§
Glaubt der Anstifter, sein objektiv fehlgeschlagener Bestimmungsversuch sei
gelungen, so richtet sich sein Rücktritt vom Versuch der Beteiligung nach § 31
Abs. 2 Alt. 1 StGB. Ein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu verhindern, liegt nur
vor, wenn der Anstifter alle Kräfte anspannt, um den vermeintlichen
Tatentschluss des präsumtiven Täters rückgängig zu machen, und er dadurch die
aus seiner Sicht bestehende Gefahr beseitigt, dass der Angestiftete die Tat
begeht.
in der Strafsache
gegen
wegen versuchter Anstiftung zum Mord
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 14. Juni 2005 (…)
für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Regensburg vom 7.
Juli 2004 wird verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
§
I.
§
1. Der Angeklagte sah sich finanziellen Forderungen seiner geschiedenen Ehefrau
ausgesetzt. Er ging davon aus, dass deren Lebensgefährte die treibende Kraft
hinter diesen Forderungen war. Deshalb entschloss er sich, den Lebensgefährten
durch einen Auftragsmörder töten zu lassen. Durch Vermittlung eines Freundes kam
er in Kontakt mit einem nicht offen ermittelnden Polizeibeamten mit dem
Decknamen „N. „, der sich als vermeintlicher Auftragsmörder ausgab.
Bei dem ersten Treffen mit „N. „ am 30. März 2004 äußerte der Angeklagte, es
gehe um die „Vollentsorgung„ dieses Lebensgefährten, der für immer spurlos
verschwinden müsse. Eine „Vertreibung„ allein reiche nicht. Der Angeklagte
unterrichtete „N. „ im einzelnen über die von ihm ins Auge gefasste
Vorgehensweise bei der Tötung. Derzeit sei die Gelegenheit zur Tatausführung
günstig. Der Lebensgefährte sei regelmäßig alleine im Haus, weil die
geschiedene Ehefrau ihren Vater im Krankenhaus besuche. Auf Frage von „N. „, wie
es mit der Bezahlung sei, händigte der Angeklagte diesem 4.000 Euro als
Anzahlung aus und versprach, weitere 8.000 Euro nach dem Verschwinden des
Lebensgefährten zu zahlen. „N. „ gab daraufhin vor, zur Tatausführung bereit zu
sein. Allerdings benötige er zur Tatausführung noch genauere Informationen zur
Identifizierung des Hauses des Lebensgefährten. Deswegen bot der Angeklagte „N.
„ an, ihm bei einem weiteren Treffen am übernächsten Tag das Wohnhaus zu zeigen.
Bei diesem zweiten Treffen äußerte der Angeklagte, es sei eine Änderung
eingetreten. Er habe ein Schreiben des Rechtsanwalts seiner geschiedenen Ehefrau
erhalten. Die dort genannte finanzielle Forderung könne er akzeptieren, und er
wolle dies zunächst so regeln. Falls dies aber nicht funktionieren würde, solle
die besprochene Sache „durchgezogen„ werden. Aus diesem Grund ging er auf den
Vorschlag „N. s„ ein, ihm trotzdem das Haus zu zeigen, um den Auftrag dann bei
Bedarf durchführen zu können. Während der Fahrt zum Haus äußerte der
Angeklagte, er selbst glaube nicht so recht daran, dass sich seine geschiedene
Ehefrau an die Erklärung im Anwaltsschreiben halten würde. Deswegen könne „N. „
auch die Anzahlung behalten. Er solle ihn alle zwei Monate anrufen, und er sage
ihm dann, ob der Auftrag durchgeführt werden solle. Falls es zu keiner
einvernehmlichen Regelung komme, sei es wohl schwierig, den Lebensgefährten
seiner geschiedenen Ehefrau alleine im Haus anzutreffen, weil deren Vater dann
nicht mehr im Krankenhaus liege. Er könne diese aber aus der Wohnung locken, so
dass der Auftrag dann ausgeführt werden könne.
Nachdem der Angeklagte das Haus gezeigt, den Wohnungseingang beschrieben und den
Namen des Lebensgefährten genannt hatte, äußerte „N. „, es sei zu gefährlich,
an dieser Stelle zu schießen. Der Angeklagte erwiderte, man brauche einen
Schalldämpfer. Außerdem schlug er vor, den Lebensgefährten könne man mit einem
Medikament willenlos machen und so aus der Wohnung bringen. Das solle „N. „
letztlich selbst entscheiden. Bei der Verabschiedung sagte der Angeklagte, er
würde sich melden, wenn die Sache anstehe. Der Angeklagte wurde am 23. April
2004 festgenommen. Bis dahin hatte er sich bei „N. „ nicht mehr gemeldet.
2. Das Landgericht ist davon überzeugt, dass der Angeklagte bei seinem zweiten
Treffen das Vorhaben, den Lebensgefährten töten zu lassen, nicht endgültig
aufgegeben, sondern weiter daran festgehalten habe. Den Mordauftrag habe er
aufgrund des Anwaltsschreibens deshalb nur vorläufig zurückgestellt. Die
Zurückstellung habe er davon abhängig gemacht, dass er sich mit seiner Frau
einigen könne. Hätte der Angeklagte bei einem Scheitern der Einigung den
Mordauftrag erteilt, wäre dies keine neuerliche versuchte Anstiftung zum Mord
gewesen; vielmehr hätte nur eine Tat im Rechtssinne vorgelegen. Deshalb sei er
von der versuchten Mordanstiftung nicht nach „§ 31 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StGB„
strafbefreiend zurückgetreten.
II.
§
Die Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler ergeben. Der Erörterung
bedarf nur folgendes:
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen scheidet ein
strafbefreiender Rücktritt vom Versuch der Anstiftung zum Mord aus.
1. Der Angeklagte hat nach seiner Vorstellung den präsumtiven Täter bereits beim
ersten Treffen dazu bestimmt, einen Mord aus Habgier zu begehen. Der Versuch der
Anstiftung war daher „erfolgreich„. Beide haben die Tat beim zweiten Treffen,
welches mit dem ersten Treffen in einem engen zeitlichen Zusammenhang stand,
weiter konkretisiert und zwar auch schon für den Fall, dass die Einigung mit der
geschiedenen Frau scheitern würde. Das Tatopfer war individualisiert und die
Modalitäten der Tatausführung waren abgesprochen, wobei der präsumtive Täter
insoweit die näheren Einzelheiten selbst festlegen sollte. Die Tat war so weit
konkretisiert, dass sie der Angestiftete hätte begehen können, wenn er dies
gewollt hätte (vgl. BGHR StGB § 30 Abs. 1 Satz 1 Bestimmen 3 und 4).
Die Bestimmung des nicht offen ermittelnden Polizeibeamten als präsumtiver Täter
war allerdings – was der Angeklagte nicht wusste – objektiv fehlgeschlagen. Die
Frage, nach welchen Regeln bei dieser Fallgestaltung ein strafbefreiender
Rücktritt in Betracht kommt, ist von der höchstrichterlichen Rechtsprechung
bislang nicht ausdrücklich (vgl. BGH StV 1999, 596) entschieden worden. In
diesem Fall beurteilt sich der Rücktritt allein nach § 31 Abs. 2 Alt. 1 StGB,
denn die Tat ist „ohne Zutun„ des Angeklagten unterblieben (vgl. Roxin in LK 11.
Aufl. § 31 Rdn. 27).
2. Der Angeklagte hat danach keine Straffreiheit erlangt, weil er sich nicht
freiwillig und ernsthaft bemüht hat, die Tat zu verhindern.
§
a) Den Entschluss, den Lebensgefährten töten zu lassen, hat der Angeklagte nicht
aufgegeben. Zwar hat er beim zweiten Treffen die zuvor schon getroffene
Entscheidung, dass der Auftrag durchgeführt werden solle, vorläufig
zurückgestellt. Damit hat er seine Entscheidung, die Tat ausführen zu lassen –
wovon sich das Landgericht überzeugt hat – nur aufgeschoben, weil „er selbst
nicht so recht daran glaube, dass sich seine geschiedene Ehefrau daran halten
würde„. Deshalb legte der Angeklagte die Tatmodalitäten auch schon für den Fall
des Scheiterns einer Einigung fest und zeigte „N. „ das Haus des
Lebensgefährten. Vor allem beließ er deswegen dem aus seiner Sicht weiter zur
Tat entschlossenen präsumtiven Täter die Anzahlung und legte Wert darauf, mit
diesem weiter in Kontakt zu bleiben. Insofern unterscheidet sich dieser
Sachverhalt von der Fallgestaltung in BGHR StGB § 30 Beteiligung 1, wo der
Angeklagte den Täter aus seiner Sicht noch nicht zur Tat bestimmt hatte und er
deshalb bemüht war, „noch alles in der Schwebe zu lassen„.
b) Hätte der – nach der Vorstellung des Angeklagten – nach wie vor zur
Tatausführung entschlossene „N. „ nach einer erneuten Aufforderung die Tat
begangen, so wäre diese Tat mit derjenigen identisch (§ 264 StPO) gewesen, zu
der der Angeklagte ihn zuvor schon bestimmt hatte. Tatidentität hätte auch dann
vorgelegen, wenn zwischen Treffen und Tatausführung längere Zeit verstrichen
wäre oder wenn -dadurch bedingt -die Tatausführung hätte modifiziert werden
müssen. Für diese Fallgestaltung waren nämlich schon beim zweiten Treffen
Abreden getroffen worden. Insofern können die Grundsätze für die Tatidentität
beim Rücktritt nach § 24 StGB (vgl. BGHSt 41, 368: mehrfaches Ansetzen zur
Tatvollendung mit zeitlicher Zäsur) hier nicht in gleicher Weise Geltung
beanspruchen. Das Zeitmoment beim Rücktritt vom Versuch nach § 24 StGB hat
seinen Grund in der Begriffsbestimmung des Versuchs, der voraussetzt, dass zur
Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt wird (§ 22 StGB). Die
versuchte Anstiftung zum Verbrechen ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass
die Tatausführung selbst noch nicht unmittelbar bevorsteht, sondern sich noch im
Vorbereitungsstadium befindet. Das gilt auch dann, wenn
– wie hier – aus der Sicht des Anstifters der Bestimmungsversuch bereits
erfolgreich war.
§
c) Hinsichtlich des Rücktritts des Anstifters bei einem tatsächlich zur Tat
entschlossenen Angestifteten gilt: Wer einen anderen zur Begehung eines
Verbrechens auffordert, setzt damit in jedem Falle Kräfte in Richtung auf das
angegriffene Rechtsgut in Bewegung, über die er nicht mehr die volle Herrschaft
behält (BGHSt 1, 305, 309). Die Gefahr der Tatbegehung besteht erst recht, wenn
der Bestimmungsversuch erfolgreich war. Will der Anstifter diesen Erfolg
verhindern, muss er alle Kräfte anspannen, um die Tat abzuwenden (BayObLG JR
1961, 269, 270). Er muss das aus seiner Sicht Notwendige und Mögliche
vollständig tun; es reicht nicht aus, dass er nur die Wirkung seiner
Beeinflussung zeitweise unschädlich macht (BayObLG aaO; Roxin aaO § 31 Rdn. 26).
Insbesondere liegt ein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg zu verhindern, nur vor,
wenn der Anstifter alle Kräfte anspannt, um den Tatentschluss des Angestifteten
rückgängig zu machen und er dadurch die Gefahr beseitigt, dass dieser die Tat
begeht. Diese Grundsätze gelten entsprechend, wenn – wie hier – der Anstifter
nur glaubt, einen anderen erfolgreich zur Tatbegehung bestimmt zu haben, dieser
aber nicht wirklich tatbereit ist.
Derartige Bemühungen hat der Angeklagte nicht entfaltet. Er beließ dem
vermeintlich weiterhin fest zur Tatausführung entschlossenen Angestifteten die
Anzahlung. Da dieser nach der Vorstellung des Angeklagten aus Habgier handelte,
musste er damit rechnen, dass der Angestiftete aufgrund seines fortbestehenden
Tatentschlusses weiterhin nachhaltig an der Ausführung des Auftrages
interessiert war. Es bestand insbesondere die Gefahr, dass der Angestiftete sich
die restliche Entlohnung verdienen wollte und deshalb die Tat eigenmächtig
ausführen oder den Angeklagten unter Zugzwang setzen würde. Aus Sicht des
Angeklagten war deshalb die von ihm hervorgerufene Gefahr der Tatbegehung nicht
abgewendet. Ernsthafte Rücktrittsbemühungen liegen danach nicht vor.
§