Anerkenntnisurteil
In der Sache (…) erkennt das Amtsgericht Hamburg (…) für Recht:
Aus der Anspruchsbegründung:
I.
1.
Die Beklagte ist Trägerin des Geschäftsbereiches Personenfernverkehr
der (…) Bahn und unterhält unter anderem am Hamburger Hauptbahnhof
ein sog. “ReiseZentrum”, wo Kunden Fahrscheine für den Bahnverkehr
erwerben können.
Die Zeugin S hat am 19.04.2003 gegen 9:25 Uhr im genannten
Reisezentrum gegenüber einer Verkäuferin kundgetan, dass sie
(a) am 20.04.2003 von Schwerin nach Bremen,
(b) am 22.04.2003 weiter nach Welkenraedt (Belgien)
fahren wolle. Sie fragte, ob sie für diese Fahrten mit einem
zusammenhängenden Fahrschein erwerben könne oder ob dafür zwei
unterschiedliche Fahrscheine ausgestellt werden müssten. Die
Verkäuferin meinte, es müssten zwei unterschiedliche Fahrscheine
ausgestellt werden, einer für den ersten Fahrtabschnitt, einer für den
zweiten. Einen einheitlichen Fahrschein auszustellen sei nicht
möglich, da eine Fahrtunterbrechung von zwei Tagen tariflich nicht
vorgesehen sei.
Daraufhin hat die Zeugin S diese beiden Fahrscheine zum Gesamtpreis
von 46,60 € erworben.
Die Auskunft der Verkäuferin beruhte wohl auf Ziff. 2.4.1 der
Beförderungsbedingungen
der (…) Bahn, welche lautet:
Die Geltungsdauer einer Fahrkarte ergibt sich
grundsätzlich aus dieser selbst. Fahrkarten gelten bei einer
Entfernung […] über 100 km zur Hinfahrt am ersten Geltungstag der
Fahrkarte und am Folgetag […].
Danach wäre eine Fahrkarte, deren Gültigkeit am 20.04.2003 beginnt,
nur bis zum 21.04.2003 gültig, nicht mehr aber am 22.04.2003, an dem
die Fahrt fortgesetzt werden sollte.
Die Verkäuferin hat jedoch verkannt, dass bei Fahrscheinen mit
Auslandsberührung nach Art. 11 § 7 der CIV (Einheitliche
Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale
Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck = Anhang A zum
Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr, COTIF) die
Geltungsdauer der Fahrausweise und die Fahrtunterbrechungen durch die
internationalen Tarife, nicht durch die nationalen Tarife geregelt
werden. Nach diesen wäre ein durchgehender Fahrschein Schwerin –
Welkenraedt zwei Monate lang gültig gewesen und hätte auch die
zweitägige Fahrtunterbrechung in Bremen zugelassen.
Ein einheitlicher Fahrschein hätte nur 38,00 € gekostet, also
8,60 € weniger als die Kombination der beiden Fahrscheine, die
tatsächlich verkauft wurden.
Die Zeugin S hat später den geltend gemachten Anspruch an den Kläger
abgetreten.
2.
Die Beklagte wurde am 21.04.2003 persönlich im “ReiseZentrum” Bremen
Hbf aufgefordert, den streitigen Betrag zu erstatten. Die dortige
Verkäuferin hat dem Kläger zugestimmt, dass der Verkauf der beiden
getrennten Fahrscheine ein Fehler gewesen sei und ein durchgehender
Fahrschein hätte ausgestellt werden müssen. Schließlich hat sie einen
entsprechenden Vermerk auf der Rückseite eines Fahrscheins gemacht.
Dennoch hat sie sich geweigert, den streitigen Betrag auszuzahlen. Sie
forderte die Zeugin S auf, zunächst den zweiten Fahrtabschnitt
zurückzulegen und später beide Fahrscheine zusammen zur Erstattung
einzureichen.
Bei dem Versuch, beide Fahrscheine zusammen zur Erstattung
einzureichen, hat der am 14. oder 15.05.2003 im “ReiseZentrum” Bremen
Hbf angetroffene Verkäufer behauptet, er könne keine Auszahlung
tätigen, da die Fahrscheine mit EC-Karte gezahlt worden seien. Ein
letztes Mal hat der Kläger die Beklagte am 18.05.2003 zur Zahlung
aufgefordert.
Da keinerlei Zahlung erfolgte, war Klage geboten.
II.
Das genannte “ReiseZentrum” Hamburg Hbf ist eine Niederlassung der
Beklagten zum Betrieb eines Gewerbes, von der aus unmittelbar
Geschäfte geschlossen werden können. Die streitige Forderung ergibt
sich aus einem solchen dort geschlossenen Geschäft, nämlich einem
Beförderungsvertrag. Deswegen kann nach § 21 ZPO auch am Ort dieses
“ReiseZentrum”s geklagt werden. Örtlich zuständiges Gericht ist mithin
das Amtsgericht Hamburg (Mitte).
III.
1.
Durch die Erklärung der Zeugin S gegenüber der Verkäuferin, die
Leistungen der Beklagten in Anspruch nehmen zu wollen, und das
Eingehen der Verkäuferin auf diese Erklärung ist am 19.04.2003 ein
vorvertragliches Schuldverhältnis mit Schutz- und
Informationspflichten nach § 241 Abs. 2 BGB entstanden. Diese Schutz-
und Informationspflichten können durch die Mitteilung einer
unrichtigen Information verletzt werden (BGH NJW-RR 1997, 144). Hier
wurde über die Anwendung und Auslegung der Tarife eine unrichtige
Information gegeben. Die Beklagte hat für das Verschulden der
Verkäuferin als ihrer Erfüllungsgehilfin einzustehen. Damit besteht
ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo. Dieser richtet
sich auf die Mehraufwendungen, die durch die Pflichtverletzung der
Beklagten entstanden sind, nämlich besagte 8,60 €.
2.
Mit dem Vermerk auf der Fahrscheinrückseite hat die Verkäuferin in
Bremen am 21.04.2003 den Schadensersatzanspruch formwirksam anerkannt.
IV.
Ferner ist die Beklagte seit der Zahlungsaufforderung am 21.04.2003 im
Verzug. Einer Fristbestimmung bedurfte es nach der Weigerung, den
Anspruch zu begleichen, nicht mehr. Dem Kläger stehen die gesetzlichen
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu.