HWiG §§ 1 Abs. 1 a.F., 5 Abs. 2; VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2
Leitsätze des Gerichts:
a) § 5 Abs. 2 HWiG ist unter Beachtung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001
(Rs. C-481/99) richtlinienkonform einschränkend auszulegen.
b) Kreditverträge gehören danach insoweit nicht zu den Geschäften, die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWiG “die Voraussetzungen
eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz” erfüllen, als das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes
Widerrufsrecht einräumt wie das Haustürwiderrufsgesetz.
c) Dies gilt für alle Kreditverträge, die Haustürgeschäfte im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG a.F. sind, auch wenn sie die
Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts im Sinne der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (“Haustürgeschäfterichtlinie”) nicht erfüllen.
Tatbestand
Die Kläger verlangen von der beklagten Bank die Rückabwicklung eines Realkreditvertrages. Sie begehren die Erstattung
erbrachter Zins und Tilgungsleistungen und entstandener Aufwendungen in Höhe von insgesamt 118.443,81 DM zuzüglich Zinsen
sowie die Feststellung, daß der Beklagten aus dem Darlehen keine Ansprüche mehr zustehen.
Zur Finanzierung des Kaufpreises für eine im März 1993 gekaufte Eigentumswohnung nahmen die Kläger mit Vertrag vom 28.
April/ 7. Mai 1993 bei der Beklagten ein Darlehen über 150.000 DM auf, das durch eine Grundschuld in derselben Höhe
abgesichert wurde. Eine Widerrufsbelehrung im Sinne des Haustürwiderrufsgesetzes wurde ihnen nicht erteilt.
Mit ihrer im Januar 1998 erhobenen Klage haben die Kläger gemäß § 1 HWiG in der bis zum 30. September 2000 geltenden
Fassung (im folgenden: a.F.) ihre auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen widerrufen. Die
Kläger behaupten, ein ihnen bekannter, freiberuflich auch für die Beklagte tätiger Immobilienmakler habe sie mehrfach
unaufgefordert zu Hause aufgesucht und zum Wohnungskauf sowie zur Darlehensaufnahme überredet. Kurz vor der letzten
mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz haben sie außerdem geltend gemacht, der Darlehensvertrag sei sittenwidrig,
weil der Wert der Eigentumswohnung erkennbar nur 50.000 DM betragen und die Beklagte eine “versteckte Innenprovision” von
18,4% gezahlt habe.
Das Landgericht (WM 1998, 1723) hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht (WM 1999, 728) hat die Berufung
zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter. Der erkennende Senat hat den Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften um Vorabentscheidung ersucht (WM 2000, 26); die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 ist abgedruckt in WM 2001, 2434.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das
Oberlandesgericht.
I. Das Berufungsgericht hat ein Widerrufsrecht der Kläger verneint. Bei dem streitbefangenen Darlehen handele es sich um einen
Realkredit im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG § 7 VerbrKrG finde deshalb keine Anwendung. Der Rückgriff auf § 1 HWiG
a.F. scheide wegen der Subsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG aus. Mit Rücksicht auf diese Vorschrift sei das
Haustürwiderrufsgesetz zwar in den Fällen des § 3 Abs. 1 VerbrKrG anwendbar, nicht aber in den Fällen des § 3 Abs. 2
VerbrKrG, in denen nur die Anwendbarkeit einzelner Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes ausgeschlossen sei. Die
Gegenauffassung, nach welcher das Haustürwiderrufsgesetz stets zum Zuge komme, wenn und soweit eine Ausnahme nach § 3
VerbrKrG eingreife, sei weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 VerbrKrG vereinbar. Durch die
Anwendung des Haustürwiderrufsgesetzes werde die differenzierte Regelung des § 3 Abs. 2 VerbrKrG unterlaufen und dem Willen
des Gesetzgebers zuwidergehandelt. Dieser!
habe das Widerrufsrecht bei Realkreditverträgen ganz bewußt wegen der damit einhergehenden Gefährdung der taggenauen
Refinanzierung vieler Realkredite ausgeschlossen, auf der wiederum deren günstige Verzinsung beruhe. Der Vortrag der Kläger
zur angeblichen Sittenwidrigkeit des Darlehens sei unsubstantiiert und überdies verspätet.
II. Diese Beurteilung hält, soweit sie ein Widerrufsrecht der Kläger gemäß § 1 Abs. 1 HWiG a.F. wegen der Subsidiaritätsklausel
in § 5 Abs, 2 HWiG verneint, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar entspricht sie der Auslegung der §§ 3 Abs. 2 Nr. 2
VerbrKrG, 5 Abs. 2 HWiG, wie sie der Senat in seinem Vorlagebeschluß vom 29. November 1999 (WM 2000, 26) an den Gerichtshof
der Europäischen Gerneinschafteri bei ausschließlich nationaler Betrachtung befürwortet hat. Sie berücksichtigt aber nicht,
daß mit dem Haustürwiderrufsgesetz die Richtlinie 851577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen vom 20. Dezember 1985 (im folgenden: Haustürgeschäfterichtlinie) in
nationales Recht umgesetzt worden ist und die Vorschriften des Haustürwiderrufsgesetzes daher richtlinienkonform auszulegen
sind.
Der Senat hat in dem Vorlagebeschluß zwar die Auffassung vertreten, die Verbraucherschutzvprschriften des europäischen
Gemeinschaftsrechts erforderten keine andere Auslegung von § 5 Abs. 2 HWIG als sie sich bei ausschließlich nationaler
Betrachtung ergebe (aa0 S. 28); es bleibe auch bei Berücksichtigung der Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts bei
der Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG, nach welcher das Haustürwiderrufsgesetz auf Realkreditverträge im Sinne von § 3 Abs. 2
Nr. 2 VerbrKrG unanwendbar sei. Im Hinblick auf. insoweit verbleibende Zweifel hat der Senat dem Gerichtshof der
Europäischen Gemeinschaften aber folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Erfaßt die Richtlinie 85/577/EWG des Rates betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen
geschlossenen Verträgen vom 20. Dezember 1985 (ABI. Nr. L372/31 vom 31, Dezember 1985, “Haustürgeschäfterichtlinie”) auch
Realkreditverträge (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz) und kommt ihr in bezug auf das in Art. 5 vorgesehene
Widerrufsrecht Vorrang vor der Richtlinie 87/102/EWG des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedsstaaten über den Verbraucherkredit vom 22. Dezember 1986 (ABI. Nr. L 42/48 vom 12. Februar 1987,
“Verbraucherkreditrichtlinie”) zu?
2. Für den Fall, daß der Gerichtshof diese Frage bejaht: Ist, der nationale Gesetzgeber durch die
Haustürgeschäfterichtlinie gehindert, die in § 7 Abs. 2 Satz 3 Verbraucherkreditgesetz geregelte Befristung des
Widerrufsrechts auch in den Fällen anzuwenden, in denen ein Haustürgeschäft die Gewährung eines Realkredits im Sinne von § 3
Abs. 2 Nr. 2 Verbraucherkreditgesetz zum Gegenstand hat und die in Art. 4 der Richtlinie vorgesehene Belehrung unterblieben
ist?
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat die Fragen mit Urteil vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) dahingehend
beantwortet, daß
1. die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von
Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen dahin auszulegen ist, daß sie auf einen Realkreditvertrag wie den im
Ausgangsverfahren fraglichen anwendbar ist, so daß der Verbraucher, der einen derartigen Vertrag in einem der in Art. 1
dieser Richtlinie genannten Fälle geschlossen hat, über.das Widerrufsrecht nach Art. 5 der Richtlinie verfügt und
2. der nationale Gesetzgeber durch die Richtlinie 85/577/EWG daran gehindert ist, das Widerrufsrecht nach Art. 5 dieser
Richtlinie für den Fall, daß der Verbraucher nicht gemäß Art. 4 dieser Richtlinie belehrt wurde, auf ein Jahr nach
Vertragsabschluß zu befristen.
1. An dieses Auslegungsergebnis sind die nationalen Gerichte gebunden. Sie sind nach ständiger Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften aufgrund des Umsetzungsgebots gemäß Art. 249 Abs. 3 EGV (Art. 189 Abs. 3 a.F.)
und des Grundsatzes der Gemeinschaftstreue gemäß Art. 10 EGV (Art. 5 a.F.) zudem verpflichtet, zur Durchführung einer
europäischen Richtlinie erlassene Gesetze unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihnen das nationale
Recht einräumt, im Lichte kies Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen (EuGH, Urteil vom 10. April 1984 – Rs
14/83, Slg. 1984, 1891, 1909 Rz. 26, 28 – von Colson und Kamann; EuGH, Urteil vom 10. April 1984 – Rs 79/83, Slg. 1984,
1921, 1942 Rz, 26, 1943 Rz. 28 – Harz; EuGH, Urteil vom 13. November 1990 – Rs C-106189, Slg. I 1990, 4135, 4159 Rz. 8 –
Marleasing). Diese gemeinschaftsrechtliche Dimension der Auslegung hat auch der Bundesgerichtshof gerade beim
Haustürwiderrufsgesetz wiederholt hervorgeho!
ben (Senatsurteil vom 9. März 1993 – XI ZR 179192, WM 1993, 683, 684; BGH, Urteil vom 4. Mai 1994 – XII ZR 24/93, WM 1994,
1390, 1391; BGH, Beschluß vom 11. Januar 1996 – IX ZR 56195, WM 1996, 384, 386).
2. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung gebietet es in Verbindung mit der vom Senat eingeholten
Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, die maßgeblichen nationalen Vorschriften, soweit ein
Auslegungsspielraum besteht, dahingehend auszulegen, daß dem Verbraucher, der einen in den Anwendungsbereich der
Haustürgeschäfterichtlinie fallenden Realkreditvertrag geschlossen hat, ein Art. 5 der Richtlinie entsprechendes
Widerrufsrecht zusteht.
Dies hat zur Folge, daß § 5 Abs. 2 HWiG unter Beachtung der für die nationalen Gerichte bindenden Auslegung des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften richtlinienkonform einschränkend auszulegen ist. Kreditverträge gehören danach
insoweit nicht zu den Geschäften, die im Sinne des § 5 Abs. 2 HWIG “die Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem
Verbraucherkreditgesetz” erfüllen, als das Verbraucherkreditgesetz kein gleich weit reichendes Widerrufsrecht wie das
Haustürwiderrufsgesetz einräumt.
a) § 5 Abs. 2 HWiG, wonach auf ein Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG a.F. das zugleich die Voraussetzungen eines
Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz erfüllt, nur die Vorschriften dieses Gesetzes anwendbar sind, läßt eine solche
Auslegung zu.
aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten und einer in der Instanzrechtsprechung (OLG Bamberg WM 2002, 537, 545; LG München 1
BKR 2002, 230, 233 f.; LG München 1 WM 2002, 285, 287) und Literatur (Edelmann BKR 2002, 80, 81 f; Habersack/Mayer WM 2002,
253, 257; von Heymann/Annertzok BKR 2002, 234; Hochleitner/Wolf/Großerichter WM 2002, 529, 532; Piekenbrock/Schulze WM 2002,
521, 524; Sauer BB 2002, 431, 432) vertretenen Auffassung wird die Auslegung weder durch den Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG
noch den des § 3 Abs. 2 Nr, 2 VerbrKrG ausgeschlossen.
(1) § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG regelt seinem Wortlaut nach ausdrücklich nur das Widerrufsrecht nach § 7 VerbrKrG. Er enthält
zur Frage der Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes keine Aussage (Frisch BKR 2002, 84, 85).
(2) .Der Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWIG legt für sich genommen, wie im Vorlagebeschluß des Senates vom 29. November 1999 (WM
2000, 26, 27) näher ausgeführt, zwar eher das Ergebnis nahe, daß in den Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG das
Haustürwiderrufsgesetz insgesamt von den Vorschriften des Verbraucherkreditgesetzes verdrängt werden sollte. Zwingend ist
diese Auslegung jedoch nicht, da der Gesetzeswortlaut nicht eindeutig ist.
Gemäß § 5 Abs. 2 HWiG greift die Subsidiaritätsklausel nur, wenn ein Geschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 HWiG a. F. zugleich
die “Voraussetzungen eines Geschäfts nach dem Verbraucherkreditgesetz” erfüllt. Da nicht näher geregelt wird, wann die so
umschriebenen Voraussetzungen im Sinne des § 5 Abs, 2 HWiG vorliegen, ist die Norm auslegungsfähig (Reiter/Methner VuR 2002,
90, 92 f.).
Möglich sind eine weite und engere Auslegungen. Der Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWIG kann einmal mit der überwiegenden Meinung
in Rechtsprechung und Literatur (vgl. hierzu den Vorlagebeschiuß des Senats vom 29. November 1999, WM 2000, 26, 27
m.w.Nachw.) dahin verstanden werden, daß das Verbraucherkreditgesetz das Haustürwiderrufsgesetz für Realkredite vollkommen
verdrängt, wenn der Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes überhaupt eröffnet ist, weil das Verbraucherkreditgesetz
das speziellere Gesetz ist, Möglich und vertretbar ist aber auch eine Auslegung des Wortlauts dahin, daß das
Haustürwiderrufsgesetz durch § 5 Abs. 2 HWIG nicht vollständig verdrängt wird, wenn ein Kreditvertrag nur Teilen des
Verbraucherkreditgesetzes unterfällt oder – noch weitergehend – dieses dem Verbraucher nicht den gleichen effektiven Schutz
bietet wie das Haustürwiderrufsgesetz (Reich/Rörig EuZW 2002, 87, 88). Für eine solche einschränkende Auslegung werden
insbesondere der Sinn und Zweck des !
§ 5 Abs. 2 HWIG und die Begründung zu § 5 des Entwurfs eines Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen
Geschäften (BTDrucks. 10/2876 S. 14) angeführt. Dem Gesetzgeber erschien es danach möglicherweise sinnvoll, jeweils das
sachnähere Gesetz für anwendbar zu erklären, solange dieses einen dem Haustürwiderrufsgesetz vergleichbaren Schutz
gewährleistet (FischerlMachunsky, HWiG 2. Aufl. Grundlagen Rdn. 83).
Dies ist bei Realkreditverträgen im Sinne des § 3 Abs, 2 Nr, 2 VerbrKrG indes nicht der Fall. Bei ihnen steht dem
Kreditnehmer nach dem Verbraucherkreditgesetz kein Widerrufsrecht zu. Da das Verbraucherkreditgesetz damit erheblich hinter
dem durch das Haustürwiderrufsgesetz bezweckten Schutz zurückbleibt und der Schutzbedürftigkeit eines Verbrauchers in einer
Haustürsituation nicht Rechnung trägt, ohne daß dafür ein zwingender sachlicher Grund ersichtlich ist, waren ein Teil der
Rechtsprechung (OLG München – 5. Ziviisenat – WM 2000, 1336, 1.338 f.) und eine bedeutsame Mindermeinung in der Literatur
(StaudingerlWerner, BGB 13. Bearb. 1997 § 5 HMG Rdn. 24, 27; Erman/Klingsporn, BGB 9. Aufl. § 5 HUG Rdn. 5;
Fischer/Machunsky, HWIG 2. Aufl. Grundlagen Rdn. 80-86; § 51 Rdn. 31; Steppeler, VerbrKrG 2. Aufl. S. 209; Köndgen,
Gewährung und Abwicklung grundpfandrechtlich gesicherter Kredite 3. Aufl. S. 32;.. Peters, in: LwowskilPeters/Gäßmann,
VerbrKrG 2, Aufl. S. 173-175; ders. DZWir !
1994, 353, 357; ders. WuB I E 2 b.-6.93; Spickhoff/Petershagen BB 1999, 165, 169 f.; Stüsser NJW 1999, 1586, 1589) schon
vor der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (WM 2001, 2434) und ohne
Rücksicht auf die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung der Auffassung, § 1 HWiG a.F, werde durch § 5 Abs. 2
HWiG nur dann verdrängt, wenn das vorrangig anzuwendende Verbraucherkreditgesetz einen gleich effektiven Schutz biete.
Dieser Auffassung haben sich nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 mit
Rücksicht auf die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG das Oberlandesgericht München (20.
Zivilsenat, .WM 2002, 694, 695) und weitere Autoren angeschlossen (Pfeiffer EWiR 2002, 261, 262; Reich/Rörig EuZW 2002, 87,
88; Hoffmann ZIP 2002, 145, 149; Kulke ZBB 2002, 33, 45 ff.; Staudinger NJW 2002, 653, 655; Fischer ZfiR 2002, 19, 21;
Frisch SKR 2002, 84, 85; Reiter/Methner VuR 2002, 90, 92 f.; Rott VuR 2002, 49, 52). Nur wenn man die Ansicht aller dieser
Stimmen aus Rechtsprechung und Schrifttum für schlechthin unvertretbar hielte (so unter. Hinweis auf den angeblich
eindeutigen, nicht auslegungsfähigen Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG: OLG Bamberg WM 2002, 537, 545; LG München I BKR 2002,
230, 234; LG München I WM 2002, 285, 287; Edelmann BKR 2002, 80, 81; Habersack/Mayer WM 2002, 253, 257;
Hochieitner/Woif/Großerichter WM 2002, 52!
9, 531; Piekenbrock/ Schulze WM 2002, 524; Markus Roth WuB IV D. § 5 HWiG 1,02; Sauer SB 2002, 431, 432), wäre eine
richtlinienkonforme Auslegung ausgeschlossen. Der erkennende Senat ist, wie er schon durch die Vorlage vom 29. November 1999
an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften und insbesondere durch die Frage nach der Zulässigkeit einer Befristung
des Widerrufsrechts entsprechend § 7 Abs. 2 Satz 3 VerbrKrG zum Ausdruck gebracht hat, nicht dieser Ansicht, sondern hält
die von der Mindermeinung befürwortete Auslegung für möglich.
Erweist sich der Wortlaut des § 5 Abs. 2 HWiG danach als auslegungsfähig, so ist der Senat gezwungen, die Vorschrift
richtlinienkonform auszulegen. Mit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften steht fest, daß die
Haustürgeschäfterichtlinie die. Gewährung eines Widerrufsrechts auch für Realkreditverträge fordert, die zugleich die
Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts erfüllen. Das bedeutet für die gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2
HWIG, daß die Subsidiaritätsklausel bezüglich der Widerrufsvorschriften nur dann greift, wenn im konkreten Fall auch das
Verbraucherkreditgesetz ein Widerrufsrecht gewährt. Wird das Widerrufsrecht – wie hier – nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG
ausgeschlossen oder ist es nach den Regelungen des Verbraucherkreditgesetzes bereits erloschen, muß es bei der Anwendbarkeit
des § 1 HWiG a.F. bleiben.
bb) Der Wille des Gesetzgebers hindert – entgegen der Meinung der Beklagten und einer in der Literatur vertretenen Ansicht
(Felke MDR 2002, 226, 227; von Heymann/Annertzok BKR 2002, 234; Hochleitner/Wolff/Großerichter WM 2002, 529, 531 f.;
Piekenbrock/Schulze WM 2002, 521, 524) – die vorgenannte Auslegung nicht. Zwar ergibt sich – wie der Senat im einzelnen in
dem Vorlagebeschluß vom 29. November 1999 (aaO S. 27) ausgeführt hat – aus den Materialien zum Verbraucherkreditgesetz
(BT-Drucks. 11/5462 und BT-Drucks, 11/8274), daß der Gesetzgeber das Widerrufsrecht nach § 1 HWiG a. F. für Kreditverträge
im Sinne von § 3 Abs, 2 Nr. 2 VerbrKrG ausschließen wollte. Dem Gesetzgeber kann aber nicht unterstellt werden, er habe bei
der Konkurrenzregel des § 5 Abs. 2 HWIG sehenden Auges einen Richtlinienverstoß in Kauf nehmen wollen; der Privilegierung
von Realkreditverträgen in einer Haustürsituation lag vielmehr die Annahme zugrunde, sie sei richtlinienkonform (Staudinger
NJW 2002, 653, 6!
55). Der Gesetzgeber des Haustürwiderrufsgesetzes war davon ausgegangen, mit diesem Gesetz die europarechtlichen Vorgaben
der seinerzeit kurz vor dem Erlaß stehenden Haustürgeschäfterichtlinie bereits umgesetzt zu haben (Rechtsausschuß zum RegE
HWIG sowie zum Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, BT-Drucks. 1014210, S. 9; so auch BGHZ 139, 21, 26). Die Übereinstimmung von
nationalem Recht und Richtlinieninhalt entsprach danach seinem Willen.
cc) Auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes spricht (entgegen Felke MDR 2002, 226, 227) nicht gegen die
richtlinienkonforme Auslegung. Daß gerichtliche Entscheidungen zur Auslegung einer Vorschritt Auswirkungen auf in der
Vergangenheit liegende, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte haben, steht nicht einmal der Zulässigkeit einer Änderung der
Rechtsprechung entgegen (BGHZ 132, 119, 129; Schimansky WM 2001, 1889, 1890). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, daß von
einem schätzenswerten Vertrauen in die von der Beklagten befürwortete Auslegung des § 5 Abs. 2 HWIG nie die Rede sein
konnte: Wie oben dargelegt, war die Auslegung dieser Vorschrift bereits vor der Entscheidung des Gerichtshofs der
Europäischen Gemeinschaften -seit langem umstritten. So wurde etwa von Steppeler (VerbrKrG 1. Aufl. S. 186) die Ansicht
vertreten, die von der Beklagten befürwortete Auffassung sei “äußerst bedenklich und gefährlich”; es sei “völlig unstreitig
und offenkundig, daß mit der Vorrangregel!
ung in § 5 Abs- 2 HWiG ausschließlich ein Nebeneinander von zwei gleichgerichteten Widerrufs rechten vermieden werden”
solle, das bei Realkrediten im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG gerade nicht bestehe.
dd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, ein Rückgriff auf das Haustürwiderrufsgesetz im Wege richtlinienkonformer
Auslegung des § 5 Abs. 2 HWIG sei nach nationalem deutschen.Recht systemwidrig, weil dann dem Verbraucher bei – nach dem
Willen des Gesetzgebers eigentlich privilegierten – Realkreditverträgen gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG ein stärkeres
Widerrufsrecht zustünde als bei Personalkreditverträgen (Edelmann BKR 2002, 80, 81 f.). Richtig hieran ist, daß eine auf
Realkreditverträge beschränkte Eröffnung des Widerrufsrechts gemäß § 1 HWiG a.F. system- und wertungswidrig wäre. Sie würde
dazu führen, daß Realkreditverträge im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG im Falle einer Haustürsituation in weiterem
Umfang als Personalkreditverträge widerrufbar wären. Die auf den Abschluß eines Realkreditvertrags gerichteten
Willenserklärungen könnten nämlich innerhalb der längeren Frist des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG in der bis zum 30. September 2000
geltenden Fassung (im folgenden: a.!
F.) widerrufen werden und nicht nur wie bei Personalkreditverträgen innerhalb der Frist des § 7 VerbrKrG in der bis zum 30.
September 2000 geltenden Fassung (im folgenden: a.F.).
Der vorgenannten richtlinienkonformen Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG steht dies jedoch nicht entgegen. Der
Wertungswiderspruch läßt sich nämlich dadurch vermeiden, daß die richtlinienkonforme Auslegung nicht auf Realkreditverträge
im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG beschränkt, sondern auf Personalkreditverträge erstreckt wird. Nur dies wird auch dem
Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gerecht. Zwar beschränkt sich die Entscheidung in ihrem Tenor
-entsprechend der Fragestellung – auf die Feststellung, daß bei in Haustürsituationen geschlossenen Realkreditverträgen ein
Widerrufsrecht gemäß der Haustürgeschäfterichtlinie zu gewähren sei. Nach der Begründung der Entscheidung kann jedoch kein
Zweifel daran bestehen, daß es für die Frage, ob dem Verbraucher ein Widerrufsrecht einzuräumen ist, nicht darauf ankommt,
ob ein Real- oder ein Personalkreditvertrag vorliegt, sondern allein auf die Entstehung des Vertrages in einer
Haustürsituation. Dem Urteil ist dahe!
r zu entnehmen, daß die für Realkreditverträge geltende Vorgabe der Haustürgeschäfterichtlinie in gleicher Weise für die in
Haustürsituationen zustande gekommenen Personalkreditverträge gelten würde, die nach nationalem deutschem Recht dem
Verbraucherkreditgesetz unterliegen (so auch Hochleitner/Wolf/ Großerichter WM 2002, 529).
Eine solche Auslegung ist mit § 5 Abs. 2 HWiG nicht unvereinbar (a.A. Edelmann BKR 2002, 80, 82). Angesichts der
dargelegten Auslegungsfähigkeit der Norm und der Tatsache, daß der Gesetzgeber mit dem Haustürwiderrufsgesetz die Vorgaben
der Haustürgeschäfterichtlinie erfüllen wollte, sind die Gerichte auch bei Personalkreditverträgen zu einer entsprechenden
richtlinienkonformen Auslegung verpflichtet.
ee) Die vorbezeichnete Auslegung führt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu einer methodisch bedenklichen
Sinnentleerung bzw. Derogation des § 5 Abs. 2 HWiG (so aber HochleitnerlWolf/Großerichter WM 2002, 529 ff.). Da die
Subsidiaritätskiausel nur hinsichtlich der Widerrufsvorschriften der beiden konkurrierenden Gesetze eine einschränkende
Auslegung erfährt und dies auch nur für den Fall, daß das Verbraucherkreditgesetz dem Verbraucher kein gleich weit
reichendes Widerrufsrecht gibt wie das Haustürwiderrufsgesetz, bleibt für die SUbsidiaritätsklausel in § 5 Abs. 2 HWiG ein
Anwendungsbereich erhalten. So schließt § 5 Abs. 2 HWiG – wie der Senat in seinem Urteil vom heutigen Tage in der
Parallelsache XI ZR 32199 entschieden und näher ausgeführt hat – bei Realkreditverträgen einen Rückgriff auf § 7 HMG aus. lm
übrigen ist für die Vorrangregelung des § 5 Abs, 2 HWiG nur dann kein Raum, wenn ein Widerrufsrecht nach dem
Verbraucherkreditgesetz ausgeschlossen oder bereits e!
rloschen ist. In den Fällen, in denen das Verbraucherkreditge.setz selbst ein Widerrufsrecht gewährt, bleibt es
demgegenüber bei der in § 5 Abs. 2 HWIG geregelten Subsidiarität des Haustürwiderrufsgesetzes.
ff) Der richtlinienkonformen Auslegung läßt sich schließlich auch nicht entgegenhalten, sie begründe in Wahrheit eine
horizontale Direktwirkung der Richtlinie, die dieser gerade nicht zukomme (hierzu Piekenbrock/Schulze WM 2002, 521, 527
f.). Der Senat beschränkt sich auf eine richtlinienkonforme Auslegung. Eine solche ist – wie ausgeführt – im Rahmen des vom
nationalen Recht eingeräumten Beurteilungsspielraums möglich. Sie gibt dem Verbraucher ein im nationalen Recht in § 1 HWIG
a.F.- geregeltes Widerrufsrecht.
b) Das Argument, die Richtlinienkonformität des nationalen Rechts lasse sich auf andere Weise besser erreichen, greift
ebenfalls nicht durch. Eine in der Literatur (Edelmann BKR 2002, 80, 82; Fischer ZfIR 2002, 19, 22) erörterte Auslegung des
§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG dahingehend, daß bei in Haustürsituationen geschlossenen Realkreditverträgen das in § 7 VerbrKrG
a.F. geregelte Widerrufsrecht nicht ausgeschlossen sei, kommt nicht in Betracht. Sie würde nur zu einem befristeten
Widerrufsrecht führen, das nach, der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs den Anforderungen der
Haustürgeschäfterichtlinie nicht genügt.
3. Die durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gebotene richtlinienkonforme Auslegung des § 5
Abs. 2 HWiG erfaßt auch den vorliegenden Fall, obwohl die Beklagte zu Recht darauf .hinweist, daß nach dem für die Revision
zugrunde zu legenden Sachverhalt die – streitige – Haustürsituation nur bei der Vertragsanbahnung, nicht hingegen beim
Vertragsabschluß selbst vorlag. Dies hätte zwar zur Folge, daß der Kreditvertrag mit Rücksicht auf die
richtlinienüberschießende Umsetzung im deutschen Recht die Voraussetzungen eines Haustürgeschäfts nach dem
Haustürwiderrufsgesetz erfüllte, nicht aber den Tatbestand der Haustürgeschäfterichtlinie: Während letztere gemäß Art. 1
Abs. 1, 3 und 4 voraussetzt, daß in der konkreten Haustür situation der Vertrag geschlossen oder jedenfalls ein
entsprechendes Vertragsangebot abgegeben worden sein muß, genügt nach § 1 I-1WiG a.F. eine Haustürsituation bei der
Vertragsanbahnung, die für den späteren Vertragsschluß ursächlich war!
.
Der gegenüber dem Haustürwiderrufsgesetz engere Anwendungsbereich der Haustürgeschäfterichtlinie rechtfertigt eine
abweichende Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG nicht. Vielmehr erstreckt sich die richlinienkonforme Auslegung auch auf solche
Verträge, die zwar nicht unmittelbar* der Richtlinie unterfallen, die aber nach nationalem Recht die Voraussetzungen eines
Haustürgeschäfts erfüllen. Die von einem Teil der Literatur (Habersack WM 2000, 981, 991; Habersack/Mayer WM 2002, 253, 257;
Edelmann BKR 2002, 80, 81; Piekenbrock/Schulze WM 2002, 521, 527 f.; Wagner BKR 2002, 194, 195) befürwortete “gespaltene
Auslegung”, nach der die richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Abs. 2 HWiG auf Sachverhalte beschränkt bleiben soll, die in
den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, überzeugt nicht (so auch Frisch BKR 2002, 84, 86; Hoff mann ZIP 2002, 145, 149;
Kulke ZBB 2002, 33, 44 f.; Staudinger NJW 2002, 653, 655). Sie widerspricht der durch das deutsche Recht geforderten
Gleichbehandlung de!
r verschiedenen Haustürsituationen.
Befürworter der “gespaltenen Auslegung” räumen denn auch selbst ein, daß sich eine solche Auslegung deutlich vom Wortlaut
des § 1 HWiG a.F. entfernen würde (so Habersack WM 2000, 981, 991), § 1 HWIG a. F. unterscheidet gerade nicht danach, ob der
Vertrag in einer Haustürsituation geschlossen oder nur angebahnt wurde (Hoffmann ZIP 2002, 145, 149; Kulke ZBB 2002, 33, 44
f.).
Darüber hinaus widerspricht eine “gespaltene Auslegung” Sinn und Zweck des § 1 HWIG a.F.. Dieser gebietet die
Gleichstellung aller Willenserklärungen, die in der Haustürsituation selbst oder aufgrund einer Einflußnahme in der
Haustürsituation abgegeben worden sind. Diese gesetzgeberische Zielsetzung würde eine differenzierte Auslegung unterlaufen.
Der deutsche Gesetzgeber hat für sie keinen Raum gelassen. Mit seiner Entscheidung, den Begriff des Haustürgeschäfts weiter
zu fassen als die Haustürgeschäfterichtlinie dies fordert, hat er vielmehr zum Ausdruck gebracht, daß er den Kunden in
sämtlichen dem § 1 HMG a.F.unterfallenden Situationen – unabhängig davon, ob sie vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfaßt
werden – in gleicher Weise für schutzwürdig hält.
Eine “gespaltene Auslegung” würde zudem zu erheblichen Rechtsanwendungsproblemen führen, da in jedem Einzelfall die genaue
Abgrenzung zwischen Haustürgeschäften nach der Haustürgeschäfterichtlinie und sonstigen Haustürgeschäften erforderlich wäre.
Abgesehen davon, daß dies in vielen Fällen zu umfangreichen Feststellungen zwingen würde, wäre es auch deshalb bedenklich,
weil damit das Bestehen eines Widerrufsrechts nach § 1 HWiG a.F. letztlich von Zufällen des tatsächlichen Geschehensablaufs
abhinge.
4. Keiner Entscheidung bedarf im vorliegenden Fall die Frage, ob das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen
Gemeinschaften zur zwei ten Vorlagefrage über den Wortlaut des Tenors hinaus im Lichte der Entscheidungsgründe dahingehend
zu verstehen ist, daß auch die Befristung der Ausübung des Widerrufsrechts in § 2 Abs. 1 Satz 4 HWIG a. F. der Richtlinie
widerspricht, und ob auch dem noch durch eine richtlinienkonforme Gesetzesanwendung Rechnung getragen werden könnte. Die
Kläger haben ihre Willenserklärungen mit der im Januar 1998 erhobenen Klage vor Ablauf der Frist des § 2 Abs, 1 Satz 4 HWiG
a.F. widerrufen, da bislang die beiderseitigen Leistungen aus dem vertrag noch nicht vollständig erbracht sind.
III.
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.) und die Sache zur anderweiten Verhandlung und
Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F.).
Dieses wird, da die Umstände des Vertragsschlusses zwischen den Parteien streitig sind, zunächst Feststellungen zu den
Voraussetzungen des Widerrufsrechts gemäß § 1 HWiG a.F. zu treffen haben.
Sollte danach ein Widerrufsrecht zu bejahen sein, wird das Berufungsgericht bei der Prüfung der sich aus § 3 HWiG (in der
bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) ergebenden Rechtsfolgen des Widerrufs zu berücksichtigen haben, daß § 9
VerbrKrG (in der bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkreditverträge im
Sinne dieser Vorschrift nicht anwendbar ist (Edelmann BKR 2002, 80, 83; Felke MDR 2002, 226, 227; Fischer ZfIR 2002, 15,. 22
f.). Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Senatsurteile vom 17. September 1996 (insbesondere BGHZ 133, 254, 259 ff.
und XI ZR 197/95, WM 1996, 2103) insoweit nicht einschlägig. Diese Urteile betreffen nicht Realkreditverträge, sondern die
Finanzierung einer Gesellschaftsbeteiligung, bei der der Darlehens- und der Beteiligungsvertrag aufgrund besonderer Umstände
als ein verbundenes Geschäft anzusehen waren. Um ein solches Geschäft handelt es sich hier nicht.
Nach ständiger langjähriger Rechtsprechung mehrerer Senate des Bundesgerichtshofs sind der Realkreditvertrag und das
finanzierte Grundstücksgeschäft grundsätzlich nicht als zu einer wirtschaftlichen Einheit verbundene Geschäfte anzusehen
(BGH, Urteile vom 18. September 1970 – V ZR 174/67, WM 1970, 1362, 1363; vom 12, Juli 1979 – III ZR 18178, WM 1979, 1054;
vom 13. November 1980 – III ZR 96179, WM 1980, 1446, 1447 f.; vom 9. Oktober 1986 – III ZR 127/85, WM 1986, 1561, 1562; vom
31. März 1992 – XI ZR 70/91, WM 1992, 901, 905 und vom 19. Mai 2000 – V ZR 322/98, WM 2000, 1287, 1288). Denn bei einem
Immobilienkauf weiß auch der rechtsunkundige und geschäftsunerfahrene Laie, daß Kreditgeber und Immobilienverkäufer in der
Regel verschiedene Personen sind. Dem hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er in § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG bestimmt
hat, daß die Regelungen über verbundene Geschäfte (§ 9 VerbrKrG) auf Realkredite im Sinne des § 3 Abs, 2 Nr. 2 VerbrKrG
keine Anwendung find!
en.
Der Widerruf des Realkreditvertrages berührt die Wirksamkeit des Kaufvertrages über die Eigentumswohnung deshalb
grundsätzlich nicht. Die gebotene richtlinienkonformeAuslegung des § 5 Abs. 2 HWiG ändert daran nichts. Sie hat nicht zur
Folge, daß das Verbrauche.rkreditgesetz für Geschäfte der vorliegenden Art generell nicht zu beachten wäre.
Haustürwiderrufs- und Verbraucherkreditgesetz stehen insoweit vielmehr ebenso nebeneinander wie Haustürgeschäfte- und
Verbraucherkreditrichtlinie (vgl. Pfeiffer EWiR 2002, 261, 262). Ob der Kaufvertrag aus anderen Gründen unwirksam ist, was
für die Rückabwicklung des Realkreditvertrages nach § 3 HWiG von Bedeutung sein kann, wird das Berufungsgericht
gegebenenfalls noch zu prüfen haben.