Österr. OGH: “kunstnetz.at”

OGH vom 13.3.2002, 4 Ob 39/02t

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den
Senatspräsidenten
des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und
durch den Hofrat des
Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des
Obersten Gerichtshofs Dr.
Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten
Gerichtshofs Dr. Vogel als
weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei
[…], wegen Unterlassung (Streitwert
29.069,13 EUR) und Beseitigung (Streitwert 7.267,28 EUR),
über die
außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das
Urteil des
Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29.
November 2001, GZ 6 R 181/01m-33, den Beschluss gefasst:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO
mangels der
Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510
Abs 3 ZPO).

Begründung:

Der erkennende Senat stellt bei der Beurteilung der
Verwechslungsgefahr durch
den Gebrauch eines Zeichens als Domain-Name in stRsp auf
den Inhalt der unter
einer bestimmten Domain in das Netz gestellten Website ab
(MR 1999, 351 =
ÖBl 2000, 72 – Format; EvBl 2001/20 = MR 2000, 322 = ÖBl
2001, 26 –
gewinn.at; MR 2000, 325 = ÖBl 2001, 35 – bundesheer.at; MR
2001, 194 = ÖBl
2001, 225 – cyta.at; MR 2001, 330 – dullinger.at).

Da eine Website inhaltlich jederzeit verändert werden
kann, ist im Fall einer
erwiesenen Wettbewerbsverletzung durch den Inhalt einer
Website mit der
Entfernung des verbotswidrigen Inhalts die
Wiederholungsgefahr noch nicht
vollständig beseitigt, könnte doch der frühere
gesetzwidrige Zustand vom Störer
jederzeit leicht wiederhergestellt werden. Die
Nachhaltigkeit des erwirkten
Unterlassungsgebots kann folglich nur dadurch
sichergestellt werden, dass dem
Verletzten auch ein Anspruch auf Beseitigung des störenden
Zustands (§ 15
UWG) durch Abgabe einer Löschungs- bzw Verzichtserklärung
gegenüber der
Registrierungsstelle zusteht. Ein derartiger
Beseitigungsanspruch wurde von der
Rechtsprechung in Domainstreitigkeiten (außerhalb des
Sicherungsverfahrens:
MR 1999, 351 = ÖBl 2000, 72 – Format) nicht nur in Fällen
des Domain-Grabbing
gem § 1 UWG (MR 1999, 235 = ÖBl 1999, 225 – jusline II),
sondern auch bei
Zeichenverletzungen gem § 43 ABGB (MR 2001, 411 –
bundesheer.at II) oder
gem § 9 UWG (4 Ob 226/01s – onlaw.co.at) bereits
anerkannt. Die Vorinstanzen
konnten sich bei Stattgebung des Beseitigungsbegehrens
demnach auf
höchstgerichtliche Rechtsprechung stützen.

Soweit die Rechtsmittelwerber die Verkehrsgeltung des
verletzten Zeichens der
Klägerin bestreiten, weichen sie von den – in dritter
Instanz unbekämpfbaren –
Feststellungen ab und führen ihr Rechtsmittel nicht
gesetzmäßig aus. Der Grad
der Ähnlichkeit, ab dem eine Verwechslungsgefahr zwischen
zwei
Domain-Namen zu bejahen ist, kann naturgemäß nicht exakt
festgelegt werden
und hängt vom jeweiligen Einzelfall ab; das bloße Einfügen
eines Bindestrichs
und das Austauschen eines einzigen Buchstabens, wenn es
sich dabei um einen
üblichen Tippfehler handelt, ist nicht geeignet, eine
Ähnlichkeit auszuschließen
(EvBl 2001/176 = MR 2001, 258 = ÖBl 2001, 263 –
pro-solution.at). Die
Beurteilung der Vorinstanzen, die Zeichen “kunstNET” und
“kunstnetz.at” seien
verwechselbar ähnlich, ist angesichts dieser
Rechtsprechung nicht zu
beanstanden.

Der Zweitbeklagte hat als Obmann der Erstbeklagten den
strittigen
Domain-Namen für diese angemeldet; an seiner
Mitverantwortung für den
wettbewerbswidrigen Inhalt der Website kann demnach kein
Zweifel bestehen.