BGH: Zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in AGB

Zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in AGB

BGH, Urteil vom 27.09.2001; Az: VII ZR 388/00

Leitsätze des BGH:

1. Vertragsbedingungen sind bereits dann für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert, wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist.

2. Eine in einem notariellen Vertrag enthaltene Allgemeine Geschäftsbedingung, mit der sich der Erwerber eines noch zu errichtenden Hauses der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft, und der Unternehmer berechtigt ist, sich ohne weitere Nachweise eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilen zu lassen, verstößt gegen § 9 AGBG.

Tatbestand:

Im Januar 1995 schloss der Kläger mit dem Beklagten einen notariellen Vertrag über den Erwerb eines Grundstücks sowie über die Verpflichtung des Beklagten, auf dem Grundstück ein Reihenhaus zu errichten. Mit zwei weiteren (also insgesamt drei) Erwerbern schloss der Beklagte gleichlautende Verträge.

Der Kaufpreis sollte in sechs Raten entsprechend dem Baufortschritt bezahlt werden, der Kläger unterwarf sich ferner der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Der Beklagte wurde berechtigt, sich ohne weitere Nachweise eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilen zu lassen.

In der Folge entstanden Streitigkeiten über vom Kläger behauptete Mängel des Hauses, der Kläger zahlte von der 5. Rate nur einen Teil, von der 6. Rate gar nichts. Der Beklagte erwirkte daraufhin wegen der ausstehenden Zahlungen einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.

Der Kläger begehrt nunmehr, die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde für unzulässig zu erklären. Der Kläger ist der Ansicht, dass schon die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung ohne Fälligkeitsnachweis unwirksam sei.

Der Beklagte unterlag in den Vorinstanzen.

Gründe:

Auch die von ihm hiergegen eingelegte Revision hat keinen Erfolg.

Bei der Klage handelt es sich um eine prozessuale Gestaltungsklage in analoger Anwendung des § 767 ZPO.

a) Das AGBG sei anwendbar. Auch wenn der Notar das Vertragsformular entwickelt habe, so habe er dabei im Auftrag des Beklagten gehandelt und einseitig dessen Interessen berücksichtigt.

Die Vertragsbedingungen wurden für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert; es sei ausreichend, dass der Beklagte beabsichtigte, den Vertrag dreimal zu verwenden (was er auch tat). Es sei insoweit unschädlich, dass der Kreis der in Betracht kommenden Vertragspartner von vornherein feststehe, da die einseitige Gestaltungsmacht des Verwenders durch seine Absicht, den drei von ihm in Aussicht genommenen Verträgen seine vorformulierten Bedingungen zugrunde zu legen, hinreichend indiziert sei.

Darüber hinaus stehe der prozessuale Charakter der Unterwerfungserklärung der Anwendung des AGB-Gesetzes nicht entgegen, da die materiellrechtliche Bedeutung der bedingungslosen Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung gewichtiger sei.

b) Die Klausel zur Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung mit Nachweisverzicht verstoße gegen § 9 AGBG.

Sie widerspräche wesentlichen Grundgedanken der gesetzten Rechtsordnung, da der Verwender, ohne nachweisen zu müssen, dass er seine Bauleistung in einem der Rate entsprechenden Umfang erbracht hat, Zugriff auf das Vermögen des Auftraggebers nehmen könne.

Es bestehe effektiv eine dem Werkvertragsrecht fremde Gefahr der Vorleistung durch den Auftraggeber (§§ 641, 320 BGB), wenn der Unternehmer ohne Nachweis der Fälligkeit Zugriff auf das Vermögen des Auftraggebers nehmen könne.

Darüber hinaus führe der unbegrenzte Zugriff auf das Vermögen des Auftraggebers zu einem für diesen unzumutbaren Risiko der zweckwidrigen Verwendung der durch die Zwangsvollstreckung erlangten Vermögenswerte als auch des Vermögensverfalles des Bauträgers.

Für eine derartige Klausel bestehe darüber hinaus kein berechtigtes Interesse, da vielmehr der Erwerber schutzbedürftig sei.

Auch könnten weder § 798 ZPO noch § 835 III S. 2 ZPO einen vorschnellen Zugriff mit der erforderlichen Sicherheit verhindern, da die zweiwöchige Frist des § 798 zu kurz sei. § 835 Abs. 3 Satz 2 ZPO ordne nur für einen Teil des Vermögens des Schuldners (sein Guthaben bei Geldinstituten), eine weitere Frist von zwei Wochen an, ehe Auszahlungen an den Gläubiger erfolgen dürften.