LG Bochum: “hellweg.de”

Landgericht Bochum

Urteil vom 27. November 1997 – 14 O 152/97 – “hellweg.de”

Urteil

In dem Rechtsstreit (…) hat die 14. Zivilkammer des Landgerichts Bochum – Kammer für Handelssachen – (…) für Recht erkannt:

Unter Abweisung der Klage im übrigen wird die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, die Bezeichnungen “Hellweg” und/oder “hellweg.de” in vorstehender Form im geschäftlichen Verkehr, insbesondere als Internet-Adresse bzw. Internet-Domain zu benutzen und/oder Dritten die Benutzung zu gestatten.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, alle gegebenenfalls in Betracht kommenden und erforderlichen Willenserklärungen abzugeben, um eine Ausschreibung bzw. Übertragung der gegenwärtig zu ihren Gunsten registrierten Internet-Domains “hellweg.de” (…) auf die Klägerin zu bewirken.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 23 % die Klägerin und zu 77 % die Beklagte.

Gegen das Urteil ist Sicherheitsleistung von 92.000,– DM vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin ist Inhaberin der beim Deutschen Patentamt eingetragenen Marke Hellweg.

Sie betreibt derzeit in der Bundesrepublik – schwerpunktmäßig jedoch in Nordrhein-Westfalen – mehr als 70 Baumärkte. Auch in Österreich betreibt sie eine Schwestergesellschaft unter Herausstellung des Namens (…).

Die Klägerin behauptet, unter der Bezeichnung Hellweg, in deren Bekanntheitsgrad sie in erheblichem Maße investiert habe, in der Öffentlichkeit durch Gewerbeanzeigen und -beilagen aufzutreten.

Um auch im sogenannten “Internet” präsent zu sein, habe sie die Domain (…) beantragt und im Mai 1997 zugewiesen erhalten.

Da diese Adresse recht lang sei und damit ein Zugriff auf sie nicht so leicht möglich wie gewünscht sei, habe sie den Entschluß gefaßt, zu einem späteren Zeitpunkt unter Aufgabe ihrer bisherigen Domäne unter ihrem eingetragenen Markennamen in Erscheinung zu treten.

Anläßlich entsprechender Recherchen habe einer ihrer Mitarbeiter am 13.06.97 festgestellt, daß die Internetadresse (…) und (…) bereits durch die Beklagte reserviert gewesen seien und eine weitere Domain (…) von der Beklagten für den Kreis Soest vorgemerkt gewesen sei.

Letztere Registrierung greife sie nicht an, wohl aber die erstgenannten, die ihre Namens- und Markenrechte nachhaltig verletzten.

Sie könne von der Beklagten die Übertragung der in Rede stehenden Internet-Domains an sich fordern, da die für sie eingetragene Marke vom Verkehr als Bezeichnung und ihr Name verstanden würden.

Nachdem gegen die Beklagte die Unterlassungsverfügung vom 09.07.97 (14 O 97/97 LG Bochum) ergangen gewesen sei, sei mit der Beklagten mehrfach korrespondiert worden mit dem Ziel, sie zur Abgabe der Abschlußerklärung zu bewegen. Hierzu habe sie zwar grundsätzlich ihre Bereitschaft erklärt, dies jedoch an die Bedingung geknüpft, daß sie alle der Beklagten entstandenen Kosten übernehmen solle. Hierzu sei sie jedoch nicht bereit gewesen.

Sie habe Anspruch darauf, daß jede rechtswidrige Einwirkung auf ihr Namens- und Markenrecht durch geeignete Maßnahmen für die Zukunft beseitigt werde.

Ein nicht unerheblicher Teil der Internet-Benutzer bringe nämlich sie mit den Domains “hellweg.de” und (…) in Verbindung, da aus diesen verkürzten Bezeichnungen auf sie rückgeschlossen werde.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, die Bezeichnungen “hellweg.de” und/oder (…) in vorstehender Form oder in anderer Zusammensetzung, die auf eine Verbindung zum Gewerbe und/oder Betrieb der Klägerin schließen lassen könnte, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere als Internet-Adresse bzw. Internet-Domain zu benutzen und/oder die Benutzung Dritten zu gestatten.

2. die Beklagte zu verurteilen, alle ggf. in Betracht kommenden oder erforderlichen Willenserklärungen abzugeben, um eine Umschreibung bzw. Übertragung der gegenwärtigen zu ihren Gunsten registrierten Internet-Domains (…) auf die Klägerin zu bewirken bzw. zu ermöglichen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, daß der Klägerin die von ihr geltend gemachten Ansprüche zustünden, weil durch die Benutzung des Begriffs Hellweg keine Marken- und Namensrechte der Klägerin verletzt würden.

Der Begriff Hellweg bezeichne seit eh und je die Region zwischen Ruhrgebiet, Münsterland, Sauerland und Paderborner Land. Der Name der Region werde von Politik, Verwaltung und Wirtschaft zur Grundlage von Marketingaktivitäten gemacht.

Sie habe ihren Sitz mitten in der Hellweg-Region. Ihr stehe das gleiche Recht zur Nutzung der Bezeichnung zu wie den anderen Unternehmen der Region.

Sie habe im Rahmen eines ihr vom Kreis Soest Anfang 1996 erteilten Auftrages zur Entwicklung seiner Marketingaktivitäten im Medium Internet die Internet-Domains “hellweg.de” und (…) reservieren lassen.

Sie halte diese aufrecht und plane, über die Domains zum einen Informationen über die Region, zum anderen aber auch ein Internet-Branchenbuch über am Hellweg ansässige Unternehmen herauszugeben.

Hierfür habe sie bereits erhebliche Mittel aufgewendet.

Die Klägerin, der nicht mehr Rechte als ihr zuständen, müsse ihren durch frühere Anmeldung zeitälteren Rechten weichen.

Ihr stehe es jedoch frei, für sich Second-Level-Domains auszuwählen und zu nutzen.

Das habe sie mit den Internet-Domains (…) und (…) sowie der internationalen Top-Level-Domain (…) auch bereits getan. Dem Interesse der Klägerin an einem ausreichenden Internet-Zugang sei damit Genüge getan.

Die Klägerin habe mit ihrer Marke und ihrem Namensbestandteil keinerlei Alleinstellung erlangt. Eine Vielzahl von Firmen nutze den Namensbestandteil bzw. die Marke.

Der Unterlassungsantrag zu 1. sei nicht hinreichend bestimmt. Nachdem die Klägerin zuvor Unterlassung der Domains (…) und (…) begehrt habe, verlange sie nunmehr Unterlassung der Nutzung der Bezeichnung (…) und/oder (…) in vorstehender Form oder anderer Zusammensetzung. Das Unterlassungsbegehren sei zu unbestimmt.

Die Bezeichnung Hellweg werde von einer Vielzahl von Firmen und Körperschaften in Hunderten von Formen und Zusammensetzungen genutzt. Würde dem Antrag stattgegeben, dürften weder sie noch andere den Bestandteil Hellweg im geschäftlichen Verkehr benutzen.

Der Antrag der Klägerin gehe aber auch deswegen ins Leere, weil sie die in Rede stehenden Domains nicht in einer Art und Weise benutzt habe, die auf eine Verbindung zum Betrieb oder Gewerbe der Klägerin schließen ließe. Eine solche Nutzung sei auch nicht in Planung.

Markenrechte der Klägerin seien nie verletzt worden. Die Klägerin benutze die Marke nicht für Waren oder deren Aufmachung. Waren biete sie unter dem Namen der jeweiligen Hersteller an.

Die Nutzung der Internet-Domains “hellweg.de” und (…) wäre darüber hinaus keine kennzeichenmäßige Verwendung der Marke. Die Nutzung der Domain stelle auch nicht unbedingt eine Kennzeichnung des Rechtssubjekts dar, welches unter dieser Domain im Internet auftrete.

Selbst wenn aber die Reservierung der Domains “hellweg.de” und (…) kennzeichenmäßige Nutzung wäre, lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Markenverletzung nicht vor, weil das Geschäftsfeld der Klägerin mit ihrem keine Ähnlichkeit habe.

Kennzeichenschutz nach § 15 Abs. II MarkenG bestehe für die Klägerin nicht. Im Verkehr trete sie ausschließlich unter (…) auf. Hellweg als Alleinstellung werde in Veröffentlichungen der Klägerin nicht verwandt. Hellweg werde vom Verkehr auch nicht als die Bezeichnung des Unternehmens der Klägerin verstanden.

Auch andere Vorschriften des Markengesetzes stützen das Klagebegehren nicht, weil Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sei.

Selbst wenn man aber die Auffassung vertrete, daß der Klägerin grundsätzlich ein Schutz ihrer eingetragenen Marke zustehe, greife die Ausnahmevorschrift des § 23 MarkenG.

Ansprüche nach § 12 BGB, §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB schieden aus, weil sie voraussetzten, daß sich die Marke im Verkehr als Name des Inhabers oder des Geschäfts durchgesetzt hätten. Die Marke werde aber nicht namensmäßig benutzt. Im übrigen habe eine Internet-Domain auch keine Namensfunktion.

Aus wettbewerbsrechtlichen Tatbeständen sei der geltendgemachte Anspruch auch nicht herzuleiten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die von den Parteien überreichten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur begründet, soweit mit ihr von der Beklagten Unterlassung der Benutzung der Bezeichnungen (…) und/oder (…) im geschäftlichen Verkehr begehrt wird und darüber hinaus die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der im Tenor bezeichneten Willenserklärungen.

Der weitergehende Klageantrag zu Ziffer 1. war zurückzuweisen, weil er zu unbestimmt ist. Das zeigt sich schon darin, daß die Klägerin ausdrücklich die von der Beklagten vorgenommene Internet-Registrierung (…) nicht angreift, dann aber, wenn ihrem Klagebegehren in vollem Umfang stattgegeben würde, unter Umständen im Vollstreckungswege der Beklagten die Weiterbenutzung auch dieser Domain verboten werden könnte. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß die Benutzung genannter Domain auf eine Verbindung zum Gewerbe und/oder Betrieb der Klägerin schließen lassen könnte. Gerade auch diese unbestimmte Formulierung des Klageantrags zeigt, daß insoweit kein zweifelsfreier Urteilsausspruch erfolgen könnte. Es wäre dem Zwangsvollstreckungsverfahren überlassen, festzustellen, ob die genannte Voraussetzung erfüllt wäre oder nicht. Das aber ist nicht dessen Aufgabe.

Soweit die Klägerin Untersagung der Benutzung der Domain (…) begehrt hat, hat sie auch nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung ihr Klagebegehren im Klageantrag nicht konkretisiert.

Im übrigen ist die Klage begründet.

Die Verurteilung der Beklagten rechtfertigt sich aus § 15 Abs. 2 und Abs. 4 MarkenG. Danach kann der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung die Unterlassung der unbefugten Benutzung, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen, verlangen.

Diese Voraussetzungen erfüllt das Verhalten der Beklagten, soweit die Klägerin Unterlassung der Benutzung der Bezeichnungen “hellweg.de” und (…) von der Beklagten begehrt.

Die Klägerin führt die Firma (…). Spätestens mit deren Eintragung in das Handelsregister genießt sie mit dieser Firma Namensschutz. Dieser erstreckt sich auch auf den die Firma der Klägerin unterscheidungskräftigen prägenden Firmenbestandteil Hellweg.

Die Benutzung dieses Firmenbestandteils der Klägerin durch die Beklagte, insbesondere auch durch dessen Anmeldung zur späteren geschäftlichen Verwendung als Internet-Domain bei der zuständigen Stelle in Karlsruhe, geschieht gegen den Willen der Klägerin. Sie ist somit unbefugt. Gleichzeitig ist sie geeignet, Verwechslungen mit der geschäftlichen Bezeichnung der Klägerin hervorzurufen, weil wesentliche Teile des interessierten Publikums unter der Internet-Domain “hellweg.de” die Klägerin erwarten, tatsächlich aber demnächst auf die Beklagte als Werbeagentur oder Firmen oder Institutionen stoßen würden, für die diese tätig ist.

Daher hat die Beklagte die Benutzung der Bezeichnung “hellweg.de” oder (…) zu unterlassen.

Auf ein Freihaltebedürfnis kann sich die unter völlig anderer Firma auftretende Beklagte nicht berufen. Dem Firmenbestandteil Hellweg der Klägerin kommt eine erhebliche Unterscheidungskraft zu und genießt daher Namens- bzw. Firmenschutz. Demgegenüber müssen die geschäftlichen Interessen der Beklagten zurückstehen.

Ihr ist im übrigen, wie sie ihrerseits in bezug auf die Klägerin selbst vorträgt, nicht verwehrt, die Bezeichnung Hellweg für ihre geschäftlichen Aktivitäten zu nutzen, sofern sie diese mit unterscheidungskräftigen Zusätzen versieht. Ihre Aktivitäten sind daher in keiner Weise behindert.

Das Begehren der Klägerin kann nicht deswegen als rechtsmißbräuchlich angesehen werden, als sie unstreitig über die Internet-Domains (…) und (…) verfügt.

Schon die vorhandene Verwechslungsgefahr rechtfertigt ihr Klagebegehren. Darüber hinaus hat sie kraft ihres Namensrechts auch Anspruch darauf, im Bereich DE-NIC unter ihrem Namen als Domain eingetragen zu sein.

Das Klagebegehren scheitert entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht an der Vorschrift des § 23 MarkenG. Denn nach dieser Vorschrift hat der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, im geschäftlichen Verkehr ein mit der geschäftlichen Bezeichnung identisches Zeichen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen zu untersagen. Darum geht es hier jedoch nicht. Die Beklagte benutzt die Bezeichnung Hellweg nicht zur Bezeichnung von ihr vertriebener Waren oder angebotener Dienstleistungen. Sie benutzt nicht ihre, sondern unbefugt eine andere Firma, nämlich die der Klägerin.

Daß die Kennzeichnung einer Domain mit einem Namen auch die Benutzung dieses Namens darstellt, kann nicht zweifelhaft sein.

Nach allem kann offenbleiben, ob der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch noch nach § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG oder §§ 12, 823, 1004 BGB begründet ist. Die hierzu angestellten Erwägungen der Beklagten bedürfen daher keiner Erörterung und zwar auch insoweit nicht, als die Beklagte die kennzeichenmäßige Nutzung der Marke Hellweg bestreitet.

Dem Klageantrag zu 2. war stattgegeben. Die Klägerin hat Anspruch darauf, die rechtswidrige Einwirkung auf ihr Namensrecht durch geeignete Maßnahme für die Zukunft beseitigt zu sehen (Palandt, 56. Aufl., § 12 Rdnr. 33). Das kann auch in der beantragten Weise geschehen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 92, 709 ZPO.