicht verletzt habe.
Zumindest sei ihre Verantwortlichkeit nach § 5
Abs. 2 TDG
ausgeschlossen. Schließlich werde die Marke der
Beklagten durch
die Nutzung der Marke “Explorer” durch Microsoft
ohne einen
Lizenzhinweis geschwächt und “Explorer” sei zudem
auch nur
beschreibend. Eine Verwechslungsgefahr zwischen
“FTPX-Explorer”
und “Explorer” bestehe nicht.
Die Klägerin beantragt,
festzustellen, daß die Verwendung des
Kennzeichens
FTP-Explorer durch die Klägerin auf einer
Homepage
unter gleichzeitiger Setzung eines Hyperlinks
auf die
Homepage des amerikanischen Herstellers der
Software
“FTP-Explorer” oder eines anderen
Internet-Verzeichnisses, von dem aus die
Software
“FTP-Explorer” bezogen werden kann, keine
Rechte der
Beklagten verletzt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist unter Berufung auf ein eingeholtes
Gutachten (Anlage B13)
auf die Bekanntheit der Marke “Explorer” und die
Störerhaftung des
“Mitstörers” hin.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten auf die
zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht der Anspruch auf negative
Feststellung nicht zu, da
das von ihr begehrte Setzen eines Hyperlinks mit
der Kennzeichnung
“FTP-Explorer” Markenrechte der Beklagten aus §§
14 Abs. 4, 4
MarkenG verletzen würde.
I.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sind zunächst
die
markenrechtlichen Unterlassungsansprüche nach §
14 MarkenG. die
ein Handeln im geschäftlichen Verkehr erfordern,
anwendbar, da das
Setzen eines Hyperlinks mit der Bezeichnung
“FTPX-Explorer” ein
Handeln im geschäftlichen Verkehr darstellt. Der
Klägerin ist zwar
zuzugeben, daß ihr eigenes Handeln als
Fachhochschule nicht als
Teilhabe am geschäftlichen Verkehr zu werten ist.
Nach dem weiten
Mitstörerbegriff (Teplitzki,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl.,
Kap. 14, Rn. 7) nimmt sie beim Setzen eines
Hyperlinks auf den
“FTP-Explorer” jedoch dadurch am geschäftlichen
Verkehr teil, daß
sie fremden Wettbewerb, nämlich der
FTPX-Corporation fördert. Als
Störer haftet – grundsätzlich unabhängig von Art
und Umfang seines
eigenen Tatbeitrags – jeder, der in irgendeiner
Weise willentlich und
adäquat kausal an der Herbeiführung der
rechtswidrigen
Beeinträchtigung mitgewirkt hat, wobei als
Mitwirkung auch die
Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines
eigenverantwortlichen Dritten genügt, sofern der
in Anspruch
Genommene die rechtliche Möglichkeit zur
Verhinderung dieser
Handlung hatte (BGH GRUR 1991, 769, 770 –
“Honoraranfrage”). Als
Software-Hersteller ist die FTPX-Corporation im
geschäftlichen
Bereich tätig und nutzt hierbei auch das von ihr
entwickelte
Programm “FTP-Explorer”. Durch Nennung des Namens
der
FTPX-Corporation und ihres Programmes
“FTPX-Explorer” mit der
sog. “Download” – Möglichkeit fördert die
Klägerin daher Namen und
Bekanntheit dieses amerikanischen
Software-Herstellers. Würde die
amerikanische FTPX-Corporation selbst im
Geltungsbereich des
Markengesetzes die Bezeichnung “FTPX-Explorer” in
irgendeiner
Weise einführen – durch Werbung oder Anbieten des
Produktes oder
Setzen eines Hyperlinks mit Download-Möglichkeit
– wäre sie ohne
weiteres als Hauptstörer anzusehen. Die Beihilfe
der Klägerin liegt
dabei darin, daß sie im Geltungsbereich des
Markengesetzes auf
außerhalb dieses Geltungsbereiches liegende
Möglichkeiten zum
“Download” des “FTP Explorers” hinweist.
II.
Der Unterlassungsanspruch der Beklagten ergibt
sich aus § 14 2Abs.
5 MarkenG, da die Beklagte unstreitig über die
eingetragene Marke
“Explorer” verfügt und zwischen dieser Marke und
dem Zeichen “FTP
Explorer” Verwechslungsgefahr besteht.
1.)
Bei der Bezeichnung “FTP-Explorer” handelt es
sich zwar um ein
sogenanntes Gesamtzeichen, so daß für die
Verwechslungsprüfung
grundsätzlich die Zeichen “FTP-Explorer” und
“Explorer” in ihrer
Gesamtheit einander gegenüberstellen zu stellen
sind, weil sie sich
so auch am Markt begegnen (BGH GRUR 1996, 198,
199 –
“Springende Raubkatze”). Eine Ausnahme von diesem
Grundsatz
besteht jedoch dann, wenn innerhalb eines
Gesamtzeichens ein
Zeichenbestandteil derart bestimmend ist, daß er
den
Gesamteindruck des Zeichens prägt (BGH GRUR 1996,
406,
407-“Juwel”). Innerhalb des Gesamtzeichens
“FTP-Explorer” ist
jedoch der Bestandteil “Explorer” das eindeutig
prägende Zeichen,
da bereits der Bestandteil “FTP” entgegen der
Bezeichnung
“Explorer” nicht aussprechbar ist und schon
deshalb geringere
Kennzeichnungskraft aufweist. Zudem wirkt FTP –
letztlich auch
zutreffend – lediglich als Herstellerhinweis, so
daß er zur
Kennzeichnung nicht entscheidend beiträgt (BGH
GRUR 1996, 404 –
“Blendax-Pep”). Schließlich ist im Rahmen der
Verwechslungsprüfung auch die sog.
Wechselwirkungstheorie des
Bundesgerichtshofes (Fezer, Markenrecht, 2.
Auflg., § 14 Rn 335) zu
berücksichtigen: Danach kann eines der Merkmale
Identität des
Zeichens oder Warenähnlichkeit weniger stark ins
Gewicht fallen,
wenn bereits andere Merkmale überdurchschnittlich
vorliegen.
Aufgrund der Produktidentität zwischen den
Leistungen der
FTPX-Corporation und den für die Marke der
Beklagten
angemeldeten Warengruppen würden daher auch
geringe
Unterschiede zwischen den Zeichen nicht ins
Gewicht fallen.
2.)
Aufgrund der Eintragung der Marke der Beklagten
kann sich die
Klägerin auch nicht darauf berufen, die
Bezeichnung “Explorer” sei
ausschließlich beschreibend, da das angerufene
Gericht als
Verletzungsgericht an die Eintragungsentscheidung
gebunden ist
(Fezer, aaO, § 8 Rn 21). Ebenso scheidet eine
Anwendbarkeit des §
23 Ziffer 2 MarkenG, nach dem die Verwendung
einer rein
beschreibenden Marke ausnahmsweise zulässig ist,
keine
Anwendung. Die Vorschrift des § 23 Ziffer 2
MarkenG erlaubt zwar
die Benutzung einer beschreibenden Marke zur
Beschreibung von
Waren oder Dienstleistungen, nicht dagegen die
Benutzung im Sinne
einer Marke (Fezer, aaO, § 23 Rn 10). Die
Benennung eines
Softwareprogrammes mit “FTPX-Explorer” ist aber
nicht rein
beschreibend, sondern erfolgt markenmäßig, da das
Programm mit
“Explorer” namensmäßig bezeichnet wird.
3.)
Schließlich kann sich die Klägerin angesichts des
von ihr gestellten
Antrages auch nicht darauf berufen, sie sei für
Handlungen ihrer
Studenten nicht verantwortlich. Mit dem
gestellten Antrag begehrt die
Klägerin ausdrücklich die Feststellung, es
verletze keine Rechte der
Beklagten, wenn sie – d. h. die Klägerin selbst –
Hyperlinks mit der
Bezeichnung “FTPX-Explorer” auf Server der Uni
… oder der
FTPX-Corporation setze. Sie begehrt dagegen
nicht, festzustellen,
daß sie für Handlungen ihrer Studenten auf ihrem
Server oder ihrer
Domain nicht verantwortlich sei. Insofern
erübrigen sich Ausführungen
zu § 5 Abs. 2 TDG.
Insgesamt ist daher festzustellen, daß das Setzen
von Hyperlinks mit
“FTP-Explorer” durch die Klägerin Rechte der
Beklagten aus §§ 14,
4 MarkenG verletzen würde, so daß die negative
Feststellungsklage
der Klägerin abzuweisen war.
(…)
Gemäß § 3 ZPO war der Streitwert nach § 3 ZPO
danach zu
bemessen, welcher Anspruch mit der negativen
Feststellungsklage
abgewendet werden sollte. Im Falle negativer
Feststellungsklagen
erreicht der Streitwert die Höhe des Anspruches,
der mit der
negativen Feststellungsklage abgewehrt werden
sollte (Zöller-Herget,
ZPO, 21,. Auflg., § 3 ZPO, Rn 16
“Feststellungsklagen”).
Angesichts der seit langem eingeführten Marke und
der
kommerziellen Nutzung, z.B. durch Lizenzierung
für Microsoft, war das
Interesse der Beklagten daran, daß Hinweise auf
kostenlose
Downloadprogramme unter der Bezeichnung
“FTPX-Explorer”
unterbleiben nach Ansicht der Kammer mit
100.000,– DM
angemessen zu beurteilen.