im Namen des Volkes
Urteil
1. Kläger zu 1)
2. Kläger zu 2)
3. Kläger zu 3)
– Kläger –
PV.: RAe XY
g e g e n
1. Beklagter zu 1)
2. Beklagter zu 2)
– Beklagte
w e g e n Unterlassung
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Heilbronn
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht X
– als Vorsitzender –
Richter am Landgericht Y
Richter am Landgericht Z
– als beisitzende Richter –
für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen je zu einem Drittel die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar, die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
Streitwert: 12.000,00 DM
Tatbestand:
Die Parteien betreiben jeweils Rechtsanwaltskanzleien im Raum Schwäbisch Hall.
Im örtlichen Fernsprechverzeichnis für Schwäbisch Hall und Umgebung, Ausgabe 1999/2000, werben Anwälte aus diesem Bereich – darunter auch die Prozeßparteien – auf einer Doppelseite für sich. Der Werbung vorangestellt ist auf jeder Seite der Spruch “für Ihr gutes RECHT” unter Hinzufügung jeweils einer im Gleichgewicht befindlichen Waage (Anlage K 1).
Die Kläger beanstanden die Werbung der Beklagten im örtlichen Fernsprechbuch, weil diese in ihrer Anzeige als Kopfleiste den Spruch “Alles was Recht ist!” führen. Die Kläger meinen, diese Werbung sei sittenwidrig, weil sie gegen das Berufsrecht der Rechtsanwälte (§ 43 b BRAO) verstoßen so daß die Beklagten nach § 1 UWG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könnten.
Es handele sich um eine Selbstanpreisung der Beklagten ohne jeden Informationswert, es werde auf reklamehafte und marktschreierische Weise geworben und dem rechtssuchenden Publikum suggeriert, daß gerade die Beklagten geeignet seien, dessen rechtliche Interessen zu vertreten. Es handele sich um eine unzulässige, weil unsachliche Qualitätswerbung.
Die Beklagten seien daher verpflichtet, zu Wettbewerbszwecken die Aussage “Alles was Recht ist!” nicht mehr zu verwenden.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 500.000,– DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, zu untersagen, in Telefonbüchern oder sonstigen Werbeanzeigen zu Wettbewerbszwecken für die von ihnen betriebene Rechtsanwaltskanzlei die Aussage “Alles was Recht ist!” zu verwenden.
Die Beklagten beantragen
Klagabweisung.
Sie sehen in der beanstandeten Werbung keinen Verstoß gegen die guten Sitten im Allgemeinen oder das rechtsanwaltliche Berufsrecht im Besonderen.
Die gerügte Anzeige sei eine der unauffälligsten in den Werbeseiten des Telefonbuchs und die Kläger benutzten in ihrer – doppelt so großen – Werbeanzeige selbst ein auffälliges Logo. Bei der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten stehe die berufsbezogene Aussage im Vordergrund. Durch die “griffige Überschrift” würden berufsbezogene Informationen dahin angebracht, daß die Kanzlei der Beklagten Ansprechpartner in allen Rechtsfragen sein möchte. Es werde kein Vergleich zu anderen Kanzleien gezogen und auch keine selbst anpreisende Qualitätswerbung betrieben.
Allerdings gehe es den Beklagten – wie allen mittels Anzeigen werbenden Berufskollegen – darum, sich von der Werbung der anderen Berufskollegen abzuheben; die Kläger hätten dies auf der selben Seite des Telefonbuchs durch ein grafisch gestaltetes Logo versucht, die Beklagten durch die streitgegenständliche Überschrift.
Mangels Verstoßes der Beklagten gegen das Anwaltsberufsrecht sei die Klage unbegründet.
Hinsichtlich näherer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Klage ist zulässig, sie erweist sich jedoch als unbegründet. Die von den Klägern gerügte Werbeaussage der Beklagten verstößt nämlich nicht gegen § 43 b BRAO; ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG ist nicht gegeben.
Es handelt sich bei der streitgegenständlichen Werbung der Beklagten nicht um eine Einzelwerbung in einer Zeitung oder auf Flugblättern, sondern um eine zusammengefaßte gemeinsame Werbung der Rechtsanwälte aus dem Raum Schwäbisch Hall. Im Rahmen dieser gemeinsamen Telefonbuch-Werbung der Rechtsanwälte aus dieser Region unter der herausgehobenen Überschrift “Für Ihr gutes RECHT” fällt der Zusatz in der Werbung der Beklagten “Alles was Recht ist!” nicht auf und ist jedenfalls in diesem Zusammenhang nicht “marktschreierisch” und unangemessen im Sinne des § 43 b BRAGO.
Die von den Beklagten in deren Werbung aufgeführte Redensart ist inhaltlich vergleichbar mit der die gesamte Werbung der Rechtsanwälte einleitenden und darüber hinaus beherrschend gestalteten Überschrift “Für Ihr gutes RECHT”. Auch andere Mitbewerber in der streitgegenständlichen Telefonbuchwerbung benutzen offenbar als Blickfang auffallende und über den notwendigen Text hinausgehende Zusätze: So verwendet ein Büro auf der linken Seite seiner Anzeige einen überdimensionalen Paragraphen und die Kläger plazieren an auffallender Stelle im Kopf ihrer Anzeige eine Buchstabenkombination vor einem diese überragenden Paragraphen.
Aus dem Werbezusatz der Beklagten ist eine Aussage dahin, die damit werbende Kanzlei sei besser oder fachkundiger als die Wettbewerber, bei unbefangener Betrachtungsweise nicht zu erkennen.
Die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen (Anwaltsblatt 1999, 557 ff.), in der die Aussage “Alles was Recht ist” als marktschreierische und damit unzulässige Werbung angesehen wurde, ist hier nicht einschlägig. Sie betrifft nämlich eine völlig andere Ausgangslage: Dort hatte ein Rechtsanwalt den streitgegenständlichen Spruch, verbunden mit seinem konkreten Dienstleistungsangebot, auf sämtlichen für Werbezwecke überhaupt nur geeigneten Außenflächen eines Linienomnibusses in einer Großstadt anbringen lassen; diese optische Werbung erschien nach Maß und Form unangemessen und marktschreierisch, insbesondere aber im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme sämtlicher für Werbezwecke Überhaupt nur geeigneter Außenflächen eines im Stadtverkehr eingesetzten Linienomnibusses. Schon von den äußeren Umständen her ist der streitgegenständliche Werbezusatz der Beklagten mit der dortigen Werbung eines einzelnen Rechtsanwalts nicht vergleichbar.
Im Rahmen der gemeinschaftlichen Werbung von Rechtsanwälten aus dem Raum Schwäbisch Hall und Umgebung im regionalen Fernsprechbuch unter der gemeinsamen und auffällig gestalteten Überschrift “Für Ihr gutes RECHT” verstößt der streitgegenständliche Werbezusatz weder inhaltlich noch seiner konkreten Gestaltung nach gegen § 43 b BRAO und ist auch eine Verletzung anderer einschlägiger Bestimmungen nicht ersichtlich.
Der von den Klägern geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG steht diesem nicht zu. Die Klage ist als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO und § 100 Abs. 1 ZPO.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Unterschrift X, Y und Z