BAG: Abgrenzung Selbständiger / Arbeitnehmer (Frachtführer)

BAG, AZ 5 AZR 653/96, Urteil vom 19.11.97

LEITSATZ “1. Der Frachtführer i.S.d. § 425 HGB übt ein selbständiges Gewerbe aus.

2. Das gilt auch dann, wenn er als Einzelperson ohne weitere Mitarbeiter nur für einen Spediteur tätig ist und beim Transport ein mit den Farben und dem Firmenzeichen des Spediteurs ausgestattetes eigenes Fahrzeug einsetzt.

3. Wird die Tätigkeit des Transporteurs stärker eingeschränkt, als es aufgrund gesetzlicher Regelungen oder wegen versicherungsrechtlicher Obliegenheiten geboten ist, so kann das Rechtsverhältnis als ein Arbeitsverhältnis anzusehen sein.”

GRÜNDE Tatbestand:

Der Kläger begehrt Kündigungsschutz mit der Begründung, er sei Arbeitnehmer der Beklagten gewesen.

Die Beklagte ist eine Tochtergesellschaft eines internationalen Transportkonzerns. Sie befaßt sich mit der Beförderung von Fracht- und Expreßgut. In H bei D unterhält sie ein Depot. Sie beschäftigt dort etwa 80 Arbeitnehmer. Von diesem Depot aus führt die Beklagte im Raum D den Vor- und Nachlauf der Fracht- und Expreßgutsendungen durch, nämlich das Abholen vom und das Hinbringen zum Ablieferer oder Empfänger. Hierzu setzt sie “Nahverkehrs partner” ein. Bei diesen handelt es sich entweder um Unternehmen, die mehrere Transportfahrzeuge mit Fahrern einsetzen, oder um Einzelpersonen, die ihr einziges Transportfahrzeug selbst führen. Die Nahverkehrspartner werd en von der Beklagten in “Frachtführer” und “T -Frachtführer” eingestuft. Frachtführer haben keinen Anspruch auf Erteilung von Frachtaufträgen, T -Frachtführer erhalten dagegen ständig werktäglich von Montag bis Freitag Fr achtaufträge von der Beklagten. Für Samstage werden Frachtaufträge nur nach Bedarf und Absprache erteilt.

Als Transportfahrzeuge werden Kleinlastwagen mit Kastenaufbau eingesetzt. Die Transportfahrzeuge weisen die Farben und das Firmenzeichen der Beklagten auf. Die Fahrer treten in einheitlicher Firmenkleidung der Beklagten a uf. Die Beklagte kontrolliert das Erscheinungsbild von Fahrzeug und Fahrer, auch hinsichtlich Sauberkeit, Lackschäden, Ausrüstung usw., mit Hilfe sog. Fahrzeug-/Fahrerchecks, nachdem sie in der vorhergehenden Zeit eine Se lbstanzeige des Nahverkehrspartners verlangt hatte.

Alle Nahverkehrspartner bzw. deren Fahrer haben mit ihrem Fahrzeug morgens um 6.00 Uhr im Depot der Beklagten in H zu erscheinen. Beim Einfahren in das Depot darf sich keine fremde Fracht in dem Fahrzeug befinden. Jeder F ahrer erhält im Depot sog. Test-Rollkarten, auf denen die von ihm zu übernehmenden Aufträge verzeichnet sind. Anhand dieser Karten nimmt jeder Fahrer die für ihn bestimmten Frachtstücke vom Band ab. Nach Übernahme erhalte n die Fahrer endgültige Rollkarten. An der Depotausfahrt kontrolliert die Beklagte stichprobenartig, ob die in jedem Fahrzeug mitgeführten Frachtstücke und Frachtpapiere übereinstimmen. Die Frachtstücke müssen innerhalb b estimmter Zeitblöcke an die Empfänger ausgeliefert werden, und zwar bis 9.00, bis 10.00 Uhr bzw. bis 12.00 Uhr. Entsprechende Zeitoptionen werden den Kunden zugesagt. Außer der Auslieferung der Frachten holen die Fahrer a uch neue Fracht- und Expreßgutsendungen entsprechend ihnen zuvor erteilter Aufträge ab. Später eingehende Abholaufträge übermittelt die Beklagte den Fahrern über Autotelefon. In der Zeit von 11.00 Uhr bis 17.00 Uhr haben sich die Fahrer stündlich bei der Beklagten zu melden, um Abholaufträge entgegenzunehmen. An diese Meldezeiten erinnerte die Beklagte alle Fahrer im Nahverkehr mit folgender “Hausmitteilung” vom 7. Mai 1993:

“Sehr geehrte Damen und Herren,

wir weisen letztmalig darauf hin, daß die Ihnen mitgeteilten Meldezeiten verbindlich eingehalten werden müssen. Das heißt, die erste Meldezeit ist für Sie 11.00 Uhr. Danach melden Sie sich stündlich in der Disposition.”

Der Kläger hat seit Anfang 1989 ein Kleintransportgewerbe angemeldet. Er fährt sein einziges Transportfahrzeug selbst. Zunächst war er für ein Unternehmen tätig, das seinerseits Nahverkehrspartner der Beklagten war. Unterdem 1. Februar 1992 unterzeichneten die Parteien einen von der Beklagten vorformulierten Formularvertrag, der unter dem 1. Februar 1994 – ebenfalls von der Beklagten vorformuliert – geändert und ergänzt wurde. Hiernach w ar der Kläger für die Beklagte als sog. TNT-Frachtführer tätig. In der zuletzt gültigen Fassung lautete der Vertrag auszugsweise wie folgt:

§ 1

Erteilung der Frachtaufträge

(1) Der Nahverkehrspartner erhält von T GmbH Aufträge zur Zustellung, Abholung und Beförderung von Gütern an Werktagen. Der Unternehmer ist während der Laufzeit dieses Vertrages verpflichtet, diese Aufträge Montag bis Sam stag anzunehmen. Für Samstage werden Frachtaufträge sowohl an Frachtführer wie an T -Frachtführer nach Bedarf und Absprache erteilt.

(2) …

(3) Die Frachtführer haben keinen Anspruch auf die Erteilung von Frachtaufträgen. T – Frachtführer erhalten hingegen ständig werktäglich von Montag bis Freitag Frachtaufträge von T GmbH.

§ 3

(4) Der Nahverkehrspartner kann im Hinblick auf urlaubsbedingte Engpässe bei dem Einsatz von Fahrern oder Betriebsferien beim Nahverkehrspartner maximal 20 Tage während eines Jahres der Vertragslaufzeit bestimmen, in dene n er nicht zur Annahme von Frachtaufträgen verpflichtet ist. Die Bestimmung der Tage hat einvernehmlich mit T GmbH, spätestens vier Wochen vorher, zu erfolgen.

§ 6

Qualitätsmerkmale

Die Qualität eines Unternehmers und damit auch seine Möglichkeit, T -Frachtführer zu werden und zu bleiben, richtet sich nach seiner Zuverlässigkeit und der Art und Weise der Durchführung der Frachtaufträge. Der qualitäts bewußte Unternehmer wird daher

(1) Frachtaufträge nur mit Fahrzeugen ausführen, die sich in technisch und optisch einwandfreiem Zustand befinden, sowie innen und außen sauber sind.

(2) auch einfache Blech- und Lackschäden unverzüglich beseitigen.

(3) dafür sorgen, daß seine Fahrer ordentlich auftreten, insbesondere ordentlich gekleidet sind und insgesamt ein ordentliches Erscheinungsbild haben.

(4) das Fahrzeug vor Beginn der Durchführung des Frachtauftrages betanken und notwendige Wartungs- und Pflegearbeiten so rechtzeitig durchführen, daß diese nicht während der Durchführung eines Frachtauftrages anfallen. Fa hrzeuge mit T GmbH-Beschriftung, die mit einer Panne am Straßenrand stehen, sind keine guten Werbeträger.

§ 8

Schweigepflicht/Kundenschutz

(2) Der Nahverkehrspartner verpflichtet sich, während der Laufzeit dieses Vertrages keine Frachtaufträge für Kunden von T GmbH auf eigene Rechnung oder Rechnung Dritter durchzuführen oder Kunden von T GmbH an konkurrieren de Speditionen zu vermitteln.

§ 13

Kündigung

(3) Werden bei LT-Checks (Ladungskontrollen) Abweichungen festgestellt (z.B. Sendungen auf dem Fahrzeug, die nicht auf der endgültigen Rollkarte vorhanden sind), so führt dies grundsätzlich ohne weitere Untersuchung zu

a) fristloser Kündigung

b) generellem Haus- und Beschäftigungsverbot in allen T -Häusern

c) einer Anzeige bei der zuständigen Kriminalpolizei.

§ 14

Vertragsstrafen

(1) Verstößt der Nahverkehrspartner gegen die folgenden einzeln aufgeführten Pflichten, hat er die bei dem Pflichtverstoß genannte Vertragsstrafe zu bezahlen.

a) Wird eine Sendung aus Verschulden des Nahverkehrspartners nicht pünktlich, nicht korrekt oder gar nicht ausgeliefert oder abgeholt, ist eine Vertragsstrafe zzgl. Mehrwertsteuer pro betroffener Sendung zu bezahlen.

Staffelung:

– nicht pünktlich – DM 30,–

– nicht korrekt – DM 30,–

– nicht abgeholt – DM 80,–

– nicht ausgeliefert – DM 80,–.”

Mit Schreiben vom 10. Dezember 1993 ermahnte die Beklagte den Kläger wegen wiederholt unpünktlichen Dienstantritts und drohte für den Wiederholungsfall die Kündigung des Vertragsverhältnisses an. Nachdem die Beklagte dem Kläger durch eine Hausmitteilung vom 13. April 1994 für eine weitere Nichtbeachtung der Ankunftszeit eine Vertragsstrafe in Höhe von 20,00 DM angedroht hatte, nahm sie nach einer erneuten Verspätung des Klägers am 15. Apr il 1994 einen entsprechenden Abzug von seiner Vergütung vor. Schließlich kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 16. Februar 1995, dem Kläger am 18. Februar 1995 zugegangen, zum 31. März 1995.

Mit seiner am 6. März 1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage setzt sich der Kläger gegen die Kündigung zur Wehr. Er macht geltend, er sei Arbeitnehmer der Beklagten. Er hat vorgetragen, seine Tätigkeit als T -Fracht führer sei streng weisungsgebunden gewesen. Die Beklagte habe die Dienstzeiten vorgegeben; ihre Anordnungen zur zeitlichen Einteilung der Arbeit habe er befolgen müssen. Die Ausführung der Transporttätigkeit sei bis in da s kleinste Detail festgelegt worden. Die Beklagte, kontrolliere alles. Jeden Verstoß habe sie mit Geldstrafen geahndet. Er sei nicht berechtigt gewesen, Frachtaufträge für andere Unternehmen auszuführen. Die Kündigung seisozial nicht gerechtfertigt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16. Februar 1995 nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen: Es bestehe keine arbeitsvertragliche Weisungsabhängigkeit. Jeder T -Frachtführer bestimme in Abhängigkeit von Zeitoptionen die Reihenfolge der Zustell ung und die Fahrtroute selbst. In der Praxis lehnten die Subunternehmer auch Sendungen ab, insbesondere wenn sie meinten, die Zeitoptionen nicht einhalten zu können. Zu den Meldezeiten könne sich der Frachtführer bei der Niederlassung melden und nach Abholaufträgen fragen. Seien Abholaufträge vorhanden, könne er diese übernehmen. Er müsse selbst entscheiden, welche und wieviele Frachtaufträge er übernehme. Melde er sich nicht, erhalte er keine Frachtaufträge. Im übrigen stehe es den Subunternehmern frei, für andere Auftraggeber zu fahren, die keine Kunden der Beklagten seien; sie könnten auch weitere Fahrzeuge einsetzen und Fremdfahrer stellen. Der Klägerselbst habe im März 1992 und am 10. Dezember 1994 einen Fremdfahrer im Einsatz gehabt.

Die (stichprobenartigen) Fahrzeugkontrollen seien erforderlich, denn sie müsse ihrem Versicherer nachweisen, daß sie kein grobes Organisationsverschulden treffe, wenn sie den Ersatz von Transportschäden verlange. Aus vers icherungsrechtlichen Gründen und zur klaren Abgrenzung der Verantwortung zwischen Spediteur und Frachtführer seien genaue Regelungen über die Abgrenzung der Tätigkeit ihrer eigenen Arbeitnehmer und der Tätigkeit der Frach tführer erforderlich; ebenso seien die Dokumentationspflichten der Frachtführer notwendig und branchenüblich. Übergabe und Übernahme von Frachtgut sowie die Dokumentation seien der sensible Bereich im Frachtgeschäft.

Zur Rechtfertigung der ausgesprochenen Kündigung hat die Beklagte behauptet, nach der schriftlichen Ermahnung vom 10. Dezember 1993 sei es noch zu mehreren mündlichen Ermahnungen gekommen. Zum Schluß habe der Kläger versc hiedentlich vom Disponenten morgens geweckt werden müssen, wenn Sendungen für ihn angestanden hätten. Schon früher sei es zu Kundenbeschwerden gekommen. Eine Kundin habe dem Kläger Hausverbot erteilt. Ein anderer Kunde ha be sich über die Eintragung falscher Ablieferungszeiten auf der Rollkarte bzw. auf dem Ablieferungsnachweis beschwert. Der Kläger habe damit verspätete Auslieferungen zu vertuschen versucht. Aktueller Kündigungsanlaß seie n zwei weitere Vorfälle gewesen. Auf der Rollkarte für eine Lieferung an den Kunden A Hotel habe der Kläger am 25. März 1995 als Auslieferungszeit 8.50 Uhr eingetragen, während die Auslieferung tatsächlich erst gegen 10.0 0 Uhr erfolgt sei. Desweiteren habe er einen Kunden (“E “) veranlassen wollen, alle Sendungen direkt über sein Unternehmen abzuwickeln und insoweit behauptet, daß sie, die Beklagte, nicht zuverlässig sei.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet. Zwischen den Parteien, hat ein Arbeitsverhältnis bestanden. Es ist durch die streitbefangene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. Februar 1995 nicht aufgelöst worden. Die Kündigungist mangels sozialer Rechtfertigung unwirksam (§ 1 Abs. 1, 2 KSchG).

I. Auf das Vertragsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung (§ 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG). Das Vertragsverhältnis stellt rechtlich ein Arbeitsverhältnis dar; es hatte zur Zeit des Zugangs der Kündigung länger als sechs Monate ohne Unterbrechung bestanden. In ihrem Betrieb in H beschäftigte die Beklagte damals regelmäßig mehr als fünf, nämlich etwa achtzig Arbeitnehmer (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG in der vom 1. Ma i 1985 bis zum 30. September 1996 gültigen Fassung).

1. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Würdigung, wonach zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand, den vom Bundesarbeitsgericht entwickelten herkömmlichen Begriff des Arbeitnehmers zugrundegelegt. Dies greift d ie Revision als ihr günstig nicht an. Der Fall gibt auch keinen Anlaß, von Rechts wegen vom herkömmlichen Begriff des Arbeitnehmers abzurücken.

a) Das Arbeitsverhältnis unterscheidet sich vom Rechtsverhältnis eines freien Dienstnehmers oder Werkunternehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Dienst- oder Werkleistung. Arbeitnehmerist, wer weisungsgebunden vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Der hinreichende Grad persönlicher Abhängigkeit zeigt sich nicht nur daran, d aß der Beschäftigte einem Direktionsrecht seines Vertragspartners unterliegt, welches Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort oder sonstige Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit betreffen kann, sondern kann sich auch a us einer sehr detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung oder tatsächlichen Vertragsdurchführung ergeben. Ein typisches Abgrenzungsmerk mal enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB. Über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält diese Vorschrift eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die für die Abgrenzung einer selbständigen. von einer unselbständige n Tätigkeit bedeutsam ist. Hiernach ist selbständig, wer im wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Fehlt es daran, so liegt in der Regel ein Arbeitsverhältnis vor (ständige Recht sprechung, statt vieler: BAG Urteil vom 27. März 1991 – 5 AZR 194/90 – AP Nr. 53 zu § 611 BGB Abhängigkeit, unter III der Gründe, m.w.N.).

b) Der Grad der persönlichen Abhängigkeit wird auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit bestimmt. Insoweit lassen sich abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien nicht aufstellen. Manche Tätigkeiten können sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen freier Dienstverträge oder Werkverträge erbracht werden, andere regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses. Aus Art und Organisation der Tätig keit kann auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses zu schließen sein (BAG in ständiger Rechtsprechung, statt vieler: Urteil vom 16. Juli 1997 – 5 AZR 312/96 – EzA § 611 BGB Arbeitnehmerbegriff Nr. 61, zur Veröffentlic hung auch in der Amtlichen Sammlung bestimmt).

Für die Abgrenzung sind in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbringung von Bedeutung, nicht aber die Bezeichnung, die die Parteien ihrem Rechtsverhältnis gegeben haben oder gar die von ihnen gewünschteRechtsfolge. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt. Dieser wiederum folgt aus den getroffenen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung des Vertrags. Aus der praktischen Handhab ung lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien in Wirklichkeit ausgegangen sind (BAG in ständiger Rechtsprechung, statt vieler: Urteil vom 16. Juli 1997 – 5 AZR 312/96 -, aaO).

2. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger nach dem Gesamtbild des Vertrags und dessen praktischer Durchführung Arbeitnehmer der Beklagten war, Diese Würdigunghält der Revision stand.

a) Entgegen der Ansicht der Revision ist es rechtlich ohne Bedeutung, daß der Kläger nach der Präambel zum Vertrag vom 1. Februar 1992 Frachtführer i.S.d. § 425 HGB sein sollte. Nach der Legaldefinition des § 425 HGB ist Frachtführer, wer es gewerbsmäßig übernimmt, die Beförderung von Gütern zu Lande oder auf Flüssen oder sonstigen Binnengewässern auszuführen. Damit wird für den Frachtführer i.S.d. HGB das Betreiben eines Gewerbes und ein e insoweit selbständige Tätigkeit vorausgesetzt. Der Präambel des Vertrags kommt aber keine durchschlagende Bedeutung zu, weil das Vertragswerk der Parteien nicht darauf beschränkt ist, zwischen der Beklagten als Spediteu r und dem Kläger als Frachtführer die erforderlichen Regelungen zu treffen. Nach dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrag wie auch dessen praktischer Durchführung, wie sie vom Landesarbeitsgericht für das Revisio nsgericht bindend festgestellt worden ist (§ 561 ZPO), war der Kläger vielmehr von der Beklagten stärker als bei einem Frachtführer i.S.d. § 425 HGB vorausgesetzt persönlich abhängig, und zwar in einem solchen Maß, daß da s Vertragsverhältnis der Parteien insgesamt als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.

b) Dabei hat der Senat berücksichtigt, daß die Rechtsbeziehung zwischen einem Spediteur und einem Frachtführer für sich allein selbst dann nicht zur Arbeitnehmereigenschaft des Frachtführers führt, wenn sie in einem entsp rechenden Rahmenvertrag auf Dauer angelegt ist. Der Gesetzgeber hat den Frachtführer als Gewerbetreibenden und insoweit als Selbständigen eingeordnet, obwohl der Frachtführer sich schon von Gesetzes wegen weitreichenden W eisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes aussetzt (§§ 428, 433, 434, 435 HGB). Eine Verschärfung haben diese Weisungsrechte teilweise noch durch allgemeine Geschäftsbe dingungen erfahren. Hinzu kommen faktisch für den Spediteur unverzichtbare Kontrollen mit Rücksicht auf seine versicherungsrechtlichen Obliegenheiten. Insgesamt ist damit auch der selbständige Frachtführer – im Vergleich zu anderen selbständigen Unternehmern – nach seinem Berufsbild in hohem Maße weisungsabhängig. Diese Umstände führen auch angesichts dessen, daß das Fahrzeug des Frachtführers – wie in der Branche geläufig – die Farben un d das Logo des Spediteurs aufweist, nicht zu der Annahme, daß hieraus auf ein Arbeitsverhältnis zu schließen wäre. Insoweit ist vielmehr die gesetzgeberische Wertung, wonach Frachtführer Gewerbetreibende und damit Selbstä ndige sind (§ 425 HGB), zugrundezulegen.

c) Indessen haben sich die Parteien auf eben jene Bindungen nicht beschränkt, sondern Vereinbarungen getroffen und praktiziert, die zur Folge haben, daß der Kläger gegenüber der Beklagten in weit höherem Maße als ein Frac htführer i.S.d. § 425 HGB unfrei ist, seine Tätigkeit auszuüben und seine Arbeitszeit zu gestalten.

aa) Ob ein Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist oder nicht, hängt u.a. davon ab, inwieweit der Schuldner die Leistung persönlich zu erbringen hat. Dies hebt die Revision zu Recht hervor. Die Pflicht , die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ist ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Nach § 613 Satz 1 BGB hat der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste jedoch nur “im Zweifel” in Person zu le isten. Bei dieser Vorschrift handelt es sich lediglich um eine Auslegungsregel. Da ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarungen, wonach die Dienstleistungen nicht persönlich zu erbringen sein sollen, in Arbeitsverträgen selten sind (Ascheid in: ArbR BGB, § 613 Rz 2, m.w.N.), ist grundsätzlich davon auszugehen, daß Arbeitnehmer ihre Arbeitsleistung höchstpersönlich zu erbringen haben (Schliemann in: ArbR BGB, § 611 Rz 1348). Ist der zur Leistung Verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so steht ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht. Dennoch ist es nicht gerechtfertigt, wegen der Berechtigung des Vertragspartners, die vertraglich geschuldete Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, von vornherein ein Arbeitsverhältnis auszuschließen. Dies gilt zumindest dann, wenn – wie hier – die persönliche Leistungserbringung die Regel und die Leistungserbringung durch einen Dritten eine seltene Ausnahme darstellt, die das Gesamtbild der Tätigkeit nicht nennenswert verändert. Die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, stellt dann lediglich eines von mehreren im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu berücksichtigendes Anzeichen dar.

bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Möglichkeit, fremde Personen einzusetzen, im vorliegenden Fall berücksichtigt, ihr aber kein besonderes Gewicht beigemessen. Dies hält der Revision stand. Dagegen kommt es auf die vom Landesarbeitsgericht angestellten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zur Beschäftigung Dritter nicht an. Maßgebend ist, wie die Parteien das Rechtsverhältnis tatsächlich durchgeführt haben.