Österr. OGH: “graz2003.at”

OGH vom 29.1.2002, 4 Ob 246/01g

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten
des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat
des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten
Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten
Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden
Partei Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas Organisation GmbH, […] wegen
Unterlassung, Urteilsveröffentlichung und Herausgabe (Gesamtstreitwert
475.000 S), infolge außerordentlicher Revision der Beklagten gegen das
Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 21. Juni 2001,
GZ 6 R 66/01z-31, mit dem infolge Berufung der Beklagten das Urteil des
Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 23. Jänner 2001, GZ 10 Cg
33/00i-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Der Revision wird nicht Folge gegeben. Die Beklagten sind zur ungeteilten
Hand schuldig, der Klägerin die mit 1.860,67 EUR bestimmten Kosten der
Revisionsbeantwortung (darin 310,11 EUR) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin wurde am 3. 3. 1999 gegründet; ihre alleinige Gesellschafterin
ist die Stadt Graz. Die Stadt Graz hat die Klägerin ermächtigt, ihre
namensrechtlichen Ansprüche geltend zu machen. Unternehmenszweck der
Klägerin ist es, die Aufgaben der Stadt Graz als Kulturhauptstadt Europas im
Jahr 2003 vorzubereiten, zu organisieren und zu vermarkten. Die Klägerin ist
dazu allein befugt. Die Stadt Graz will durch die Vermarktung ihrer Rolle
als Kulturhauptstadt 2003 auch Werbeeinnahmen erzielen. Zu diesem Zweck
wurde ein Gesamtkonzept mit einheitlichem “Gesamtlogo” entwickelt. Der
Wortteil dieses “Gesamtlogos” lautet “Graz2003”. Die Stadt Graz ist
Inhaberin der Domain “graz.at”. Im Zusammenhang mit dem Ereignis “Graz –
Kulturhauptstadt 2003” wurde die Domain “graz-2003.at” für die Klägerin
registriert.

Die Stadt Graz bewarb sich bereits im September 1989 um die Nominierung als
Kulturhauptstadt Europas. Im Juni 1998 wurde ein Beschluss des Rats der
Europäischen Union veröffentlicht, durch den Graz als Kulturhauptstadt für
das Jahr 2003 bestimmt wurde. Kurze Zeit nach dem Bekanntwerden dieses
Beschlusses ließ der Zweitbeklagte für die Erstbeklagte die Domain
“graz2003.at” registrieren. Er handelte zumindest im Bewusstsein, dass die
Stadt Graz an der Domain interessiert sein werde und in diesem Zusammenhang
allenfalls mit der Erstbeklagten wirtschaftlich kooperieren werde. Der
Zweitbeklagte plante, durch Werbeeinnahmen der Erstbeklagten aus der Domain
einen Gewinn zu erzielen, welchen er für andere Vorhaben verwenden wollte.
Der Zweitbeklagte nahm an, dass die Werbeaktivitäten zunehmen würden, je
näher das Jahr 2003 rückte, und dass er auf diese Weise andere, von ihm
initiierte Kulturprojekte auf anderen Websites (“kultur.at”; “line.at”;
“fan.at”) durch eine Art Kultursponsoring finanzieren könnte. Diese
“Kulturwebprodukte” wurden im Bereich Literatur, bildende Kunst und Jugend
entwickelt. Die Erstbeklagte stellte den beteiligten Künstlern die Domain
und technische Ressourcen unentgeltlich zur Verfügung. Die Künstler konnten
damit ihre Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Die Erstbeklagte wurde 1996 gegründet; der Zweitbeklagte ist ihr alleiniger
Gesellschafter und Geschäftsführer. Die Erstbeklagte entwickelt
Kommunikationslösungen für Unternehmen und öffentliche Einrichtungen, mit
Schwerpunkt neue Medien. Zu Gunsten der Erstbeklagten sind etwa 15 Domains
registriert. Die Startseite der von der Erstbeklagten unter der Domain
“graz2003.at” betriebenen Website ist in vier etwa gleich große Flächen
geteilt. Auf einer dieser Flächen scheinen die Logos des “Neuen Grazer” und
des “Grazer Radios 107,5” als Links zu deren Websites auf; auf einer anderen
Fläche führt – ebenfalls unter Verwendung des Logos – ein Link zur
“amtlichen Graz2003.Website”. Eine weitere Teilfläche ist mit folgendem Text
versehen: “LVD präsentiert eine private und freie Initiative zu Graz 2003
Europäische Kulturstadt”; “LVD” ist laut einem seitlich angebrachtem
Copyrightvermerk die Abkürzung für “links vom diwan”. Von der letzten der
vier Teilflächen gelangt man zu folgenden Seiten “Neue Rubrik”, “Neue
Projekte” und “Neue Informationen”. Die Klägerin hat die Beklagten nicht
ermächtigt, ihr Logo für die Website zu verwenden. Der Geschäftsführer der
Klägerin hat etwa im Zeitpunkt seiner Bestellung von der Domain
“graz2003.at” erfahren. Die Beklagten lehnten es ab, die Domain auf die
Klägerin zu übertragen; sie schlugen aber Kooperationen vor. Der
Zweitbeklagte erstellte einen Vorschlag als Diskussionsgrundlage. Danach
sollte die Erstbeklagte Inhaberin der Domain bleiben; der Zweitbeklagte
sollte die Domain weiterhin verwalten. Die Portalfunktion der Domain für
etwaige “Non-Profit-Elemente” der Erstbeklagten sollte erhalten bleiben, die
Klägerin sollte in diesen Bereichen keinen Einfluss nehmen. Weder die
Erstbeklagte noch der Zweitbeklagte sollten hingegen, die von der Klägerin
im “Profit-Bereich” angebotenen Inhalte beeinflussen. Die Klägerin sollte
die Kooperation mit der Erstbeklagten offiziell bekannt geben und sämtliche
Vereinbarungen sollten nach dem 31. 1. 2004 erlöschen.

An Kooperationsmöglichkeiten schlug die Erstbeklagte vor: ein “Grundpaket
für Hosting und Web-Space” um ein monatliches Entgelt, das je nach Umfang
und Aufwand des von der Klägerin gewünschten Services zwischen 1.500 S und
12.000 S betragen sollte, die gemeinsame Vermarktung der Domain als
Werbeportal, die gemeinsame Konzeption von Werbemaßnahmen für das Ereignis
“Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas” sowie ein weiterreichendes
Informationskonzept für Graz-Besucher und dessen Umsetzung durch die
Erstbeklagte, wobei sich der Tagessatz zwischen 6.000 S und 12.000 S bewegen
sollte, sowie die technische Abwicklung sämtlicher Sonderaktivitäten der
Klägerin vor und während der Veranstaltung durch die Erstbeklagte. Die
Klägerin nahm den Vorschlag nicht an. Sollte sie in den Besitz der Domain
gelangen, wird sie unter der Domain eine Website einrichten, um darauf
sämtliche Veranstaltungen im Zuge des Ereignisses “Graz als Kulturhauptstadt
2003” zu vermarkten.

Den Beklagten wurde mit einstweiliger Verfügung verboten, die Domain zu
verwenden. Seither wird sie von den Beklagten nicht mehr verwendet, sie ist
aber nach wie vor zu Gunsten der Erstbeklagten registriert. Vor Einbringung
der Klage gab es ungefähr “40 Sitzungen an Zugriffen am Tag”, das sind
“Seitenzugriffe von knapp 800 pro Tag”. Die Klägerin begehrt, die Beklagten
schuldig zu erkennen, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs zu unterlassen, den Domain Namen “graz2003.at” im Internet zu
belegen und/oder zu benutzen und/oder benutzen zu lassen; sie weiters
schuldig zu erkennen, in die Löschung der Domain einzuwilligen, in eventu
die Domain auf die Klägerin zu übertragen. Die Klägerin stellt darüber
hinaus ein Veröffentlichungsbegehren. Mit der Registrierung der Domain
“graz2003.at” zu Gunsten der Erstbeklagten griffen die Beklagten in das
Namensrecht der Klägerin ein. Bei den Internetnutzern werde der
unzutreffende Eindruck erweckt, dass es sich um die amtliche
“Graz2003”-Website handle. Es bestehe auch Verwechslungsgefahr. Die
Beklagten hätten Lösegeldforderungen gestellt.

Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Die Beklagten hätten
die Domain nicht in der Absicht registrieren lassen, von der Stadt Graz oder
von einer Veranstaltungswerbegesellschaft Aufträge zu erhalten oder
“Lösegeld” zu erlangen. Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren und dem Löschungsbegehren
statt und ermächtigte die Klägerin, den Spruch des Urteils in der “Kleinen
Zeitung” zu veröffentlichen; das auf Veröffentlichung auch in der “Neuen
Kronen Zeitung” gerichtete Mehrbegehren wies es ab. Die Bezeichnung “Graz
2003” habe Namensfunktion. Die Beklagten seien nicht befugt, diesen Namen zu
verwenden. Sie erweckten mit dem Link zur “amtlichen Graz 2003-Website” und
durch die Verwendung des Logos der Klägerin den Anschein, mit der Klägerin b
zw mit der Stadt Graz zusammenzuarbeiten. Die Klägerin sei berechtigt,
namensrechtliche Ansprüche der Stadt Graz geltend zu machen. Ihr
Unterlassungsanspruch sei schon nach § 43 ABGB berechtigt. Die Klägerin habe
ihren Anspruch jedoch auch auf die §§ 1, 2 und 9 UWG gestützt. Es sei davon
auszugehen, dass den Beklagten im Zeitpunkt der Registrierung bewusst
gewesen sei, dass sie die Klägerin bzw die Stadt Graz bei der Vermarktung
der Stadt Graz als Kulturhauptstadt behindern würden. Sie hätten den Namen
auch deshalb als Domain registrieren lassen, um mit der Klägerin
zusammenzuarbeiten. Die Erstbeklagte habe mit der Registrierung sittenwidrig
im Sinne des § 1 UWG gehandelt. Die behauptete Irreführung durch die
Verwendung des Logos der Klägerin werde vom Klagebegehren nicht erfasst. Auf
§ 9 UWG könne die Klägerin ihren Anspruch nicht stützen, weil sie im
Zeitpunkt der Registrierung noch nicht bestanden habe. Das
Beseitigungsbegehren sei gemäß § 15 UWG berechtigt. Für die Aufklärung der
angesprochenen Verkehrskreise reiche die Veröffentlichung des Urteils in der
“Kleinen Zeitung” aus. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und
sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteige
und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die Erstbeklagte habe die
Domain allein deshalb registrieren lassen, um die Klägerin in ihrer
Tätigkeit zu behindern und sich eine spätere Nutzung der Internetadresse
finanziell abgelten zu lassen. Bei Registrierung der Domain sei bereits
festgestanden, dass die Stadt Graz im Jahr 2003 die Kulturhauptstadt Europas
sein werde. Es sei völlig klar gewesen, dass die Stadt Graz irgendeinen
Rechtsträger schaffen werde, um das Großereignis zu organisieren und zu
vermarkten. Die Beklagten hätten demnach mit der Registrierung nur den Zweck
verfolgt, für den Marktzugang der Klägerin ein Hindernis zu errichten, um
aus dessen späterer Beseitigung einen finanziellen Vorteil zu ziehen. Damit
hätten die Beklagten sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt.

Die gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revision der
Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen
Sachverhalt fehlt; die Revision ist aber nicht berechtigt. Die Beklagten
bekämpfen die Auffassung des Berufungsgerichts, mit der Registrierung der
Domain sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt zu haben. Sie hätten bei
Registrierung der Domain nur gewusst, dass das Jahr 2003 für Graz von
überdurchschnittlicher Bedeutung sein werde. Sittenwidriges Domain Grabbing
setze eine konkrete Behinderungsabsicht voraus. Eine derartige konkrete
Behinderungsabsicht hat das Berufungsgericht auch angenommen. Es hat die von
ihm übernommenen Feststellungen des Erstgerichts dahin verstanden, dass der
Zweitbeklagte die Domain für die Erstbeklagte “einzig und allein deshalb
habe registrieren lassen, um die Klägerin in ihrer Tätigkeit zu behindern
und sich eine spätere Nutzung dieser Internetadresse durch die Klägerin
finanziell abgelten lassen zu können”. Es wird damit dem festgestellten
Sachverhalt allerdings nicht gerecht.

Das Erstgericht hat festgestellt, dass der Zweitbeklagte die Domain
“zumindest im Bewusstsein registrieren (ließ), dass die Stadt Graz im
Hinblick auf die Vermarktung dieses Ereignisses Interesse an dem Domain
Namen haben wird und allenfalls diesbezüglich mit der erstbeklagten Partei
wirtschaftlich kooperieren wird”. Festgestellt ist auch, dass der
Zweitbeklagte hoffte, “auf der streitgegenständlichen Domain” Werbeeinnahmen
zu erzielen, um damit von ihm initiierte Kulturprojekte auf anderen Websites
zu finanzieren. Das Erstgericht hat weiters festgestellt, dass der
Zweitbeklagte der Klägerin vorgeschlagen hat, mit ihm und der Erstbeklagten
zusammenzuarbeiten und ihre Dienstleistungen gegen ein entsprechendes
Entgelt in Anspruch zu nehmen. Nicht festgestellt hat das Erstgericht, dass
der Zweitbeklagte in der Absicht gehandelt hätte, die Klägerin zu behindern,
wenn es auch in der rechtlichen Beurteilung meint, es sei davon auszugehen,
“dass den beklagten Parteien zum Zeitpunkt der Registrierung bewusst war,
dass sie die klagende Partei bzw die Stadt Graz durch die Belegung dieses
Domain Namens bei der Präsentation bzw Vermarktung der Stadt Graz als
Kulturhauptstadt Europas behindern würden”.

Die zuletzt wiedergegebenen Ausführungen sind eine Schlussfolgerung; es
bleibt daher zu prüfen, ob der festgestellte Sachverhalt die Beurteilung
rechtfertigt, die Beklagten hätten mit der Registrierung der Domain
sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt. Sittenwidriges Domain Grabbing
kommt nach der Rechtsprechung in zwei Spielarten vor: Eine Domain wird
entweder in der Absicht erworben, für einen Mitbewerber ein
Vertriebshindernis zu errichten (Domainblockade), oder es wird mit der
Registrierung eines fremden Kennzeichens die Absicht verfolgt, vom Inhaber
des Kennzeichens einen finanziellen Vorteil für die Übertragung der Domain
zu erlangen (Domainvermarktung; 4 Ob 139/01x = MR 2001, 245 –
taeglichalles.at mwN). Sowohl die Domainblockade als auch die
Domainvermarktung sind

Fälle des sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs. Sittenwidriger
Behinderungswettbewerb liegt vor, wenn ein Unternehmer durch das Mittel der
Behinderung des Mitbewerbers zu erreichen sucht, dass dieser Mitbewerber
seine Leistung auf dem Markt nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen
kann. Dazu müssen die beanstandeten Maßnahmen nicht ausschließlich auf die
Schädigung oder Vernichtung des Konkurrenten gerichtet sein; unlauterer
Behinderungswettbewerb liegt vielmehr schon dann vor, wenn eine bestimmte
Wettbewerbshandlung, die an sich dem Begriff des Leistungswettbewerbs zu
unterstellen und daher zunächst unbedenklich ist, durch das Hinzutreten
besonderer Umstände im Einzelfall zu einer unmittelbar gegen den Mitbewerber
gerichteten Behinderungsmaßnahme wird, die es diesem erschwert, wenn nicht
überhaupt unmöglich macht, seine Leistung auf dem Markt entsprechend zur
Geltung zu bringen und damit für die Zukunft einen echten Leistungsvergleich
ausschließt (stRsp ua 4 Ob 11/98s = ÖBl 1998, 229 – Nintendo mwN; s auch
Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 § 1 dUWG Rz 208). Die für die Annahme
eines Behinderungswettbewerbs ganz allgemein aufgestellten Grundsätze müssen
auch dann gelten, wenn der Erwerb einer Domain zu beurteilen ist (s BGH I ZR
216/99 = WRP 2001, 1286 – Mitwohnzentrale.de). Sittenwidrig im Sinne des § 1
UWG wird demnach durch die Registrierung einer Domain nur gehandelt, wenn
der Erwerber der Domain damit auch beabsichtigt, den Zeicheninhaber in
wettbewerbswidriger Weise zu behindern. Das wird bei einem Angebot, die
Domain dem Zeicheninhaber zu verkaufen, regelmäßig der Fall sein, weil erst
die Behinderungseignung den finanziellen Forderungen den notwendigen
Nachdruck verleihen wird. In diesem Sinn ist wohl auch die zitierte
Literaturstelle Fallenböck/Stockinger, Domain Namen und Wettbewerbsrecht, in
Mayer-Schönberger/Galla/Fallenböck, Das Recht der Domain Namen 13 (23f) zu
verstehen, wenn dort sittenwidriges Domain Grabbing bei Vorliegen einer
Vermarktungsabsicht angenommen wird. Das zeigt die von den genannten Autoren
zitierte Entscheidung 4 Ob 180/99w, 4 Ob 202/99f (= ÖBl 2000, 72 – Format),
in der ausdrücklich festgehalten wird, dass die (dortige) Beklagte nicht
mehr in Abrede stelle, bei Reservierung und Nutzung der Domain in
Behinderungsabsicht gehandelt zu haben, und dass der vorgeschlagene
“Abtausch” die Behinderungsabsicht deutlich mache.

Nach dem im vorliegenden Fall festgestellten Sachverhalt hat der
Zweitbeklagte die Domain für die Erstbeklagte nicht registrieren lassen, um
sie der Stadt Graz zum Kauf anzubieten, sondern um auf einer unter dieser
Domain einzurichtenden Website Werbeeinnahmen zu erzielen und um sich der
Stadt Graz als Kooperationspartner andienen zu können. Der Zweitbeklagte hat
damit zwar in der Absicht gehandelt, durch die Domain Einnahmen zu erzielen
und sie damit auch in einem gewissen Sinn zu vermarkten; das allein reicht
aber nicht aus, um ihm sittenwidriges Handeln im Sinne des § 1 UWG vorwerfen
zu können. Gegen eine Behinderungsabsicht des Zweitbeklagten kann ins
Treffen geführt werden, dass die Stadt Graz zum Zeitpunkt der Registrierung
der Domain nicht unter der Bezeichnung “Graz2003” aufgetreten ist. Sie war
zwar schon als Kulturhauptstadt für das Jahr 2003 bestimmt; es war aber noch
offen, unter welcher Bezeichnung und in welcher Form sie dieses Ereignis
vermarkten würde. Dafür hätten verschiedene Möglichkeiten bestanden; die
Verbindung von “Graz” und “2003” mag zwar nahe liegen, sie ist aber nicht
der einzige Weg, um das Ereignis “Graz als Kulturhauptstadt im Jahr 2003”
einprägsam zu beschreiben. Für ihre Internetpräsenz stand und steht der
Stadt Graz die Domain “graz.at” zur Verfügung, sie hätte daher schon diese
Domain für Informationen über ihre Aktivitäten als Kulturhauptstadt
verwenden können. Selbst wenn sie aber Wert darauf gelegt hätte, bereits in
der Domain der Informationswebsite zum Ausdruck zu bringen, dass sie 2003
Kulturhauptstadt Europas sein werde, so wäre es möglich gewesen, die –
offiziellen Stellen vorbehaltene – Domain “graz2003.gv.at” oder – was durch
die Klägerin ohnehin geschehen ist – die Domain “graz-2003.at” registrieren
zu lassen. Allerdings wäre das gleichzeitige Bestehen einer Domain
“graz2003.at” möglicherweise geeignet gewesen, die Attraktivität der
offiziellen Informationswebsite für Werbeeinschaltungen zu mindern. Darin
könnte eine Behinderung der Klägerin gesehen werden; es kann jedoch offen
bleiben, ob diese Behinderung ausreicht, um aus dem Kooperationsvorschlag
der Beklagten auf deren Behinderungsabsicht zu schließen, weil der von der
Klägerin geltend gemachte Anspruch nach § 1 UWG nicht abschließend beurteilt
werden muss.

Die Klägerin hat ihren Anspruch auch auf § 43 ABGB gestützt. Der Schutz des
§ 43 ABGB setzt voraus, dass entweder das Recht zur Führung eines Namens
bestritten (Namensbestreitung) oder ein Name unbefugt gebraucht wird
(Namensanmaßung) und dass der Namensgebrauch schutzwürdige Interessen des
Namensträgers verletzt. Schutzwürdige Interessen werden schon dann verletzt,
wenn der – unzutreffende – Anschein erweckt wird, dass zwischen dem
Berechtigten und demjenigen, der den Namen gebraucht, ideelle oder
wirtschaftliche Beziehungen bestehen (Aicher in Rummel, ABGB³ § 43 Rz 16;
Schwimann/Posch, ABGB² § 43 Rz 27, jeweils mwN; 4 Ob 320/99h = ÖBl 2000, 134
[Kurz] – ortig.at ua).

Unter welchen Voraussetzungen die Registrierung einer Internetdomain die
Rechte des Namensträgers verletzt, hängt demnach zuerst davon ab, ob die
Domainregistrierung als Namensbestreitung oder als Namensanmaßung gewertet
wird. Wird sie als Namensbestreitung verstanden, so braucht nicht weiter
geprüft zu werden, ob (noch weitere) schutzwürdige Interessen des
Namensträgers verletzt werden. Für die Qualifizierung der
Domainregistrierung als Namensbestreitung wird ins Treffen geführt, dass das
Namensrecht die Möglichkeit und Befugnis des Namensträgers einschließe, sich
unter Verwendung des Namens als Domain Name durch eine Website im Internet
vorzustellen. Durch die Blockierung des Domain Namens werde dem Namensträger
das Recht zum Gebrauch des Namens als Domain streitig gemacht (Schanda, Anm
zu ecolex 1999/281 – Sattler.at, unter Hinweis auf LG Düsseldorf, NJW-RR
1999, 626 – ufa.de; s auch Aicher in Rummel, ABGB3 § 43 Rz 3; Kapferer/Pahl,
Kennzeichenschutz für Internet-Adressen [“domains”], ÖBl 1998, 275 [279]).
Diese Auffassung setzt die Wertung voraus, dass dem Namensträger
grundsätzlich der aus seinem Namen abgeleitete Domain Name (in der von ihm
gewünschten Top Level Domain) vorbehalten sein müsse. In diesem Sinn spricht
sich Schanda (Der OGH zu sattler.at – Eine kritische Analyse, in
Mayer-Schönberger/Galla/Fallenböck, Das Recht der Domain Namen, 67 [74]),
unter Berufung auf Ubber (Rechtsschutz bei Missbrauch von Internet-Domains,
WRP 1997, 497 [508]) dafür aus, bereits das Interesse, seinen bürgerlichen
Namen als Domain Namen registrieren zu lassen, als schutzwürdig zu werten
(ebenso offenbar auch Pilz, Anm zu MR 2001, 194 – cyta.at; s auch
Fallenböck/Stockinger aaO 22f, die – allerdings bei Erörterung der Domain
Blockade – meinen, der kennzeichenmäßig Berechtigte müsse die Möglichkeit
haben, unter der von ihm gewünschten Top Level Domain im Internet auftreten
zu können).

Gegen diese Auffassung wird eingewandt, dass es fraglich sei, ob das
Namensrecht tatsächlich so weit geht. Aus der Befugnis des Namensträgers,
aus seinem Namen einen Domain Namen abzuleiten, folge nicht zwingend sein
Anspruch, dass ihm der Domain Name, soweit nicht ein anderer Rechte am
gleichen Namen geltend machen kann, vorbehalten bleibe. Durch die
Registrierung eines Namens als Domain werde nicht das Recht eines anderen,
den Namen zu verwenden, bestritten, sondern – bezogen auf die Registrierung
als Domain – ein konkurrierendes Recht behauptet. Der Umstand, dass dem
Namensträger damit die Registrierung in derselben Top Level Domain verwehrt
ist, sei lediglich eine technisch bedingte Folge (Viefhues in Hoeren/Sieber,
Handbuch Multimedia-Recht, Teil 6 Rz 225ff; gegen eine Qualifizierung der
Domain-Registrierung als Namensbestreitung auch Höhne, Namensfunktion von
Internet Domains, ecolex 1998, 924 [926]). Im vorliegenden Fall kann eine
nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Domain-Registrierung als
Namensbestreitung zu werten ist, unterbleiben. Es kann daher auch offen
bleiben, ob ein schutzwürdiges Interesse des Namensträgers, seinen Namen als
Domain in der von ihm gewünschten Top Level Domain registrieren zu lassen,
zu bejahen ist und ob bereits die Verletzung eines derartigen Interesses
ausreicht, um einen Eingriff in das Namensrecht anzunehmen.

Das Namensrecht wird jedenfalls dann verletzt, wenn – wie unter den hier
gegebenen Umständen – durch unbefugten Namensgebrauch (Namensanmaßung) das
(schutzwürdige) Interesse des Namensträgers verletzt wird, nicht mit dem
Verwender des Namens in Beziehung gebracht zu werden: “Graz” ist als Name
der Stadt Graz eine geographische Herkunftsbezeichnung und kann als
Herkunftsbezeichnung von jedermann verwendet werden. Als Name hingegen ist
sein Gebrauch der Stadt Graz vorbehalten. Die Klägerin als 100-%ige Tochter
der Stadt Graz führt “Graz 2003” in ihrer Firma und leitet ihr Recht am
Namen “Graz” von der Stadt Graz ab. Der Zweitbeklagte hat mit der
Registrierung der Domain “graz2003.at” bereits einige Zeit vor Gründung der
Klägerin Namen und Jahreszahl miteinander verbunden, um damit auszudrücken,
dass das Jahr 2003 ein besonderes Jahr für Graz sein werde. Mit der
Verwendung der Bezeichnung “graz2003” für eine Website, die über
Kulturinitiativen im Zusammenhang mit dem Ereignis “Graz als
Kulturhauptstadt 2003” informiert, wird “Graz” nicht nur als beschreibender
Hinweis sondern auch als Name gebraucht, weil die Bezeichnung “graz2003” auf
die Stadt Graz und ihre Funktion als Kulturhauptstadt im Jahr 2003 hinweist
und daher annehmen lässt, die Stadt Graz drücke damit ihre besondere
Bedeutung im Jahr 2003 aus. Unter diesem Blickwinkel verwenden die Beklagten
mit der Domain “graz2003.at” “Graz” als Namen; zum Namensgebrauch sind sie
ohne Einwilligung der Stadt Graz nicht befugt.

Schutzwürdige Interessen werden – wie oben dargelegt – schon dann verletzt,
wenn der – unzutreffende – Anschein erweckt wird, dass zwischen dem
Berechtigten und demjenigen, der den Namen gebraucht, ideelle oder
wirtschaftliche Beziehungen bestehen. Ob dieser Anschein erweckt wird, ist,
ebenso wie bei der Beurteilung einer durch die Domain hervorgerufenen
Verwechslungsgefahr (4 Ob 180/99w, 4 Ob 202/99f = ÖBl 2000, 72 – Format; s
auch 4 Ob 327/00t = MR 2001, 194 [Pilz] – cyta.at mwN), nicht allein nach
der Domain, sondern auch nach dem Inhalt der dazugehörigen Website zu
beurteilen. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist die Startseite der unter
der Domain “graz2003.at” betriebenen Website als Portal gestaltet, das zu
verschiedenen Websites und insbesondere auch zu der – von der Klägerin
betriebenen – “amtlichen Graz2003-Website” führt. Eine klare Abgrenzung
zwischen dem Inhaber der Domain “graz2003.at” und der Klägerin, deren Firma
die Wortfolge “Graz 2003” enthält, fehlt. Damit entsteht der Eindruck, dass
zwischen dem Inhaber der Domain und der Klägerin Beziehungen bestehen, wie
sie auch tatsächlich bestünden, wäre es zu der von den Beklagten
vorgeschlagenen Zusammenarbeit gekommen. Nach ihrem – von der Klägerin
abgelehnten – Vorschlag wäre die Erstbeklagte Inhaberin der Domain und die
Funktion der Startseite als Portal erhalten geblieben. Damit hätte genau
jene Beziehung zwischen den Streitteilen bestanden, auf die der Inhalt der
Startseite in Verbindung mit der Domain schließen lässt, der aber in
Wahrheit nicht besteht.

Der – den Tatsachen nicht entsprechende – Anschein von Beziehungen zwischen
den Streitteilen verletzt die schutzwürdigen Interessen der Klägerin. Die
Vorinstanzen haben dem Klagebegehren daher im Ergebnis zu Recht
stattgegeben. Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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