BGB § 620, BeschFG §§ 1 Abs. 5,4
Eine Vertragskonstruktion, wonach der flexible Einsatz studentischer Arbeitnehmer für ein sog. Call-Center immer nur zu befristeten einsatzbezogenen
Tagesarbeitsverhältnissen führt und kein »Bedarfsarbeitsverhältnis« im Sinne des § 4 BeschFG entstehen läßt, stellt eine objektive Umgehung des gesetzlichen
Kündigungsschutzes dar und bedarf deshalb eines sachlichen Grundes. Der sachliche Grund liegt nicht allein in der Annahme, die Vertragskonstruktion liege im Interesse der
Studenten. Bei einer solchen Vereinbarung beginnt die Klagefrist nicht mit dem Ablauf des einzelnen “Tagesarbeitsverhältnisses”, sondern erst mit der abschließenden
Erklärung des Arbeitgebers, er werde den studentischen Arbeitnehmer zukünftig nicht mehr heranziehen.
LAG Berlin, Urteil vom 12.01.1999-12 Sa 113/98 –
Die Parteien streiten über das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses sowie über das der Klägerin ggf. zu garantierende Arbeitszeitkontingent. Auf der’ Basis
ihrer Rechtsauffassung, sie stehe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten, fordert die Klägerin darüber hinaus die Gewährung von Urlaub für das Kalenderjahr
1997 sowie -erstmals in der Berufungsinstanz – die Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Monate März bis Dezember 1998.
Dem zentralen Streit der Parteien über die rechtliche Qualifizierung der von der Klägerin im Telefonservice für die HF Zeitung ausgeführten Tätigkeit liegt der folgende
Sachverhalt zugrunde:
Ursprünglich unterhielt der HF Verlag GmbH & Co. KG (im folgenden:Verlag) für die Abonnenten der von ihm verlegten Berliner Zeitung einen eigenen Telefonservice mit
eigenen Arbeitnehmern. Lediglich zur Abdeckung von Auftragsspitzen hatte der Verlag die Gründungsgesellschafterin der Beklagten, die XY Beratungsgesellschaft mbH und Agentur
für 1:1-Kommunikation” (im folgenden Beratungsgesellschaft) eingeschaltet, die ein sogenanntes Callcenter betrieb.
Die Klägerin, eine Studentin, war auf der Basis eines für die Zeit vom 2. Juni bis 30. August 1997 vorgesehenen “Projektauftrages” vom 26. Juni 1997 (vgl. Bl. 176
d.A.) in der Zeit vom 2. Juni bis 31. Juli 1997 im Callcenter der Beratungsgesellschaft für den Abonnentenservice des Berliner Verlages tätig und wurde unter
Berücksichtigung ihrer Einsatzwünsche an unterschiedlichen Tagen eingesetzt.
Mit Wirkung ab 1. August 1997 übernahm die Beklagte, die von Beratungsgesellschaft mit 50,2 % der Anteile und dem Verlag mit 49,8 % der Anteile gegründet worden ist, den
gesamten Telefonservice für die Abonnenten der Berliner Zeitung mit einem eigenen Callcenter. Seit diesem Zeitpunkt setzt die Beklagte im Telefonservice für die Abonnenten
der Berliner Zeitung neben den vom Berliner Verlag übernommenen neun “Stammarbeitnehmern” ca. 40 bis 45 Studenten als Teilzeitkräfte ein.
Mit den Studenten schloß die Beklagte jeweils eine von ihr vorformulierte Rahmenvereinbarung, auf deren Inhalt im einzelnen Bezug genommen wird (vgl. Bl. 6/7 d.A.). Die mit
der Klägerin abgeschlossene Rahmenvereinbarung datiert auf den 4. August 1997.
Entsprechend dem Inhalt jener Rahmenvereinbarung wurde der Einsatz der Studenten, also auch der Einsatz der Klägerin, wie folgt festgelegt: DieStudenten trugen in eine
sogenannte Wunschliste ihre Einsatzwünsche bzw. -möglichkeiten für den jeweiligen Folgemonat ein. Auf der Basis dieser Wunschliste legte die Beklagte die Einsatzzeiten für
die Studenten fest.
Die Parteien streiten darüber, in welchem Verfahren und für welchen Zeitraum jeweils verbindliche Einsätze festgelegt worden sind.
Die tatsächlichen Einsatzzeiten hatte die Klägerin ebenso wie die anderen Studenten in eine persönliche Monatsliste einzutragen und zu unterschreiben. Diese Monatsliste, die
Grundlage der monatlichen Abrechnung über die Einsätze war, enthält unter der auf den laufenden Monat hinweisenden Überschrift zunächst folgenden Passus:
“Der Telefonservicepartner erkennt mit Eintragung für den jeweiligen Wochentag in die Monatsliste den Abschluß eines täglich befristeten Arbeitsverhältnisses
entsprechend der abgeschlossenen Rahmenvereinbarung an.”
Auf den sonstigen Inhalt dieser Monatsliste wird Bezug genommen (vgl. Bl. 39 d.A.). Auf der Basis jener “Rahmenvereinbarung” wurde die Klägerin erstmalig am 5. August
1997 eingesetzt, nachdem sie bereits im Juli 1997 eine entsprechende “Wunschliste” für den Monat August 1997 abgegeben hatte. In der Zeit von August 1997 bis Februar
1998 wurde die Klägerin von der Beklagten in folgendem Umfang eingesetzt und hat dabei das folgende Arbeitsentgelt erzielt:
August 1997-41,5 Stunden 816,-DM
September 1997 – –
Oktober 1997 68,5 Stunden 1.294,-DM
November 199765 Stunden 1.228,-DM
Dezember 199740,5 Stunden 810,-DM
Januar 199876,5 Stunden 1.500,-DM
Februar 1998 50 Stunden 918,-DM
________________________________________________
342 Stunden6,566,- DM
Der unterbliebene Einsatz der Klägerin der Zeit zwischen dem 19. August (Darstellung der Klägerin) bzw. 20. August 1997 (Darstellung der Beklagten) und ihrem ersten Einsatz
im Oktober 1997 am 6. Oktober beruhte auf einem in der sog. Wunschliste zum Ausdruck gebrachten Wunsch der Klägerin, den diese damit begründet, sie habe in jenem Zeitraum
Urlaub gemacht.
Anfang Februar 1998 wurde der Klägerin von der Geschäftsführerin der Beklagten erklärt, ihre – der Klägerin – Einstellung zur Arbeit stimme nicht, und sie werde ab März 1998
vorerst nicht mehr weiterbeschäftigt. Mit ihrer am 20. Februar 1998 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 3. März 1998 zugestellten Klage hat die Klägerin
u.a. die Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses und die Gewährung von 10 bezahlten Urlaubstagen für das Kalenderjahr 1997 verlangt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, zwischen ihr und der Beklagten bestehe in Wahrheit ein unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis, in dessen Rahmen ihr ein
monatlicher Einsatz von mindestens 40 Stunden garantiert werden müsse. In diesem Zusammenhang hat die Klägerin darauf hingewiesen, daß sie – dies ist unstreitig – bei der
im Betrieb der Beklagten im Februar 1998 durchgeführten Betriebsratswahl auf der Wählerliste als wahlberechtigt geführt worden ist und die Beklagte dagegen keine
Einwendungen erhoben hat.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß zwischen ihr und der Beklagten seit dem 1. August1997 ein Dauerteilzeitarbeitsver-hältnis besteht,
2. festzustellen, daß das zwischen ihr und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis unaufgelöst fortbesteht,
3. die Beklagte zu verpflichten, sie monatlich im Umfang von mindestens 40 Stunden zu beschäftigen,
4. die Beklagte zu verpflichten, ihr für 1997 noch10 bezahlte Urlaubstage im Laufe des Jahres 1998 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die in der Rahmenvereinbarung enthaltenen Bestimmungen seien zwischen den Parteien jeweils nur einsatzbezogene befristete
Arbeitsverhältnisse zustande gekommen.
In tatsächlicher Hinsicht hat die Beklagte behauptet, kurz vor dem mit der Geschäftsführerin der Beklagten am 6. Februar 1998 geführten Gespräch habe die Klägerin dem
Supervisor Mark Becker mitgeteilt, sie habe kein Interesse mehr an Beschäftigungsangeboten, da der Betrieb der Beklagten “ausbeuterisch” sei
Durch ein Urteil vom 19. August 1998 hat das Arbeitsgericht Berlin festgestellt, daß zwischen den Parteien seit dem 4. Februar 1998 ein Arbeitsverhältnis unaufgelöst
fortbesteht und die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin monatlich im Umfang von 40 Stunden zu beschäftigen sowie ihr für 1997 noch sieben bezahlte Urlaubstage im Laufe
des Jahres 1998 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des
angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 21. September 1998 zugestellte Urteil hat sie mit einem am 1. Oktober 1998 beim Landesarbeitsgericht Berlin eingegangenen Schriftsatz Berufung
eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. November 1998 mit einem an diesem Tage beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz
begründet.
Die Klägerin, der das Urteil des Arbeitsgerichts am 8. Oktober 1998 zugestellt worden ist, hat dagegen mit einem am 9. November 1998 (Montag) beim Landesarbeitsgericht
eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 9. Dezember 1998 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
Beide Parteien treten dem angefochtenen Urteil jeweils mit Rechtsausführungen entgegen und bekräftigen die von ihnen bereits erstinstanzlich vertretene
Rechtsauffassung.
In tatsächlicher Hinsicht stellt die Beklagte noch folgende Behauptungen auf:
1. Die konkreten Einsätze seien jeweils auf der Basis der von der Klägerin abgegebenen Wunschliste am Ende einer Woche für die nächste Woche in der Weise vereinbart worden,
daß sich die Klägerin mit dem Supervisor Mark Becker telefonisch in Verbindung setzte und die bei dieser Gelegenheit vereinbarten Einsätze in die jeweilige Monatsliste
eingetragen worden seien (Beweis: Zeugnis…….).
2. Bei der Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung habe die Klägerin mitgeteilt, sie habe kein Interesse an einer geregelten Arbeitsleistung und der Vertrag biete die Gewähr,
daß sie ihrem Studium nachgehen und auch die Finanzierung desselben sicherstellen könne (Beweis: Zeugnis…..)
3. Über den Grund für die auf Wunsch der Klägerin von Ende August bis Anfang Oktober unterbliebenen Einsätze (nach Darstellung der Klägerin Urlaub) habe es keine konkrete
Absprache mit dem Supervisor gegeben (Beweis: Zeugnis …..).
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Mit ihrer eigenen Berufung beantragt die Klägerin,
das angefochtene Urteil zu ändern und – unter Einschluß der vor dem Arbeitsgericht erfolgreichen Klageanträge –
1. festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 1. August 1997 ein Arbeitsverhältnis unaufgelöst fortbesteht,
2. festzustellen, daß die Beklagte ihr monatlichim Umfang von mindestens 40 Stunden Einsätze anbieten muß,
3. die Beklagte zu verurteilen, ihr für 1997 noch 10 bezahlte Ürlaübstage zu gewähren.
Außerdem beantragt die Klägerin,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 7.656,- DM brutto zu zahlen.
Mit ihrer erstmals in der Berufungsinstanz auf Zahlungsansprüche erweiterten Klage macht die Klägerin einen Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts für die Monate März
bis Dezember 1998 geltend, den sie auf der Basis eines Arbeitszeitkontingents von 400 Stunden und einem durchschnittlichen Stundenlohn von 19,14 DM errechnet.
In tatsächlicher Hinsicht stellt die Klägerin noch folgende Behauptungen auf:
1. Die Beklagte habe auf der Basis der von der Klägerin eingereichten Wunschliste die Einsätze jeweils für den gesamten Folgemonat durch Dienstpläne festgelegt, ohne daß es
zu einem weiteren Telefonat zur Abstimmung der einzelnen Einsätze gekommen sei; vielmehr habe sich die Klägerin durch Einsicht in die ausgehängten Dienstpläne über ihre
konkreten Einsätze informieren müssen (Beweis: Zeugnis).
2. Die Klägerin habe mit ihrem zuständigen Supervisor festgelegt, daß sie von Ende August bis Anfang Oktober in Urlaub fahre und nach dem Urlaub wieder eingesetzt werde
(Beweis: Zeugnis……..).
Schließlich vertritt die Klägerin noch die Auffassung, ihrer Tätigkeit für die Beratungsgesellschaft habe in Wahrheit ein Arbeitsverhältnis zugrunde gelegen, das gemäß §
613a BGB mit dem 1. August 1997 auf die Beklagte übergegangen sei. In diesem Zusammenhang verweist die Klägerin auf zwei Projektaufträge vom 17. Februar und 10. April 1997
(vgl. Bl. 174/175 d.A.), wonach sie für die Beratungsgesellschaft bereits ab 19. Februar 1997 tätig geworden sei.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin und ihre erweiterte Klage zurückzuweisen.
Sie geht davon aus, daß die Klägerin ihren Lebensunterhalt in der Zeit von März bis Dezember 1998 auch aus anderen Verdienstquellen bestritten habe und fordert von der
Klägerin vorsorglich Auskunft darüber, wie sie ihren Lebensunterhalt bestritten hat, um einen etwa bestehenden Anspruch der Klägerin auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts um
Anrechnungsbeträge im Sinne von § 615 Satz 2 BGB zu kürzen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des gegenseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze der Klägerin vom 9. Dezember und 21. Dezember 1998 sowie der Beklagten vom 16. November 1998 und vom 6. Januar 1999 Bezug genommen.
Entscheidungsqründe
Die von beiden Parteien eingelegten Berufungen sind gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und auch zulässig, da sie frist- und formgerecht im Sinne von § 66 Abs. 1 ArbGG in
Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO eingelegt und begründet worden sind. Gemäß § 523 ZPO in Verbindung mit §§ 263, 267 ZPO ist auch die von der Klägerin erstmals in der
Berufungsinstanz erweiterte Klage auf Zahlung des Arbeitsentgelts für die Monate März bis Dezember 1998 zulässig
.
Die Berufung der Klägerin ist in vollem Umfang begründet; ebenso ist auch ihre erweiterte Klage begründet. Demgegenüber ist die Berufung der Beklagten unbegründet und mußte
deshalb zurückgewiesen werden. Aus dieser Konstellation ergibt sich der von der Berufungskammer zur Klarstellung insgesamt neu gefaßte Urteilsausspruch.
I
Unbefristetes Arbeitsverhältnis:
Zwischen den Parteien besteht seit 1. August 1997 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, das bislang nicht beendet worden ist. Die in der Rahmenvereinbarung vorgesehene
Befristung der auf den jeweiligen Einsatz bezogenen Arbeitsverträge bzw. die Aufsplittung der jeweiligen Einsätze der Klägerin in befristete Tagesarbeitsverhältnisse ist
mangels eines sachlichen Grundes für diese Vertragskonstruktion unwirksam. Dies hat zur Folge, daß zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis – mit flexibler
Arbeitszeit (vgl. dazu unter II) besteht.
1. Der Abschluß befristeter Arbeitsverträge ist – dies zeigt § 620 Abs. 1 BGB – im Grundsatz zulässig. Da jedoch die Befristung eines Arbeits- Vertrages dem gesetzlichen
Kündigungsschutz die reale Grundlage entzieht und damit auf eine Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes hinauslaufen kann, bedarf ein befristeter Arbeitsvertrag –
außerhalb des Anwendungsbereichs von § 1 BeschFG – jedenfalls insoweit eines sachlichen Grundes, als der gesetzliche Kündigungsschutz objektiv umgangen wird. Dieser
grundsätzliche Ausgangspunkt der richterlichen Befristungskontrolle ist allgemein anerkannt und bedarf als Richtergewohnheitsrecht keiner besonderen Begründung mehr.
2. Im Regelfall knüpft die richterliche Befristungskontrolle an einen einzelnen für eine bestimmte Zeit abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag an mit der Folge, daß
mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Grundsatz nur die Befristung des letzten Arbeitsvertrages der
Überprüfung auf ihren sachlichen Grund bedarf (vgl. statt aller BAG EzA Nr. 76, 141 zu § 620 BGB).
2.1 Eine derartige Beschränkung der richterlichen Befristungskontrolle auf den jeweils einzelnen Arbeitsvertrag aus einer Kette von Arbeitsverträgen wird der von der
Beklagten durch die Rahmenvereinbarung vorgegebenen Konstellation nicht gerecht. Die Rahmenvereinbarung ist auf eine unbestimmte bzw. jedenfalls nichts näher bestimmbare
Zeit angelegt und splittet die einzelnen Einsätze der Arbeitnehmer in immer wiederkehrende Tagesarbeitsverhältnisse auf, die sich untereinander weder nach Inhalt noch nach
Befristungsgrund unterscheiden. Dementsprechend kann Ausgangspunkt für die richterliche Befristungskontrolle nicht die jeweils einzelne Befristung, sondern nur die
Gesamtheit der identischen Befristungen, mithin die in der Rahmenvereinbarung insgesamt vorgesehene Vertragskonstruktion sein. Dies steht auch im Einklang mit der
offenkundigen Tatsache, daß der potentielle Sachgrund für die Befristung des einzelnen Tagesarbeitsvertrages immer identisch ist.
2.2 Bei diesem gedanklichen Ausgangspunkt läuft die von der Beklagten in der Rahmenvereinbarung vorgesehene Vertragskonstruktion schon deshalb auf eine objektive Umgehung
des gesetzlichen Kündigungsschutzes hinaus, weil der Einsatz der studentischen Arbeitnehmer auf längere Zeit angelegt und nicht von vornherein auf sechs Monate befristet
war. Aus diesem Grunde setzt die richterliche Befristungskontrolle bzw. das Erfordernis eines Sachgrundes für die jeweils identischen Befristungen nicht voraus, daß die
Klägerin bei ihrem letzten Einsatz bereits mehr als sechs Monate beschäftigt worden ist.
2.3 Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen unterliegt die von der
Beklagten mit der Rahmenvereinbarung vorgegebene Vertragskonstruktion im Streitfall schon deshalb der richterlichen Befristungskontrolle, weil die Klägerin im Februar 1998
bereits länger als sechs Monate bei der Beklagten beschäftigt war und sich deshalb die – von vornherein angelegte -Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes auch faktisch
realisiert hat.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die fortdauernde Beschäftigung der Klägern nicht durch das Unterbleiben von Einsätzen für einen Zeitraum von etwa sieben Wochen
unterbrochen worden. Denn die zwischen den Parteien abgeschlossene Rahmenvereinbarung stellt trotz dieses längeren Zeitraums mangelnder Beschäftigung eine offenkundige und
damit hinreichende Klammer zwischen den bis Ende August 1997 geleisteten Einsätzen und den im Oktober 1997 wieder zustande gekommenen Einsätzen der Klägerin dar.
3. Darüber hinaus ist die von der Beklagten vorgegebene Vertragskonstruktion auch auf eine Umgehung der Kündigungsfristen angelegt. Denn die Beklagte hat es in der Hand, die
studentischen Arbeitnehmer mit sofortiger Wirkung nicht mehr zu beschäftigen.
4. Angesichts der Notwendigkeit einer zusammenfassenden Betrachtung sämtlicher in der Rahmenvereinbarung vorgesehenen befristeten Tagesarbeitsverhältnissen bedurfte es
entgegen de Auffassung der Beklagten auch nicht im Verhältnis zu jedem einzelnen Einsatz der Klägerin einer “Entfristungsklage” im Sinne von § 1 Abs. 5 BeschFG. Auch
das Erfordernis einer solchen “Entfristungsklage” würde dem Zweck der im Grundsatz auf Dauer angelegten Rahmenvereinbarung nicht gerecht werden. Darüber hinaus mußte
die Klägerin auf der Basis jener Rahmenvereinbarung die Erhebung einer “Entfristungsklage” jedenfalls so lange als sinnwidrig ansehen, als sie mit weiteren Einsätzen
durch die Beklagte rechnen durfte.
Dementsprechend muß § 1 Abs. 5 BeschFG für Vertragskonstruktionen wie die vorliegende in der Weise korrigierend ausgelegt werden, daß die Klagefrist mit der abschließenden
Erklärung der Beklagten über die Beendigung jeglichen Einsatzes der Klägerin beginnt.
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Ausgangspunktes hat die Klägerin die Klagefrist im Sinne von § 1 Abs. 5 BeschFG eingehalten. Denn ihre Klage ist am 20. Februar
1998 und damit bereits zwei Wochen nach der abschließenden Erklärung der Beklagten zur Beendigung der Einsätze der Klägerin beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten
am 3. März 1998 und damit “demnächst” im Sinne von § 270 Abs. 3 ZPO zugestellt worden.
5. Für die der Rahmenvereinbarung zugrunde liegende Vertragskonstruktion gibt es keinen sachlichen Grund.
5.1 Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in einer Reihe von Entscheidungen den sachlichen Grund für vergleichbare Vertragskonstruktionen bzw. den vergleichbaren Einsatz
studentischer Arbeitnehmer darin gesehen, daß ein derartig flexibler und ohne Vertragsbindungen vollzogener Einsatz dem “wohl verstandenen” bzw. typisierten Interesse
der Studenten entspreche, weil sie nur auf diese Weise ihr Studium unbeeinträchtigt von arbeitsrechtlichen Bindungen betreiben könnten. Zusätzlich hat das
Bundesarbeitsgericht dies damit gerechtfertigt, daß derartige Vertragskonstruktionen im Arbeitsleben üblich seien (in diesem Sinne BAG AP Nr. 21, 136 zu § 620 BGB
Befristeter Arbeitsvertrag; BAG RZK l 9a Nr. 81, Nr. 103; ebenso die unveröffentlichten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 20.3.1996 – 7 AZR 687/95 -, vom
13.2.1985 – 7 AZR 345/82 – und vom 18.2.1982 – 7 AZR 353/80 -; zustimmend zu dieser Rechtsprechung Hunold NZA 1996, 113 ff.).
5.2 Diesen Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts vermag sich die Berufungskammer – jedenfalls in ihrer allgemeinen Form – nicht anzuschließen (kritisch zu dieser
Rechtsprechung: TZA-Buschmann, 1997, § 4 BeschFG. Rdnr. 14 (offene Kritik); MünchArbR-Schüren, § 158, Rdnr. 211;
Erman-Hanau, BGB, 9.A. 1973, Rdnr. 304 (verdeckte Kritik); abweichend, wen auch ohne offenen Widerspruch BAG AP Nr. 20 zu § 1 BUrIG). Die Gründe dafür sind im einzelnen die
folgenden:
5.2.1 Die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht offenbar von dem Grundsatz aus, daß für Studenten das Studieren immer Vorrang vor der Erwerbstätigkeit
hat.
Es mag sein, daß ein solcher Vorrang des Studiums vor der Erwerbstätigkeit Anfang der 60er Jahre – dies war der zeitliche Ausgangspunkt der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG AP Nr. 21 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) – bei einer typisierenden Betrachtungsweise der Einstellung von Studenten zu Studium und
Erwerbstätigkeit angenommen werden konnte. Indessen hat sich die Einstellung von Studenten zu Studium und Erwerbstätigkeit nach der Einschätzung der Berufungskammer in den
letzten Jahren so nachhaltig gewandelt, daß ein solcher Vorrang (Studium vor Arbeit) rechtstatsächlich gar nicht mehr besteht und deshalb auch bei einer typisierten
Betrachtungsweise nicht mehr kurzerhand unterstellt werden kann. Nach den Erfahrungen der Berufungskammer sind vielmehr erwerbstätige Studenten in vielen Fällen durchaus
bereit, ihr Studium an arbeitsvertragliche Bindungen anzupassen, so daß von einem generellen Vorrang des Studiums vor der Erwerbstätigkeit nicht ausgegangen werden
kann.
5.2.2 Darüber hinaus birgt die in den zahlreichen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zum Ausdruck kommende Auffassung die Gefahr in sich, daß der Arbeitgeber für die
Beschäftigung zu den von ihm gewünschten – von arbeitsrechtlichen Bindungen befreiten – Vertragskonstruktionen Studenten ausschließlich deshalb wählt, weil er damit einen
Sachgrund für die von ihm präferierte Vertragskonstruktion gewinnt, den er gegenüber nichtstudentischen Arbeitnehmern nicht ins Feld führen könnte. In diesem Sinne liegt es
nahe, daß die Beklagte – ungeachtet der finanziellen Vorteile einer Beschäftigung von Studenten (keine Sozialversicherungsabgaben) – gerade deshalb nur Studenten und keine
anderen Arbeitnehmer beschäftigt, um die ansonsten sachlich nicht zu rechtfertigende Vertragskonstruktion legitimieren zu können. Es liegt nämlich auf der Hand, daß die von
der Beklagten durch die Rahmenvereinbarung vorgegebene Vertragskonstruktion gegenüber nicht studentischen Arbeitnehmern sachlich nicht gerechtfertigt werden könnte und die
Beklagte deshalb in ihrem “Personalpool” studentische und nichtstudentische Arbeitnehmer nicht zu identischen Vertragsbedingungen beschäftigen könnte. M.a.W.: Würde
die Beklagte studentische und nichtstudentische Arbeitnehmer beschäftigen, dann ließe sich die von ihr vorgegebene Vertragskonstruktion gegenüber der einen Gruppe
legitimieren und gegenüber der anderen nicht. Dies wäre eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung studentischer und nichtstudentischer Arbeitnehmer.
5.2.3 Ungeachtet dessen ist die von der Beklagten durch die vorgegebene Rahmenvereinbarung gewählte Vertragskonstruktion auch deshalb sachwidrig, weil einem angenommenen
Vorrang des Studiums vor der Erwerbstätigkeit auch durch eine andere Vertragsgestaltung, d.h. durch ein Arbeitsverhältnis im Sinne von § 4 BeschFG mit den von der Beklagten
praktizierten oder Modalitäten über die Festlegung der Einsätze ausreichend Rechnung getragen werden kann. Mit anderen Worten: Die von der Beklagten gewählte
Vertragskonstruktjon muß schon deshalb als sachwidrig angesehen werden, weil dem Interesse der Klägerin wie der übrigen Studenten, Erwerbstätigkeit und Studium miteinander
in Einklang zu bringen, durch eine entsprechend flexible Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses Rechnung getragen werden kann (vgl. zu diesem Gedankengang BAG AP Nr. 162 zu
§ 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Dessen war sich offenbar auch die Beklagte bewußt. Dies wird an der in der Rahmenvereinbarung vorgesehenen Klausel deutlich, mit ihrem
Abschluß komme kein “Abrufarbeitsvemältnis” zustande.
Angesichts des von der Beklagten praktizierten Verfahrens zur Festlegung der Einsatzzeiten hatte die Klägerin im Regelfall keine Schwierigkeiten, die Erfordernisse ihres
Studiums mit ihrer Erwerbstätigkeit bei der Beklagten in Einklang zu bringen; denn die Klägerin konnte auf der monatlichen “Wunschliste” jedenfalls angeben, wann sie
zur Verfügung stehen konnte. Somit bestand für die Klägerin ebenso wie für die übrigen Studenten gar keine Gefahr, daß sie durch übermäßigen Einsatz bei der Beklagten ihr
Studium vernachlässigen müßten. Jedenfalls im Hinblick darauf läßt sich die von der Beklagten vorgegebene Vertragskonstruktion nicht rechtfertigen (vgl. BAG AP Nr. 162 zu §
620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).
5.2.4 Sicherlich muß ein Arbeitgeber im Rahmen eines in § 4 BeschFG typisiert beschriebenen flexiblen Einsatzarbeitsverhältnisses nicht vorn vornherein in der Weise wie es
die Beklagte mit der “Wunschliste” praktiziert, auf die Bedürfnisse der studentischen Arbeitnehmer Rücksicht nehmen. Die von der Beklagten geübte Praxis macht aber
deutlich, daß eine solche Rücksichtnähme auf die Bedürfnisse der Studenten möglich ist, ohne dabei die betrieblichen Bedürfnisse der Beklagten zur durchgängigen Besetzung
ihres Call-Centers zu vernachlässigen.
5.2.5 Im Hinblick darauf kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, der Verlust des arbeitsrechtlichen Bestandsschutzes sei gleichsam der Preis für das Eingehen auf
die Bedürfnisse der Klägerin bzw. der übrigen Studenten an einer selbstbestimmten Arbeitszeitgestaltung. Im übrigen liegt der wirkliche Grund für die von der Beklagten
durch die Rahmenvereinbarung vorgegebene Vertragskonstruktion erkennbar nicht in einem Eingehen auf die besonderen Bedürfnisse der studentischen Arbeitnehmer, sondern in
dem Bestreben der Beklagten, die typischen arbeitsrechtlichen Vertragsbindungen und letztlich den Kündigungsschutz zu vermeiden. Insoweit will die Beklagte offenbar geltend
machen, ihrer fehlenden Vertragsbindung entspreche die fehlende Vertragsbindung der studentischen Arbeitnehmer, die die Freiheit hätten, Einsatzangebote abzulehnen. Diese
vordergründige und an der formalen Gleichheit orientierte Betrachtungsweise geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Für die Beklagte hat die fehlende Vertragsbindung einen
viel höheren Stellenwert als für die studentischen Arbeitnehmer. Diese sind auf die Erwerbstätigkeit bei der Beklagten zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts angewiesen und
werden deshalb im Regelfall gar nicht in der Lage sein, Einsatzangebote nach Belieben abzulehnen. Demgegenüber hat die fehlende Vertragsbindung für die Beklagte einen weit
höheren Wert, weil sie sich auf diese Weise vom arbeitsrechtlichen Bestandsschutz befreit.
5.2.6 Wenn die Beklagte als Arbeitgeberin die Vorteile eines eingearbeiteten Stabes von studentischen Arbeitnehmern in Anspruch nehmen will, dann muß sie daraus auch die
arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen und darf nicht eine Vertragsgestaltung wählen, die auch langfristig eingesetzten studentischen Arbeitnehmern jeglichen
Kündigungsschutz vorenthält. Gerade weil die Beklagte nicht nur sporadisch Studenten einsetzt, sondern diese längerfristig aus einem eingearbeiteten Pool beschäftigt, kann
sie sich nicht darauf berufen, der jeweils einzelne Einsatz komme auf der Basis eines befristeten Tagesvertrages zustande. Das spezifische Interesse der Beklagten an einem
dauerhaften Einsatz eingearbeiteter Arbeitnehmer zeigt sich im übrigen auch daran, daß die studentischen Arbeitnehmer eine Lohnsteuerkarte zum Verbleib bei der Beklagten
abzugeben hatten und das Arbeitsentgelt nicht nach jedem Einsatz, sondern monatlich abgerechnet worden ist.
5.2.7 Die Beklagte kann die von ihr durch die Rahmenvereinbarung vorgegebene Vertragskonstruktion speziell gegenüber der Klägerin auch nicht durch den Hinweis rechtfertigen,
die Klägerin habe bei der Vertragsunterzeichnung erklärt, sie habe kein Interesse an geregelter Arbeitsleistung und der Vertrag biete die Gewähr, daß sie ihrem Studium
nachgehen und auch die Finanzierung desselben sicherstellen könne. Aus diesem Grunde braucht dem einschlägigen Sachvortrag der Beklagten auch nicht durch die Erhebung des
von ihr angebotenen Beweises nachgegangen zu werden.
Jener Hinweis der Beklagten ist rechtlich unerheblich. Mit ihm will die Beklagte offenbar geltend machen, die von ihr vorgegebene Vertragsgestaltung entspreche dem eigenen
Wunsch der Klägerin. Selbst wenn man die Richtigkeit des Sachvortrages der Beklagten betreffend die von der Klägerin abgegebene Erklärung unterstellt, erscheint diese
Annahme lebensfremd. Einmal bietet die Beklagte offenkundig den studentischen Arbeitnehmern einen Einsatz ausschließlich auf der Basis der von ihr vorgegebenen
Rahmenvereinbarung; zum anderen beruht die – nach der Version der Beklagten – erklärte Einschätzung der Klägerin, der Vertrag stelle die Finanzierung ihres Studiums sicher,
offenkundig auf einem Irrtum der Klägerin. Eine existentielle Sicherheit für die Klägerin ist die Rahmenvereinbarung schon deshalb nicht, weil sich die Beklagte nach ihren
Bestimmungen von Vertragsbindungen freigehalten und sich dement sprechend vorbehalten hat, die Klägerin ohne die Bindungen des gesetzlchen Kündigungsschutzes und ohne
Einhaltung von Kündigungsfristen nicht mehr einzusetzen. Tatsächlich ist die Beklagte im Falle der Klägerin auch nach diesem Vorbehalt verfahren.
6. Auch andere Überlegungen vermögen die Vertragskonstruktion der sich stets wiederholenden Einsatzarbeitsverhältnisse nicht sachlich zu rechtfertigen.
6.1 Die von der Beklagten vorgegebene Vertragskonstruktion ließe sich ggf. dann sachlich rechtfertigen, wenn sie die Klägerin und an der studentische Arbeitnehmer nur zur
Abdeckung sporadisch und ganz unregelmäßig auftretender Arbeitsspitzen einsetzen würde. Art und Umfang ihrer Beschäftigung zeigen jedoch, daß die studentischen Arbeitnehmer
zwar flexibel, aber doch zur Abdeckung des normalen Arbeitsvolumens eingesetzt werden. Im übrigen hat sich die Beklagte auf jenen Gesichtspunkt, der im übrigen mit dem
Status der Studenten nichts zu tun hat, selbst nicht berufen.
6.2 Der sachliche Grund für die von der Beklagten gewählte Vertragskonstruktion kann auch nicht in der Üblichkeit gesehen werden. Einmal ist eine solche “Üblichkeit”
nicht vorgegeben, sondern beruht – wenn sie überhaupt feststellbar wäre – auf der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Zum anderen verbietet sich ein
Rückgriff auf die Üblichkeit in Konstellationen gestörter Vertragsparität schon deshalb, weil sie von der Vertragspartei geprägt wird, die die Vertragsbedingungen (praktisch
einseitig) bestimmt
7. Das somit unbefristete Arbeitsverhältnis der Klägerin ist auch nicht durch die Erklärung der Geschäftsführerin der Beklagten vom 6. Februar 1998 beendet worden. Es kann
dahingestellt bleiben, ob in dieser Erklärung eine Kündigung gesehen werden kann. Ebenso braucht der Frage nicht nachgegangen zu werden, ob am 6. Februar 1998 im Betrieb der
Beklagten ein Betriebsrat bestand, so daß eine in dieser Erklärung gegebenenfalls liegende Kündigung gegen § 102 Abs. 21 BetrVG verstieße. Denn eine in dieser Erklärung
ggf. liegende Kündigung wäre gemäß § 1 Abs. 2 KSchG sozial nicht gerechtfertigt. Insoweit hat die Beklagte nämlich keinerlei substantielle Gründe für die von ihr gewünschte
Beendigung der Beschäftigung angeführt.
8. Entsprechend dem Antrag der Klägerin war auch festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten seit dem 1. August 1997 besteht.
f
8.1 Der Beginn des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zur Beklagten läßt sich nicht auf den 4. August 1997 (Unterzeichnung der Rahmenvereinbarung) bzw. den 5. August 1997
(erster Einsatz der Klägerin) datieren; denn die Klägerin hatte ihre Bereitschaft zum Einsatz im Monat August bereits im Juli 1997 erklärt. Dementsprechend muß davon
ausgegangen werden, daß ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bereits mit der Aufnahme der Tätigkeit durch die Beklagte, also mit dem 1. August 1997 zustande gekommen
ist. Damit steht im übrigen auch im Einklang, daß die Klägerin bereits seit Juni 1997 für die Beratungsgesellschaft und damit eine Gründungsgesellschafterin der Beklagten
mit vergleichbaren Einsätzen beschäftigt worden ist. Es liegt deshalb nahe, daß in der Beschäftigung der Klägerin keine Unterbrechung eingetreten ist.
8.2 Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ist auch nicht durch die einsatzlose Zeit von sieben Wochen rechtlich unterbrochen worden. Denn nach den von der Beklagten
praktizierten Modalitäten konnte es zu solchen Arbeitsunterbrechungen durchaus kommen, ohne daß dadurch die weitere Beschäftigung der studentischen Arbeitnehmer gefährdet
gewesen wäre.
II.
Arbeitszeitkontingent:
1. Entsprechend dem Antrag der Klägerin war festzustellen, daß die Beklagte der Klägerin monatlich Einsätze im Umfang von mindestens 40 Stunden anzubieten hat. Dies folgt
aus einer entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 1 BeschFG, wobei angesichts des eingeschränkten Antrages der Klägerin (mindestens 40 Stunden pro Monat) das in § 4 Abs. 1
BeschFG festgelegte Arbeitszeitkontingent von 10 Stunden pro Woche nicht zugesprochen werden konnte.
Aus der Feststellung, daß es für die in der Rahmenvereinbarung vorgesehene Vertragskonstruktion sich ständig erneuernder befristeter Arbeitsverhältnisse keinen Sachgrund
gibt, folgt gleichzeitig, daß auch das in der Rahmenvereinbarung festgelegte Fehlen einer Verpflichtung der Beklagten, der Klägern Einsätze zuzuweisen, sachlich nicht
gerechtfertigt und damit unwirksam ist. Anderenfalls würde die richterliche Befristungskontrolle ihr Ziel verfehlen, dem Arbeitnehmer ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und
damit eine existentielle Sicherung zu garantieren. Denn ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit flexibler Arbeitszeit und ohne die Verpflichtung des Arbeitgebers, dem
Arbeitnehmer ein bestimmtes Arbeitszeitkontingent zu garantieren, wäre inhaltsleer und könnte den durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten
Minimalschutz nicht garantieren. In diesem Sinne ist auch das Fehlen jeder Vertragsbindung auf eine Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes in Gestalt des vertraglichen
Inhaltsschutzes angelegt und muß deshalb als unwirksam angesehen werden (vgl. dazu BAG AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969).
2. Da das Fehlen jeglicher Vertragsbindung der Beklagten unwirksam ist, steht der verbleibende Inhalt der Rahmenvereinbarung einem Arbeitsvertrag im Sinne von § 4 Abs. 1
BeschFG gleich, indem mangels anderweitiger Bestimmung eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart gilt.
Im übrigen wird die Beklagte durch die von der Klägerin beanspruchte – etwas unterhalb des in § 4 Abs. 1 BeschFG festgelegten Mindestkontingents liegende –
Arbeitszeitgarantie auch nicht unbillig belastet. Denn die Beklagte hat die Klägern in der Vergangenheit durchschnittlich jedenfalls mit mindestens 40 Stunden pro Woche
eingesetzt.
3. Die Anwendung von § 4 Abs. 1 BeschFG folgt auch noch aus einer anderen Überlegung:
Die formularmäßige Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einerseits flexibel und andererseits ohne die Verpflichtung zur Zuweisung
von Arbeit einsetzen kann, unterliegt nach den vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätzen (vgl. BAG AP Nr. 18 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe) gemäß § 242 BGB einer
an den Grundwerten von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG zu orientierenden richterlichen Inhaltskontrolle des Arbeitsvertrages (vgl. dazu mit grundsätzlichen Überlegungen
Dieterich, RdA 1995, 129, 135 ff; Fastrich, RdA 1997, 65, 75 f; U. Preis, AuR 1994, 139, 144 ff; ErfK-U. Preis, Nr. 230 BGB; § 611 Rdnr. 552 ff.).
Diese richterliche Inhaltskontrolle, die durch die fehlende Vertragsparität von Arbeitgeber und Arbeitnehmer geboten und legitimiert ist, muß zu dem Ergebnis führen, daß das
in der Rahmenvereinbarung festgelegte Fehlen einer Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin Einsätze zuzuweisen, unbillig und damit unwirksam ist. Dieser fehlenden
Vertragsbindung steht nämlich kein sachgerechtes Äquivalent zugunsten der studentischen Arbeitnehmer gegenüber. Denn der Stellenwert einer fehlenden Vertragsbindung ist für
die Beklagte sehr viel höher als die – in der Lebenswirklichkeit regelmäßig auf dem Papier stehende – Freiheit der studentischen Arbeitnehmer, über die Annahme eines
Einsatzangebotes frei zu entscheiden. Insoweit kann auf die Ausführungen unter l. 5.2.5 verwiesen werden.
4. Die Unwirksamkeit der Bestimmung über die fehlende Vertragsbindung der Beklagten folgt auch aus dem in § 9 AGB-G zum Ausdruck kommenden allgemeinen Grundsatz, daß
vertragliche Formularbedingungen insoweit unwirksam sind, als sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung des jeweiligen Vertragstyps nicht zu vereinbaren
sind bzw. wesentliche Rechte und Pflichten des Vertragstyps so einschränken, daß die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Zwar finden gemäß § 23 Abs. 2 AGB-G die
Bestimmungen dieses Gesetzes auf Arbeitsverträge keirie Anwendung; indessen ist allgemein anerkannt, daß allgemeine Grundsätze, die in den Bestimmungen des AGB-Gesetzes
ihren Ausdruck gefunden haben, auch auf Arbeitsverträge Anwendung finden (vgl. BAG AP Nr. zu § 3 AGB-G; BAG AP Nr. 1 zu § 19 BErzGG).
4.1 Die von der Beklagten verwandte Rahmenvereinbarung ist vorformuliert und steht deshalb allgemeinen Geschäftsbedingungen gleich.
4.2 Die in § 9 AGB-G normierte Generalklausel enthält im Gegensatz zu den in §§ 10, 11 AGB-G normierten Klauselverboten einen allgemeinen Grundsatz für die richterliche
Inhaltskontrolle vorformulierter Vertragsbedingungen, der deshalb auch auf Arbeitsverträge anzuwenden ist.
Das in der Rahmenvereinbarung festgelegte Fehlen einer Verpflichtung der Beklagten zur Zuweisung von Einsätzen ist eine unangemessene Benachteiligung der studentischen
Arbeitnehmer. Einmal ist sie mit wesentlichen Grundgedanken der in § 4 Abs. 1 BeschFG normierten Regelung über Arbeitsverträge mit flexiblem Arbeitseinsatz nicht
vereinbar. Denn diese gesetzliche Regelung geht davon aus, daß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein bestimmtes Arbeitszeitkontingent zu garantieren hat. Zum anderen werden
durch das statuierte Fehlen jeglicher Vertragsbindung die typischen Pflichten eines Arbeitgebers so eingeschränkt, daß die Erreichung des Zweckes eines Arbeitsvertrages,
nämlich die Sicherung des Arbeitnehmers durch ein bestimmtes Arbeitszeitkontingent und das ihm entsprechende Entgelt gefährdet wird.
4.3 Auch auf der Basis dieser Überlegung muß wiederum an die Stelle der unwirksamen Vertragsbestimmung die in § 4 Abs. 1 BeschFG normierte Regelung über ein garantiertes
Arbeitszeitkontingent von 10 Stunden pro Woche treten.
III.
Urlaubsanspruch:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf (Nach)-Gewährung von 10 Urlaubstagen aus dem Jahre 1997. Zwar ist der aus dem Jahre 1997 stammende anteilige
Urlaubsanspruch der Klägerin entweder gemäß § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG mit dem 31. März 1998 oder gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 BUrlG mit dem 31. Dezember 1998 entfallen; die
Beklagte ist jedoch der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes (vgl. § 249 BGB) zur Nachgewährung des Urlaubs verpflichtet, weil sie der Klägerin den Urlaub
entgegen deren – in der Klageschrift zum Ausdruck kommenden und der Beklagten damit am 3. März 1998 bekannt gewordenen – Verlangen nicht gewährt hat.
1. Der Urlaubsanspruch der Klägerin für das Jahr 1997 ist nicht dadurch erfüllt worden, daß die Klägerin in der Zeit vom 20. August bis 5. Oktober 1997 entsprechend ihrem
Wunsch nicht eingesetzt worden ist. Zwar hat die Klägerin – von der Beklagten bestritten – die Behauptung aufgestellt, sie habe nach entsprechender Vereinbarung mit dem
Supervisor “Urlaub gemacht”. Indessen kann diese zum Zwecke des “Urlaub” vorgenommene Freistellung von Einsätzen nicht der Erteilung von Urlaub im Sinne von § 7
Abs. 3 BUrIG gleichgesetzt werden. Eine solche Gleichsetzung verbietet sich schon deshalb, weil die Beklagte auf der Basis ihrer eigenen Rechtsauffassung überhaupt nicht
bereit war, der Klägerin “bezahlten Urlaub” und damit den nach dem Bundesurlaubsgesetz vorgesehenen Urlaub zu gewähren.
2. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Klägerin im Hinblick auf den von ihr selbst angenommenen Betriebsübergang auf die Beklagte für das Kalenderjahr 1997 nur
Anteilsurlaub im Sinne von § 5 Abs. 1a BUrlG zugestanden hat und ob das gemäß § 7 Abs. 3 Satz 4 zu stellende“Verlangen” des Arbeitnehmers auf Übertragung des
Anteilsurlaubs auf das nächste Kalenderjahr stillschweigend durch die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erklärt werden kann (vg. in diesem Sinne BAG AP Nr. 2 zu § 59 KO);
denn der Urlaubsanspruch der Klägerin ist jedenfalls gemäß § 7 Abs. 3 Satz 2, 3 BUrlG über den 31. Dezember 1997 hinaus bis zum 31. März 1998 übertragen worden. Da die
Beklagte der Klägerin ab 6. Oktober 1997 und auch im Dezember 1997 ständig Einsätze zugewiesen hat, muß davon ausgegangen werden, daß der Gewährung des Urlaubs dringende
betriebliche Gründe entgegengestanden haben.
Ungeachtet dessen muß sich die Beklagte auch so behandeln lassen, als hätten der Gewährung von Urlaub dringende betriebliche Gründe im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrIG
entgegengestanden. Denn die Beklagte hat sich – auf der Basis ihrer eigenen Rechtsauffassung konsequent – geweigert, den studentischen Arbeitnehmern überhaupt Urlaub zu
erteilen. Eine solche generelle Urlaubsverweigerung steht der mit betrieblichen Gründen gerechtfertigten Weigerung des Arbeitgebers gleich, den an sich anerkannten Urlaub im
laufenden Kalenderjahr zu gewähren.
3. Die Klägerin hat mit ihrer der Beklagten am 3. März 1998 zugestellten Klage die Gewährung des von ihr beanspruchten Anteilsurlaubs von 10 Urlaubstagen auch so rechtzeitig
verlangt, daß die Beklagte noch in der Lage gewesen wäre, der Klägerin diesen Urlaub bis zum 31. März 1998 zu gewähren. Demgemäß ist die Beklagte mit der Gewährung des
Urlaubs gemäß § 284 BGB in Verzug geraten und schuldet der Klägerin im Hinblick auf den Untergang des Urlaubsanspruchs am 31. März 1998 (bzw. am 31.12.1998) gemäß §§ 286,
249 BGB als Schadensersatz eine dem Urlaub äquivalente bezahlte Freistellung für 10 Werktage.
4. Lediglich zur Klarstellung ist die Klägerin darauf hinzuweisen, daß die von ihr beanspruchten 10 Urlaubstage (Werktage) nicht etwa mit “Einsatztagen” gleichzusetzen
sind. Vielmehr hat die Klägerin lediglich einen Anspruch darauf, an 10 Werktagen nicht eingesetzt zu werden und dafür das auf 10 Werktage durchschnittlich entfallende
Arbeitsentgelt zu erhalten.
IV.
Fortzahlung des Arbeitsentgelts
:
Angesichts des nicht beendeten Arbeitsverhältnisses ist die Beklagte mit der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin in Verzug geraten und schuldet dieser dementsprechend
gemäß § 615 Satz 1 BGB die Fortzahlung des der Klägerin zustehenden Arbeitsentgelts.
1. Die Beklagte ist gemäß § 296 BGB allein dadurch in Annahmeverzug geraten, daß sie der Klägerin am 6. Februar 1998 erklärt hat, sie werde sie ab März 1998 nicht mehr
beschäftigen, und ihr auch tatsächlich nach dem 25. Februar 1998 keine weiteren Einsätze zugeteilt hat. Da die Beklagte nach dem im Wege der richterlichen Inhaltskontrolle
korrigierten Vertragsinhalt verpflichtet war, der Klägerin Arbeitseinsätze zuzuweisen, bedurfte es keines gesonderten Arbeitsangebots der Klägerin, um die Beklagte in
Abnahmeverzug zu setzen.
2. Der Annahmeverzug der Beklagten läßt sich auch nicht mit der Begründung in Abrede stellen, die Klägerin sei in Wahrheit gar nicht leistungsbereit gewesen. Insoweit hat
die Beklagte vorgetragen, die Klägerin habe dem Supervisor vor ihrem Gespräch mit der Geschäftsführerin der Beklagten erklärt, sie habe kein Interesse mehr an
Beschäftigungsangeboten, da der Betrieb “ausbeuterisch” sei. Diese der Klägerin zugeschriebene und von ihr bestrittene Äußerung kann nicht als Ausdruck einer
mangelnden Arbeitsbereitschaft angesehen werden; vielmehr handelt es sich um eine typische Unmutsäußerung, die sich aus dem bevorstehenden Kritikgespräch mit der
Geschäftsführerin der Beklagten erklärt.
3. Die Klägerin hat das ihr zustehende Arbeitsentgelt richtig berechnet.
In der Zeit vom 1. August 1997 bis zum 28. Februar 1998 hat die Klägerin bei 342 Arbeitsstunden ein Arbeitsentgelt von 6.546,- DM, mithin ein durchschnittliches
Arbeitsentgelt in Höhe von 19,14 DM pro Stunde erzielt.
Dieses durchschnittliche Arbeitsentgelt beruht auf der Tatsache, daß die Klägerin in diesem Zeitraum mit unterschiedlich entgoltenen Einsätzen (Stichworte: Inbound,
Outbound) beschäftigt worden ist.
Mangels abweichenden Sachvortrages der Beklagten ist davon auszugehen, daß die Klägerin auch in der Zeit von März bis Dezember 1998 vergleichbar eingesetzt worden wäre und
einen Stundenlohn von durchschnittlich 19,14 DM erzielt hätte. Dies führt auf der Basis des der Klägerin zustehenden Arbeitszeitkontinents von 400 Stunden (10 Monate ä 40
Stunden) zu einer Gesamtforderung ihn Höhe von 7.656,- DM brutto.
4. Der Beklagten steht gegenüber dem so ermittelten Zahlungsanspruch der Klägerin kein Leistungsverweigerungsrecht im Hinblick auf die von ihr verlangte und von der Klägerin
bislang nicht erteilte Auskunft über “andere Verdienstquellen” zu. Insbesondere kann sich die Beklagte insoweit nicht auf die einschlägige Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts zur Auskunftspflicht des Arbeitnehmers über die Höhe anderweitiger Arbeitseinkommens im Sinne von 615 Satz 2 BGB und das entsprechende
Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers berufen (vgl. dazu BAG AP Nr. 15, 16 zu § 242 BGB Auskunftspflicht; BAG AP Nr. 47, 52 zu § 615 BGB)
Der Arbeitnehmer schuldet bei der vom Bundesarbeitsgericht angenommenen entsprechenden Anwendung von § 74c Abs. 2 HGB nicht allgemein eine Auskunft darüber, ob er
anderweitiges Arbeitseinkommen erzielt hat, und schon gar nicht allgemein darüber, mit welchen Verdienstquellen er seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Vielmehr schuldet
er Auskunft nur über die Höhe anderweitig erzielten Arbeitsentgelts und deshalb nur dann, wenn der Arbeitgeber wenigstens Anhaltspunkte dafür vorträgt (und beweist), daß der
Arbeitnehmer im Hinblick auf die fehlende Beschäftigung beim Arbeitgeber anderweitiges Arbeitsentgelt erzielt hat (in diesem Sinne auch BAG AP Nr. 16 zu § 242 BGB
Auskunftspflicht; BAG AP Nr. 47 zu §615 BGB).
Unter Berücksichtigung dieses grundsätzlichen Ausgangspunktes kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Beklagten ein Leistungsverweigerungsrecht angesichts der von ihr
verlangten und von der Klägerin nicht erteilten Auskunft zusteht. Einmal hat die Beklagte keiner konkrete Anhaltspunkte dafür vorgetragen, daß die Klägerin der Zeit ab März
1998 anderweitiges Arbeitseinkommen erzielt haben könnte. Zum anderen legt das vage Sachvorbringen der Beklagten zu diesem Punkt (vgl. S. 4 ihres Schriftsatzes vom 6.1.1999
bzw. Bl. 191 d.A.) die Schlußfolgerung nahe, als gehe die Beklagte davon aus, die Klägerin müsse sich jedwede Verdienstquelle auf den fortzuzahlenden Lohn anrechnen lassen.
Es bedarf keiner näheren Ausführungen darüber, daß diese Auffassung unrichtig ist.
V
Kosten:
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 ZPO.
VI.
Zulassung der Revision:
Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG war die Revision zuzulassen. Denn die Entscheidung weicht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu vergleichbaren
Fallkonstellationen ab.