LEITSATZ “1. Tankwarte sind regelmäßig Arbeitnehmer.
2. Die Arbeitszeit kann auch in einem Dauerarbeitsverhältnis in der Weise festgelegt werden, daß sich die Arbeitnehmer in vom Arbeitgeber ausgelegte Listen eintragen.
3. Der Arbeitgeber darf teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer nicht deshalb schlechter bezahlen, weil sie als Studenten sozialversicherungsfrei sind (§ 2 Abs. 1 BeschFG
1985).
4. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
5. War der Kläger infolge Krankheit arbeitsunfähig, hat er auch dann Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn er kein ärztliches Attest vorlegt, die krankheitsbedingte
Arbeitsunfähigkeit aber unstreitig ist (Weiterführung von BAGE 48, 11 = AP Nr. 63 zu § 1 LohnFG).”
GRÜNDE
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht und ob dieses fortbesteht, sowie um Entgeltansprüche.
Der am 12. Mai 1961 geborene Kläger ist Student der Rechtswissenschaft. Die Beklagte betreibt Tankstellen und beschäftigt regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer. Seit dem 9.
Juli 1983 arbeitete der Kläger bei der Beklagten regelmäßig mindestens neun Schichten im Monat an der BAB-Tankstelle S als Tankwart. Der von den Parteien unterschriebene
Formularvertrag lautet auszugsweise:
“Betr.: Einstellung
Aufgrund Ihrer Vorstellung am 06.07.83 werden Sie ab 09.07.83 mit täglicher Kündigung als Tankwartaushilfe zu nachstehenden Bedingungen in unserem Betrieb S
eingestellt.
1. Der Stundenlohn beträgt z.Z. brutto DM 9,00.
2. Für Sonn- und Feiertagsstunden werden keine Zuschläge gezahlt.
3. Nachtarbeit wird zusätzlich mit 25 % vergütet.
4. Die Schichteinteilung erfolgt vom jeweiligen Aufsichtspersonal.
…
6. Ihre Arbeitspapiere, wie
Lohnsteuerkarte (gültige)
Soz.-Vers.-Scheckheft (BfA/LVA)
Schul- bzw. Studienbescheinigung,
sind rechtzeitig vor Arbeitsantritt der Personalabteilung … einzureichen.”
Die Stelle, an der der Kläger unterschrieb, war mit den Worten “Unterschrift des Arbeitnehmers” gekennzeichnet. Bestimmungen über die Dauer der wöchentlichen oder
monatlichen Arbeitszeit enthält der Vertrag nicht.
An der BAB-Tankstelle S beschäftigt die Beklagte sechs Vollzeitkräfte zu einem Stundenlohn von 18,60 DM brutto, von denen zwei eine Ausbildung als Tankwart haben. Andere
Kräfte arbeiten dort wie der Kläger einige Schichte n im Monat und erhalten einen Stundenlohn von 12,20 DM. Sie erhalten anders als die Vollzeitkräfte kein 13. Monatsgehalt.
Alle Mitarbeiter verrichten gleiche Tätigkeiten. Die BAB-Tankstelle S wird in einem nicht unerhebli chen Umfang, vor allem an den Wochenenden allein von den
teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern geführt. Zu Beginn eines Monats wurde der Schichtplan ausgehängt, in dem die noch nicht an die Vollzeitkräfte vergebenen Schicht en
markiert waren. Der Kläger und die anderen nicht vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter hatten dann die Möglichkeit, sich für diese Schichten einzutragen. Der Kläger arbeitete
regelmäßig neun bis zehn Schichten pro Monat.
Vom 7. Oktober bis zum 13. November 1992 war der Kläger arbeitsunfähig krank. Dies wies er durch eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10. November 1992 nach. Mit
Schreiben vom 9. Dezember 1992 forderte der Kläger dieBeklagte auf, acht von ihm aufgelistete Arbeitstage zu vergüten. Dies lehnte die Beklagte ab. Im November und Dezember
1992 bot sie dem Kläger lediglich vier Schichten an. Im Januar und Februar 1993 gab sie ihm überhauptnicht die Möglichkeit, sich zur Arbeit einzutragen.
Mit Zustimmung des Betriebsrats kündigte die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 3. Februar 1993 fristlos. Als Kündigungsgrund gab sie an, der Kläger habe am 24. Januar
1993 aus dem Shop der Tankstelle fünf Schokorieg el zum Stückpreis von 1,30 DM entnommen und diese nicht bezahlt.
Der Kläger wendet sich gegen diese Kündigung und beansprucht die Differenz zwischen seinem und dem Bruttostundenlohn der Vollzeitkräfte für 1991 geleistete 968
Arbeitsstunden und für 1992 geleistete 920 Arbeitsstunden ein schließlich der darin enthaltenen Nachtschichtzulagen in der Gesamthöhe von 12.851,20 DM, ferner zwei 13.
Monatsgehälter für die Jahre 1991 und 1992 in Höhe von 1.540,00 DM und 1.426,00 DM, Entgeltfortzahlung für die Zeitvom 7. Oktober bis 13. November 1992 und Lohn für 66 in
der Zeit vom 14. November 1992 bis 6. Februar 1993 nicht geleistete Arbeitsstunden in Höhe von 1.227,60 DM.
Der Kläger hat vorgetragen: Er sei Arbeitnehmer und nicht etwa freier Mitarbeiter. Er habe der Weisungsbefugnis der Beklagten unterlegen. Diese habe den monatlichen Umfang
der Arbeitszeit dadurch bestimmt, daß sie die Tag e, an denen sie Teilzeitkräfte benötigt habe, im Arbeitsplan markiert habe. Auch hinsichtlich der Dauer einer Schicht sei
die Beklagte weisungsbefugt. Darüber hinaus würden die Teilzeitkräfte zum Teil kurzfristig abgerufe n. Es handele sich auch nicht um ein Aushilfsarbeitsverhältnis. Das
ergebe sich aus der Regelmäßigkeit der Beschäftigung von monatlich neun bis zehn Arbeitstagen über eine Dauer von zehn Jahren. Die im Kündigungsschreibenerhobenen Vorwürfe
träfen nicht zu.
Die Beklagte habe gegen das Verbot der Benachteiligung von Teilzeitkräften verstoßen, ohne daß es dafür einen sachlichen Grund gebe. Die fehlende Ausbildung als Tankwart sei
kein geeignetes Differenzierungsmerkmal, da vonden sechs Vollzeitkräften nur zwei als Tankwart ausgebildet seien. Sein Studium stehe der Annahme eines Arbeitsverhältnisses
nicht entgegen. Er sei sozial schutzbedürftig, da er mit dem Arbeitsentgelt seinen Lebensunterh alt und sein Studium finanzieren müsse. Sein Anspruch auf Bezahlung von 66
Arbeitsstunden in den Monaten November 1992 bis Februar 1993 ergebe sich daraus, daß er nicht zur Arbeit eingesetzt worden sei. Die Beklagte schul de die Bezahlung der
Differenz zwischen seinen tatsächlichen Arbeitsstunden und einem fiktiven Einsatz von 40 Stunden monatlich. Auf die Ausschlußfrist des § 22 Abs. 1 c des MTV für den
Einzelhandel in Nordrhein-Westfalenkönne sich die Beklagte nicht berufen, da § 2 BeschFG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und sein Anspruch daher deliktischer
Natur sei. Er werde somit gem. § 22 Abs. 4 MTV von der Ausschlußfrist ausgenommen.
Der Kläger hat – soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – beantragt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 3. Februar 1993 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.381,60 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 29. März 1993 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen: Der Kläger sei freier Mitarbeiter gewesen, da er von Monat zu Monat den Umfang seiner Tätigkeit habe
selbst bestimmen können. Er habe sich zwar regelm äßig in den Dienstplan eingetragen. Er sei dazu jedoch nicht verpflichtet gewesen. Der Kläger sei auch nicht
schutzbedürftig, da er seine Arbeitskraft frei einsetzen könne. Selbst wenn der Kläger nicht freier Mitarbeiter gewesen sei, müsse zumindest jeder einzelne Arbeitseinsatz
als befristetes Arbeitsverhältnis angesehen werden. Der Kläger sei über den konkret vereinbarten Arbeitseinsatz hinaus nicht zur Dienstleistung verpflichtet gewes en. Sie,
die Beklagte, habe nicht einseitig im Sinne des § 315 BGB bestimmen können, ob und wann der Kläger zu arbeiten habe. Die Kündigung habe nur klarstellende Funktion gehabt.
Die im Kündigungsschreiben erhobenen Vorw ürfe träfen zu.
Diese Art der Kurzzeitbeschäftigung, die flexible Arbeitszeitgestaltung und die soziale Lage des Klägers, der noch in seiner Familie und die staatliche Fürsorge eingebettet
sei, seien sachliche Gründe für die geringere Be zahlung des Klägers.
Die jährliche Weihnachtsgratifikation sei eine freiwillige Leistung, die nur unter Widerrufsvorbehalt und nicht an Aushilfen und freie Mitarbeiter gezahlt werde. Es bestehe
auch kein Anspruch auf Lohnfortzahlung, da die A rbeitsunfähigkeit nicht vor Ablauf des dritten Kalendertages angezeigt und die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht
rechtzeitig vorgelegt worden sei. Im übrigen habe es für Oktober 1992 keine Einsatzvormerkung des Kläge rs gegeben. Für die Monate Januar und Februar 1993 habe es kein
Leistungsangebot des Klägers gegeben. Im übrigen seien die Ansprüche des Klägers nach § 22 Abs. 1 c des MTV für den Einzelhandel verfallen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision
verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweise n, weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist nicht begründet. Die Parteien stehen in einem Dauerarbeitsverhältnis, das durch die Kündigung der Beklagten nicht aufgelöst ist (I). Ferner hat der Kläger
Anspruch auf denselben Stundenlohn wie die Vollze itbeschäftigten und auf eine anteilige Weihnachtsgratifikation (II) sowie auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (III). Die
Beklagte schuldet ihm schließlich Arbeitslohn wegen Annahmeverzuges (IV).
I. Zwischen den Parteien besteht ein Dauerarbeitsverhältnis, das durch die Kündigung der Beklagten vom 3. Februar 1993 nicht aufgelöst worden ist.
1. Der Kläger ist Arbeitnehmer, nicht freier Mitarbeiter der Beklagten. Das ergibt sich sowohl aus dem schriftlichen Vertrag wie aus Art und Organisation der vom Kläger
verrichteten Arbeit.
a) In dem Vertrag vom 9. Juli 1983 wird der Kläger ausdrücklich als Arbeitnehmer bezeichnet. Darüber hinaus sind die einzelnen Bestimmungen des Vertrages inhaltlich auf ein
Arbeitsverhältnis abgestellt. Danach wurde der K läger “als Tankwartaushilfe … in unserem Betrieb … eingestellt”. Er erhielt einen Bruttostundenlohn und einen Zuschlag
für Nachtarbeit, aber nicht für Sonn- und Feiertagsarbeit. Dieses sind für einen Arbeitsvertrag ty pische Regelungen.
b) Im übrigen ist der Kläger auch deshalb Arbeitnehmer, weil er seine Dienstleistungen im Rahmen der von der Beklagten bestimmten Arbeitsorganisation erbrachte. Die
Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt si ch insbesondere daran, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Das Weisungsrecht kann
Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen (BAG Urteil vom 30. November 1994 – 5 A ZR 704/93 – AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zur
Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Das Weisungsrecht des Arbeitgebers muß sich nicht auf die Arbeitszeit erstrecken, sondern kann sich auch auf
denInhalt und die Durchführung der geschuldeten Tätigkeit beschränken (BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 7 AZR 657/92 -, n.v.). Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses kann
auch aus Art oder Organisation der Tätigkeit folge n (ständige Rechtsprechung, vgl. BAG Urteil vom 30. November 1994 – 5 AZR 704/93 – AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu
B I 2 der Gründe, m.w.N.).
Der Kläger war fortdauernd mit kontinuierlich anfallenden Tätigkeiten im Tankstellenbetrieb der Beklagten beschäftigt. Es handelt sich um eine Anlerntätigkeit; der Kläger
konnte seine Tätigkeit nicht im wesentlichen frei gestalten (vgl. § 84 Abs. 1 S. 2 HGB). Sein Gestaltungsspielraum war gering. Es handelt sich dabei um eine Tätigkeit, die
typischerweise im Rahmen von Arbeitsverhältnissen verrichtet wird. Besondere Umstände, die eine and ere Beurteilung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, daß dieses Arbeitsverhältnis nicht befristet war. Es hat dies vor allem aus dem Arbeitsvertrag und dessen Durchführung
hergeleitet. Diese Auslegung ist nicht zu beanst anden.
a) Die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen ist nach ständiger Rechtsprechung in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob sie gegen allgemein anerkannte
Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt läßt. Im Gegensatz dazu sind typische Willensklärungen vom
Revisionsgericht voll nachprüfbar (BAGE 22, 424 = AP Nr. 33 zu § 133 BGB; BAGE 47, 314, 320 = AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969, zu II 3 a der Gründe).
Hier handelt es sich zwar um einen Formulararbeitsvertrag; das Landesarbeitsgericht hat jedoch zur Auslegung auch die Durchführung des Vertrages, also individuelle Umstände,
herangezogen. Es kann hier dahinstehen, ob die Vereinbarung bzw. welche Teile eingeschränkter oder voller Nachprüfung unterliegen. Denn die Revision erweist sich auch dann
als unbegründet, wenn man zugunsten der Beklagten von der vollen Nachprüfbarkeit der Vereinbarun g ausgeht.
b) Bereits aus dem Arbeitsvertrag ergibt sich, daß sich der Kläger in einem Dauerarbeitsverhältnis befindet und nicht etwa für jeden Monat oder gar für jeden Einsatz neue
befristete Verträge abgeschlossen werden. Im Arbei tsvertrag ist kein Endtermin (§ 163 BGB) genannt. Stattdessen haben die Parteien eine “tägliche Kündigung” vereinbart. Sie
hielten also eine Kündigung für erforderlich, um das Arbeitsverhältnis zu beenden. Eine Befristungfolgt auch nicht aus der Bezeichnung des Klägers als “Tankwartaushilfe”. Im
übrigen geht nach § 13 Abs. 1 S. 2 des allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrages für den Einzelhandel vom 6. Juli 1989 (im folgenden MTV Einze lhandel NRW) ein
Aushilfsarbeitsvertrag nach drei Monaten in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit über. Nach seinem § 1 Abs. 3 d gilt dieser Tarifvertrag auch “in Betrieben des
Tankstellen- und Garagengewerbes”.
Es ist unschädlich, daß der Arbeitsvertrag keine Bestimmungen zur Dauer der wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit enthält. Der Kläger hat über viele Jahre pro Monat
regelmäßig mindestens neun Schichten zu je acht Stu nden gearbeitet. Danach haben die Parteien diese Dauer der monatlichen Arbeitszeit festgelegt.
c) Die Befristung der Arbeitsverträge ergibt sich auch nicht daraus, daß sich der Kläger ebenso wie die anderen Teilzeitkräfte jeweils in von der Beklagten ausgelegte Listen
eintrug. Nach Nr. 4 des Arbeitsvertrages erfolg t “die Schichteinteilung … vom jeweiligen Aufsichtspersonal”. Die Beklagte hat davon abgesehen, die Teilzeitkräfte wie die
Vollzeitkräfte einzuteilen. Sie hat sich vielmehr dafür entschieden, die Arbeit so zu organisier en, daß sich die Teilzeitkräfte selbst in die Schichtpläne eintragen
konnten, und hat sie entsprechend eingesetzt. Die Beklagte hat damit nicht auf ihre Rechte aus Nr. 4 des Arbeitsvertrages verzichtet. Das Landesarbeitsg ericht hat zu Recht
angenommen, daß der Kläger verpflichtet war, sich in die Schichtpläne einzutragen. Das gilt jedenfalls für den Fall, daß die Beklagte die Schichten bei gleichbleibender
Anzahl der Teilzeitkräfte nicht hätte besetzen können.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte jederzeit ohne besonderen Anlaß wieder ihr Recht in Anspruch nehmen konnte, den Kläger gemäß Nr. 4 des Arbeitsvertrages selbst
zu den Schichten einzuteilen, ihm also die Mögl ichkeit zu nehmen, sich selbst in die Schichtpläne einzutragen. Jedenfalls bestand dieses Recht dann, wenn das System der
Selbsteintragung nicht mehr funktionierte. Die Beklagte mußte alle Schichten besetzen. Sie konnte d en Teilzeitkräften nur solange die Möglichkeit der Selbsteintragung
geben, wie es die betrieblichen Erfordernisse gestatteten. Das war den Teilzeitkräften erkennbar. Blieben einzelne Schichten unbesetzt, war die Beklagte berechtigt, die
Teilzeitkräfte auch einseitig zur Arbeit einzuteilen. Nach alledem handelt es sich um ein – wenn auch hinsichtlich der Arbeitszeit atypisch ausgestaltetes –
Arbeitsverhältnis nach § 4 BeschFG.
3. Das Dauerarbeitsverhältnis der Parteien konnte einseitig nur durch Kündigung beendet werden. So hat das ursprünglich auch die Beklagte gesehen. Sie hat das
Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 3. Februar 1993 fristlos g ekündigt, ohne darauf hinzuweisen, daß dies nur hilfsweise oder zur Klarstellung geschehe.
4. Die Vorinstanzen haben der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte habe das Vorliegen eines wichtigen Grundes nicht nachweisen können. Dagegen
wendet sich die Beklagte in der Revisionsinstan z nicht mehr. Sie meint aber, die Kündigung sei wegen des begründeten Verdachts einer strafbaren Handlung wirksam. Damit kann
sie nicht durchdringen.
Der Verdacht einer strafbaren Handlung stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar, der in dem Tatvorwurf
nicht enthalten ist. Eine Verdachtskündigung lie gt nur dann vor, wenn und soweit der Arbeitgeber seine Kündigung (auch) damit begründet, gerade der Verdacht eines – nicht
erwiesenen – strafbaren bzw. vertragswidrigen Verhaltens habe das für die Fortsetzung des Arbeitsv erhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört (BAG Urteil vom 26. März
1992 – 2 AZR 519/91 – AP Nr. 23 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Daran fehlt es hier. Die Beklagte hat ihre Kündigung ausschließlich daraufgestützt, daß der
Kläger in den Tankstellenräumen fünf Schokoriegel ohne Bezahlung entnommen habe. Von einem Verdacht ist darin nicht die Rede. Im übrigen wäre die Kündigung als
Verdachtskündigung schon deshalb unwirksam , weil die Beklagte den Kläger nicht vorher zu den Vorwürfen angehört hat (BAG Urteil vom 30. April 1987 – 2 AZR 283/86 – AP Nr.
19 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung).
II. Dem Kläger steht derselbe Stundenlohn wie den Vollzeitbeschäftigten zu. Er hat auch Anspruch auf anteiliges 13. Monatsgehalt. Die Beträge sind rechnerisch
unstreitig.
Die mit dem Kläger getroffene Vergütungsabrede verstößt gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und ist daher nach § 134 BGB nichtig. An die Stelle der nichtigen
Vergütungsvereinbarung tritt die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) , d.h. die anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte. Soweit die sich daraus ergebenden
Vergütungsansprüche verfallen sind, bestehen Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die nicht der tarifvertraglichen Ausschlußfrist unterli egen.
1. Nach § 2 Abs. 1 BeschFG darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern
unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Das Gebot der Gleichbehandlung erstreckt sich sowohl auf
einseitige Maßnahmen wie auf vertragliche Vereinbarungen.
Allerdings ist § 2 Abs. 1 BeschFG – ebenso wie der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz – im Bereich der Vergütung nur beschränkt anwendbar, weil der Grundsatz der
Vertragsfreiheit Vorrang hat. Das gilt aber nur für indi viduell vereinbarte Löhne und Gehälter. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit gestattet, einzelne
Arbeitnehmer besser stellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist jedoch anwendbar, wenn der
Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zwe ck festlegt
(BAGE 75, 236 = AP Nr. 112 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Das ist hier der Fall. Alle Vollzeitkräfte erhalten einen Stundenlohn von 18,60 DM brutto und ein 13.
Monatsgehalt. Dagegen erhalten der Kläger und di e anderen Teilzeitkräfte nur einen Stundenlohn von 12,20 DM brutto und kein 13. Monatsgehalt.
2. Der Kläger wird “wegen der Teilzeitarbeit” schlechter behandelt. § 2 Abs. 1 BeschFG erlaubt die Ungleichbehandlung, wenn sie nicht “wegen der Teilzeitarbeit” erfolgt,
oder wenn “sachliche Gründe” die unterschiedliche B ehandlung rechtfertigen. Die Grenzen zwischen beiden Tatbestandsmerkmalen sind fließend. Eine Ungleichbehandlung “wegen
der Teilzeitarbeit” liegt immer dann vor, wenn die Dauer der Arbeitszeit – wie hier – das Kriterium d arstellt, an das die Differenzierung hinsichtlich der unterschiedlichen
Arbeitsbedingungen anknüpft (BAG Urteil vom 29. Januar 1992 – 5 AZR 518/90 – AP Nr. 18 zu § 2 BeschFG 1985, zu B II 3 b der Gründe). Denn die Beklagt e behandelt nur die
Teilzeitbeschäftigten schlechter. Nur diese erhalten den geringeren Stundenlohn und kein 13. Monatsgehalt. Die wie der Kläger nur angelernten, aber vollzeitig tätigen
Tankwarthelfer erhalten dieselben Leistungen wie die gelernten Tankwarte. Damit ist dem formellen Erfordernis der Ungleichbehandlung “wegen der Teilzeitarbeit” Genüge
getan.
3. Für die Ungleichbehandlung gibt es keine sachlichen Gründe. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts üben Teilzeit- und Vollzeitkräfte identische Tätigkeiten
aus. Die Beklagte hat die Ungleichbehandlung zum ei nen damit gerechtfertigt, daß es sich um eine Art Kurzzeitbeschäftigung handele und der Kläger seine Arbeitszeit flexibel
gestalten könne. Zum anderen hat sie vorgebracht, daß der Kläger noch in seiner Familie und die sta atliche Fürsorge eingebettet sei. Damit soll wohl gemeint sein, daß
familienrechtliche Unterhaltsansprüche und die Versicherungsfreiheit von Studenten in der Sozialversicherung die Ungleichbehandlung rechtfertigen. Das is t jedoch nicht der
Fall.
a) Wie ausgeführt, handelt es sich nicht um eine Kurzzeitbeschäftigung, sondern um ein Arbeitsverhältnis nach § 4 BeschFG. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt
hat, kann auch die dem Kläger bei der Arbeitszeitg estaltung eingeräumte Freiheit kein Grund für die geringere Entlohnung sein. Die größere Flexibilität bringt nicht nur dem
Kläger, sondern auch der Beklagten Vorteile. Die Arbeitskraft der Teilzeitkräfte ist – anteilig – genauso viel wert wie die der Vollzeitbeschäftigten.
b) Auch familienrechtliche Unterhaltsansprüche gegen Dritte können die schlechtere Bezahlung von Teilzeitbeschäftigten nicht rechtfertigen. Der Senat hat in seinem Urteil
vom 1. November 1995 (- 5 AZR 84/94 -, zur Veröffe ntlichung vorgesehen) ausgesprochen, daß Teilzeitarbeit nicht deswegen schlechter bezahlt werden darf als Vollzeitarbeit,
weil der Teilzeitarbeitnehmer einen Hauptberuf ausübt und dadurch eine gesicherte Existenzgrundlagehat. Es handelt sich dabei um ein sachfremdes Unterscheidungskriterium.
Ebenso sachfremd wäre es, bei der Höhe der Vergütung nach familienrechtlichen Unterhaltsansprüchen des Arbeitnehmers gegen Dritte zu differenzieren.
c) Es ist schon fraglich, ob der Kläger in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung versicherungsfrei war (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V; § 5 Abs. 3 SGB
VI – bis zum 31. Dezember 1991: § 1228 Abs. 1 N r. 3 RVO -; § 169 b Satz 1 Nr. 2 AFG). Denn das setzte voraus, daß der – 1991 bereits 30jährige – Kläger das Studium
tatsächlich in einem ins Gewicht fallenden Umfang betrieb und er nicht nur förmlich eingeschrieben war ( vgl. BSG Urteil vom 25. November 1971 – 5 RKn 70/69 – BSGE 33, 229).
Das kann aber zugunsten der Beklagten unterstellt werden, da die Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherun g keinen sachlichen
Grund für eine geringere Bezahlung darstellt. Eine solche Differenzierung ist auch den Tarifvertragsparteien verwehrt. Der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit
Urteil vom 28. März 1996 entsc hieden, daß der Ausschluß von in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungsfreien Studenten aus dem Geltungsbereich des BAT unwirksam
ist (- 6 AZR 501/95 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. auch BAG Urteil vo m 7. März 1995 – 3 AZR 282/94 – AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, auch zur
Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B II 2 d gg der Gründe).
Die Eigenschaft des Klägers als Student steht mit dem Arbeitsverhältnis nicht im Zusammenhang. Der Wert der Arbeitsleistung ändert sich dadurch nicht. Die Gegenleistung für
die Arbeit besteht in der Regel in der Zahlung v on Bruttobeträgen durch den Arbeitgeber. Der Betrag ist unabhängig von Steuerklassen, Freibeträgen und
Sozialversicherungsbeiträgen und damit auch unabhängig von den privaten Lebensumständen. Diese können die Höhe der Abz üge beeinflussen. Sie erlauben dem Arbeitgeber aber
nicht, teilzeitbeschäftigte Studenten geringer zu vergüten als vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.
4. Soweit die auf § 612 Abs. 2 BGB beruhenden Vergütungsansprüche des Klägers auf den Differenzlohn und die 13. Monatsgehälter für die Jahre 1991 und 1992 nach § 22 Abs. 1
des allgemeinverbindlichen MTV Einzelhandel NRW v om 6. Juli 1989 verfallen sind, bestehen entsprechende Schadenersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB in Verb. mit § 2 Abs. 1
BeschFG, die nach Abs. 4 der genannten Tarifbestimmung nicht verfallen. § 22 Abs. 4 MTV Einzelhand el NRW lautet:
“Unter die Verfallklausel fallen nicht solche Ansprüche eines Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers gegen einen Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, die auf eine strafbare
Handlung oder eine unerlaubte Handlung gestützt werden.Für diese Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften”.
Die Beklagte beging mit der schlechteren Bezahlung eine unerlaubte Handlung. § 2 Abs. 1 BeschFG ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (GK-TzA-Lipke, 1987, § 2
Rz 95). Ein Schaden besteht in der Höhe, in der d ie Erfüllungsansprüche des Klägers aus § 612 Abs. 2 BGB verfallen sind.
Schutzgesetze sind solche Normen, die den Schutz eines anderen bezwecken oder zumindest auch dazu dienen sollen, den einzelnen oder bestimmte Personenkreise gegen die
Verletzung eines seiner Rechtsgüter zu schützen. Das B undesarbeitsgericht hat dies bereits für § 14 Abs. 2 S. 1 SchwbG bejaht, der dem Arbeitgeber eine besondere
Beschäftigungspflicht gegenüber Schwerbehinderten auferlegt (BAGE 13, 109 = AP Nr. 1 zu § 12 SchwBeschG; BAGE 34,250 = AP Nr. 3 zu § 11 SchwbG a.F.), und auch für die
gesetzlichen Benachteiligungsverbote gegenüber Betriebsrats- und Personalratsmitgliedern nach § 78 Satz 2, § 78 a BetrVG, § 8, § 46 Abs. 3, § 107 BPersVG (BAGE 39, 11 8 = AP
Nr. 1 zu § 107 BPersVG; Urteil vom 31. Oktober 1985 – 6 AZR 129/83 – AP Nr. 5 zu § 46 BPersVG). Für § 2 Abs. 1 BeschFG gilt nichts anderes. Der Senat hat bereits in seinem
Urteil vom 19. August 1992 (- 5 AZR 513/91- AP Nr. 102 zu § 242 Gleichbehandlung) ausgesprochen, daß § 2 Abs. 1 BeschFG eine Schutzvorschrift zugunsten der
teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist. Sie hat nicht in erster Linie eine allgemein sozialstaatliche odersozialpolitische Funktion, sondern soll den einzelnen
Teilzeitbeschäftigten und die Gruppe der Teilzeitbeschäftigten schützen.
Die Beklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft. Sie hätte erkennen können und müssen, daß die schlechtere Bezahlung des Klägers gegen § 2 Abs. 1 BeschFG verstößt. Diese
Vorschrift ist am 1. Mai 1985 in Kraft getreten (Art. 16 BeschFG) und mußte der Beklagten im Anspruchszeitraum (ab 1991) bekannt sein. Ein etwaiger Rechtsirrtum vermöchte
sie nicht zu entschuldigen, zumal § 3 Abs. 4 MTV Einzelhandel NRW vom 6. Juli 1989 eine vergleichbare Vorschrift enthält. Danach sind “die Teilzeitbeschäftigten … anteilig
an den tariflichen Leistungen zu beteiligen”.
III. Der Kläger hat auch für die Zeit vom 7. Oktober bis zum 13. November 1992 Anspruch auf Lohnfortzahlung nach dem bis zum 31. Mai 1994 gültigen § 1 Abs. 1 LFZG.
Ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach dieser Vorschrift (wie auch nach § 3 Abs. 1 EFZG) setzt voraus, daß der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank war und dies die alleinige
Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung und damit für den Verlust des Vergütungsanspruches war (BAG Urteil vom 20. März 1985 – 5 AZR 229/83 – AP Nr. 64 zu § 1 LohnFG, zu
II 1 der Gründe; vgl. auch BAG Urteil vom 6. Dezember 1995 – 5 AZR 237/94 -, zur Veröffentlichung vorgesehen, zu II 1 der Gründe). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.