§ 1 UWG
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 21. Februar 2002 durch (…) für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Köln vom 10. September 1999 aufgehoben.
Die
Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die
Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beide Parteien stellen her und vertreiben Leuchten, die für die
Straßen-, Wege- und Objektbeleuchtung im Außenbereich eingesetzt werden.
Die Klägerin vertreibt die Pollerleuchte “SR III” (früher “SR I”), die
Wegeleuchte “SR IV” (früher “SR II”) und die Wandleuchte “SR II” (früher
“SR III”) in den nachstehend wiedergegebenen Gestaltungen:
Pollerleuchte “SR III” (früher “SR I”); Wegeleuchte “SR IV” (früher “SR
II”); Wandleuchte “SR II” (früher “SR III”):
Diese Leuchten
gehen auf einen Entwurf eines früheren Geschäftsführers der Klägerin
zurück. Die Gestaltung der Poller- und Wegeleuchten wurde im Dezember
1997 mit dem Ehrenpreis für Produktdesign des Landes Nordrhein-Westfalen
ausgezeichnet. Darüber wurde in der Fachzeitschrift “Licht &
Architektur” (Ausgabe IV/97) berichtet. Im Dezember 1997 meldete die
Klägerin die Wegeleuchte zur Teilnahme an dem Wettbewerb “Die gute
Industrieform” in Hannover an; sie erhielt dort im Jahr 1998 den
“Product Design Award”.
Die Klägerin ist Inhaberin des
deutschen Geschmacksmusters Nr. M 97 03 572.6, das als Sammelanmeldung
von 31 Geschmacksmustern am 14. April 1997 angemeldet worden ist. Das
Geschmacksmuster betrifft u.a. die Gestaltung einer Pollerleuchte (“SR
I” = Nr. 20 mit den Abbildungen 20a und 20b), einer Wegeleuchte (“SR II”
= Nr. 21 mit den Abbildungen 21a und 21b) sowie einer Wandleuchte (“SR
III” = Nr. 22 mit den Abbildungen 22a, 22b und 22c).
Die
Klägerin ist weiterhin Inhaberin des ebenfalls am 14. April 1997
angemeldeten internationalen Geschmacksmusters Nr. DM/041 326, unter dem
die Gestaltungen einer Pollerleuchte (vgl. die Abbildungen 17.1, 17.2,
17.3, 17.4) und einer Wegeleuchte (vgl. die Abbildungen 18.1, 18.2,
18.3) registriert sind.
Die Beklagte stellt eine Außenleuchte
mit der Bezeichnung “Typ ” in der aus dem Klageantrag sowie den
Abbildungen der Anlage KE 4 ersichtlichen Gestaltung her und vertreibt
diese. Sie hat diese Leuchte anläßlich der Hannover Messe 1998
ausgestellt. Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte verletze mit dem
Vertrieb ihrer Außenleuchte ihre Geschmacksmuster und handele zudem
wettbewerbswidrig. Die beanstandete Leuchte der Beklagten habe die
bereits im Verkehr bekannt gewordene Gestaltungsform der
“SR”-Leuchtenserie unzulässig durch Übernahme der prägenden Merkmale
nachgeahmt. Der Verkehr werde daher das Modell der Beklagten dem
Unternehmen der Klägerin zuordnen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
1. es zu unterlassen, Außenleuchten wie nachfolgend abgebildet in
der Bundesrepublik Deutschland anzubieten und/oder in den Verkehr zu
bringen;
2. ihr, der Klägerin, ab dem 12. Juni 1998 Auskunft
über die Herkunft und den Vertriebsweg der vorstehend unter 1.
beschriebenen Erzeugnisse zu erteilen, insbesondere unter Angabe der
Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und deren
Vorbesitzer, der gewerblichen Abnehmer oder Auftraggeber sowie unter
Angabe der Mengen der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder
bestellten Erzeugnisse;
3. ihr, der Klägerin, ab dem 12. Juni
1998 über den Umfang der vorstehend unter 1. bezeichneten Handlungen
Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe des erzielten Umsatzes sowie
unter Angabe des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach
Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern;
4.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr, der Klägerin,
allen Schaden zu erstatten, der ihr aus den vorstehend unter Ziffer 1.
bezeichneten Handlungen entstanden ist oder künftig noch entstehen wird.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, ihre Leuchte “Typ ”
gehe auf einen eigenständigen Entwurf des Zeugen H. zurück, den dieser
bereits im Februar 1997 im Stadtplanungsamt S. sowie bei Firmen
vorgestellt habe, die den Entwurf möglicherweise hätten verwerten
können. Den Geschmacksmustern der Klägerin fehle daher die Neuheit. Auch
Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz seien
nicht gegeben. Mit den von der Klägerin als maßgeblich angesehenen
Gestaltungselementen des Leuchtenkopfes sei nur der Formenschatz des Art
déco aufgegriffen worden. Die beanstandete Außenleuchte sei zudem in
ihrem Gesamterscheinungsbild völlig anders als die Leuchten der Klägerin
gestaltet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die
Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, begehrt
die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klageansprüche aus
Geschmacksmusterrecht begründet seien. Die Klageansprüche seien
jedenfalls als Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem
Leistungsschutz unter dem Gesichtspunkt der vermeidbaren
Herkunftstäuschung zuzusprechen.
Die konkrete Gesamtgestaltung
der Pollerleuchte der Klägerin “SR III” besitze wettbewerbsrechtliche
Eigenart. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, das Erscheinungsbild
der Pollerleuchte werde maßgeblich geprägt durch den zylindrischen
Leuchtkörper, der auf ein ebenfalls zylindrisches Standrohr gesetzt sei,
dessen Form und Maße aufnehme und nach oben verlängere. Der Leuchtkörper
werde konzentrisch zu 180° von einem in gewissem Abstand angebrachten
“Segel” umschlossen. Leuchtkörper und Segel seien dabei jeweils durch
eine flache, auf gleicher Höhe endende Abdeckung abgeschlossen, die bei
dem Leuchtkörper in der Form eines flachen Deckels geformt sei, dessen
Rand das obere Ende des Leuchtkörpers “halte”. Die seitlich aus dem
“Deckelrand” wachsende Abdeckung des Segels folge konzentrisch dessen
Halbkreisform und sei als kantige, das verhältnismäßig dünnwandige Segel
fixierende massive Halterung geformt. Durch das Zusammenwirken dieser
Merkmale entstehe der ästhetische Gesamte! indruck einer sachlich
schlichten Form gleichsam aus “einem Guß”. Es sei unerheblich, ob das
den zylindrischen Leuchtkörper umspannende Segel als “Blendschutz” eine
technische oder lediglich eine praktische Funktion erfülle. Auch wenn
bei Leuchten der in Rede stehenden Art als Blendschutz eine teilweise
Abdeckung des Leuchtkörpers anzubringen sei, bedinge dies nicht gerade
die von der Klägerin gewählte Form eines den zylindrischen Leuchtkörper
zu 180° umspannenden konvexen Segels. Zur Erfüllung derselben
technischen oder praktischen Funktion gebe es zahlreiche andere,
willkürlich wählbare Gestaltungsmöglichkeiten (wie z.B. eine flache oder
U-förmig gebogene Abdeckung). Es könne auch unterstellt werden, daß die
formgebenden Gestaltungselemente der Pollerleuchte der Klägerin nur
Merkmale aufgegriffen hätten, die für die Zeit des Art déco typisch und
zur Gestaltung vergleichbarer Produkte verwendet worden seien. Denn
jedenfalls die konkrete Kombination der Merkmale, die das ästhe! tische
Gesamtbild der Pollerleuchte der Klägerin präge, sei in besonderem Maß
geeignet, sich dem Verkehr als Hinweis auf das Produkt und seine
betriebliche Herkunft einzuprägen.
Die Pollerleuchte der Klägerin sei beim Marktzutritt der Beklagten im
Verkehr infolge des Berichts in der Fachzeitschrift “Licht &
Architektur” über die Auszeichnung mit dem Ehrenpreis für Produktdesign
des Landes Nordrhein-Westfalen bereits ausreichend bekannt gewesen.
Die Straßenleuchte der Beklagten “Typ ” sei dem Klagemodell im
Gesamteindruck so ähnlich, daß die Gefahr von Verwechslungen bestehe.
Die Leuchtenköpfe der beiderseitigen Modelle stimmten in sämtlichen
Details der Kombination von Gestaltungselementen überein, die den
individuellen Charakter des Leuchtenkopfes des Klagemodells ausmachten.
Bei dem Modell der Beklagten sei lediglich der Randabschluß des
Leuchtenkopfes abweichend gestaltet. Dies betreffe jedoch ein für den
ästhetischen Gesamteindruck unwesentliches Detail. Aber auch die für die
rechtliche Beurteilung maßgebliche Gegenüberstellung der beiderseitigen
Leuchtenmodelle ergebe den Gesamteindruck einer Übereinstimmung in der
Gestaltung, zumindest aber einer erheblichen Ähnlichkeit. Dem stehe
nicht entgegen, daß der Leuchtenmast der Straßenleuchte der Beklagten
abweichend vom Standrohr der Pollerleuchte der Klägerin gestaltet sei.
Zwar sei der Mast der Leuchte der Beklagten nicht – wie bei der
Pollerleuchte – in einer der ! zylindrischen Rundung des Leuchtenkopfes
genau folgenden Form eines Rohres gehalten, er weise aber bei frontaler
Sicht auf die Leuchte durch die nebeneinander gesetzten, insgesamt die
Breite des Leuchtenkopfes aufnehmenden und fortsetzenden kantigen Träger
eine gestalterische Konstruktion auf, die ebenso wie beim Klagemodell
den optischen Eindruck einer in “einem Guß” gehaltenen Form erwecke. Bei
seitlicher Betrachtung sei dies zwar anders, die Ähnlichkeit bei
frontaler Sicht begründe aber die Gefahr, daß ein mehr als nur
unbeachtlicher Teil des Verkehrs trotz der wahrgenommenen Abweichungen
der Produkte annehme, es handele sich um eine Zweitlinie desselben
Herstellers oder um Erzeugnisse von Herstellern, die wirtschaftlich oder
organisatorisch miteinander verbunden seien. Gerade für den Teil des
Verkehrs, dem nur die Pollerleuchte der Klägerin bekannt sei, werde
wegen der nahezu identischen Übereinstimmung der Leuchtenköpfe sowie der
Gestaltung des Leuchtenmastes und des Stan! drohres der Leuchten der
Schluß naheliegen, das Modell der Beklagten sei eine “hohe” Version der
Pollerleuchte der Klägerin in Form einer Straßen- oder Wegeleuchte.
Die erforderlichen subjektiven Unlauterkeitsmerkmale seien
ebenfalls gegeben. Die Beklagte habe ihr Modell einer Straßenleuchte
erst nach der öffentlichen Vorstellung des Klagemodells auf den Markt
gebracht. Dies spreche dafür, daß der Beklagten als unmittelbarer
Wettbewerberin der Klägerin das Klagemodell bereits bekannt gewesen sei.
Es sei deshalb unlauter, wenn die Beklagte nicht alle ihr möglichen und
zumutbaren Maßnahmen getroffen habe, um der Gefahr einer Verwechslung
ihrer Außenleuchte mit dem Klagemodell ausreichend entgegenzuwirken.
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei gegeben, weil
nach der Lebenserfahrung davon auszugehen sei, daß die
Verletzungshandlung der Beklagten zu einem Schaden der Klägerin geführt
habe. Die Klägerin könne weiter Auskunftserteilung und – im Hinblick auf
die an eine Geschmacksmusterfähigkeit heranreichende wettbewerbliche
Eigenart des Klageprodukts – auch Rechnungslegung verlangen.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht
stand. Die Revisionsangriffe führen zur Aufhebung des Berufungsurteils
und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1.
Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, daß die Voraussetzungen
für Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz (§
1 UWG) gegeben seien.
a) Das Berufungsgericht ist allerdings
zutreffend davon ausgegangen, daß Ansprüche aus ergänzendem
wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen die Verwertung eines
fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen eines Schutzes aus
Geschmacksmusterrecht gegeben sein können, wenn besondere
Begleitumstände vorliegen, die außerhalb des sondergesetzlichen
Tatbestands liegen (vgl. – zum Urheberrecht – BGHZ 134, 250, 267 –
CB-infobank I; 140, 183, 189 – Elektronische Pressearchive; vgl. weiter
Piper in Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 487 ff.; Eichmann/v.
Falckenstein, Geschmacksmustergesetz, 2. Aufl., Allg. Rdn. 31 ff.
m.w.N.). Der Vertrieb von Nachahmungen eines Erzeugnisses, das
wettbewerbsrechtliche Eigenart besitzt und bei den angesprochenen
Verkehrskreisen eine gewisse Bekanntheit erlangt hat, ist
dementsprechend wettbewerbswidrig, wenn dadurch die Gefahr einer
betrieblichen Herkunftstäuschung begründet wird. Zwischen dem Grad der
wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der
Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht dabei
eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher
der Grad der Übernahme ist, desto geringer sind die Anforderungen an die
besonderen Umstände, die die Wettbewerbswidrigkeit begründen (vgl. BGH,
Urt. v. 15.6.2000 – I ZR 90/98, GRUR 2001, 251, 253 = WRP 2001, 153 –
Messerkennzeichnung, m.w.N.).
b) Das Berufungsgericht hat auch zutreffend angenommen, daß der
Pollerleuchte der Klägerin “SR III” (früher “SR I”) wettbewerbliche
Eigenart zukommt. Eine solche wettbewerbliche Eigenart setzt voraus, daß
die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses
geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf seine betriebliche
Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (st. Rspr.; vgl. zuletzt
BGH, Urt. v. 8.11.2001 – I ZR 199/99, WRP 2002, 207, 209 – Noppenbahnen,
m.w.N.). Das Berufungsgericht hat die wettbewerbliche Eigenart der
Pollerleuchte in der besonderen Kombination ihrer Gestaltungselemente
gesehen. Im Ergebnis ist diese Beurteilung zutreffend; sie wird insoweit
von der Revision auch nicht angegriffen. Das Berufungsgericht hat jedoch
bei seiner Begründung die Merkmale, die der Pollerleuchte der Klägerin
wettbewerbliche Eigenart verleihen, nicht vollständig herausgearbeitet.
Es hat insbesondere wesentliche Merkmale nicht berücksichtigt, in denen
sich die Pollerleuchte der Klägerin von der angegriffenen Außenleuchte
“Typ ” unterscheidet. Diesem Versäumnis entspricht die unzutreffende
Annahme des Berufungsgerichts, bei der Straßenleuchte “Typ ” sei der
Leuchtenkopf der Pollerleuchte der Klägerin nahezu identisch übernommen.
Die Pollerleuchte ist dadurch gekennzeichnet, daß die verletzliche
Leuchtröhre in eine betont feste, formgeschlossene Struktur eingefügt
ist. Die Leuchtröhre erwächst aus dem rohrförmigen Pollerschaft als
dessen Fortsetzung, ist aber von diesem klar abgesetzt durch einen etwas
hervortretenden Metallring, dem am oberen Ende der Leuchtröhre eine
runde Metallkappe entspricht. Sie hat dementsprechend eine gewisse
Ähnlichkeit mit einer Versandrolle für Plakate mit zwei aufgesetzten
Abschlußkappen. Nach rückwärts wird die Leuchtröhre – etwas abgesetzt –
konzentrisch von einem halbzylinderförmigen Blendsegel aus dünnerem
Blech umfangen. Die konzentrisch um die Leuchtröhre herumführenden
beiden Halterungen dieses Blendsegels setzen jeweils radial an der
oberen Abschlußkappe der Leuchtröhre und dem diese nach unten
einfassenden Metallring an, wodurch die Leuchtröhre optisch eine massive
Metallfassung erhält, die sie in ihrer Funktion als technisch
wichtigster Teil des Leuchtenkopfes he! raushebt. Die Metallteile des
Leuchtenkopfes der Pollerleuchte formen so eine straffe Struktur, in der
die Leuchtröhre – wie in einem geöffneten Futteral – zugleich
präsentiert und geschützt wird. Leuchtenkopf und Standrohr der
Pollerleuchte bilden infolge der konsequenten Beschränkung auf schlichte
Zylinderformen eine Einheit als Leuchtstab, die im Gesamteindruck
Assoziationen an eine Fackel oder ein Streichholz hervorruft.
c) Das Berufungsgericht hat – von der Revision nicht angegriffen –
festgestellt, daß die Pollerleuchte der Klägerin im Verkehr bereits
bekannt war, als die Beklagte ihre Außenleuchte “Typ ” auf den Markt
brachte.
d) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind
aber die besonderen Merkmale, die der Pollerleuchte der Klägerin
wettbewerbliche Eigenart geben, bei der angegriffenen Straßenleuchte der
Beklagten “Typ ” nicht in einer Weise übernommen, daß eine noch
relevante Herkunftstäuschung in Betracht kommen könnte. Das
Berufungsgericht hat zwar zutreffend dargelegt, daß sich die Beurteilung
der Ähnlichkeit der beiderseitigen Erzeugnisse auf deren Gesamtwirkung
beziehen muß (vgl. BGH, Urt. v. 7.11.1980 – I ZR 57/78, GRUR 1981, 273,
275 – Leuchtenglas). Seine Annahme, daß die beanstandete Außenleuchte
der Beklagten auch bei dieser Betrachtungsweise als Ausführung der
Pollerleuchte der Klägerin in der “hohen” Version einer Straßen- oder
Wegeleuchte erscheine, beruht aber – wie die Revision zu Recht rügt –
auf einem unzureichenden Vergleich der einander gegenüberstehenden
Gestaltungen.
(1) Das Berufungsgericht hat es unterlassen, die
Besonderheiten der Gestaltung der Außenleuchte der Beklagten als solche
zu erfassen. Seine Beurteilung, die Leuchte der Beklagten habe die
Gestaltungsmerkmale des Leuchtenkopfes der Pollerleuchte “SR III” nahezu
identisch übernommen, ist dementsprechend unzutreffend. Die
Straßenleuchte “Typ ” weist im Leuchtenkopf eine senkrecht gestellte
Leuchtröhre aus satiniertem Glas auf, die oben durch eine Metallkappe
geschützt ist. Die Glasröhre steht zumindest optisch frei vor einem
etwas längeren Blendsegel aus dünnerem Blech, das sie als Halbzylinder
umgreift. An ihrem unteren Ende erscheint die Glasröhre nicht
abgeschlossen, sondern wie locker über zwei ineinandergesteckte
Metallbänder gestülpt. Eine verbindende Metallstruktur, in die
Blendsegel und Leuchtröhre eingebunden wären, fehlt. Vielmehr erinnert
der Leuchtenkopf an lose ineinandergelegte Papierrollen, hinter deren
rückwärtige Hälfte etwas abgesetzt ein ebenso gebogenes Blatt gestellt
ist. Der Leuchtenkopf der Straßenleuchte “Typ ” ist freistehend auf
einem rechtwinkligen Träger befestigt, der an einem Mast angebracht ist.
In der Mitte des Mastes verläuft ein Rechteckrohr (Maß 80 x 50 x 4),
flankiert jeweils von L-Profilen (Maße 80 x 40 x 4), wodurch in der
Vorderansicht der Eindruck dreier rechtwinkliger Stäbe entsteht. Diese
sind im oberen Teil nur durch einzelne Querstreben miteinander verbunden
und werden erst im Sockelbereich zusammengeführt. Sie sind aber auch
hier noch als einzelne Gestaltungselemente unterscheidbar. Im
Gesamteindruck wird die Straßenleuchte “Typ ” damit geprägt durch eine
Zusammenstellung zylindrischer (beim Leuchtenkopf) und rechtwinkliger
Formen (beim Leuchtenmast). Der rechtwinklig ausgebildete Mast ist
unverhüllt bloßer Träger des rund gestalteten Leuchtenkopfes, der vor
ihn gestellt ist. In der Vorderansicht sind Leuchtenkopf und Mast
dadurch aufeinander bezogen, daß beide in etwa dieselbe Breite
aufweisen, sowie dadurch, daß die Le! uchtröhre und die beiden Kanten
des dahinter gestellten Metallsegels im Mast optisch nach unten
fortgesetzt werden durch das mittige Rechteckrohr und die daneben
verlaufenden beiden L-Profile.
(2) Die Übereinstimmungen
zwischen der Pollerleuchte “SR III” und der Straßenleuchte “Typ ”
beschränken sich auf bestimmte Grundelemente. Beide Leuchten haben
senkrecht gestellte zylindrische Leuchtenköpfe aus satiniertem Glas, die
rückwärts von einem halbrunden Reflektorsegel und nach oben hin durch
eine Metallkappe geschützt sind. Aus der Vorderansicht entspricht bei
beiden Leuchten die Breite des Leuchtenkopfes im wesentlichen der des
Trägers. Der Leuchtenkopf wird dabei durch seine geringfügig breitere
Ausgestaltung etwas hervorgehoben.
(3) Der Gesamteindruck der
Leuchten ist jedoch sehr verschieden. Davon, daß die Straßenleuchte “Typ
” als “hohe” Version der Pollerleuchte “SR III” erscheint, kann –
entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – keine Rede sein.
Die unzutreffende Beurteilung des Berufungsgerichts beruht nicht nur auf
der unrichtigen Annahme, daß die Leuchtenköpfe der beiden Leuchten
nahezu identisch seien, sondern auch auf einer rechtsfehlerhaften
Beurteilung der Übereinstimmungen der beiden Leuchten allein aus dem
Blickwinkel der Vorderansicht. Maßgebend für die Beurteilung von
Übereinstimmungen ist der jeweilige Gesamteindruck, den die
verschiedenen Erzeugnisse bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem
Betrachter vermitteln. Außenleuchten wie die Pollerleuchte “SR III” und
die Straßenleuchte “Typ ” werden jedoch nicht nur aus einem einzigen
Blickwinkel, sondern – etwa im Vorbeigehen – aus ganz verschiedenen
Blickrichtungen wahrgenommen. Danach wird jedoch unübersehbar, daß die
Leuchten sehr unterschiedlich gestaltet sind. Der geschlossenen Form der
Pollerleuchte “SR III”, bei der die Leuchtröhre aus einem Standrohr
erwächst und wie in einem Futteral präsentiert wird, stehen bei der
Straßenleuchte “Typ ” geöffnete F! ormen gegenüber. Leuchtröhre und
Blendsegel sind nicht nur voneinander, sondern auch vom Träger
abgesetzt. Der Träger selbst ist aus der Vorderansicht in drei Streben
gegliedert, aus der Seitenansicht ein schlichtes rechtwinkliges
Metallstück mit vorstehendem, ebenfalls rechtwinkligem L-Träger als
Stütze für den freistehenden Leuchtenkopf. Der unbefangene Betrachter
kann keinen übereinstimmenden Gesamteindruck feststellen, sondern nur
Gemeinsamkeiten in praktischen Grundgegebenheiten. Zu diesen gehört
insbesondere der Gedanke, bei einer Außenleuchte eine hochkant gestellte
Leuchtröhre zu verwenden und mit einem halbrunden, konzentrisch
angeordneten Metallsegel zu versehen, das diese einerseits schützen und
andererseits den Lichtaustritt lenken soll. Dabei erfüllt das
Blendsegel, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, auch eine
praktische Funktion als Blendschutz, wie er unter Umständen von
Straßenanwohnern als Schutz vor unerwünschten Lichteinwirkungen
gefordert wird. Es kann unterstellt werden, daß der Gedanke, eine
Außenleuchte mit einer senkrecht gestellten Leuchtröhre auszustatten und
mit einem halbrunden Blendsegel zu versehen, zuerst bei der
Pollerleuchte “SR III” verwirklicht wurde und deshalb Betrachter, denen
die Pollerleuchte bekannt ist, bei der Straßenleuchte “Typ ” an diese
erinnert werden. Dies ist jedoch von der Klägerin selbst dann
hinzunehmen, wenn damit im Einzelfall eine Herkunftstäuschung verbunden
sein sollte (vgl. dazu auch BGH WRP 2002, 207, 210 – Noppenbahnen).
Andernfalls würde sich der ergänzende Leistungsschutz aus § 1 UWG nicht
mehr auf den Schutz des konkreten wettbewerblich eigenartigen
Erzeugnisses beschränken. Es würde vielmehr Schutz gewährt werden für
eine gestalterische und praktische Grundidee, die einem Sonderschutz
nicht zugänglich wäre.
e) Bei dieser Sachlage kommt es nicht
mehr darauf an, daß das Berufungsgericht den subjektiven
Unlauterkeitstatbestand, dessen Vorliegen Voraussetzung für die
Zuerkennung von Ansprüchen aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichen
Leistungsschutz ist (vgl. BGHZ 117, 115, 117 f. – Pullovermuster,
m.w.N.), verfahrensfehlerhaft festgestellt hat. Die Revision rügt
insoweit zu Recht, daß das Berufungsgericht nicht den angebotenen
Zeugenbeweis zu der Behauptung der Beklagten erhoben hat, die
Straßenleuchte “Typ ” sei nicht nur in Unkenntnis der Pollerleuchte “SR
III”, sondern sogar vor der Anmeldung der entsprechenden
Geschmacksmuster der Klägerin geschaffen und interessierten Unternehmen
vorgestellt worden.
2. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu
prüfen haben, ob die Klägerin ihre Klage auf ihr deutsches
Geschmacksmuster Nr. M 97 03 572.6 und ihr internationales
Geschmacksmuster Nr. DM/041 326 stützen kann (§ 14a GeschmMG).
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil
aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,
auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht
zurückzuverweisen.