UWG §§ 3; 7 Abs. 1; 13 Abs. 5
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 6. April 2000 durch (…) für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 19. März 1998 unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und im Umfang der nachfolgenden
Abänderung aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der II. Kammer für
Handelssachen des Landgerichts Bielefeld vom 6. Januar 1998 unter Zurückweisung
der weitergehenden Berufung abgeändert und insgesamt wie folgt neu
gefaßt:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die Ankündigung des Verkaufs
von Computerartikeln “direkt ab LKW” – entsprechend der nachstehend im
Tatbestand dieses Urteils abgebildeten Werbung – und/oder durch die ankündigungsgemäße
Durchführung entstanden ist oder noch entsteht.
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen,
wo, wann und wie oft sie seit dem 17. August 1997 in der bezeichneten Weise
geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbeträgern, Auflage der Werbeträger
und Erscheinungsdatum aufzuschlüsseln ist.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, der Klägerin Auskunft über
die im Rahmen der beschriebenen Verkaufsveranstaltung getätigten Verkäufe
zu erteilen, aufgeschlüsselt nach Verkaufstag und Artikel.
Im übrigen wird die Klage – hinsichtlich des Unterlassungsantrags
als unzulässig – abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 9/10, die Beklagte
1/10 zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin ist ein der Media-Markt/Saturn-Gruppe angehörendes
Einzelhandelsunternehmen. Beide Parteien vertreiben in Bielefeld Computer
und Computerzubehör an Endverbraucher.
Am 17. August 1997 verteilte die Beklagte im Zusammenhang mit ihrem
Einzug in ein neu errichtetes Geschäftshaus Handzettel an Bielefelder
Haushalte, auf denen sie unter der Überschrift
“Neu in Bielefeld”
mit dem Hinweis
“Verkauf direkt ab LKW – Stück für Stück!”
für Computer und Zubehör warb. Einem Teil ihrer sogenannten
“pc. Spezialist Preise” stellte sie einen durchgestrichenen “Normalpreis”
gegenüber. Der fragliche Handzettel ist nachstehend (verkleinert)
wiedergegeben:
Die Klägerin hat diese Werbung als wettbewerbswidrig beanstandet
und die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen
sowie die Feststellung der Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz
begehrt. Sie hat beantragt,
I. die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen,
es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Verkäufe von Computerartikeln “direkt ab Lkw” anzukündigen und/oder
ankündigungsgemäß durchzuführen und/oder dem Eigenpreis
einen gestrichenen Normalpreis gegenüberzustellen, wie dies in der
(vorstehend wiedergegebenen) Eröffnungswerbung erfolgt ist,
II. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin
allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I genannten
Handlungen entstanden ist und noch entsteht,
III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen,
wo, wann und wie oft sie seit dem 17. August 1997 in der unter Ziffer I
beanstandeten Weise geworben hat, wobei die Auskunft nach Werbemedium,
Werbeträgern, Auflage der Werbeträger bzw. Hörerreichweite
des Werbemediums und Erscheinungs- bzw. Sendedatum aufzuschlüsseln
ist, sowie der Klägerin Auskunft über die im Rahmen der Verkaufsveranstaltung
gemäß Ziffer I getätigten Verkäufe zu erteilen, aufgeschlüsselt
nach Verkaufstag, Verkaufspreis und Artikel.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten,
die Klage sei wegen Mißbrauchs der Klagebefugnis unzulässig,
weil bereits die zum selben Konzern wie die Klägerin gehörende
Saturn Elektro-Handelsgesellschaft mbH Bielefeld sie wegen derselben Handlung
gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen habe. Im übrigen
sei die angegriffene Werbung wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Revision hat überwiegend Erfolg. Sie führt hinsichtlich
des Unterlassungsantrags zur Abweisung der Klage. Soweit sich Feststellung
und Auskunftserteilung auf die beanstandete Preisgegenüberstellung
beziehen, ist die Klage ebenfalls abzuweisen. Soweit es um die Ankündigung
des Verkaufs “direkt ab Lkw” geht, hat die Revision dagegen nur hinsichtlich
des Umfangs der zu erteilenden Auskunft Erfolg.
I. Zum Unterlassungsantrag:
Die Klage ist mit dem Unterlassungsantrag als unzulässig abzuweisen,
weil der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs der Einwand der mißbräuchlichen Rechtsverfolgung entgegensteht (§ 13 Abs. 5 UWG).
1. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen eines Mißbrauchs der
Klagebefugnis verneint, weil es sich bei den die Beklagte angreifenden
Unternehmen um rechtlich selbständige Gesellschaften am Ort handele,
die durch die beanstandete Werbemaßnahme jeweils selbst betroffen
seien, und nicht ersichtlich sei, daß gerade die konzernmäßige
Verbundenheit zu einem parallelen Vorgehen gegen die Beklagte geführt
habe, ohne daß die beiden angreifenden Unterlassungsgläubiger
jeweils eigene wettbewerbliche Interessen hätten verfolgen wollen.
Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden.
2. Die Klägerin ist unabhängig davon, ob sie ihren Anspruch
auf § 13 Abs. 2 Nr. 1, § 3 UWG oder als betroffene Mitbewerberin
unmittelbar auf § 3 UWG stützt, Adressatin der Mißbrauchsregelung
in § 13 Abs. 5 UWG. Nach dieser Bestimmung kann ein Unterlassungsanspruch
nicht gerichtlich durchgesetzt werden, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung
der gesamten Umstände mißbräuchlich wäre. Zwar stand
bei der Einführung dieser Norm im Jahre 1986 die Bekämpfung der
Mißbräuche sogenannter Abmahnvereine im Vordergrund. Die in
das Gesetz aufgenommene Mißbrauchsregelung beschränkt sich aber
nicht auf diese Mißbrauchsfälle, sondern verwehrt jedem Unterlassungsgläubiger
im Falle des Mißbrauchs die Geltendmachung seines Anspruchs (vgl.
Senatsurteil vom selben Tag – I ZR 76/98, Umdruck S. 6 ff. – Mißbräuchliche
Mehrfachverfolgung, zum Abdruck in BGHZ bestimmt).
3. Gemäß § 13 Abs. 5 UWG ist die Verfolgung eines Unterlassungsanspruchs
unzulässig, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung der
gesamten Umstände mißbräuchlich ist, insbesondere wenn
sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf
Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
Danach setzt die Annahme eines Rechtsmißbrauchs – entgegen der Ansicht
des Berufungsgerichts – nicht voraus, daß die Rechtsverfolgung ohne
jedwede wettbewerbsrechtlichen Interessen betrieben werde. Zur Bejahung
des Mißbrauchstatbestandes ist vielmehr erforderlich, aber auch ausreichend,
daß überwiegend sachfremde Ziele – wie das Interesse, Gebühren
zu erzielen oder den Gegner mit erheblichen Gebühren zu belasten oder
generell zu schädigen – das die Verfahrenseinleitung beherrschende
Motiv bilden (vgl. Hefermehl, WRP 1987, 281, 284 f.; Scholz, WRP 1987,
433, 436). Ein Fehlen oder vollständiges Zurücktreten wettbewerbsrechtlicher
Absichten hinter den vom Gesetzgeber mißbilligten Zielen ist demgegenüber
nicht zu verlangen (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche,
7. Aufl., Kap. 13 Rdn. 56; Borck, GRUR 1990, 249, 251).
4. Allerdings ist die Verfolgung desselben Wettbewerbsverstoßes
durch mehrere Unterlassungsgläubiger für sich genommen nicht
zu beanstanden. Mit der weiten Fassung der Anspruchsberechtigung nimmt
es das Gesetz hin, daß ein Wettbewerbsverstoß von mehreren
Gläubigern klageweise verfolgt werden kann. Das prozessuale Vorgehen
des einen schließt das des anderen grundsätzlich nicht aus (vgl.
BGHZ 115, 105, 115 f. – Anwaltswerbung; BGH, Urt. v. 16.12.1993 – I ZR 277/91, GRUR 1994, 307, 308 = WRP 1994, 256 – Mozzarella I; OLG Hamburg
GRUR 1995, 822; Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 25, 138). Für
die Annahme eines Rechtsmißbrauchs bedarf es daher des Hinzutretens
besonderer Umstände.
Wie der Senat in der Entscheidung “Mißbräuchliche Mehrfachverfolgung”
(Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 76/98, Umdruck S. 8 ff.) im einzelnen dargelegt
hat, erfordert die Annahme eines Rechtsmißbrauchs nach § 13
Abs. 5 UWG eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der maßgeblichen
Einzelumstände. Danach kann sich eine Mehrfachverfolgung desselben
Wettbewerbsverstoßes insbesondere dann als mißbräuchlich
erweisen, wenn sie auf einem abgestimmten Vorgehen der Unterlassungsgläubiger
beruht und wenn – ohne daß hierfür ein vernünftiger Grund
ersichtlich wäre – die Vervielfachung des mit der Rechtsverteidigung
verbundenen Kostenrisikos sowie die Bindung personeller und finanzieller
Kräfte eine unangemessene Belastung des Anspruchsgegners zur Folge
hat. Anhaltspunkte für ein solches mißbräuchliches Verhalten
können grundsätzlich verschiedene prozessuale Situationen bieten:
So kann es sich als mißbräuchlich erweisen, daß der Unterlassungsgläubiger,
ohne hierzu – etwa mit Blick auf den drohenden, auf andere Weise nicht
zu verhindernden Eintritt der Verjährung – genötigt zu sein,
neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein Hauptsacheverfahren
anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung erlassen wird
und der Schuldner dies in einer Abschlußerklärung als endgültige
Regelung akzeptiert. Ferner kann ein Mißbrauch naheliegen, wenn konzernmäßig
verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt – sei es als Prozeßbevollmächtigtem
oder als Verkehrsanwalt – vertreten werden, nicht gemeinsam als Streitgenossen
klagen, sondern getrennte Verfügungs- oder Klageverfahren anstrengen
oder wenn mehrere Unterlassungsschuldner nicht in einem Verfahren, sondern
jeweils gesondert in Anspruch genommen werden, obwohl eine subjektive Klagehäufung
auf der Aktiv- oder Passivseite für den Kläger oder Antragsteller
mit keinerlei Nachteilen – etwa bei der Wahl des Gerichtsstandes – verbunden
wäre. Schließlich ist in Fällen, in denen das prozessuale
Vorgehen verschiedener Konzernunternehmen gegen Wettbewerbsverstöße
zentral gesteuert wird, zu fragen, ob es nicht ausgereicht hätte,
daß eines der Konzernunternehmen einen Titel erstritten hätte,
aus dem bei Zuwiderhandlungen bundesweit auch im Interesse anderer zum
Konzern gehörender Unterlassungsgläubiger vollstreckt werden
könnte, oder ob – wenn schon für jedes Konzernunternehmen ein
eigener Titel für notwendig gehalten wurde – nicht ein streitgenössisches
Vorgehen zumutbar gewesen wäre.
In den beschriebenen Fällen kann das prozessuale Vorgehen – je
nach den Umständen des Einzelfalls – den Schluß rechtfertigen,
daß der klagende Gläubiger neben dem Interesse an einer Untersagung
des Wettbewerbsverstoßes die Absicht verfolgt, den Schuldner durch
eine – der Sache nach unnötige – Belastung mit Kosten und Gebühren
zu schädigen und ihn dadurch im Wettbewerb zu behindern.
5. Im Hinblick auf diese Grundsätze besteht im Streitfall an der
Mißbräuchlichkeit des Vorgehens der Klägerin kein Zweifel.
Die Klägerin sowie die zum selben Konzern gehörende und vom
selben (Verkehrs-)Anwalt vertretene Saturn Elektro-Handelsgesellschaft
mbH Bielefeld haben jeweils getrennt, aber innerhalb von wenigen Tagen
gegen die Beklagte und gegen ihre Franchisegeberin (Parallelverfahren I
ZR 67/98) Verfügungs- und Hauptsacheverfahren eingeleitet, wobei mit
der Geltendmachung des Unterlassungsantrags im Hauptsacheverfahren eine
mögliche Abschlußerklärung nicht abgewartet wurde. Statt
auf diese Weise sieben (GA 43) oder acht (GA 123) Verfahren anzustrengen,
wäre es der Klägerin und ihrer Schwestergesellschaft ohne Verkürzung
der eigenen Rechte möglich gewesen, gemeinsam sowohl gegen die Beklagte
des vorliegenden Verfahrens als auch gegen die im Parallelverfahren (I
ZR 67/98) beklagte Franchisegeberin vorzugehen, und zwar zunächst
im Wege der einstweiligen Verfügung, um die Hauptsacheklage erst dann
zu erheben, wenn sich herausgestellt hätte, daß die erlassene
Verfügung nicht als endgültige Regelung akzeptiert wird. Durch
eine Streitgenossenschaft auf der Aktiv- wie auf der Passivseite hätte
die Klägerin dasselbe Rechtsschutzziel mit einem oder allenfalls –
wenn sich eine Hauptsacheklage als notwendig erwiesen hätte – zwei
Verfahren erreichen können. Demgegenüber erscheint das beschriebene
Vorgehen ungewöhnlich rücksichtslos. Die Klägerin hat auch
keine überzeugenden Gründe zu nennen vermocht, weswegen sie und
ihr Schwesterunternehmen gegen die Beklagte und ihre Franchisegeberin auf
eine derart kostenträchtige, schonungslose Weise vorgegangen sind. Damit sind die Voraussetzungen eines mißbräuchlichen Vorgehens
nach § 13 Abs. 5 UWG gegeben.
II. Zu den Auskunfts- und Schadensersatzanträgen hinsichtlich der
Werbung für den Verkauf “direkt ab Lkw”:
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, in der beanstandeten
Werbung liege ein Verstoß gegen das Verbot der Ankündigung von Sonderveranstaltungen (§ 7 Abs. 1 UWG).
a) Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, nach dem gesamten
Erscheinungsbild erwecke die Werbung beim Publikum den Eindruck einer außerhalb
des regelmäßigen Geschäftsverkehrs liegenden Verkaufsaktion.
Die Handzettel vermittelten dem angesprochenen Verkehr die Vorstellung,
daß der angekündigte Verkauf ab Lkw sämtliche im Prospekt
aufgeführten – preislich besonders attraktiven – Waren erfasse. Es
werde gewissermaßen eine Jahrmarktstimmung erzeugt, die für
den regelmäßigen Geschäftsverkehr, besonders in der Computerbranche,
nicht als typisch angesehen werden könne.
b) Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben
keinen Erfolg.
Mit Recht ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Werbeankündigung
erwecke nach ihrem gesamten Erscheinungsbild beim Publikum den Eindruck
einer Verkaufsaktion außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs
der – eher beratungsintensiven – Computerbranche. Es hat rechtsfehlerfrei
festgestellt, die Werbung für einen Verkauf von Computerartikeln “direkt
ab Lkw” schaffe einen besonderen Kaufanreiz, weil sie die Vorstellung einer
einmaligen und zeitlich begrenzten – jahrmarktähnlichen – Gelegenheit
zur Beschaffung preislich besonders attraktiver Waren vermittle (vgl. BGH,
Urt. v. 20.10.1978 – I ZR 5/77, GRUR 1979, 402, 404 = WRP 1979, 357 – Direkt
ab LKW). Entgegen der Auffassung der Revision läßt sich eine
Sonderveranstaltung gemäß § 7 Abs. 1 UWG auch nicht mit
der Erwägung verneinen, es handele sich um eine Eröffnungswerbung,
bei der das Publikum nicht eine Herabsetzung des gesamten Sortiments, sondern
nur einzelne Sonderangebote (§ 7 Abs. 2 UWG) erwarte. Die Grenze zur
verbotenen Sonderveranstaltung wird – ebenso wie bei der Werbung mit dem
Firmenjubiläum (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1996 – I ZR 164/94, GRUR 1997,
476, 477 = WRP 1997, 439 – Geburtstagswerbung II; Urt. v. 10.7.1997 – I
ZR 62/95, GRUR 1998, 483 = WRP 1998, 296 – Der M.-Markt packt aus; Urt.
v. 25.6.1998 – I ZR 75/96, GRUR 1998, 1046 = WRP 1998, 982 – Geburtstagswerbung
III) – dann überschritten, wenn der Eindruck entsteht, die Herabsetzung
der Preise erfolge aufgrund des besonderen Anlasses – hier der Geschäftseröffnung.
Von einer solchen Verknüpfung von besonderem Anlaß und herabgesetzten
Preisen ist das Berufungsgericht im Streitfall zu Recht ausgegangen. Die
in der Werbung angegebene Größe der Verkaufsfläche von
1.000 qm sowie die zeichnerisch dargestellte Vielzahl von Menschen, die
sich lebhaft an der Verkaufsaktion ab Lkw beteiligen, bekräftigen nur den Eindruck einer außergewöhnlichen, nicht regelmäßig
wiederkehrenden und große Teile des Sortiments erfassenden Verkaufsveranstaltung
aus Anlaß der Geschäftseröffnung.
2. Keine rechtlichen Bedenken bestehen gegen die Bejahung des Verschuldens
der Beklagten sowie gegen die Annahme des Berufungsgerichts, aufgrund der starken Anlockwirkung und mit Blick auf das zwischen den Parteien bestehende
konkrete Wettbewerbsverhältnis sei es hinreichend wahrscheinlich,
daß die beanstandete Werbung bei der Klägerin zu einem Schaden
geführt habe. Zwar reicht für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht
die bloße Möglichkeit des Schadenseintritts nicht aus (BGHZ
130, 205, 220 f. – Feuer, Eis & Dynamit I; Teplitzky aaO Kap. 52, Rdn.
29 m.w.N.). Doch ist es im Streitfall nicht zu beanstanden, daß das
Berufungsgericht die erforderliche Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts
bejaht hat. Denn die Ankündigung einer unzulässigen Sonderveranstaltung
zieht üblicherweise einen nicht unerheblichen Teil der vorhandenen
Kaufkraft auf sich und ist daher für die Wettbewerber im allgemeinen spürbar, so daß das Berufungsgericht auch ohne weiteren Vortrag
der Klägerin davon ausgehen konnte, daß die beanstandete Ankündigung
den Warenabsatz im Geschäft der Klägerin negativ beeinflußt
hat.
3. Dagegen kann die Verurteilung zur Auskunftserteilung nicht in vollem
Umfang bestätigt werden. Denn im Rahmen des wettbewerbsrechtlichen
Auskunftsanspruchs besteht grundsätzlich keine Verpflichtung zur Angabe
der für die Bezifferung des Schadensersatzanspruchs nicht erforderlichen
Verkaufspreise (vgl. BGH, Urt. v. 7.12.1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227,
233 – Monumenta Germaniae Historica). Aus dem Vortrag der Klägerin
lassen sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür gewinnen, daß
im Streitfall ausnahmsweise die Mitteilung der Verkaufspreise für
die Ermittlung der Höhe eines der Klägerin entstandenen Schadens erforderlich oder jedenfalls zur Kontrolle der sonstigen Informationen
sinnvoll und nützlich wäre (vgl. BGH, Urt. v. 13.2.1976 – I ZR
1/75, GRUR 1978, 52, 53 = WRP 1976, 306 – Fernschreibverzeichnisse; Teplitzky
aaO Kap. 38 Rdn. 19). Ferner steht der Klägerin auch kein Auskunftsanspruch
in bezug auf andere Werbemedien sowie – im Zusammenhang damit – in bezug
auf “Hörerreichweiten” und “Sendedaten” zu. Denn das Berufungsgericht
hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß die angegriffene Werbung
in anderen als in Printmedien verbreitet worden wäre. Auch dem Vortrag
der Klägerin läßt sich insoweit nichts entnehmen.
III. Zu den Auskunfts- und Schadensersatzanträgen hinsichtlich
der beanstandeten Preisgegenüberstellung:
Mit Erfolg wendet sich die Revision schließlich gegen die Feststellung
einer Schadensersatzpflicht und gegen die Verurteilung zur Auskunftserteilung
hinsichtlich der Werbung mit einem “pc. Spezialist Preis”, dem ein durchgestrichener,
aber weiterhin leserlicher “Normalpreis” gegenübergestellt wird.
1. Das Berufungsgericht hat die in Rede stehende Preisgegenüberstellung
als irreführend i.S. von § 3 UWG angesehen. Für den Verbraucher
sei nicht ersichtlich, daß mit “Normalpreis” der frühere Preis
gemeint sei, den die Beklagte in ihrem ehemaligen Ladenlokal verlangt habe.
Vielmehr deute der Begriff des Normalpreises auf einen allgemein gültigen
Marktpreis hin oder auf den Preis, den der Werbende nach Beendigung der
Eröffnungsphase verlangen werde. Diese möglichen Preisvorstellungen
des Verbrauchers würden durch die angegriffene Preisgegenüberstellung
enttäuscht.
2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.
Mit Recht rügt die Revision die Annahme des Berufungsgerichts als
erfahrungswidrig, der Verkehr verstehe unter dem in der Werbung angeführten
Normalpreis einen “allgemein gültigen Marktpreis”. Die Erwägung,
daß der Verkehr in der durch starken Preiswettbewerb gekennzeichneten
Computerbranche einen Vergleich mit “allgemein gültigen Marktpreisen”
für möglich hält, erscheint fernliegend. Die naheliegende Annahme ist vielmehr, daß der durchgestrichene Preis derjenige ist,
den die Beklagte sonst, also vor oder nach der besonderen Verkaufsveranstaltung
aus Anlaß der Neueröffnung, verlangt. In diesem (zutreffenden)
Sinne hat das Berufungsgericht selbst den Ausdruck “Normalpreis” in einer
Hilfserwägung verstanden. Dann fehlt es aber an einer Irreführung;
denn es ist nicht dargetan, daß eine so verstandene Angabe unzutreffend
wäre.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, § 97 Abs.
1 ZPO.