LANDGERICHT WUPPERTAL
BESCHLUSS
In dem Ermittlungsverfahren
g e g e n [entfernt]
w e g e n Verbreitung pornographischer Schriften
hat die 10. Strafkammer des Landgerichts Wuppertal auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Wuppertal gegen den Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 21. Januar 2002 am 13. Februar 2002
b e s c h l o s s e n :
1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal vom 21. Januar 2002 (8 (B) Gs 25/02) insoweit teilweise aufgehoben, als der Antrag auf Auskunftserteilung (§§ 100g, h StPO) abgewiesen worden ist.
2. Die Firma *** wird verpflichtet, über folgende Telekommunikationsverbindungsdaten bezüglich der IP-Nummer […] Auskunft zu erteilen
a) Im Falle einer Verbindung Berechtigungskennungen, Kartennummern, Standortkennung sowie Rufnummer oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung,
b) Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit,
c) vom Kunden in Anspruch genommene Telekommunikationsdienstleistung,
d) Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit.
3. Die unter Ziffer 2 bezeichnete Auskunft ist für den Zeitraum ab Ausgabe der oben genannten IP-NUmmer für die Domain “http://www.***.de” bis einschließlich 20.11.2001 zu erteilen.
Gründe:
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist begründet.
1.
Die Anordnungsvoraussetzungen gemäß §§ 100 g, h StPO sind gegeben. Der Beschuldigte isteiner Straftat gemäß § 184 Abs. 1 StGB verdächtig. Über die Internetseite www.***.de werdenpornographische Schriften auch Minderjährigen zugänglich gemacht. Inhaberin dieser Internetseiteist die von dem Beschuldigten betriebene […].
2.
Nach dem Bundesgesetzblatt Jahrgang 2001 Teil I Nr. 73, Seite 3879, veröffentlichten Wortlaut desam 01.01.2002 in Kraft getretenen § 100 g StPO darf derjenige, der geschäftsmäßigTelekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt, zur – unverzüglich zu erteilenden -Auskunft über bestimmte Telekommunikationsverbindungsdaten verpflichtet werden, wennbestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer “eineStraftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere eine der in § 100a Satz 1 genannten Straftaten,oder mittels einer Endeinrichtung (§ 3 Nr. 3 des Telekommunikationsgesetzes) begangen, in Fällen,in denen der Versuch strafbar ist, zu begehen versucht oder durch eine Straftat vorbereitet hat.”
Dieser Wortlaut ist insoweit erkennbar unvollständig, als nach “begangen” und zwischen “oder” und”mittels” eine grammatikalische Lücke besteht. Diese ist nach allgemein anerkanntenAuslegungsregeln nach dem objektivierten Willen des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlautder Gesetzesbestimmung, dem Sinnzusammenhang und dem erkennbaren Zweck der Vorschriftergibt, zu schließen (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Auflage, Einleitung Randziffer 194m.w.N.).
Der vorliegende Gesetzeswortlaut deckt zwei Alternativen ab, wie die Verknüpfung der Satzteile”eine Straftat von erheblicher Bedeutung” und “mittels einer Endeinrichtung …” durch dieKonjunktion “oder” zeigt. “Mittels einer Endeinrichtung” schließt sich gerade nicht an den zurBeschreibung der “Straftat von erheblicher Bedeutung” eingefügten, durch Kommata abgetrenntenNebensatz “insbesondere …” an, sondern zählt eine weitere selbständige Eingriffsalternative auf.
Ein Rückgriff auf den den Landesjustizverwaltungen vom Bundesministerium der Justiz mitSchreiben vom 03.08.2001 übermittelten Referentenentwurf mit Begründung vom 19.07.2001 (vgl.Bl. … d.A.) bestätigt dieses vom Wortlaut gewonnene Ergebnis, als die Auskunftsanordnung nichtnur bei “Straftaten von erheblicher Bedeutung” ergehen können sollte, sondern auch soweit die zuuntersuchende Tat “mittels einer Endeinrichtung im Sinne des § 3 Nr. 3 desTelekommunikationsgesetzes (z.B. Telefon oder PC) begangen worden ist”.
Der verkürzte Satz ist im Wege der Auslegung daher dahin zu lesen, dass entsprechend derhandschriftlichen Korrektur der dem Bundestag nach dem Referentenentwurf vorzulegendenBeschlussfassung (vgl. dort S. 4 = Bl. … d.A.) zwischen “oder” und “mittels” die Worte “eineStraftat” und hinter “begangen” das Wort “hat” einzufügen ist.
3.
Die Anordnung der Auskunft ist auch verhältnismäßig. Mildere Maßnahmen zur Erlangung der fürdas Ermittlungsverfahren erforderlichen Informationen sind nicht ersichtlich.