BGH, Urt. vom 06.04.2000 – I ZR 75/98
UWG § 13 Abs. 5
Leitsatz:
Eine Mehrfachverfolgung desselben
Wettbewerbsverstoßes ist missbräuchlich, wenn sie auf einem abgestimmten Vorgehen der Unterlassungsgläubiger beruht, und
wenn die
Vervielfältigung des mit der Rechtsverteidigung verbundenen Kostenrisikos
sowie die Bindung personeller und finanzieller Kräfte eine unangemessene
Belastung des Anspruchsgegners zur Folge hat.
Beide Parteien betreiben den Einzelhandel mit Computern und
Computerzubehör. Die Klägerin hat ihren Sitz in Nürnberg; sie gehört
zur Media-Markt/Saturn-Gruppe. Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges
Unternehmen, das in zahlreichen Städten, darunter auch in Nürnberg,
Filialen unterhält.
In einem 1996 bundesweit verbreiteten Werbefaltblatt bewarb die
Beklagte ein Computer-Paket (PC, Bildschirm), wobei der PC nach der Abbildung
erkennbar mit einem CD-ROM-Laufwerk ausgerüstet war. Auf die Abbildung des
PC war als Preisangabe gedruckt: “mit Monitor 1.799”. Wie sich einer kleiner gedruckten Aufstellung entnehmen ließ,
verfügte das für
1.799 DM angebotene Gerät in Wirklichkeit nicht über ein
CD-ROM-Laufwerk. Lediglich ein Gerät zum Preis von 2.349 DM enthielt auch
ein CD-ROM-Laufwerk.
Auf die Abmahnungen der Klägerin und verschiedener ihrer
Schwesterfirmen verpflichtete sich die Beklagte am 30. August 1996 gegenüber
der zum selben Konzern wie die Klägerin gehörenden Saturn Elektrohandelsgesellschaft mbH München, es zu unterlassen,
gegenüber dem Letztverbraucher bezüglich Computerartikeln ein
E.-Festival-Paket, P 166 + Power mit einem CD-ROM-Laufwerk abzubilden, obwohl
das CD-ROM-Laufwerk im Preis von 1.799 DM nicht mit enthalten und somit der so
abgebildete Artikel zu dem angegebenen Preis nicht abgegeben wird.
Für jeden Fall einer in Deutschland begangenen
Zuwiderhandlung verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe
von 11.000 DM.
Die Klägerin hat die strafbewehrte Unterlassungserklärung
als unzureichend beanstandet, weil sie sich auf die konkrete Verletzungsform
beschränke und ähnliche Verstöße nicht erfasse. Sie hat die
Beklagte auf Unterlassung sowie auf Feststellung der Verpflichtung zur Leistung
von Schadensersatz in Anspruch genommen und ihre Klage ergänzend auf eine
Werbung vom Februar 1997 gestützt, in der die Beklagte einen
Mustek-Flachbettscanner zum Preis von 399 DM angeboten, dabei jedoch einen
wesentlich teureren HP-Scanner abgebildet hatte.
Die Beklagte ist dem vor allem mit dem Einwand
entgegengetreten, die Klägerin handele rechtsmißbräuchlich.
Hierzu hat sie vorgetragen, die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften,
d.h. weitere Tochtergesellschaften des Metro-Konzerns, hätten wegen der
hier in Rede stehenden Werbung einstweilige Verfügungen erwirkt und darüber
hinaus entsprechende Hauptsacheverfahren betrieben. Sämtliche Verfahren würden
von derselben Rechtsanwaltskanzlei betreut. Wie sich geschäftsinternen Anweisungen entnehmen lasse, würden
Wettbewerbsverstöße von
Mitbewerbern im Metro-Konzern generell zentral erfaßt und koordiniert
verfolgt.
Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im
Wirtschaftsraum Nürnberg unter Abbildung von Computergeräten zu
werben, die zu dem angegebenen Preis nicht wie abgebildet abgegeben werden,
soweit es sich hierbei nicht um die Abbildung eines “E.-Festival-Paketes”
P 166 + Power zu einem Preis von 1.799 DM mit CD-ROM-Laufwerk handelt, das zu
dem beworbenen Preis nur ohne diese Ausstattung abgegeben wird.
Die auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichtete
weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die
Klage insgesamt, also auch mit dem Unterlassungsantrag, abgewiesen (vgl. das
eine Parallelsache betreffende Urteil OLG Nürnberg OLG-Rep 1998, 154). Mit der (zugelassenen) Revision verfolgt die
Klägerin den
Unterlassungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
I. Das Berufungsgericht hat die Klage mit dem
Unterlassungsantrag als unzulässig abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs stehe der Einwand
des Rechtsmißbrauchs entgegen, und zwar auch insoweit, als die Klägerin
den Anspruch nicht aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG, sondern als betroffene
Mitbewerberin unmittelbar aus § 3 UWG ableite. Eine mißbräuchliche
Rechtsverfolgung sei zu bejahen, wenn das Vorgehen der Klägerin und ihrer
Schwesterfirmen ausschließlich und überwiegend dazu diene, den in
Anspruch genommenen Mitbewerber ohne erkennbare sachliche Notwendigkeit mit Gebühren
zu belasten und dadurch zu schädigen. Diese Voraussetzungen seien vorliegend zu bejahen.
Die Klägerin habe die Beklagte gemeinsam mit ihren
rechtlich selbständigen, aber in einem Konzernverbund zusammengeschlossenen
Schwestergesellschaften wegen derselben bundesweit verbreiteten Werbung
gleichzeitig abgemahnt und mit einer Reihe gerichtlicher Verfahren – 14 Verfügungs-
und 14 Hauptsacheverfahren – überzogen. Die Klägerin und ihre
Schwestergesellschaften, an denen die Media-Saturn Holding GmbH jeweils mit
einem Geschäftsanteil von 90 bis 100 % beteiligt sei, seien dabei außergerichtlich
stets durch denselben Rechtsanwalt vertreten worden, der auch während der
gerichtlichen Auseinandersetzungen als Verkehrsanwalt fungiert habe. Die durch dieses einheitliche Vorgehen belegte
Konzernstrategie werde durch das
Rundschreiben der Media-Saturn Holding an die Media-Markt- und Saturn-Geschäftsführer
vom 13. März 1997 und die ihm beigefügten “Verhaltensregeln bei
wettbewerbsrechtlichen Verstößen von Konkurrenzunternehmen” vom
21. März 1997 bekräftigt. Dies zeige, daß zwischen der
Holdinggesellschaft und den einzelnen Media- und Saturn-Märkten ein
intensiver Informationsaustausch gepflegt werde und die hier vorliegende
Mehrfachverfolgung auf einem von der Konzernspitze koordinierten Verhalten
beruhe. Zwar sei eine Mehrfachverfolgung durch mehrere Unterlassungsgläubiger
grundsätzlich nicht zu beanstanden. Im Streitfall gehe jedoch das massive
und koordinierte prozessuale Vorgehen der konzernverbundenen Gesellschaften weit
über das Maß einer berechtigten Interessenwahrnehmung hinaus. Mit
dieser Vorgehensweise werde vielmehr der Zweck verfolgt, die Beklagte in ihrer wirtschaftlichen Betätigung durch
Beanspruchung von Zeit und Arbeitskraft
zur Vorbereitung und Durchführung der Verfahren sowie durch Verursachung
von Kosten zu behindern.
Um das beanstandete Werbeverhalten der Beklagten bundesweit zu
unterbinden, hätte es – so das Berufungsgericht – eines mehrfachen
Vorgehens der rechtlich selbständigen, aber im Konzernverbund stehenden
Einzelgesellschaften nicht bedurft. Der beanstandete Wettbewerbsverstoß
sei einheitlich anhand des Inhalts der Werbung festzustellen, ohne daß es
auf Ermittlungen vor Ort ankomme oder regionale Umstände eine Rolle
spielten. Daher hätte es ausgereicht, wenn nur eine der Konzerngesellschaften gegen die Beklagte vorgegangen wäre. Wegen des
festgestellten Informationsflusses innerhalb des Konzerns sei gewährleistet,
daß der Inhaber eines Titels von Verstößen auch dann erfahre,
wenn diese nur außerhalb seines eigenen regionalen Tätigkeitsbereichs aufträten. Darüber hinaus hätte – so das
Berufungsgericht – auch
die Möglichkeit eines einheitlichen Vorgehens durch die Muttergesellschaft
im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft oder dadurch bestanden, daß
die Angelegenheit einem bundesweit klagebefugten Verband anvertraut werde.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der
Revision haben keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage mit Recht wegen
mißbräuchlicher Rechtsverfolgung abgewiesen.
1. Die Klägerin ist unabhängig davon, ob sie ihren
Anspruch auf § 13 Abs. 2 Nr. 1, § 3 UWG oder als betroffene
Mitbewerberin unmittelbar auf § 3 UWG stützt, Adressatin der Mißbrauchsregelung
in § 13 Abs. 5 UWG. Nach dieser Bestimmung kann ein Unterlassungsanspruch
nicht gerichtlich durchgesetzt werden, wenn die Geltendmachung unter Berücksichtigung
der gesamten Umstände mißbräuchlich wäre. Zwar stand bei
der Einführung dieser Norm im Jahre 1986 die Bekämpfung der Mißbräuche sogenannter Abmahnvereine im Vordergrund (zur
Entstehungsgeschichte Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 109 ff.; v. Ungern-Sternberg, Festschrift Klaka, 1987, S. 72, 93
ff.). Die in das Gesetz aufgenommene Mißbrauchsregelung beschränkt
sich aber nicht auf diese Mißbrauchsfälle, sondern verwehrt nach
ihrem Wortlaut jedem Unterlassungsgläubiger im Falle des Mißbrauchs
die Geltendmachung seines Anspruchs (so auch KG WRP 1998, 1189, 1190; Köhler
in Köhler/Piper, UWG, § 13 Rdn. 55). Auch die Regelungen in den Absätzen
1, 4 und 6 des § 13 UWG betreffen wettbewerbsrechtliche Ansprüche im
allgemeinen und sind in ihrem Anwendungsbereich nicht auf die Fälle der
erweiterten Sach- und Klagebefugnis nach § 13 Abs. 2 UWG beschränkt;
der Schadensersatzanspruch aus § 13 Abs. 6 UWG betrifft sogar nur die
unmittelbar aus der verletzten Norm Berechtigten.
Damit kommt der Regelung des § 13 Abs. 5 UWG neben der
Aufgabe der Bekämpfung von Mißbräuchen bei Wettbewerbsverbänden
die Funktion eines Korrektivs gegenüber der weitgefaßten Anspruchsberechtigung der Mitbewerber zu, die ungeachtet ihrer
möglichen
Klagebefugnis aus § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG auch als konkrete Wettbewerber
Unterlassungsansprüche geltend machen können, ohne dabei dartun zu müssen,
daß sie – über ihre Stellung als konkrete Wettbewerber hinaus – durch die beanstandete Werbung in besonderem Maße
beeinträchtigt werden
(vgl. BGH, Urt. v. 5.3.1998 – I ZR 229/95, GRUR 1998, 1039, 1040 = WRP 1998, 973
– Fotovergrößerungen). Dadurch, daß ein Wettbewerbsverstoß
von einer Vielzahl von Anspruchsberechtigten verfolgt werden kann, wird zwar die
auch im Interesse der Allgemeinheit liegende Rechtsverfolgung erleichtert. Die Fülle
der Anspruchsberechtigten birgt aber für den Anspruchsgegner das Risiko, daß
ein und derselbe Verstoß zum Gegenstand mehrerer gerichtlicher Verfahren
gemacht wird. Denn die Erhebung der Unterlassungsklage durch einen Berechtigten
schließt es grundsätzlich nicht aus, daß auch die anderen Gläubiger
ihren Anspruch gerichtlich durchzusetzen versuchen (vgl. BGHZ 115, 105, 115 f. – Anwaltswerbung; BGH, Urt. v. 16.12.1993 –
I ZR 277/91, GRUR 1994, 307, 308 = WRP
1994, 256 – Mozzarella I; Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 25, 138).
Damit wird dem Anspruchsgegner ein Risiko aufgebürdet, dem er sich nur
dadurch entziehen kann, daß er sich gegenüber einem der Gläubiger
unterwirft und auf diese Weise sämtliche Gläubiger klaglos stellt
(vgl. BGH, Urt. v. 13.5.1987 – I ZR 79/85, GRUR 1987, 640, 641 = WRP 1987, 557 –
Wiederholte Unterwerfung II). Um so wichtiger ist es, daß die Regelung des
§ 13 Abs. 5 UWG immer dann eine Handhabe bietet, wenn der
wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch mißbräuchlich geltend gemacht wird, insbesondere wenn sachfremde Ziele – wie
das Interesse, den Gegner
durch möglichst hohe Prozeßkosten zu belasten – als die eigentliche
Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl.
Hefermehl, WRP 1987, 281, 284 f.; Scholz, WRP 1987, 433, 436).
2. Die Annahme eines derartigen Rechtsmißbrauchs, durch
die die im Interesse eines möglichst lückenlosen Rechtsschutzes in
Kauf genommene Möglichkeit einer Mehrfachverfolgung eingeschränkt wird, erfordert eine sorgfältige Prüfung und Abwägung der
maßgeblichen
Einzelumstände (vgl. Jestaedt in Pastor/Ahrens, Der Wettbewerbsprozeß,
4. Aufl., Kap. 25 Rdn. 14; Köhler, WRP 1992, 359, 361). Hierzu zählen
zwar auch die Art und Schwere des Wettbewerbsverstoßes sowie das Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß. Vor allem ist
aber auf das Verhalten des
Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße
abzustellen; auch das Verhalten sonstiger Anspruchsberechtigter ist in die
Betrachtung einzubeziehen (vgl. Köhler in Köhler/Piper, UWG, § 13 Rdn. 51; Scholz, WRP 1987, 433, 436).
Eine Mehrfachverfolgung desselben Wettbewerbsverstoßes
kann sich danach insbesondere dann als mißbräuchlich erweisen, wenn
sie auf einem abgestimmten Vorgehen der Unterlassungsgläubiger beruht und
wenn – ohne daß hierfür ein vernünftiger Grund ersichtlich wäre
– die Vervielfachung des mit der Rechtsverteidigung verbundenen Kostenrisikos
sowie die Bindung personeller und finanzieller Kräfte eine unangemessene
Belastung des Anspruchsgegners zur Folge hat (vgl. OLG Hamburg WRP 1981, 401 und
589; OLG Düsseldorf WRP 1983, 159; WRP 1984, 153; Großkomm.UWG/Erdmann,
§ 13 Rdn. 137; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Aufl., § 13
UWG Rdn. 53; Jestaedt in Pastor/Ahrens aaO Kap. 25 Rdn. 15; Melullis, Handbuch
des Wettbewerbsprozesses, 2. Aufl., Rdn. 438).
Anhaltspunkte für ein solches mißbräuchliches
Verhalten können grundsätzlich verschiedene prozessuale Situationen
bieten: So kann es sich als mißbräuchlich erweisen, daß der Unterlassungsgläubiger, ohne hierzu – etwa mit Blick auf den
drohenden, auf
andere Weise nicht zu verhindernden Eintritt der Verjährung – genötigt
zu sein, neben dem Verfahren der einstweiligen Verfügung gleichzeitig ein
Hauptsacheverfahren anstrengt, ohne abzuwarten, ob die beantragte Verfügung
erlassen wird und der Schuldner dies in einer Abschlußerklärung als
endgültige Regelung akzeptiert. Ferner kann ein Mißbrauch naheliegen,
wenn konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben
Rechtsanwalt – sei es als Prozeßbevollmächtigtem oder als
Verkehrsanwalt – vertreten werden, nicht gemeinsam als Streitgenossen klagen,
sondern getrennte Verfügungs- oder Klageverfahren anstrengen oder wenn
mehrere Unterlassungsschuldner nicht in einem Verfahren, sondern jeweils
gesondert in Anspruch genommen werden, obwohl eine subjektive Klagehäufung
auf der Aktiv- oder Passivseite für den Kläger oder Antragsteller mit
keinerlei Nachteilen – etwa bei der Wahl des Gerichtsstandes – verbunden wäre.
Schließlich ist in Fällen, in denen das prozessuale Vorgehen
verschiedener Konzernunternehmen gegen Wettbewerbsverstöße zentral
gesteuert wird, zu fragen, ob es nicht ausgereicht hätte, daß eines
der Konzernunternehmen einen Titel erstritten hätte, aus dem bei
Zuwiderhandlungen bundesweit auch im Interesse anderer zum Konzern gehörender Unterlassungsgläubiger vollstreckt werden
könnte, oder ob – wenn schon
für jedes Konzernunternehmen ein eigener Titel für notwendig gehalten
wurde – nicht ein streitgenössisches Vorgehen zumutbar gewesen wäre.
In den beschriebenen Fällen kann das prozessuale Vorgehen
– je nach den Umständen des Einzelfalls – den Schluß rechtfertigen,
daß der klagende Gläubiger neben dem Interesse an einer Untersagung
des Wettbewerbsverstoßes die Absicht verfolgt, den Schuldner durch eine –
der Sache nach unnötige – Belastung mit Kosten und Gebühren zu schädigen
und ihn dadurch im Wettbewerb zu behindern.
3. Das Berufungsgericht hat im Streitfall das Vorliegen eines
Rechtsmißbrauchs unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen
Mehrfachverfolgung desselben Wettbewerbsverstoßes durch eine Vielzahl von
Klageparteien bejaht. Es hat angenommen, das prozessuale Vorgehen der Klägerin
und ihrer Schwestergesellschaften diene vor allem dazu, die Beklagte ohne
sachliche Notwendigkeit mit Gebühren zu belasten und dadurch zu schädigen.
Dies zeige sich darin, daß die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften, koordiniert durch ihre gemeinsame
Hauptgesellschafterin, die Media-Saturn Holding, unter Mitwirkung immer
desselben Rechtsanwalts in einer Vielzahl von Fällen wegen derselben
Werbemaßnahme gegen die Beklagte vorgegangen seien, obwohl ein Titel
ausgereicht hätte, um das fragliche Werbeverhalten der Beklagten bundesweit
zu unterbinden. Diese von den getroffenen Feststellungen getragene Beurteilung
ist rechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die vom Berufungsgericht als rechtsmißbräuchlich
beurteilte Mehrfachverfolgung ist dadurch gekennzeichnet, daß mehrere
konzernverbundene Unternehmen (Schwestergesellschaften) die Beklagte wegen deren
bundesweit identischen Werbung – Abbildung eines Computers mit einem im
angegebenen Preis nicht enthaltenen CD-ROM-Laufwerk – nahezu zeitgleich
abgemahnt und sie unter Mitwirkung jeweils desselben Verkehrsanwalts in
insgesamt 14 Verfügungs- und 14 Hauptsacheverfahren wegen irreführender
Werbung gerichtlich in Anspruch genommen haben.
Dieses Vorgehen beruht nach den rechtsfehlerfrei getroffenen
Feststellungen auf einer entsprechenden Koordinierung des Verhaltens der jeweils
als Kläger auftretenden Gesellschaften. Sie sind untereinander durch ihre
Konzernmutter Media-Saturn Holding eng verbunden. Das Berufungsgericht hat im
Hinblick auf diese konzernmäßige Verbindung sowie auf die jeweils
zeitgleich über denselben Rechtsanwalt erfolgte Abmahnung und
Verfahrenseinleitung angenommen, daß der beschriebenen Vorgehensweise eine
Konzernstrategie zugrunde liegt. In dieser Annahme hat sich das Berufungsgericht durch das im Rechtsstreit vorgelegte
Rundschreiben vom 13. März 1997
einschließlich der darin in Bezug genommenen “Verhaltensregeln bei
wettbewerbsrechtlichen Verstößen von Konkurrenzunternehmen” vom
21. März 1997 bestätigt gesehen. Danach beruht die Mehrfachverfolgung
im Streitfall auf einem intensiven Informationsaustausch und einer Koordinierung des Prozeßverhaltens der verschiedenen
Konzerngesellschaften.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.
b) Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht dem
Schreiben vom 13. März 1997 und der ihm beigefügten Anlage die Weisung
der Konzernleitung entnommen, daß die einzelnen Media- und Saturn-Märkte
das Verhalten ihrer konzernfremden Mitbewerber nach einem schon bislang
praktizierten Verfahren genau zu beobachten und die für die Verfolgung
eines Verstoßes erforderlichen Informationen an einen bestimmten
Rechtsanwalt weiterzuleiten haben, dem entsprechend der Unternehmenspolitik des Konzerns die Betreuung dieser Vorgänge
obliegt.
Die Revision macht nicht geltend, daß das Schreiben vom
13. März 1997 und die ihm beigefügten “Verhaltensregeln” vom
21. März 1997 nicht authentisch seien. Sie verweist lediglich darauf, daß
die Klägerin im Berufungsverfahren bestritten habe, daß es “grundsätzliche
Verhaltensregeln” überhaupt gebe. Angesichts der vorgelegten –
authentischen – Unterlagen läßt sich jedoch die Existenz solcher Verhaltensregeln nicht mit Erfolg in Abrede stellen. Gibt
es aber die in Kopie
vorgelegten schriftlichen Weisungen, so läßt die weitergehende
Folgerung des Berufungsgerichts, der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen
durch Unternehmen der Media-Markt/Saturn-Gruppe liege ein koordiniertes Vorgehen
zugrunde, keinen Rechtsfehler erkennen.
c) Allerdings läßt sich aus der Bündelung von
Informationen an einer Stelle sowie der Koordinierung der daraus gewonnenen
Erkenntnisse bei der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen nicht ohne weiteres der Schluß ziehen, die rechtlich selbständigen
Konzernunternehmen seien von der Holdinggesellschaft zur Einleitung bestimmter
Gerichtsverfahren angewiesen worden. Eine derartige Verlagerung der dem
einzelnen Konzernunternehmen zustehenden Entscheidungskompetenz hat das Berufungsgericht – worauf die Revision zutreffend
hinweist – nicht festgestellt.
Es hat ausdrücklich offengelassen, ob die einzelnen Konzernunternehmen über
eine Zusammenführung von Informationen und über eine Koordinierung der
gewonnenen Erkenntnisse hinaus durch die Holdinggesellschaft fremdbestimmt
gewesen seien.
Dies steht jedoch der Annahme eines Rechtsmißbrauchs
nicht entgegen. Hierfür genügt die vom Berufungsgericht
beanstandungsfrei getroffene Feststellung, daß die Kenntnisse von
bundesweit begangenen Wettbewerbsverstößen auf Weisung der
Konzernspitze an einer Stelle – nicht notwendig der Konzernleitung selbst –
zusammengetragen werden, so daß das Berufungsgericht im Streitfall mit Recht davon ausgehen durfte, daß die Klägerin das
anhängige
Verfahren nicht ohne Kenntnis der anderen Verfahren eingeleitet hat und
betreibt. Mag auch die Klägerin selbständig ohne Beeinflussung durch
die Konzernleitung darüber entschieden haben, ob und wie sie das
beanstandete Wettbewerbsverhalten der Beklagten verfolgt, ändert dies
nichts an dem Umstand einer bewußten und gewollten Mehrfachverfolgung und
damit auch Mehrbelastung des Mitbewerbers. Dabei kommt es nicht so sehr darauf
an, daß ein bestimmter Rechtsanwalt bei sämtlichen Parallelprozessen
als Verkehrsanwalt mitwirkt. Für die vom Berufungsgericht angenommene
Koordinierung der Verfolgung von Wettbewerbsverstößen ist vielmehr
charakteristisch, daß das bundesweit in Erscheinung tretende Wettbewerbsverhalten von konzernfremden Mitbewerbern nach dem
Willen und der
Weisung der Konzernleitung zentral gesammelt wird und im Falle der Verfolgung
von Wettbewerbsverstößen durch die konzernangehörigen
Unternehmen präsent und verfügbar ist.
Dabei ist die bloße Sammlung von Informationen an einer
zentralen Stelle – hier bei einem Rechtsanwalt – für sich genommen noch
nicht zu beanstanden; entscheidend ist, wozu die gesammelten Informationen benutzt werden (vgl. OLG Stuttgart OLG-Rep 1998,
69, 71). Wird aber ein
Mitbewerber wie im Streitfall wegen eines Wettbewerbsverstoßes von 14
Schwestergesellschaften abgemahnt, die teilweise (wie etwa die beiden Klägerinnen
im vorliegenden und im Parallelverfahren I ZR 76/98) ihren Sitz in derselben
Stadt haben, und werden daraufhin 14 Verfügungsverfahren sowie 14
Hauptsacheverfahren eingeleitet, so ist aufgrund der festgestellten
Konzernstruktur davon auszugehen, daß das eine Konzernunternehmen von der
gleichzeitigen Rechtsverfolgung durch die anderen Konzernunternehmen weiß
und daß alle beteiligten Konzerngesellschaften die gezielte
Mehrfachverfolgung billigen und durch den eigenen Beitrag fördern wollen.
d) Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht auch in
der hohen Zahl von insgesamt 28 gegen die Beklagte angestrengten Verfahren (14
Verfügungs- und 14 Hauptsacheverfahren) einen Hinweis dafür gesehen,
daß es der Klägerin und ihren Schwesterunternehmen auch darum ging,
die Beklagte durch besonders hohe Prozeßkosten zu belasten.
Die Anzahl der wegen ein und desselben (identischen) Verstoßes
versandten Abmahnungen und eingeleiteten Gerichtsverfahren besagt zwar für
sich genommen noch nichts über die Redlichkeit oder Mißbräuchlichkeit
der Rechtsverfolgung. Sie trägt aber im Zusammenhang mit zusätzlichen Anhaltspunkten ein weiteres Indiz dafür bei, daß die
Klägerin
mit ihren rechtlichen Schritten zu einer übermäßigen zeitlichen,
finanziellen und administrativen Belastung der Beklagten beitragen und diese damit schädigen wollte.
Ein derart gehäuftes Vorgehen mehrerer erscheint mit Blick
auf den gerügten, leicht festzustellenden und letztlich nicht besonders
schwerwiegenden Wettbewerbsverstoß ungewöhnlich rücksichtslos.
Hinzu kommt, daß sich die Beklagte in bezug auf die konkret beanstandete
Verletzungsform bereits gegenüber einem Münchener Schwesterunternehmen
unterworfen hatte. Unabhängig davon, ob die Unterwerfungserklärung
geeignet war, die Wiederholungsgefahr auch für kerngleiche Handlungen entfallen zu lassen (vgl. hierzu BGH, Urt. v.
9.11.1995 – I ZR 212/93, GRUR
1996, 290, 291 = WRP 1996, 199 – Wegfall der Wiederholungsgefahr I; Beschl. v.
16.11.1995 – I ZR 229/93, GRUR 1997, 379, 380 = WRP 1996, 284 – Wegfall der
Wiederholungsgefahr II; Urt. v. 10.7.1997 – I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 =
WRP 1998, 296 – Der M.-Markt packt aus), zeigt sie jedenfalls, daß die Beklagte das ihr vorgeworfene Werbeverhalten nicht
in Abrede gestellt hat und
generell bereit war, ihr künftiges Werbeverhalten entsprechend zu ändern.
e) Die festgestellte Mehrfachverfolgung war nicht erforderlich,
um das legitime Ziel eines bundesweiten Verbots der als irreführend
beanstandeten Werbung zu erreichen. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon
ausgegangen, daß – objektiv betrachtet – ein einziger Titel genügt hätte,
um das angegriffene Werbeverhalten der Beklagten bundesweit zu verhindern.
Hierzu hätte es verschiedene Möglichkeiten gegeben, bei denen eine übermäßige
und unverhältnismäßíge Belastung der Beklagten vermieden worden wäre.
aa) Die Annahme des Berufungsgerichts, wonach das
Rechtsschutzziel sämtlicher Schwestergesellschaften mit der Einleitung und
Verfolgung eines einzigen Verfahrens durch ein einziges Unternehmen aus ihrer
Mitte hätte erreicht werden können, ist revisionsrechtlich nicht zu
beanstanden.
Abs.
35
Mit Recht hat das Berufungsgericht dem Umstand, daß die
von der Beklagten mit dem Einwand des Rechtsmißbrauchs bekämpfte
Mehrfachverfolgung von Wettbewerbsverstößen in allen Fällen
dieselbe (identische) Werbemaßnahme betrifft, Gewicht beigemessen. Ein
gleichzeitiges oder sukzessives Vorgehen mehrerer Kläger gegen denselben
Beklagten mag – dies bedarf vorliegend keiner Entscheidung – anders zu
beurteilen sein, wenn es nicht um die identische Werbemaßnahme, sondern lediglich um einen gleichartigen oder ähnlich
gelagerten Verstoß
geht, der von verschiedenen Konzernunternehmen verfolgt wird
bb) Ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht
habe dem Umstand zu wenig Beachtung geschenkt, daß mit der bundesweiten
Vollstreckung eines erwirkten Unterlassungstitels durch eine selbst nur regional
tätige Konzerngesellschaft erhebliche zeitliche, finanzielle, personelle
und administrative Mehrbelastungen verbunden seien, von deren Übernahmebereitschaft
im Interesse der anderen Konzernunternehmen nicht ohne weiteres ausgegangen
werden könne (vgl. OLG Karlsruhe GRUR 1995, 504, 505 = WRP 1995, 649).
Abs.
37
Zutreffend ist allerdings, daß es grundsätzlich der
unternehmerischen Entscheidungsfreiheit des von der Werbung betroffenen
Unternehmens überlassen ist, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen
es gegen die für unlauter erachtete Wettbewerbshandlung eines Dritten
ergreift. Dies bedeutet, daß die Klägerin eine auswärtige
Schwestergesellschaft, die Inhaberin eines Unterlassungstitels ist, nicht dazu anhalten könnte, von diesem Titel Gebrauch
zu machen und gegen einen
Wettbewerber wegen einer in Nürnberg begangenen Verletzungshandlung ein
Ordnungsmittel zu beantragen. Ebensowenig kann die Klägerin erzwingen, daß
die Media-Saturn Holding GmbH ihren Einfluß geltend macht und die
jeweilige zum Konzern gehörende Schwestergesellschaft dazu bestimmt, in
ihrem, der Klägerin, Interesse tätig zu werden.
Ob die Besorgnis, ein anderes Konzernunternehmen werde sich
weigern, seinen Titel zur Vollstreckung im Interesse der Schwestergesellschaften
einzusetzen, auch im Streitfall begründet ist oder ob die getroffenen
Feststellungen zur Koordinierung der Mehrfachverfolgung auch die Annahme
rechtfertigen könnten, die Holding werde in einem derartigen Fall von ihrem
Einfluß Gebrauch machen, bedarf keiner Entscheidung. Denn den Interessen
der einzelnen Konzerngesellschaften an einem eigenen Titel hätte im
Hinblick auf die erfolgte Koordinierung der Rechtsverfolgung durch ein einziges Rechtsanwaltsbüro auch dadurch Rechnung
getragen werden können, daß
die Konzerngesellschaften gemeinsam als Streitgenossen gegen die Beklagte
vorgehen. Abgesehen von der vorliegend bestehenden Möglichkeit, eine
gemeinsame Klage zusammen mit dem ebenfalls in Nürnberg ansässigen Konzernunternehmen anzustrengen, hätte jedenfalls am
allgemeinen
Gerichtsstand der Beklagten eine Zuständigkeit für eine solche
gemeinsame Klage der Konzerngesellschaften bestanden.
Daneben hätten – wie das Berufungsgericht zutreffend
hervorhebt – auch noch andere Möglichkeiten bestanden, um dasselbe
Rechtsschutzziel einer bundesweiten Unterbindung des beanstandeten Werbeverhaltens zu erreichen und dabei die Beklagte weit
weniger zu belasten.
Zum einen hätte die Angelegenheit einem bundesweit klagebefugten Verband
i.S. von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG anvertraut werden können, der – nicht
in Prozeßstandschaft (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 – I ZR 122/95, GRUR 1998, 417, 418 = WRP 1998, 175 – Verbandsklage in
Prozeßstandschaft),
sondern aus eigenem Recht – gegen die Beklagte hätte vorgehen können.
Zum anderen wäre es der Klägerin möglich gewesen, zusammen mit
den anderen Konzernunternehmen die Media-Saturn Holding zu ermächtigen, den
Unterlassungsanspruch im eigenen Namen geltend zu machen. Das erforderliche
eigene schutzwürdige Interesse der Holding (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1989 – I
ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 362 – Kronenthaler; Urt. v. 13.10.1994 – I ZR 99/92,
GRUR 1995, 54, 57 – Nicoline; Ullmann, Festschrift v. Gamm, 1990, S. 315 ff.;
Ulrich, WRP 1995, 441 ff., jeweils m.w.N.) hätte im Streitfall nicht
verneint werden können. Es ist bei dem Gesellschafter einer GmbH grundsätzlich
dann zu bejahen, wenn er an der Gesellschaft in einem Maße beteiligt ist,
daß sich seine wirtschaftlichen Interessen im wesentlichen mit denen der
Gesellschaft decken (vgl. BGH GRUR 1995, 54, 57 – Nicoline; Ulrich, WRP 1998,
826, 828). Auch wenn die Möglichkeit des Vorgehens der Holding in gewillkürter
Prozeßstandschaft das Rechtsschutzbedürfnis der einzelnen
Konzernunternehmen für ein eigenes Vorgehen nicht entfallen läßt,
kann sie doch als ein Indiz dafür herangezogen werden, daß die Klägerin
und ihre Schwestergesellschaften ihre Unterlassungsansprüche durch die
jeweils gesonderte Geltendmachung mißbräuchlich einsetzen.
cc) Im Streitfall steht diesen Erwägungen nicht entgegen,
daß zum Zeitpunkt der Erhebung der Klage einige Oberlandesgerichte noch
davon ausgingen, die Verurteilung aufgrund eines wettbewerbsrechtlichen
Unterlassungsanspruchs dürfe nur für den räumlichen Markt
ausgesprochen werden, auf dem der Kläger tätig sei; ein nur regional tätiger
Mitbewerber könne aus einem uneingeschränkt ausgesprochenen Verbot nur
gegen Verstöße vorgehen, die seinen räumlich beschränkten Tätigkeitsbereich
beträfen.
Abs.
41
Der Bundesgerichtshof hat in der Zwischenzeit ausdrücklich
klargestellt (vgl. BGH, Urt. v. 10.12.1998 – I ZR 141/96, GRUR 1999, 509, 510 =
WRP 1999, 421 – Vorratslücken), daß ein wettbewerbsrechtlicher
Unterlassungsanspruch, der aufgrund einer einzelnen wettbewerbswidrigen Handlung
einer Vielzahl von Wettbewerbern zustehen kann, grundsätzlich nicht
regional begrenzt, sondern für das gesamte Bundesgebiet gegeben ist; ebenso
ist auch ein unbegrenzt ausgesprochenes Verbot im gesamten Bundesgebiet
durchsetzbar, ohne daß es auf den regionalen Geschäftsbereich des Unterlassungsgläubigers ankommt. Unmittelbar betroffenen
Mitbewerbern wie
der Klägerin und ihren Schwestergesellschaften steht daher ein
Unterlassungsanspruch zu, der auf ein bundesweites Verbot gerichtet ist. Dies
hat seinen entscheidenden Grund darin, daß der Anspruch dem Wettbewerber
nicht nur zum Schutz seiner Individualinteressen, sondern auch im Interesse der
anderen Marktbeteiligten und der Allgemeinheit zuerkannt wird. Daran hat sich
durch die UWG-Novelle 1994 nichts geändert (vgl. BGH GRUR 1998, 1039, 1040
– Fotovergrößerungen).
Mit einer gewissen Berechtigung beruft sich die Revision
allerdings darauf, daß die Klägerin zum Zeitpunkt der Klageerhebung
im Jahre 1997 mit der Möglichkeit rechnen mußte, daß ein um bundesweiten Rechtsschutz nachgesuchtes Gericht lediglich einen
räumlich
beschränkten Unterlassungstitel ausspricht oder daß es im
Vollstreckungsverfahren nur solche Zuwiderhandlungen berücksichtigt, die im
räumlichen Tätigkeitsbereich des Unterlassungsgläubigers begangen
worden sind. Das Maß der gerichtlichen Inanspruchnahme der Beklagten läßt
sich jedoch im Streitfall auf diese Weise nicht erklären. Denn auch wenn
die Klägerin und ihre Schwestergesellschaften mit der Möglichkeit räumlich
beschränkt wirkender Unterlassungstitel rechnen mußten, wäre es
in keinem Fall erforderlich gewesen, daß die Beklagte von zwei in
derselben Stadt ansässigen Konzernunternehmen – neben der Klägerin ist
dies die ebenfalls in Nürnberg ansässige und tätige Klägerin
im Parallelverfahren I ZR 76/98 – verklagt wird. Jedenfalls für die beiden
in Nürnberg ansässigen Konzernunternehmen hätte es sich vielmehr
angeboten, sich in der Weise abzusprechen, daß nur eines der beiden Konzernunternehmen seinen Unterlassungsanspruch
gerichtlich durchsetzt oder daß
beide Unternehmen – wenn auf einen eigenen Unterlassungstitel nicht verzichtet
werden sollte – gemeinsam gegen die Beklagte vorgehen und auf diese Weise die
Kosten der Rechtsverfolgung möglichst niedrig halten. Für die
Einleitung jeweils getrennter Verfügungs- und Hauptsacheverfahren lassen
sich demgegenüber vernünftige Gründe nicht erkennen.
Daneben kann sich ein Hinweis auf ein mißbräuchliches
Vorgehen auch daraus ergeben, daß ein Kläger neben dem Verfügungsverfahren
ein Hauptsacheverfahren eingeleitet hat, ohne abzuwarten, ob sich der Antragsgegner nach Erlaß einer einstweiligen
Verfügung noch streitig
stellt. Im Streitfall läßt sich jedoch den Feststellungen nicht
entnehmen, daß die Hauptsacheklagen in diesem Sinne verfrüht erhoben
worden wären, so daß hier die Parallelität von Verfügungs-
und Hauptsacheverfahren für ein mißbräuchliches Vorgehen nichts
aussagt.
4. Die Anwendung von § 13 Abs. 5 UWG begegnet vorliegend
auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit keinen durchgreifenden
Bedenken (vgl. insofern OLG Hamm GRUR 1991, 694). Vom Einwand des Rechtsmißbrauchs
sind grundsätzlich alle Verfahren betroffen, bei denen angenommen werden muß,
daß dem Kläger nicht nur an einer Untersagung des beanstandeten Verhaltens, sondern auch an einer übermäßigen (weil
unnötigen)
wirtschaftlichen Belastung gelegen ist. Erhebt ein Kläger – wovon im
Streitfall nicht ausgegangen werden kann – neben dem laufenden Verfügungsverfahren
ohne Not die Hauptsacheklage, bezieht sich dieser Einwand allein auf die Klage; denn es kann nicht ohne weiteres angenommen
werden, daß auch das Verfügungsverfahren
auf einer mißbräuchlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs
beruht. In Fällen, in denen die sich aufdrängenden Möglichkeiten
der subjektiven Klagehäufung – sei es auf Aktiv- oder Passivseite – nicht genutzt werden, wird bei mehr oder weniger
gleichzeitig erhobenen Klagen darauf
geschlossen werden können, daß sämtliche Klagen mißbräuchlich
erhoben sind. Ein solcher Schluß verbietet sich dagegen, wenn zwischen der
Erhebung der Klagen eine gewisse Zeitspanne liegt, weil dann aus der gesonderten Erhebung der zweiten Klage nicht ohne
weiteres auf ein mißbräuchliches
Vorgehen schon bei Erhebung der ersten Klage geschlossen werden kann. Bei einer
solchen – hier nicht vorliegenden – Konstellation kommt ein Mißbrauch nur
hinsichtlich der zweiten Klage in Betracht.
Im Streitfall reicht bereits der Hinweis auf die parallel beim
Landgericht Nürnberg-Fürth erhobene Klage der Schwestergesellschaft
der Klägerin aus, um mit dem Berufungsgericht die Unzulässigkeit der Klage zu bejahen. In welchem Umfang auch die Erhebung
weiterer Klagen und die
Stellung weiterer Verfügungsanträge mißbräuchlich war, kann
nur im Rahmen des jeweiligen Verfahrens beurteilt werden.
III. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß
ein die Art und Weise der prozessualen Geltendmachung betreffender Mißbrauch
die Prozeßführungsbefugnis entfallen läßt. Die Unterlassungsklage ist daher durch Prozeßurteil als unzulässig
abzuweisen (vgl. BGH GRUR 1999, 509, 510 – Vorratslücken, m.w.N.).
Die Revision ist danach mit der Kostenfolge des § 97 Abs.
1 ZPO zurückzuweisen.