LG Berlin: Internet Apotheke III

LG Berlin
Urteil vom 07.11.2000

103 O 192/00

Internet-Apotheke

EGV Art. 28; UWG §§ 1, 3; AMG §§ 43 I, 73 II Nr.
6a; HWG § 8 II

Leitsatz der Redaktion

1. Die Ausnahmevorschrift des § 73 II Nr. 6 a AMG
deckt als Ausnahmevorschrift zu § 43 I AMG die Bestellung
von Arzneimitteln im World-Wide-Web, wenn diese Arzneimittel
über ein Bestellformular geordert werden können, so daß der
Betrieb einer derartigen Internetapotheke nicht als gegen
diese Norm verstoßend untersagt werden kann (Widerspruch zu
LG Frankfurt, LG Frankfurt a.M.
Urteil vom 09.11.2000, 2/3 O 366/00 – Deeplink
bitte einfügen).

2. Ein Verstoß gegen das Tatbestandsmerkmal des §
73 II Nr. 6 a AMG “ohne gewerbs- und berufsmäßige
Vermittlung” kann bei
gemeinschaftsrechtskonformer enger Auslegung des
Begriffes der
“Vermittlung” nicht angenommen werden. Eine weite
Auslegung des Begriffes
“Vermittlung” würde die durch Art. 28 EGV
garantierte
Warenverkehrsfreiheit unangemessen
eingeschränken.

3. Auch verstößt der Betrieb einer
Internet-Apotheke via Bestellformular im World-Wide-Web
nicht gegen § 8 II 2. Alt.
HWG. Vielmehr sind die im
Bestellformular enthaltenen Angaben für den
Betrieb eines
Internet-Versandhandels unerläßlich, da eine
Internetapotheke sonst überhaupt nicht betrieben werden
kann. Unter solchen Umständen würde das Werbeverbot
des § 8 II HWG eine
Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung
i.S.d. Art 28 EGV darstellen und somit gegen Europäisches
Gemeinschaftsrecht verstoßen.

Tatbestand

Der Antragsteller ist ein eingetragener Verein,
zu dessen
satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der
gewerblichen
Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die
Achtung darauf
gehört, daß die Regeln des lauteren Wettbewerbs
eingehalten
werden. Zu den Mitgliedern des Antragstellers
gehören u.a. 60
Unternehmen, die pharmazeutische Produkte
herstellen oder
vertreiben sowie drei Innungen und zehn
Fachverbände der
Wirtschaft. Der Antragsgegner ist
niederländischer Apotheker. Er ist
Inhaber der Internet-Domain “0800Doc.Morris.com”
und betreibt
unter dieser domain eine Internetapotheke. Es
handelt sich hierbei
um eine Apotheke, die einschließlich ihres
Internetauftritts nach
niederländischem Recht durch einen von der
niederländischen
“Gesundheitsbehörde” gestellten Inspektor
abgenommen wurde.
Neben dem Verkauf von Arzneimitteln über die
Theke agiert die
Apotheke auch über das Internet. Die Kunden
können sich über die
Internetadresse über Arzneimittel informieren,
Fragen an
Pharmazeuten stellen und sowohl
verschreibungspflichtige, als auch
freiverkäufliche Arzneimittel bestellen. Die
individuelle Bestellung wird
– gegebenenfalls nach Einsendung des
entsprechenden ärztlichen
Rezeptes – von den Niederlanden aus per Boten
oder Post an den
Besteller verschickt, wobei darauf geachtet wird,
dass nur die für den
persönlichen Bedarf üblichen Mengen bezogen
werden. Das
Internetangebot ist auch in deutscher Sprache
abrufbar. Die
Zulassung der Arzneimittel richtet sich nach
niederländischem Recht.
Hinsichtlich der Verschreibungspflicht wird bei
unterschiedlicher
Regelung in den Niederlanden und dem
Empfangsstaat die jeweils
strengere Regel zugrunde gelegt. Eine persönliche
Beratung kann
der Patient per E-mail oder telefonisch einholen.
Zur Beantwortung
allgemeiner Fragen zur Gesundheit oder zu
Arzneimitteln stehen drei
approbierte Apotheker, eine Ärztin und
pharmazeutisch-technische
Assistenten zur Verfügung.

Der Antragsteller ist der Ansicht, die
Internetaktivitäten des
Antragsgegners stellten einen Versandhandel von
Arzneimitteln dar
und verstießen gegen § 43 Abs. 1 AMG. Ferner
verstoße das
Geschäftsgebaren des Antragsgegners gegen das
Werbeverbot
nach § 8 Abs. 1 HWG. Der Verstoß gegen diese
Vorschrift sei
zugleich eine Verletzung von § 1 UWG.

Der Antragsteller beantragt,

den Erlaß einer einstweiligen Verfügung
dahin, dem
Antragsgegner bei Vermeidung eines vom
Gericht für
jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung
festzusetzenden
Ordnungsgeldes bis 500.000,- DM, ersatzweise
Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu
sechs
Monaten, zu untersagen, im geschäftlichen
Verkehr
apothekenpflichtige Arzneimittel
a) für den Endverbrauch im Wege des Versandes
in den
Verkehr zu bringen,
b) für den Bezug im Wege des Versandhandels
durch
den letzten Verbraucher zu bewerben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung
abzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, sein Handeln
sei erlaubt. Wegen
des grenzüberschreitenden Bezugs des
zugrundeliegenden
Sachverhalts sei europäisches Gemeinschaftsrecht
anwendbar, so
daß die einschlägigen Vorschriften des AMG und
des HWG
gemeinschaftsrechtskonform auszulegen seien. Er
meint, seine
Tätigkeit sei zwar grundsätzlich von dem
Verbotstatbestand des §
43.Abs. 1 AMG erfaßt, falle jedoch unter die
Ausnahmeregelung des
§ 73 Abs. 2 Nr. 6a AMG und sei aus diesem Grunde
zulässig. Auch
gegen die Vorschriften des HWG habe er nicht
verstoßen,
insbesondere nicht gegen § 8 Abs. 2 Alt. 2 HWG,
da sein Verhalten
nicht unter den Werbebegriff dieser Norm falle.

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung ist zulässig.

Die internationale Zuständigkeit des Gerichts
folgt aus Art. 5 Nr. 3
EuGVÜ. Der Antragsteller ist auch nach ständiger
Rechtsprechung im
Bereich des Handels mit Arzneimitteln gem. § 13
II Nr. 2 UWG
prozeßführungsbefugt.

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung ist jedoch
mangels Verfügungsanspruch unbegründet.

Der Antragsteller kann sein Begehren weder auf
den
Unterlassungsanspruch aus § 1 noch auf § 3 UWG
stützen.

Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs gemäß § 1
UWG fehlt es an
einer sittenwidrigen Wettbewerbshandlung im Sinne
dieses
Paragraphen. Das Verhalten des Antragsgegners
stellt zwar eine
Handlung im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs
dar, ist aber nicht sittenwidrig gemäß § 1 UWG.
Sittenwidrig in
diesem Sinne sind u.a. Handlungen, die gegen
Vorschriften
verstoßen, die eine sittliche Anschauung zum
Ausdruck bringen. Von
dem Verhalten des Antragsgegners tangiert werden
Vorschriften des
AMG und des HWG. Diese beinhalten zwar
anerkanntermaßen auch
sittliche Anschauungen, jedoch verstößt das
Verhalten des
Antragsgegners entgegen der Ansicht des
Antragstellers gegen
keines dieser beiden Gesetze.

In Betracht käme hinsichtlich des AMG nur ein
Verstoß gegen § 43 I
dieses Gesetzes. § 43 I AMG untersagt den Handel
mit
apothekenpflichtigen Arzneimitteln außerhalb der
Räumlichkeiten
einer Apotheke. Die Lieferung der bestellten
Arzneimittel an den
Besteller per Boten oder auf dem Postweg ist als
Versandhandel
anzusehen und fällt damit grundsätzlich in den
Anwendungsbereich
des § 43 I AMG. Jedoch kann der Antragsgegner
sein Verhalten auf
die Ausnahmevorschrift des § 73 II Nr. 6a AMG
stützen. Danach
dürfen zulassungspflichtige Arzneimittel von
deutschen
Endverbrauchern aus anderen Mitgliedstaaten der
EU bezogen
werden, wenn diese Arzneimittel im Herkunftsland
in Verkehr
gebracht werden dürfen und ohne gewerbs- oder
berufsmäßige
Vermittlung in einer dem üblichen persönlichen
Bedarfentsprechenden Menge an den Verbraucher
abgegeben
werden. Ausdrücklich regelt diese Vorschrift nur
den Bezug von
Arzneimitteln aus einem anderen Mitgliedstaat. In
Abgrenzung zu §
73 II Nr. 6 AMG, der die Einfuhr im Wege des
Mitführens betrifft,
regelt § 73 II Nr. 6 a AMG, die Einfuhr bzw. den
Bezug von
Arzneimitteln auf dem Versandweg. Da die Regelung
des § 73 II Nr. 6
a AMG jedoch nur dann einen Sinn hat, wenn im
Fall eines zulässigen
Bezuges über den Versandweg gemäß dieser
Vorschrift auch
umgekehrt der Versand zulässig ist, ist die
Regelung des. § 73 II Nr.
6 a AMG dahingehend zu verstehen, daß die
Erlaubnis des Bezuges
auf dem Versandweg auch die Erlaubnis des
Versands selbst
mitumfaßt. Die Voraussetzungen des
Erlaubnistatbestandes gemäß
§ 73 II Nr. 6a AMG sind gegeben. Unstreitig sind
die von dem
Beklagten vertriebenen Arzneimittel in den
Niederlanden zugelassen,
also rechtmäßig i.S.d. § 73 II Nr. 6a AMG im
Herkunftsland, einem
Mitgliedsstaat der EU, in Verkehr gebracht. Diese
Arzneimittel
werden vom deutschen Endverbraucher über das
Internet “bezogen”.
Die Arzneimittel werden auch in dem üblichen
persönlichen Bedarf
entsprechenden Mengen abgegeben. Auch erfolgt
dies ohne eine
berufs- und gewerbsmäßige Vermittlung. Zwar
handelt der
Antragsgegner berufs- und gewerbsmäßig. Jedoch
fehlt es an einer
Vermittlung. Der Begriff “Vermittlung” beinhaltet
seinem Wortsinn
nach das Einschalten eines Dritten, der zwischen
zwei Parteien
vermittelt. Diese Auslegung des Begriffs
“Vermittlung” birgt zwar die
Gefahr, daß der Ausnahmecharakter der Einfuhr
gemäß § 73 II Nr. 6a
AMG verloren geht, da nach dieser Auslegung der
Versandhandel
von Arzneimitteln aus Apotheken in anderen
Mitgliedstaaten
grundsätzlich erlaubt wäre. Eine weite Auslegung
des Begriffs
“berufs- oder gewerbsmäßige Vermittlung”
dahingehend, daß der
gewerbliche Versandhandel insgesamt erfaßt und
von dem
Erlaubnistatbestand des § 73 II Nr. 6a AMG
ausgeschlossen wird, ist
jedoch mit der durch Art. 28 EGV garantierten
Warenverkehrsfreiheit
unvereinbar. Ein solches Verbot des gewerblichen
Versandhandels
mit Arzneimitteln aus Apotheken des europäischen
Auslandes an
Endverbraucher in Deutschland beträfe den
zwischenstaatlichen
Handel mit Waren, so daß Art. 28 grundsätzlich
anwendbar ist.

Ein Versandverbot wäre auch als eine Maßnahme
gleicher Wirkung
wie eine mengenmäßige Beschränkung anzusehen.
Nach ständiger
Rechtsprechung des EuGH seit seiner Entscheidung
“Dassonville”
(EuGH, Slg. 1974, 837 Rn. 5) ist jede staatliche
Maßnahme, die
geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel
unmittelbar oder
mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu
behindern als Maßnahme
gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige
Beschränkung anzusehen.
Das streitige Versandverbot würde den
grenzüberschreitenden
Handel mit Arzneimitteln nach Deutschland für
Apotheken in anderen
Mitgliedstaaten nahezu unmöglich machen, daher
liegt eine
Maßnahme gleicher Wirkung i.S.d. Art. 28 EGV vor.
Die durch den
EuGH in seinem Urteil Keck und Mithouard
vorgenommene
Einschränkung des Anwendungsbereichs des Art. 28
EGV für
nationale Vorschriften, die bestimmte
Verkaufsmodalitäten betreffen,
ist hier nicht einschlägig. Zwar ist ein Verbot
des gewerblichen
Versandhandels mit Arzneimitteln keine
produktbezogene
Maßnahme, sondern betrifft nur eine Form des
Vertriebes und ist
somit lediglich eine Verkaufsmodalität. Die
Keck-Rechtsprechung
nimmt jedoch nur bestimmte Verkaufsmodalitäten
aus dem Anwendungsbereich des Art. 28 EGV heraus. Nicht
ausgenommen
werden Maßnahmen, die den Marktzugang betreffen.
Ein generelles
Verbot des gewerblichen Versandhandels mit
Arzneimitteln würde
den Zugang von Arzneimitteln aus ausländischen
Apotheken zum
deutschen Markt erheblich tangieren, da der
Zugang quasi unmöglich
würde. Ein solcher Verstoß gegen Art. 28 EGV
ließe sich auch nicht
durch den Schutz der Gesundheit und des Lebens
von Menschen
gemäß Art. 30 EGV oder aus sonstigen Gründen
rechtfertigen. Zwar
könnte Art. 30 EGV grundsätzlich zur
Rechtfertigung herangezogen
werden, da auf dem Gebiet der Herstellung und
Abgabe von
Arzneimitteln die Harmonisierung wohl weit
fortgeschritten, jedoch
noch nicht abgeschlossen ist. Ein Verbot, das zur
grundsätzlichen
Unzulässigkeit der Einfuhr von Arzneimitteln für
Private auf dem
Versandweg führt, wäre aber gemäß Art. 30 EGV nur
dann
gerechtfertigt, wenn es zum wirksamen Schutz von
Gesundheit und
Leben des Menschen notwendig, d.h. geeignet,
erforderlich und
angemessen wäre. An dieser Notwendigkeit fehlt es
hier. Der Schutz
der Gesundheit kann bei dem Versand von
Arzneimitteln aus
Apotheken im europäischen Ausland ebenso gut
gewährleistet
werden, wie bei dem Verkauf innerhalb der
Räumlichkeiten einer
deutschen Apotheke.

Daß der Bezug von Arzneimitteln in anderen
europäischen
Mitgliedstaaten keine besondere Gefährdung der
Gesundheit des
Endverbrauchers verursacht, hat der EuGH in
seinem Urteil
“Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland” vom
08.April
1992 (Slg. der Rechtsprechung 1992, Seite I-2575)
bereits
entschieden. Diesem Urteil zufolge ist davon
auszugehen, dass die
Verschreibung eines Arzneimittels und sein Kauf
in einer Apotheke in
einem anderen Mitgliedstaat Garantien bietet, die
denen gleichwertig
sind, die auf der Verschreibung des Arzneimittels
durch einen Arzt
und seinen Verkauf durch eine Apotheke in dem
Mitgliedstaat, in den
das Arzneimittel eingeführt wird, beruhen. Dieser
Schluß beruht auf
der Erwägung, daß sowohl die Voraussetzungen für
den Zugang zum
Arzt- und Apothekerberuf sowie die Modalitäten
ihrer Ausübung, als
auch das Genehmigungserfordernis für das
Inverkehrbringen von
Arzneimitteln in Gemeinschaftsrichtlinien
geregelt sind (Richtlinien
89/341/EWG, 75/362/EWG, 75/363/EWG, 85/432/EWG
und
85/433/EWG). Die Anwendung des Arzneimittels
könne
gegebenenfalls durch einen im
Einfuhrmitgliedstaat
niedergelassenen Arzt oder Apotheker kontrolliert
werden, gleiches
gelte hinsichtlich der Abfassung der
Etikettierung oder der
Packungsbeilage in einer anderen Sprache als der
des Patienten.
Was den Versandhandel von Arzneimitteln als
solchen betrifft, so soll
das deutsche Versandhandelsverbot sicherstellen,
daß dem
Endverbraucher beim Kauf von Arzneimitteln die
persönliche
Beratung durch einen Apotheker zur Verfügung
steht.

Eine Beratung durch den Apotheker kann jedoch
auch im Rahmen
eines Versandhandels sicher gestellt werden,
beispielsweise durch
die Möglichkeit der Endverbraucher, schriftlich,
telefonisch oder per
E-mail Fragen an einen Apotheker zu stellen. Auch
die Sicherstellung
der Rezeptpflicht kann bei einem
Arzneimittelversand gewährleistet
werden, indem zum Beispiel rezeptpflichtige
Arzneimittel nur nach
Vorlage einer entsprechenden ärztlichen
Verschreibung versandt
werden. Da der Gesundheitsschutz folglich auch
ebenso gut durch
entsprechende Auflagen gesichert werden kann und
diese Auflagen
den innergemeinschaftlichen Handel weniger
beschränken als ein
allgemeines Verbot der Einfuhr von Arzneimitteln
auf dem
Versandweg, ist es nicht notwendig, den Apotheken
den Versand von
Arzneimitteln nach Deutschland generell zu
verbieten.

Somit ist der Begriff der “Vermittlung” nach
gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung eng zu
verstehen. Eine
Vermittlung in diesem engen Sinn liegt hier nicht
vor. Der Verkauf und
Versand der Arzneimittel erfolgt direkt zwischen
Apotheke und
Besteller ohne daß ein Dritter zwischen den
Parteien vermittelt.

Der von dem Antragsgegner betriebene Versand von
Arzneimitteln
ist also von der Ausnahmeregelung des § 73 II Nr.
6a AMG erfaßt und
somit zulässig.

Das Verhalten des Antragsgegners verstößt auch
nicht gegen die
Vorschriften des HWG. Gemäß § 8 II 2. Alt. HWG
ist es unzulässig, für
den Bezug von zulassungspflichtigen Arzneimitteln
im Wege der
Einzeleinfuhr nach § 73 II Nr. 6a AMG zu werben.
Die Internetseite der
Apotheke, auf der im Rahmen eines
Bestellformulars Angaben zu
Preisen und Produkten gemacht werden, fällt
jedoch nicht unter den
Verbotstatbestand des § 8 II HWG.

Zwar sind unter “Werbung für Arzneimittel” nach
der Richtlinie
92/28/EWG über die Werbung für Humanarzneimittel,
auf deren
Vorgaben das HWG beruht, grundsätzlich alle
Maßnahmen zur
Information., Marktuntersuchung und Schaffung von
Anreizen zu
verstehen, die das Ziel haben, die Verschreibung,
die Abgabe, den
Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu
fördern. Bei der
Beurteilung der Frage, ob das
online-Bestellformular der
Internetapotheke eine gemäß § 8 II HWG
unzulässige Werbung
darstellt, ist jedoch zu berücksichtigen, daß ein
solches
online-Bestellformular bzw. die darin enthaltenen
Informationen
unerlässlich sind, um einen
Internet-Versandhandel überhaupt
betreiben zu können. Die Untersagung dieser
Präsentationsform
aufgrund von § 8 II HWG hätte zur Folge, daß der
Versandhandel von
Arzneimitteln über das Internet insgesamt
faktisch unmöglich
gemacht würde. Dieses Ergebnis ist mit Art. 28
EGV nicht vereinbar.
Das Werbeverbot des § 8 II HWG wäre unter diesen
Umständen als
Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung i.S.d. Art. 28. EGV
anzusehen. Eine Ausnahme
des Werbeverbots aus dem Anwendungsbereich des
Art. 28 EGV
i.S.d. der Keck-Rechtsprechung des EuGH käme
bereits deswegen
nicht in Betracht, weil § 8 II 2.Alt. HWG
spezifisch die Einfuhr von in
Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln
beschränkt und damit
in- und ausländische Arzneimittel nicht in der
gleichen Weise berührt
(so auch der EuGH in seinem Urteil vom 10.
November 1994,.s.u.).
Eine solche Beschränkung des freien Warenverkehrs
wäre auch nicht
gemäß Art. 30 EGV aus Gründen des
Gesundheitsschutzes
gerechtfertigt. Zwar ist Art. 30 EGV im Bereich
der Heilmittelwerbung
insoweit anwendbar, als dieser Bereich noch nicht
abschließend
harmonisiert ist. Dies ist v.a. hinsichtlich der
Arzneimittelzulassung
der Fall. Eine Rechtfertigung nach Art. 30 EGV
kommt jedoch nur
dann in Betracht, wenn das Werbeverbot zur
Gewährleistung des
Gesundheitsschutzes notwendig ist, also ohne
dieses Verbot nicht
genauso effektiv gewährleistet werden könnte.
Dies wäre gemäß
dem Urteil des EUGH vom 10.November 1994 (Slg.
Der
Rechtsprechung 1994, Seite I-5243) dann der Fall,
wenn das
Werbeverbot für die Wirksamkeit der nationalen
Zulassungsregelung
erforderlich ist, d.h. das nationale
Zulassungssystem ansonsten
untergraben werden würde. Hinsichtlich der Frage,
ob das nationale
Zulassungssystem untergraben bzw. systematisch
umgangen wird,
kommt es nicht auf die Häufigkeit an, mit der von
der
Einzelbezugsregelung des § 73 II Nr. 6a AMG
Gebrauch gemacht
wird, da die Häufung von grenzüberschreitenden
Transaktionen in der
Herstellung des Binnenmarktes angelegt ist.
Ausschlaggebend ist
vielmehr, ob der Bezug auf Mengen, die auf den
persönlichen Bedarf
zugeschnitten sind, beschränkt ist. Diese
Beschränkung kann, wie
bereits dargestellt auch im Rahmen des
(Internet-)Versandhandels
gewährleistet werden. Ein Werbeverbot ist hierzu
nicht erforderlich.
Folglich wäre ein solcher Eingriff in die
Warenverkehrsfreiheit nicht
gerechtfertigt. Somit ist der Verbotstatbestand
des § 8 II HWG
dahingehend zu reduzieren, daß für den
Geschäftsabschluß
notwendige Präsentationsformen wie
Online-Bestellformulare vom
Werbebegriff des § 8 II HWG auszunehmen sind.

Die Regelung des § 3a HWG tritt hinsichtlich der
Bewerbung des
Einzelbezugs von in Deutschland nicht
zugelassenen Arzneimitteln als
lex generalis hinter der Regelung des § 8 II 2.
Alt. HWG zurück.

Tatsachen, die eine irreführende Werbung i.S.d. §
3 UWG begründen
könnten, wurden nicht dargetan.

Da der Antragsteller somit jedenfalls keinen
Verfügungsanspruch hat,
kann dahin gestellt bleiben, ob ein
Verfügungsgrund gegeben wäre.

Die prozessualen Nebenentscheidungen. folgen aus
§§ 91 I, 708 Nr
6, 711 ZPO.