EuGH: Markenrecht Canon./.MGG

Art. 4 Richtlinie 89/104 EWG;

EuGH, Urteil vom 29. 09. 1998

Az.: Rs C-39/97 – (Canon KabushikiKaisha ./. Metro Goldwyn-mayer Inc.)

1. Art. 4 I lit. b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaatenüber die Marken ist dahin auszulegen, daß die Kennzeichnungskraftder prioritätsälteren Marke, insbesondere ihre Bekanntheit, bei derBeurteilung zu berücksichtigen ist, ob die Ähnlichkeit zwischen dendurch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungenausreicht, um eine Verwechslungsgefahr herbeizuführen.

2. Eine Verwechslungsgefahr i. S. von Art. 4 lit. b Richtlinie 89/104/EWGkann auch dann bestehen, wenn für das Publikum die betreffendenWaren oder Dienstleistungen an unterschiedlichen Orten hergestelltoder erbracht werden. Dagegen ist das Bestehen einer solchen Gefahrausgeschlossen, wenn sich nicht ergibt, daß das Publikum glaubenkönnte, daß die betreffenden Waren oder Erzeugnissen ausdemselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlichmiteinander verbundenen Unternehmen stammen.

Aus dem Tatbestand:

Der BGH hat dem Gerichtshof gem. Art. 177 EVG eine Frage nach derAuslegung des Art. 4 lit. b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten überdie Marken (AblEG 1989 Nr. l L 40, S. 1; im folgenden: Richtlinie) zurVorabentscheidung vorgelegt. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreitzwischen der japanischen Firma Canon Kabushiki Kaisha (im folgenden:CKK) und der amerikanischen Metro-Goldwyn-Mayer Inc.,vormals PatheCommunications Corporation (im folgenden: MGM), im Anschluß an die vonPathe 1986 in Deutschland eingereichte Anmeldung des Wortzeichens”CANNON” für folgende Waren und Dienstleistungen: “Auf Videokassettenaufgezeichnete Filme (Videofilmkassetten); Produktion, Verleih undVorführung von Filmen für Lichtspieltheater und Fernsehanstalten”. UnterBerufung auf § 5 IV Nr. 1 WZG (ehemaliges Gesetz über Marken) hat CKKdiesem Antrag beim Deutschen Patentamt mit der Begründungwidersprochen, daß es mit ihrem prioritätsälteren Wortzeichen “Canon”kollidiere, das in Deutschland u.a. für folgende Waren eingetragen ist: “Steh-und Laufbildkameras und -projektoren; Fernsehaufnahme- undFernsehaufzeichnungsgeräte, Fernsehübertragungsgeräte,Fernsehempfangs- und -wiedergabegeräte, einschließlich Band- undPlattengeräte für Fernsehaufnahme und -wiedergabe”. Der Erstprüfer desDeutschen Patentamts hat die zeichenrechtliche Übereinstimmungangenommen und die Eintragung daher mit der Begründung versagt, daß diebeiderseitigen Waren und Dienstleistungen i. S. von § 5 IV Nr. 1 WZGgleichartig seien. Der Erinnerungsprüfer hat diesen Beschluß aufgehoben undden Widerspruch wegen fehlender Gleichartigkeit zurückgewiesen. DieBeschwerde von CKK gegen die letztgenannte Entscheidung hat das BPatGzurückgewiesen; dabei hat es die Gleichartigkeit der betroffenen Waren undDienstleistungen i. S. von § 5 IV Nr. 1 WZG verneint. Eine Gleichartigkeitkönne nur angenommen werden, wenn die Waren oder Dienstleistungen ihrerwirtschaftlichen Bedeutung und Verwendungsweise nach, insbesonderehinsichtlich ihrer regelmäßigen Fabrikations- und Verkaufsstätten, so engeBerührungspunkte aufwiesen, daß beim Durchschnittskäufer die Meinungaufkommen könnte, sie stammten aus dem gleichen Geschäftsbetrieb, sofernübereinstimmende oder vermeintlich übereinstimmende Kennzeichnungenverwendet würden. Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. CKK hat gegenden Beschluß des BPatG Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt. In seinemVorlagebeschluß stellt der BGH vorab fest, daß über die bei ihm anhängigeSache auf der Grundlage des Markengesetzes (am 01.01.1995 in Kraftgetretenes neues deutsches Gesetz über Marken) zu entscheiden sei, durchdas die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt worden sei und dessen § 9 INr. 2 Art. 4 I lit. b Richtlinie entspreche. Die letztgenannte Vorschrift siehtfolgendes vor:

Art. 4. (1) Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegtim Falle der Eintragung der Ungültigkeitserklärung. … b) wenn wegen ihrerIdentität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oderÄhnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oderDienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht,die die Gefahr einschließt, daß die Marke mit der älteren Marke gedanklich inVerbindung gebracht wird.

Um den Zusammenhang und die Bedeutung der Vorlagefrage deutlich werdenzu lassen, trifft der BGH dann folgende Feststellungen: (a) Im vorliegendenFall seien die beiden Zeichen “CANNON” und “Canon” klanglich identisch unddas Zeichen “Canon” sei eine bekannte Marke; des weiteren stammten – wiedas BPatG festgestellt habe – nach der Verkehrsauffassung “aufVideobandkassetten aufgezeichnete Filme (Videofilmkassetten)” und”Aufnahme- und Wiedergabegeräte für Videobänder (Videorecorder)” nichtaus demselben Herstellerbetrieb. (b) Das BPatG habe für seienEntscheidung, den Grundsätzen des WZG folgend, weder der Identität derZeichen noch der Bekanntheit des Widerspruchszeichens Bedeutungbeigemessen. (c) Da nunmehr das Markengesetz anzuwenden sei, sei zubestimmen, welche Kriterien zur Auslegung des Begriffs der “Ähnlichkeit derdurch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungen” i. S. des Art.4 I lit.b Richtlinie Geltung hätten. (d) Lasse man im Streitfall bei derBeurteilung der Verwechslungsgefahr die Bekanntheit der prioritätsälterenMarke mangels Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren oderDienstleistungen außer Betracht, so könne die Rechtsbeschwerde derWidersprechenden auf der Grundlage der vom BPatG getroffenenFeststellungen keinen Erfolg haben. (e) Denkbar sei jedoch ein Verständnisvon Art. 4 I lit.b Richtlinie, wonach die Bekanntheit der prioritätsälteren Markenicht nur geeignet sei, die der Marke als solche innewohnendeKennzeichnungskraft zu stärken, sondern auch dazu führen könne, bei derBeurteilung der Ähnlichkeit der von den Zeichen erfaßten Waren undDienstleistungen die Vorstellung des angesprochenen Verkehrs über derenHerkunftsstätte unberücksichtigt zu lassen. (f) Nach dem Schrifttum könne esveranlaßt sein, bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr i. S. desMarkengesetzes die Warenähnlichkeit dergestalt in eine Wechselbeziehungzum Ähnlichkeitsgrad der beteiligten Zeichen und der Kennzeichnungskraftder zu schützenden Marke zu stellen, daß die Warenähnlichkeit um sogeringer sein könne, je näher sich die Zeichen stünden und je stärker dieKennzeichnungskraft der schutzsuchenden Marke sich darstelle.Schließlich stellt der BGH fest, die praktische Bedeutung, die die Auslegungdes Art. 4 I lit.b Richtlinie habe, werde dadurch erhöht, daß das relativeEitragungshindernis des § 9 I Nr. 3 MarkenG durch den Art. 4 IV lit.a Richtlinieumgesetzt werde, wonach die Mitgliedstaaten bei bekannten Marken in derWeise einen weitergehenden Schutz vorsehen könnten, daß sie von demErfordernis der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen absähen – nichtim nationalen Widerspruchsverfahren, sondern nur mit einer Löschungsklageoder einer Markenrechtsverletzungsklage vor den ordentlichen Gerichtengeltend gemacht werden könne.Der EuGH präzisiert die Tatbestandsaussage einer Verwechslungsgefahr.

Aus den Entscheidungsgründen:

12. in ihrem ersten Teil geht die Frage des BGH im wesentlichen dahin, obArt. 4 I lit. b Richtlinie so auszulegen ist, daß die Kennzeichnungskraft derprioritätsälteren Marke, insbesondere ihre Bekanntheit, bei der Beurteilung zuberücksichtigen ist, ob die Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßtenWaren oder Dienstleistungen ausreicht, um eine Verwechslungsgefahrherbeizuführen.

13. CKK,die französische und die italienische Regierung sowie dieKommission stimmen im wesentlichen darin überein, daß diese Frage zubejahen ist.

14. MGM und die Regierung des Vereinigten Königreichs sind dagegen derAnsicht, daß die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen objektiv undautonom zu beurteilen ist und daher die Kennzeichnungskraft und dieBekanntheit der prioritätsälteren Marke außer Betracht zu lassen sind.

15. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß in der zehntenBegründungserwägung der Richtlinie folgendes festgestellt wird: “Zwecks desdurch die eingetragene Marke gewährten Schutzes ist es, insbesondere dieHerkunftsfunktion der Marke zu gewährleisten; dieser Schutz ist absolut imFalle der Identität zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen denWaren oder Dienstleistungen. Der Schutz erstreckt sich ebenfalls auf Fälleder Ähnlichkeit von Zeichen und Marke und der jeweiligen Waren oderDienstleistungen. Es ist unbedingt erforderlich, den Begriff der Ähnlichkeit imHinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen. Die Verwechslungsgefahrstellt die spezifische Voraussetzung für den Schutz dar; ob sie vorliegt, hängtvon einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgradder Marke im Markt, der gedanklichen Verbindung, die das benutzte odereingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie dem Grad derÄhnlichkeit zwischen Marke und dem Zeichen und zwischen den damitgekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen.”

16. Zweitens ist festzustellen, daß eine Verwechslungsgefahr für dasPublikum, wie sie Voraussetzung für die Anwendung des Art. 4 I lit. bRichtlinie ist, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes unterBerücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen ist(EuGH, Slg. I 1997, 6191 = EuZW 1998, 20 = NJW 1998, 741 Rdnr.. 22 -Sabel).

17. Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert einegewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren,insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damitgekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Gradder Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durcheinen höheren Grad der Ähnlichkeit ausgeglichen werden und umgekehrt. DieWechselbeziehung zwischen diesen Faktoren kommt nämlich in der zehntenBegründungserwägung der Richtlinie zum Ausdruck, wonach es unbedingterforderlich ist, den Begriff der Ähnlichkeit im Hinblick auf dieVerwechslungsgefahr auszulegen, deren Beurteilung ihrerseits insbesonderevom Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt und dem Grad der Ähnlichkeitzwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damitgekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen abhängt.

18. Außerdem geht aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes hervor, daßdie Verwechslungsgefahr um so größer ist, je größer sich dieKennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt (EuGH, Slg. I 1997, 6191 =EuZW 1998, 20 = NJW 1998, 741 Rdnr. 24 – Sabel). Da der Schutz einereingetragenen Marke nach Art. 4 lit. b Richtlinie vom Vorliegen einerVerwechslungsgefahr abhängt, genießen somit Marken, die von Haus ausoder wegen ihrer Bekanntheit auf dem Markt, eine hohe Kennzeichnungskraftbesitzen, einen umfassenderen Schutz als die Marken, derenKennzeichnungskraft geringer ist.

19. Daraus folgt, daß die Eintragung einer Marke trotz eines eher geringenGrades der Ähnlichkeit zwischen den damit gekennzeichneten Waren oderDienstleistungen nach Art. 4 I lit. b Richtlinie ausgeschlossen sein kann, wenndie Ähnlichkeit zwischen den Marken groß und die Kennzeichnungskraft derälteren Marke, insbesondere ihr Bekanntheitsgrad, hoch ist.

20. Dieser Auslegung haben MGM und die Regierung des VereinigtenKönigreichs entgegengehalten, daß die Berücksichtigung der mehr oderweniger großen Kennzeichnungskraft der älteren Marke bei der Prüfung derÄhnlichkeit zwischen den damit gekennzeichneten Waren oderDienstleistungen die Gefahr mit sich bringe, daß sich dasEintragungsverfahren in die Länge ziehe. Dagegen hat die französischeRegierung vorgetragen, ihrer Erfahrung nach führe die Berücksichtigungdieses Faktors bei der Prüfung der Ähnlichkeit zwischen dengekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen nicht dazu, daß dasEintragungsverfahren über Gebühr in die Länge gezogen oder kompliziertwerde.

21. Hierzu ist festzustellen, daß dies – auch wenn man annimmt, daß diebefürwortete Auslegung zu einer erheblichen Verlängerung desEintragungsverfahrens führt – für die Auslegung des Art. 4 I lit. b Richtlinienicht ausschlaggebend sein kann. Aus Gründen der Rechtssicherheit und derordnungsgemäßen Verwaltung ist auf jeden Fall sicherzustellen, daß Marken,deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte,nicht eingetragen werden.

22. Für die Anwendung des Art. 4 I lit. b ist jedoch – selbst wenn eine Identitätmit einer Marke besteht, deren Kennzeichnungskraft besonders ausgeprägtist – weiterhin der Beweis zu erbringen, daß eine Ähnlichkeit zwischen dengekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Im Gegensatz zudem, was z. B. in Art. 4 IV lit. a vorgesehen ist, der sich ausdrücklich auf dieFälle bezieht, in denen die Waren oder Dienstleistungen nicht ähnlich sind,sieht Art. 4 I lit. b nämlich vor, daß eine Verwechslungsgefahr eine Identitätoder eine Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungenvoraussetzt.

23. Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oderDienstleistungen sind – darauf haben die französische Regierung, dieRegierung der Vereinigten Königreichs und Kommission hingewiesen – alleerheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen denWaren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Zu diesen Faktoren gehöreninsbesondere deren Art, Verwendungszweck und Nutzung sowie ihre Eigenartals miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oderDienstleistungen.

24. Nach alledem ist auf den ersten Teil der Vorabentscheidungsfrage zuantworten, daß Art. $ I lit. b Richtlinie dahin auszulegen ist, daß dieKennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, insbesondere ihreBekanntheit, bei der Beurteilung zu berücksichtigen ist, ob die Ähnlichkeitzwischen den durch die beiden Marken erfaßten Waren oder Dienstleistungenausreicht, um eine Verwechslungsgefahr herbeizuführen.

25. Der zweite Teil der Frage des BGH geht im wesentlichen dahin, ob eineVerwechslungsgefahr i. S. von Art. 4 I lit. b Richtlinie auch bestehen kann,wenn der Verkehr die betreffenden Waren oder Dienstleistungenunterschiedlichen Herkunftsstätten zuordnet.

26. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, daß eineVerwechslungsgefahr i. S. von Art. 4 I lit. b Richtlinie besteht, wenn dasPublikum sich in bezug auf die Herkunft der betreffenden Waren oderDienstleistungen täuschen kann.

27. Zum einen geht nämlich aus Art. 2 Richtlinie hervor, daß eine Markegeeignet sein muß, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens vondenjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden; zum anderen wird in derzehnten Begründungserwägung der Richtlinie angegeben, daß es Zweck desdurch die Marke gewährten Schutzes ist, insbesondere die Herkunftsfunktionder Marke zu gewährleisten.

28. Außerdem besteht nach ständiger Rechtsprechung die Hauptfunktion derMarke darin, den Verbraucher oder Endabnehmer die Ursprungsidentität dergekennzeichneten Ware oder Dienstleistung zu garantieren, indem sie ihmermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne Verwechslungsgefahr vonWaren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden; damit dieMarke ihre Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems einerunverfälschten Wettbewerbs, das der Vertrag errichten will, erfüllen kann,muß sie die Gewähr bieten, daß alle Waren oder Dienstleistungen, die mit ihrversehen sind, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestelltoder erbracht worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemachtwerden kann (s. u.a. EuGH, Slg. 1 1990, 3711 = EuZW 1990, 545 = NJW1991, 626 Rdnr. 14 u. 13 – HAG II).

29. Daher liegt eine Verwechslungsgefahr i. S. von Art. 4 I lit. b Richtlinie dannvor, wenn das Publikum glauben könnte, daß die betreffenden Waren oderDienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls auswirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (s. in diesemSinn EuGH, Slg. I, 1997, 6191 = EuZW 1998, 20 = NJW 1998, 741 Rdnr.16-18 – Sabel). Wie der Generalanwalt in Tz. 30 seiner Schlußanträgefestgestellt hat, genügt es für die Verneinung dieser Verwechslungsgefahrfolglich nicht, lediglich nachzuweisen, daß für das Publikum keineVerwechslungsgefahr in bezug auf den Ort besteht, an dem die betreffendenWaren oder Dienstleistungen hergestellt oder erbracht werden.

30. Auf den zweiten Teil der Vorlagefrist ist daher zu antworten, daß eineVerwechslungsgefahr, daß eine Verwechslungsgefahr i. S. von Art. 4 I lit. bRichtlinie auch dann bestehen kann, wenn für das Publikum die betreffendenWaren oder Dienstleistungen an unterschiedlichen Orten hergestellt odererbracht werden. Dagegen ist das Bestehen einer solchen Gefahrausgeschlossen, wenn sich nicht ergibt, daß das Publikum glauben könnte,daß die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselbenUnternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinanderverbundenen Unternehmen stammen.

(…)