LAG Köln: Verhaltensbedingte Kündigung

KSchG §1

Lehnt der Arbeitnehmer zulässig angeordnete Überstunden ab, so kann – jedenfalls nach einschlägiger Abmahnung – eine Kündigung des Arbeitsverhälcnisses gerechtfertigt sein. Bei der Gewichtung des Kündigungsgrundes ist zu berücksichtigen, daß die Anordnung von Überstunden eine Sonderverpflichtung darstellt, die über den arbeitsvertraglich vorgesehenen Regelumfang der Arbeitsverpflichtung hinausgeht. Wendet sich der Arbeitnehmer, wenn auch im Einzelfall zu Unrecht, dagegen, in der Vergangenheit bereits häufig angefallene Sonderverpflichtungen in Form von Überstunden zu übernehmen, so wiegt eine solche Arbeitsvertragsverletzung vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalls im allgemeinen weniger schwer als wenn er bereits die Erfüllung der arbeitsvertraglich vorgesehenen Regelarbeitspflichten rechtsgrundlos verweigert.

LAG Köln, Urteil vom 27.04.1999 – 13 Sa 1380/98 –

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, arbeitgeberseitigen Kündigung.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Bedachungsunternehmen, das sie­ben bis acht Arbeitnehmer beschäftigt. Ein Hauptauftraggeber der Beklagten ist die Firma E, die für den Mobilfunk-Betreiber E-p Antennenanlagen erstellt. Diese Anten­nenanlagen werden in der Regel auf Kirchtürmen oder sieben- und mehrgeschossi­gen Flachdachbauten errichtet. Bei der Flachdach-Montage werden die Antennen und Sende- und Empfangseinrichtungen auf spezielle Stahlmasten und Stahlstützen ge­setzt. Zu diesem Zweck ist es Aufgabe der Beklagten, zunächst die Dachhaut zu öff­nen. Sodann werden von einem Stahlbauuntemehmen die Masten bzw. Stützen auf dem Dach befestigt. Dann müssen die Öffnungen in der Dachhaut von der Beklagten wieder fachgerecht abgedichtet werden. Um das Eindringen von Niederschlagswasser in die Gebäude zu vermeiden, hat dies noch am selben Tage zu geschehen. Da teil­weise auch teure Autokräne bei der Montage der Masten im Einsatz sind, sind die mit der Firma E vereinbarten Termine genau einzuhalten. Die Baustellen der Firma E befinden sich in der Regel in einem Umkreis von ca. 150 Km um den Firmensitz der Beklagten in B bei Bö.

Der Kläger wurde im Oktober 1996 von der Beklagten als Dachdeckergeselle eingestellt. Für seine Einstellung war maßgebend, daß er über einen Führerschein verfügte und daher gerade auch die wechselnden auswärtigen Baustellen des Auf­traggebers E wahrnehmen konnte. Der Kläger erzielte zuletzt einen Verdienst in Höhe von ca. 4.800,00 DM brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Regelungen des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk vom 27. November 1990 in der jeweils geltenden Fassung kraft Allgemeinverbindlichkeitserklärung Anwendung.

Der Kläger wurde nach seiner Einstellung häufig auf Baustellen der Firma E, aber auch auf anderen Baustellen eingesetzt. Auf die vom Kläger stammenden Stun­denauflistungen (vgl. hierzu die Protokollerklärung des Klägers persönlich vom 09.06.1998 wie Bl. 35 f. d. A.) für den Zeitraum Januar bis Juli 1997 sowie Januar und Februar 1998 wird Bezug genommen (Bl. 19 – 25 d. A.).

Im Dezember 1997 äußerte der Kläger, daß er nicht bereit sei, regelmäßig auf den Baustellen der Firma E Überstunden zu leisten. Im Januar 1998 fiel für den Kläger kein Einsatz bei der Firma E an. Am 16.02.1998 war der Kläger für eine Bau­stelle der Firma E in 0 eingeteilt. Diesen Einsatz nahm im Ergebnis der Dachdecker­meister M war, während der Kläger auf dessen Baustelle eingesetzt wurde. Unter dem 17.02.1998 erhielt der Kläger eine Abmahnung folgenden Wortlauts

:

„Sehr geehrter Herr El,

hiermit erhalten Sie eine Abmahnung, weil Sie sich geweigert haben, für unseren Hauptauftraggeber, die Firma E, zu arbeiten. Wir bitten Sie nach­drücklich diesen Mangel sofort abzustellen, da wir uns ansonsten gezwungen sehen, das Arbeitsverhältnis mit Ihnen fristlos zu kündigen” (Bl. 4 d. A.).

Vom 17.02. bis 20.02.1998 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Bei der Arbeitseinteilung am Aschermittwoch, dem 25.02.1998, erhielt der Kläger die Anwei­sung, auf eine Baustelle der Firma E nach D zu fahren. Hierzu erklärte sich der Kläger bereit, weigerte sich jedoch, Überstunden zu machen und wies darauf hin, daß er einschließlich An- und Abfahrtszeit nur noch die tarifliche Arbeitszeit leisten werde. Hierbei blieb der Kläger auch in einem sich anschließenden Gespräch mit einem ge­schäftsführenden Mitgesellschafter der Beklagten. Daraufhin wurde der Kläger nach Hause geschickt. Er erhielt noch am gleichen Tag die schriftliche fristlose Kündigung.

Der Kläger hat behauptet, er habe sich niemals generell geweigert, auf Baustellen der Firma E zu arbeiten. Er habe sich vielmehr nur gegen die auf solchen Baustellen ständig anfallenden Überstunden gewandt. Die Beklagte habe nämlich vorgehabt, ihn ab Mitte Februar 1998 wieder auf Dauer auf Baustellen der Firma E einzusetzen mit einer täglichen durchschnittlichen Arbeitszeit von mindestens zehn Stunden. Darüber hinaus hat der Kläger die Auffassung vertreten, daß eine Umdeutung der fristlosen Kündigung in eine fristgerechte Kündigung nicht möglich sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, daß die von der Beklagten am 25.02.1998 ausgesprochene fristlose Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, im Vorfeld der Abmahnung vom 17.02.1998 habe der Kläger geäußert, daß er nicht mehr bereit sei, auf den Baustellen der Firma E zu arbeiten, daß er „keinen Bock mehr auf die Bekloppten bei E-p habe, daß dort nur Blöde seien und daß ihm der Job dort zu stressig sei”. Vor dem Hintergrund dieser Abmahnung sei die Kündigung vom 25.02.1998 berechtigt, da der Kläger durch seine Weigerung, etwa erforderlich werdende Überstunden zu leisten, eine beharrli­che Arbeitsverweigerung begangen habe. Die Beklagte hat behauptet, etwaige, durch die besonderen Betriebsabläufe bedingte Überstunden auf Baustellen der Firma E seien eine seltene Ausnahme gewesen, für die überdies auch § 9 RTV Dachdecker einschlägig sei und eine Anpassung und Änderung der Arbeitszeit rechtfertige.

Das Arbeitsgericht Bonn hat mit Urteil vom 09.06.1998 die Klage kostenpflichtig abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 17.09.1998 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger am 16.10.1998 Berufung eingelegt und diese am 16.11.1998 begründet.

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, Überstunden zu Recht abgelehnt zu haben. Darüber hinaus fehle es an einer wirksamen Abmahnung und verstoße die fristlose Kündigung gegen das „ultima-ratio-Prinzip”.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom 09.06.1998 festzustellen, daß die von der Beklagten am 25. Februar 1998 ausgesprochene fristlose Kündi­gung unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der beiderseitigen Schriftsätze nebst ihren Anlagen und die Sit­zungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige, frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist teilweise begründet. Die Kündigung der Beklagten vom 25.02.1998 ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts als außerordentliche Kündigung im Sinne von § 626 BGB rechtsunwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht fristlos aufgelöst. Jedoch ist die unwirksame außerordentliche Kündigung in eine ordentliche, fristgerechte Kün­digung umzudeuten und hat somit unter Berücksichtigung der in § 49 Ziff. 3 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk der Bundesrepublik Deutschland vom 27. November 1990 in der Fassung vom 13.12.1994 vorgesehenen Kündigungsfrist von 12 Werktagen zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 11. März 1998 geführt. Insoweit war die Berufung zurückzuweisen.

B. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 25.02.1998 ist als solche rechtsunwirksam, da keine Tatsachen im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, aufgrund derer es der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht einmal zumutbar gewe­sen wäre, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist am 11. März 1998 fortzusetzen.

1. Allerdings ist im Ausgangspunkt dem Arbeitsgericht darin beizupflichten, daß der Kläger am 25.02.1998 verpflichtet gewesen wäre, der Weisung der Beklagten, die Arbeit auf der BausteUe der Firma E in D aufzunehmen, ohne den von ihm gemachten Vorbehalt nachzukommen, auch wenn dies mit mehr oder minder großer Wahrschein­lichkeit bedeutet hätte, Überstunden in Kauf nehmen zu müssen. Die Arbeit auf wechselnden, auch auswärtigen Einsatzstellen war vom Inhalt des Arbeitsvertrages der Parteien gedeckt. -Darüber besteht auch kein Streit. Eine derartige Tätigkeit kann aber typischerweise – ohne daß es darauf ankommt, ob ein unmittelbarer Anwen­dungsfall von § 9 RTV Dachdeckerhandwerk gegeben ist – von Fall zu Fall dazu führen, daß sich die betriebliche Notwendigkeit ergibt, Überstunden abzuleisten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Organisation des Arbeitsablaufs auch von der Tä­tigkeit von Drittfirmen abhängt, auf die der eigene Arbeitgeber keinen oder nur einen begrenzten Einfluß hat. Solche Verhältnisse waren nach der unwidersprochen gebliebenen Schilderung des Arbeitsablaufs seitens der Beklagten auch auf vielen Bau­stellen der Firma E gegeben. Dies mußte dazu führen, daß zu Beginn des jeweiligen Arbeitstages nicht ausgeschlossen werden konnte, daß sich die betriebliche Notwendigkeit zur Ableistung von Überstunden ergeben könnte. In solchen Fällen war die Anordnung von – potentiellen – Überstunden in den Grenzen des höherrangigen Rechts vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht gedeckt.

Gemessen hieran stellte die Weigerung des Klägers vom 25.2.1998, Überstunden zu leisten, falls sie denn notwendig werden sollten, eine Arbeitsvertragsverletzung dar, die auch geeignet war, die Beklagte in der Vornahme ihrer Betriebsorga­nisation nicht unbeträchtlich zu behindern; denn es mußte ihr betriebswirtschaftlich und arbeitsorganisatorisch wenig sinnvoll erscheinen, einen Arbeitnehmer, der sich generell weigerte, Überstunden zu leisten, auf eine auswärtige Baustelle zu entsenden, auf der Überstunden möglicherweise betrieblich notwendig werden konnten.

2. Es mag ferner zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß auch die Abmahnung vom 17.02.1998 in ihrem Kern berechtigt gewesen sein mag.

3. Lehnt der Arbeitnehmer zulässig angeordnete Überstunden ab, so kann -jedenfalls nach einschlägiger Abmahnung – eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein (Küttner/Reinecke, Personalbuch 1998, Stichwort Überstunden Rz. 8; KR-Fischermeyer, 5.Aufl., § 626 BGB Rz. 412). In Anbetracht der Umstände des vorliegenden Falles verstößt die Kündigung der Beklagten vom 25.02.1998 jedoch als außerordentliche Kündigung gegen den arbeitsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Dieser besagt, daß eine außerordentliche, fristlose Kündigung als das schärfste und einschneidendste arbeitsrechtliche Sanktionsmittel überhaupt nur als „ultima ratio” in Betracht kommt, wenn kein anderes, milderes Mittel zur Verfügung steht, um die berechtigten Interessen des Kündigenden zu wahren (BAG EzA § 626 BGB Nr. 66 m.w.N.; BAG EzA § 1 KSchG Krankheit Nr. 5; KR-Fischermeyer, § 626 BGB Rz. 251; KR-Etzel, § 1 KSchG Rz. 237 f.; Isenhardt, HzA Gruppe 5 Kündigung Rz. 308; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 6. Aufl., Rz. 454 f.; Münch-Komm.-Schwerdtner, § 626 BGB Rz. 39 ff.).

a. Auch wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgeht, daß sie grundsätzlich berechtigt war, auf den Baustellen der Firma E mit einer gewissen Regelmäßigkeit betriebsnotwendig anfallende Überstunden anzuordnen, so ist doch bei der Gewichtung des Kündigungsgrundes zu berücksichtigen, daß die Anordnung von Überstunden eine Sonderverpflichtung darstellt, die über den arbeitsvertraglich vorge­sehenen Regelumfang der Arbeitsverpflichtung hinausgeht (Küttner/Reinecke, Perso­nalbuch 1998, Stichwort Überstunden Rz.3). Es ist ferner zu berücksichtigen, daß die zur Akte gereichten Arbeitszeitaufzeichnungen des Klägers, die immerhin einen Zeit­raum umfassen, der ungefähr der Hälfte der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses entspricht, zwar keine Verstöße der Beklagten gegen arbeitszeitrechtliche Gesetze erkennen lassen, sehr wohl aber entgegen der Behauptung der Beklagten belegen, daß die Ableistung von Überstunden im Arbeitsverhältnis der Parteien keinesfalls eine „seltene Ausnahme” darstellten. Vielmehr weisen die Aufzeichnungen, die vom Umfang und der jahreszeitlichen Lage her repräsentative Zeiträume erfassen, aus, daß der Kläger in der Zeit von Mitte März bis Mitte Juli 1997 gemessen an der tarifvertraglichen Sollarbeitszeit des § 3 Ziff. 3 RTV (7,5 Stunden werktäglich bis zur 17. KW, 8 Stunden werktäglich von der 18. bis zur 48. KW) keineswegs nur gelegentlich, sondern sehr häufig, wenn auch in wesentlich geringerem Umfang als von ihm selbst allzu pauschal behauptet, Überstunden geleistet hat. Wendet sich der Arbeitnehmer, wenn auch im Einzelfall zu Unrecht, dagegen, in der Vergangenheit bereits häufig angefallene Sonderverpflichtungen in Form von Überstunden zu übernehmen, so wiegt eine solche Arbeitsvertragsverletzung vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzeifalls im allgemeinen weniger schwer, als wenn er bereits die Erfüllung der arbeitsvertraglich vorgesehenen Regelarbeitsverpflichtung rechtsgrundlos verweigert.

b. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen ist ferner zu berücksichtigen, daß der Beklagten durch das Verhalten des Klägers vom 25.02.1998 ein erkennbarer wirtschaftlicher Schaden nicht entstanden ist. Auch ist zu bedenken, daß im Falle des Klägers die bei einer ordentlichen Kündigung einzuhaltende Kündigungsfrist ge­mäß § 49 Ziff. 3 RTV Dachdeckerhandwerk auf nur 12 Werktage abgekürzt ist. Es ist auch nicht ersichtlich, daß die Beklagte den Kläger während der ohnehin kurzen Kündigungsfrist nicht mehr sinnvoll und zumutbar hätte einsetzen können, zumal sie selbst betont, daß der Kläger außer auf den Baustellen der Firma E immer wieder auch auf anderen Baustellen eingesetzt wurde. Bedenkt man ferner, daß der Kläger am 25.02.1998 zwar eine potentielle Leistung abgelehnt hat, zu deren Erbringung er im Einzelfall verpflichtet gewesen wäre, die aber dennoch gemessen an den normalen Grundverpflichtungen des Arbeitsverhältnisses als überobligatorisch anzusehen ge­wesen wäre, kann im Gegensatz zur Auffassung des Arbeitsgerichts nicht ohne weite­res angenommen werden, daß eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr hätte erwartet werden können.

Für das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger spricht, daß der Kläger nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung der Beklagten gerade deshalb eingestellt worden war, weil er für die Wahrnehmung der Baustellen des Kunden E besonders geeignet erschien. Wenn nun auf­grund der Vorbehalte des Klägers gegen die Ableistung von Überstunden gerade der Einsatz des Klägers auf den Baustellen der Firma E dauerhaft mit Schwierigkeiten belastet zu sein droht, so ist nachvollziehbar, daß die Beklagte den Grund für eine Weiterbeschäftigung des Klägers als weggefallen ansieht. Diesem Interesse konnte die Beklagte jedoch in zumutbarer Zeit auch mit Hilfe einer ordentlichen, fristgerechen Kündigung Rechnung tragen, die der Gesetzgeber, wie schon die Bezeichnung dieser Kündigungsart verdeutlicht, als den Normalfall einer einseitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ansieht. Die Beklagte mag sich dabei vor Augen halten, daß der Kläger auch bei einer ordentlichen, fristgerechten Kündigung als arbeitsrechtliche Reaktion auf sein Verhalten alsbald seinen Arbeitsplatz bei der Beklagten und den während der Dauer der Beschäftigung erworbenen sozialen Besitzstand verliert.

War der Beklagten somit trotz des Fehlverhaltens des Klägers vom 25.02.1998 noch die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten, so ist die von ihr ausgesprochene außerordentliche, fristlose Kündigung als solche rechtsunwirksam.

C. Die unwirksame außerordentliche, fristlose Kündigung vom 25.02.1998 ist jedoch entgegen der Auffassung des Klägers in eine ordentliche, fristgerechte Kündigung gemäß § 140 BGB umzudeuten.

1. Da die außerordentliche Kündigung regelmäßig den dem Arbeitnehmer er­kennbaren Willen enthält, das Arbeitsverhältnis in jedem Fall zu beenden, ist nach der zutreffenden herrschenden Meinung im Zweifel davon auszugehen, daß bei einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung jedenfalls eine ordentliche Kündigung zum nächst zulässigen Termin gewollt ist (KR-Friedrich, 5.Aufl., § 13 KSchG Rz. 77; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 8. Aufl., § 123 XI 3; Hueck/von Hoyningen-Huene, KSchG, 12. Aufl., § 13 Rz. 43; Stahlhacke/Preis, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, 6. Aufl., Rz. 338). Der Wille der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auf jeden Fall zu beenden, auch für den Fall, daß die außerordentliche Kündigung aus Rechtsgründen unwirksam sein sollte, war für den Kläger auch unschwer bereits aus der Diktion des Kündigungsschreibens vom 25.02.1998 und der Begleitumstände der Kündigung zu erkennen, auch wenn die Beklagte nicht ausdrücklich hilfsweise eine ordentliche Kündigung erklärt hat. Entsprach die Umdeutung dem hypothetischen Willen der Beklagten und war dies für den Kläger schon im Zeitpunkt der Kündigungserklärung erkennbar, so ist die Umdeutung der Entscheidung durch das Gericht zugrundezulegen (BAG vom 10.05.1984, 2 AZR 87/83; BAG AP Nr. 45 zu Art. 9 GG Arbeitskampf; BAG EzA § 4 KSchG n.F. Nr. 16; KR-Friedrich, a.a.O., Rz. 79 ff. m.w.N.).

2. Die im Wege der Umdeutung gewonnene ordentliche fristgerechte Kündi­gung zum 11. März 1998 ist auch rechtswirksam. Dies gilt schon deshalb, weil die Regeln des Kündigungsschutzgesetzes auf die vorliegend zu beurteilende Kündigung keine Anwendung finden. Maßgeblich für die Beurteilung ist § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG in der bis zum 31.12.1998 geltenden Fassung (BAG DB 1999, 486). Nach § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG a. F. galten die Vorschriften des § 1 KSchG über die soziale Rechtferti­gung ordentlicher Kündigungen nicht für Betriebe, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt werden. Bei der Beklagten waren und sind weniger als zehn Arbeitnehmer, nämlich sieben bis acht Arbeitnehmer beschäftigt. Sonstige Gesichtspunkte außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes, die gegen eine Rechts­wirksamkeit der in eine ordentliche Kündigung umgedeuteten Kündigung vom 25.02.1998 sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.

D. Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 Abs. 1 ZPO nach dem Verhältnis des beiderseitigen Obsiegens und Unterliegens beiden Parteien je zur Hälfte aufzuerlegen. Dabei war zu berücksichtigen, daß die Klage letztlich auf eine voll­ständige Unwirksamkeit der Kündigung vom 25.02.1998 in jedweder Form gerichtet war, da der Kläger die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung festgestellt wissen wollte und sich zugleich in seiner Klagebegründung aus Rechtsgründen gegen eine Umdeutung dieser Kündigung gewandt hat.

Gesetzliche Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.