LEITSATZ “1. Der Status eines Beschäftigten richtet sich danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Geschäftsinhalt objektiv einzuordnen ist. Wird der Vertrag abweichend
von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen, ist in aller Regel die tatsächliche Durchführung maßgebend (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung; vgl. zuletzt BAG
Beschluß vom 30. Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts vorgesehen).
2. Die tatsächliche Durchführung des Vertrages ist dann nicht maßgebend, wenn dem Unternehmer das Verhalten der unmittelbar Handelnden nicht zugerechnet werden kann (vgl.
BAG Urteil vom 27. Januar 1993 – 7 AZR 476/92 -, n.v.).
3. Die Grundsätze der (Duldungs- und) Anscheinsvollmacht finden Anwendung. Entscheidend ist, ob der Vertretene die (abweichende) Vertragsdurchführung hätten erkennen und
verhindern können, und ob der Beschäftigte nach Treu und Glauben annehmen konnte, der Vertretene wisse davon und billige dies.”
GRÜNDE
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht.
Der Kläger arbeitet seit April 1990 für die Redaktion “Nachrichten Baden-Württemberg” der Beklagten. Diese Redaktion ist eine von vier der im Jahr 1991 geschaffenen
Hauptabteilung “Landesprogramm Baden-Württemberg” zugeor dneten Redaktionen. Für sie sind fünf Angestellte und etwa 26 nach Ansicht der Beklagten freie Mitarbeiter
tätig.
Der Kläger ist überwiegend als Redakteur und Chef vom Dienst (CvD) tätig. Nach einer Zusammenstellung der Beklagten hatte er von Januar bis Juni 1992 folgende
Einsätze:
Chef vom Dienst 22 Produzent 1 Redaktion 45 redaktionelle Mitarbeit 23 Schlußredaktion 15 Redaktionssitzung 1
Der Kläger erzielte bei der Beklagten im Jahre 1991 Einkünfte in Höhe von knapp 100.000,00 DM.
In einer mit “Dienste der Nachrichtenredaktion” überschriebenen Zusammenstellung der Beklagten heißt es u.a.:
CvD ASN
ist für die Abendschau-News (ASN) verantwortlich und stellt die Inhalte zusammen. Enge Abstimmung mit der AS-Redaktion und dem LS-Planer. Da auch Welt/Bund-Anteil, sichtet
er alle Agenturen und muß sozusagen die Weltnachr ichtenlage “im Griff” haben. Kauft auch Beiträge von der TS oder von anderen Dritten Programmen ein.
CvD SWA
Ähnlich wie CvD ASN, aber längere Sendung. Hat sicherzustellen, daß dem Zuschauer in Südwest Drei am Abend ein umfassender Überblick über die Nachrichtenlage im Land und in
der Welt geboten wird.
Unter dem 30. Oktober 1991 richtete der damalige Leiter der Nachrichtenredaktion “an alle Mitarbeiter von Südwest-Aktuell und Abendschau-Nachrichten” folgendes
Schreiben:
“um die Entscheidungsprozesse bei der Landesberichterstattung transparenter zu machen und auch um direkt an der Quelle Kritik üben zu können bitte ich Sie, bei Interesse und
bei Diskussionsbedarf um 12.00 Uhr zur LANDESSC HAU-Sitzung zu kommen.
Bei der SÜDWEST AKTUELL-Sitzung um 14.00 Uhr wird künftig kein LS-Mitarbeiter mehr teilnehmen.
Die Teilnahme des CVD – AS – NEWS und des CVD – SWA an der 12.00 Uhr-Sitzung ist dagegen verbindlich.
Diese Regelung gilt ab Montag, den 04.11.1991.”
In einem weiterem Schreiben vom 25. Februar 1992 heißt es:
“… teile ich ihnen mit, daß nun endgültig die Sendung AKTUELL im Jahre 1992, Samstag um 18.30 Uhr, wie folgt gefahren wird: Sie wird betreut von der Redaktion LANDESSCHAU,
die dafür einen zusätzlichen Mitarbeiter einpla nt. Die Sendung hat im Regelfall einen hundertprozentigen Landesanteil, es sei denn, überregional passiert etwas von
überragendem Nachrichtenwert, das dann selbstverständlich zumindest als Wort vermeldet werden muß.
Diese Regelung tritt mit Beginn des neuen Dienstplanes in Kraft, also erstmals am 04. April 1992.”
Für die verschiedenen Dienste der Nachrichtenredaktion werden meist für sechs Wochen – im voraus Dienstpläne erstellt. Die von der Beklagten herausgegebenen “Grundsätze der
Dienstplangeltung” lauten auszugsweise wie folgt :
1. Für die Aufstellung der Dienstpläne ist der Redaktionsleiter bzw. ein von ihm beauftragter festangestellter Mitarbeiter zuständig … .
2. Die Dienstpläne umfassen regelmäßig einen Zeitraum von 4 – 6 Wochen. Herr B stellt dazu die von den Mitarbeitern schon angemeldeten “Fehlzeiten” und sonstigen Wünsche
fest. Berücksichtigt werden z. B.:
– Wer für welche Zeit Urlaub angemeldet/beantragt hatte;
– wer für welche Zeit Fortbildungsveranstaltungen besucht;
– wer aufgrund regelmäßiger anderweitiger Verpflichtungen über bestimmte Zeiten nicht zur Verfügung steht (z.B. bei Frau L: Verpflichtung als Moderatorin beim RIAS);
– wer für welche Termine und für welche Dienstarten schon besondere Dispositionswünsche geäußert hat, sei es aus familiären oder sonstigen beruflichen Gründen (z.B. wollte
Herr … nach der Geburt seines Kindes im Jahre 1 991 möglichst keine Abenddienste und keine Wochenenddienste mehr leisten).
3. Steht nach diesem Verfahrensabschnitt fest, wer wann für welche Dienste zur Verfügung steht, werden diese Mitarbeiter in einem nächsten Verfahrensschritt für die
einzelnen Funktionsdienste eingeplant. Dabei spielen fol gende Kriterien eine Rolle:
a. Arbeitsvertragliche Festlegungen bei den festangestellten Mitarbeitern
Festangestellte Mitarbeiter werden vorrangig in den Funktionsdiensten und entsprechend den jeweiligen arbeitsvertraglichen Festlegungen und den Tätigkeitsmerkmalen der
jeweiligen Tarifgruppen eingesetzt. … Bei freien Mi tarbeitern gibt es solche Beschränkungen nicht. Sie werden, wenn sie damit einverstanden sind, möglichst breit und
vielseitig für alle unmittelbar programmbezogenen Arbeiten eingesetzt.
b. Tarifvertragliche Arbeitszeitbestimmungen
Weiteres Kriterium ist die Berücksichtigung der tarifvertraglichen Arbeitszeitbestimmung (5-Tage-Woche) bei den festangestellten Mitarbeitern. Begleitend zur Dienstplanung
muß laufend überwacht werden, daß Wochenenddienst e innerhalb der dafür tarifvertraglich vorgesehen Fristen in Freizeit ausgeglichen werden. …
Ein solcher Freizeitausgleich findet bei freien Mitarbeitern nicht statt. Freie Mitarbeiter werden für jeden Tageseinsatz gesondert honoriert, arbeitszeitliche Begrenzungen
gibt es nicht. Der Wunsch, am Wochenende nicht e ingeteilt zu werden, wird allerdings respektiert. Ansonsten wird versucht, während des Durchlaufs eines Dienstplanes die
Wochenendeinsätze und die sogenannten Früh- und Spätschichten (Frühschicht: sie endet regelmäßig um 19.00 Uhr nach der Abendschau; Spätschicht: sie endet gegen 20.00 Uhr,
21.15 Uhr nach der Landesschau bzw. nach Südwest aktuell) möglichst gleichmäßig und damit gerecht mit den freien Mitarbeitern zu vereinbaren.
4. Entsprechend den vorgenannten Kriterien entsteht dann eine Vorlauffassung des Dienstplans (maschinengeschrieben). … Diese Vorlauffassung hat keinen verbindlichen
Charakter in dem Sinne, daß danach Änderungswünsche de r Mitarbeiter ausgeschlossen wären. Wie der Aufstellung “Änderungen im Dienstplan” entnommen werden kann, gibt es
während des Durchlaufs eines Dienstplanes laufend noch aktuelle Änderungen. Diese werden dann handschriftli ch im Dienstplan vermerkt. … Die aktuelle Fassung des
Dienstplanes liegt … im Sekretariat bei Herrn B aus und kann dort von den Mitarbeitern jederzeit zur Einsicht genommen werden. Die für beide Seiten letztlich verbi ndliche
Dienstplangestaltung erfolgt also genaugenommen von Tag zu Tag, so, wie es letztendlich mit den freien Mitarbeitern vereinbart wurde.
In einer “Anlage zum Dienstplan” vom 19. April 1991 heißt es u.a.:
Neu im Dienstplan ist die Position Redakteur vom Dienst bei Südwest Aktuell. Dieser Dienst soll wie besprochen in erster Linie der längerfristigen Planung von Südwest
Aktuell dienen und über den Tag hinaus Beiträge vorber eiten (sowohl eigene Beiträge als auch von Korrespondenten). Gestrichen ist dagegen die Position Redaktion Abendschau
News/Südwest Aktuell. Dieser Dienst ist momentan nicht mehr notwendig, die CvD’s der einzelnen Sendunge n können jedoch Kollegen dazu verpflichten, bei ihnen mitzuhelfen,
falls Bedarf besteht.
Unter dem 10. Februar 1992 richtete der Leiter der Hauptabteilung “Landesprogramm Baden-Württemberg” an den Kläger und eine Kollegin folgendes Schreiben:
“… verabredungsgemäß bestätige ich Ihnen, daß Sie im Rahmen Ihrer Arbeit ab sofort in der HA FS-Landesprogramm als Mitarbeiter der Nachrichtenredaktion schwerpunktmäßig
für die redaktionelle Vorbereitung der Landtagswah l eingesetzt werden.
Sie werden weiterhin disponiert durch die Nachrichtenredaktion und werden nach dem 6. April in die üblichen Redaktionsdienste des Dienstplans wieder eingeplant.”
Die Beklagte behandelt den Kläger als sogenannten festen freien Mitarbeiter gemäß den mit ihr abgeschlossenen Tarifverträgen für arbeitnehmerähnliche Personen. Der Kläger
erhält “Honorare”, die nach Art und Anzahl der gel eisteten Dienste errechnet werden. Er hat Anspruch auf Urlaub und auf Zahlungen im Krankheitsfall.
In einem “an alle Kolleginnen und Kollegen der Fernseh-Nachrichtenredaktion” gerichteten Schreiben vom 5. Mai 1992 heißt es:
“… um mögliche Engpässe bei der Dienstplanung vermeiden zu können, bitte ich noch einmal, mir die Urlaubswünsche für Sommer und Herbst bis zum 15. Mai mitzuteilen.
Ich gehe davon aus, daß alle, die sich bis dahin nicht gemeldet haben, für Dienste eingeteilt werden können.
Außerdem bitte ich künftig auch bei kürzerer Abwesenheit (verlängertes Wochenende, Fortbildung) und bei kurzfristigen Terminen um schriftliche Mitteilung.”
Der Kläger hat geltend gemacht, er sei Arbeitnehmer der Beklagten. Deren Weisungsrecht ergebe sich aus der Erstellung der Dienstpläne und einer Vielzahl von Schreiben, die
als Dienstanweisungen anzusehen seien. Bei der Er stellung der Dienstpläne würde zwar im allgemeinen auf die geäußerten Urlaubswünsche Rücksicht genommen, im übrigen habe
er, der Kläger, auf deren Ausgestaltung keinerlei Einfluß. Nur theoretisch bestehe die Möglichkeit, Dienste, zu denen er eingeteilt worden sei, abzulehnen. Das hätte aber
zwangsläufig zur Folge, daß die Beklagte ihn nicht weiterbeschäftigen würde.
Weiter hat der Kläger vorgetragen: Er erbringe seine Arbeitsleistung nach festen Arbeitszeiten im Team, in den Räumen und mit den Arbeitsmitteln der Beklagten. Seinen Urlaub
müsse er nicht nur rechtzeitig vorher anmelden,sondern darüberhinaus genehmigen lassen. Dies geschehe nur dann, wenn sich nicht mehr als fünf andere Redakteure im Urlaub
befänden. Auch sei ihm ein beantragter freier Tag (21. Mai 1992) verwehrt worden mit der Begründu ng, die Redaktion sei personell zu knapp besetzt.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß er sich bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis befindet.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei freier Mitarbeiter. Dazu hat sie vorgetragen: Der Kläger könne Art und Umfang
seiner Tätigkeit selbst bestimmen. Eine rechtli che Verpflichtung, ihr in bestimmtem zeitlichen Umfang zur Verfügung zu stehen, bestehe nicht. Insbesondere könne der Kläger
frei darüber entscheiden, welche der im Dienstplanentwurf ihm angebotenen Dienste er annehmen wo lle. Sie, die Beklagte, halte sich an die von ihr selbst aufgestellten
“Grundsätze der Dienstplangestaltung”. Ein Direktionsrecht gebe es in diesem Zusammenhang nicht; vielmehr würden die Dienstpläne nach den Wünschen undVorstellungen der
Mitarbeiter erstellt. Die Mitarbeiter würden in großem Umfang Dienste untereinander tauschen und noch nachträglich mit ihr, der Beklagten, neue, andere Dienste vereinbaren.
Der Kläger entscheide frei, w elche Tätigkeit er bei der Beklagten übernehmen wolle. Habe er sich aber einmal zu einer bestimmten Tätigkeit entschlossen, müsse er sich auch
an die durch die Herstellung der Sendung vorgegebenen Zwangspunkte halten. Hin sichtlich des Urlaubs sei stets so, wie im Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen
vorgesehen, verfahren worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben; das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner durch Senatsbeschluß vom 21. Juli 1993 zugelassenen Revision begehrt
der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzl ichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
A.I. Das Landesarbeitsgericht hat den Antrag des Klägers festzustellen, daß er sich bei der Beklagten in einem Arbeitsverhältnis befindet, dahin ausgelegt, daß er die Zeit
ab 1. November 1990 und alle seitdem für die Bekl agte geleisteten Dienste umfaßt. Dieser Auslegung, die in der Revisionsinstanz nicht angegriffen worden ist, schließt sich
der Senat an.
II. Der Feststellungsantrag ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zulässig. Der Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die
Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO liegen vor. Fürdas Feststellungsinteresse ist unschädlich, daß der Kläger seine Klage auf die Statusbeurteilung beschränkt und weitere
Umstände, etwa den zeitlichen Umfang, in dem er zu beschäftigen ist, nicht zum Streitgegenstand gema cht hat. Der Gesichtspunkt der Prozeßökonomie spricht entgegen der
Auffassung des Landesarbeitsgerichts für die Zulässigkeit der Klage. Steht rechtskräftig fest, daß der Kläger nicht arbeitnehmerähnliche Person, sondern A rbeitnehmer ist,
so ist der Rechtsfrieden weitgehend (wieder)hergestellt. Denn gerichtliche Streitigkeiten über den Inhalt rechtskräftig festgestellter Arbeitsverhältnisse sind selten.
Der Kläger hat auch ein rechtliches Interesse daran, daß das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird (§ 256 Abs. 1 ZPO). Für den Fall, daß
ein Arbeitsverhältnis festgestellt würde, wärenauf dieses Vertragsverhältnis der Parteien – unabhängig von den getroffenen Vereinbarungen – die zwingenden gesetzlichen
Vorschriften anzuwenden, die ein Arbeitsverhältnis gestalten (ständige Rechtsprechung des Senats, v gl. nur BAGE 41, 247, 250 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu A
der Gründe).
B. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zu bejahen.
I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend von den Grundsätzen ausgegangen, die der Senat zur Abgrenzung des Arbeitsverhältnisses von dem Rechtsverhältnis eines freien
Mitarbeiters (Dienstvertrag) aufgestellt hat. Danach unterscheiden sich beide durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete
jeweils befindet. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit ist weder erforderlich noch ausreichend.
Arbeitnehmer ist danach derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1
Satz 2 HGB ein typisches Abgrenzungsmerkmal. Nach d ieser Bestimmung ist selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen
kann. Unselbständig und deshalb persönlich abhängig ist dagegen der Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist. Zwar gilt diese Regelung unmittelbar nur für die Abgrenzung des
selbständigen Handelsvertreters vom abhängig beschäftigten kaufmännischen Angestellten. Über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält diese Bestimmung jedoch
eine allgemeine gesetzgeberische Wertung, die bei der Abgrenzung des Dienstvertrages vom Arbeitsvertrag zu beachten ist, zumal da dies die einzige Norm darstellt, die
Kriterien dafür enthält. Die Einglie derung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, daß der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers
unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigke it betreffen. Die fachliche Weisungsgebundenheit ist für Dienste höherer Art
nicht immer typisch. Die Art der Tätigkeit kann es mit sich bringen, daß dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigenini tiative und fachlicher
Selbständigkeit verbleibt (vgl. statt vieler: BAGE 41, 247, 253 f. = AP Nr. 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 1 der Gründe; vgl. ferner BAG Urteil vom 13. November 1991
– 7 AZR 31/91 – AP Nr. 60zu § 611 BGB Abhängigkeit, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt).
Für die Abgrenzung entscheidend sind demnach in erster Linie die Umstände der Dienstleistung, nicht aber die Modalitäten der Entgeltzahlung oder andere formelle Merkmale wie
die Abführung von Steuern und Sozialversicherun gsbeiträgen und die Führung von Personalakten. Die Arbeitnehmereigenschaft kann nicht mit der Begründung verneint werden, es
handele sich um eine nebenberufliche Tätigkeit (BAG Urteil vom 8. Oktober 1975 – 5 AZR 430/74 – AP Nr. 18 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 5 der Gründe; BAG Beschluß vom 30.
Oktober 1991 – 7 ABR 19/91 – AP Nr. 59 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 3 b der Gründe). Umgekehrt spricht nicht schon der Umstand für ein Ar beitsverhältnis, daß es sich
um ein auf Dauer angelegtes Vertragsverhältnis handelt (BAG Urteil vom 27. März 1991 – 5 AZR 194/90 – AP Nr. 53 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu III 7 der Gründe; BAG Beschluß
vom 30. Oktober 199 1, aaO., zu B II 3 c der Gründe).
Bei der Frage, in welchem Maße der Mitarbeiter persönlich abhängig ist, ist vor allem die Eigenart der jeweiligen Tätigkeit zu berücksichtigen (BAGE 30, 163, 169 = AP Nr. 26
zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu B II 2 der Gründe ). Denn abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Kriterien lassen sich nicht aufstellen. Eine Anzahl von Tätigkeiten
kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältni sses (freien Mitarbeiterverhältnisses) erbracht werden (BAG Beschluß vom 30.
Oktober 1991, aaO.). Umgekehrt gibt es Tätigkeiten, die für andere regelmäßig nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses ausgeübt werden können. D as Bestehen eines
Arbeitsverhältnisses kann also auch aus Art oder Organisation der zu verrichtenden Tätigkeiten folgen. Das Bundesarbeitsgericht hat diesem Gedanken in mehreren
Entscheidungen maßgebliche Bedeutung beigem essen, etwa für Orchestermusiker (Urteile vom 14. Februar 1974 – 5 AZR 298/73 – und 3. Oktober 1975 – 5 AZR 427/74 – AP Nr. 12,
16 zu § 611 BGB Abhängigkeit; ebenso Urteil vom 29. Juli 1976 – 3 AZR 7/75 – AP Nr. 41 zu § 6 20 BGB Befristeter Arbeitsvertrag), für Lehrkräfte, die an allgemeinbildenden
Schulen und in schulischen Lehrgängen unterrichten, (Urteil vom 24. Juni 1992 – 5 AZR 384/91 – AP Nr. 61 zu § 611 BGB Abhängigkeit), für (stude ntische) Hilfspfleger im
Krankenhaus (Urteil vom 13. Februar 1985 – 7 AZR 345/82 -, n.v.) und für die Tätigkeit von Mitarbeitern fremdsprachlicher Dienste von Rundfunkanstalten mit routinemäßig
anfallender Tätigkeit als S precher, Aufnahmeleiter und Übersetzer (Urteil vom 3. Oktober 1975 – 5 AZR 162/74 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu II 3 a der Gründe;
Urteil vom 16. Februar 1994 – 5 AZR 402/93 – zur Veröffentlichung vorgesehen; vgl. auch Urteil vom 9. März 1977 – 5 AZR 110/76 – AP Nr. 21 zu § 611 BGB Abhängigkeit, zu 2 c
der Gründe).
II. Diese Grundsätze sind auch im Bereich Funk und Fernsehen maßgebend.
Programmgestaltende Mitarbeit kann sowohl im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses erbracht werden, während sich
sonstige Mitarbeit an Radio- und Rundfunksendungen in d er Regel nur im Rahmen von Arbeitsverhältnissen durchführen läßt. Nur in Ausnahmefällen kann auch hinsichtlich
solcher Tätigkeiten ein freies Mitarbeiterverhältnis vereinbart werden (vgl. BAG Urteil vom 14. Juni 1989 – 5 AZR 346/88 -, n.v.).
Auch bei programmgestaltenden Mitarbeitern ist aber ein Arbeitsverhältnis insbesondere dann zu bejahen, wenn der Sender innerhalb eines bestimmten zeitlichen Rahmens über
die Arbeitsleistung verfügen kann (BAG Urteil vom 9. Juni 1993 – 5 AZR 123/92 -, zu III 1 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Das ist etwa dann
der Fall, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet wird (BAG Urteil vom 7. Mai 1980 – 5 AZR 293/78- AP Nr. 35 zu § 611 BGB Abhängigkeit) oder wenn der Mitarbeiter in nicht
unerheblichem Umfang ohne Abschluß dahingehender Vereinbarung zur Arbeit herangezogen wird, ihm also die Arbeiten letztlich ” zugewiesen” werden. Die ständige
Dienstbereitschaft kann sich sowohl aus den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen der Parteien als auch aus der praktischen Durchführung der Vertragsbeziehungen ergeben.
Ob ein Mitarbeiter einen “eigenen” S chreibtisch hat oder ein Arbeitszimmer (mit)benutzen kann, zu dem er einen Schlüssel hat, und ob er in einem internen Telefonverzeichnis
aufgeführt ist, hat für sich genommen keine entscheidende Bedeutung. Anders verhält es sich, wenn der Mitarbeiter in Dienstplänen aufgeführt wird, ohne daß die einzelnen
Einsätze im voraus abgesprochen werden. Dies ist ein starkes Indiz für die Arbeitnehmereigenschaft. Das hat das Landesarbeitsgericht ve rkannt.
III. Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich der Kläger entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts als Arbeitnehmer.
1. Die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers ergibt sich vor allem aus der von der Beklagten praktizierten Aufstellung von Dienstplänen und deren Durchführung. Dabei kann der
Vortrag der Beklagten, sie verfahre nach den vonihr selbst aufgestellten “Grundsätzen der Dienstplangestaltung” und berücksichtige die Wünsche der freien Mitarbeiter,
vielfach würde getauscht und würden neuen Dienste vereinbart, zu ihren Gunsten als wahr unterstellt w erden.
a) Die Dienstpläne werden von der Beklagten einseitig aufgestellt. Wünscht der Kläger, an einzelnen Kalendertagen oder an bestimmten Wochentagen oder zu bestimmten
Tageszeiten nicht eingesetzt zu werden, und berücksichtig t die Beklagte dies, so verfügt sie doch in dem dadurch vorgegebenen zeitlichen Rahmen ständig über die
Arbeitsleistung des Klägers. Denn die Beklagte behauptet selbst nicht, daß jeder einzelne Einsatz nach Tätigkeitsart und -zeitpunkt vorher abgestimmt wird.
b) Die einseitige Aufstellung von Dienstplänen ist regelmäßig nur dann sinnvoll, wenn Dienstbereitschaft der darin aufgenommenen Beschäftigten erwartet werden kann (Urteil
vom 16. Februar 1994 – 5 AZR 402/93 -, zur Veröff entlichung bestimmt). Nun heißt es in den “Grundsätzen der Dienstplangestaltung” unter 4, die für beide Seiten letztlich
verbindliche Dienstplangestaltung erfolge genau genommen von Tag zu Tag, so, wie es letztendlich mitden freien Mitarbeitern vereinbart worden sei. Daraus soll sich nach
Auffassung der Beklagten ergeben, daß der Kläger nicht verpflichtet ist, die für ihn in den Dienstplänen vorgesehenen Einsätze zu übernehmen. Dies trif ft – zumindest in
dieser Allgemeinheit – nicht zu. Aus der jahrelangen Durchführung der Dienstpläne ergibt sich, daß sie in aller Regel für beide Parteien verbindlich sind. Das dem Kläger
unter Umständen eingeräumte Recht, Einsätze gelegentlich abzulehnen, schließt die Annahme eines Arbeitsverhältnisses nicht aus. In vielen Bereichen ist es üblich, daß der
Arbeitgeber auf derartige Wünsche seiner Arbeitnehmer eingeht.
c) Die ausdrückliche Erklärung der Beklagten, wonach die Dienstpläne unverbindlich sind, oder erst in Kraft treten, wenn ihm die darin eingesetzten Mitarbeiter nicht
widersprechen, ändert daran nichts. Wer einseitig Dienstpläne aufstellt, die in der Praxis im wesentlichen befolgt werden, und gleichzeitig erklärt, diese seien
unverbindlich, verhält sich im Regelfall widersprüchlich. Entscheidend ist dann das tatsächliche Verhalten, also die Aufstellung von Dienstplänen und die darin liegende
Verfügung über die Arbeitskraft der Mitarbeiter. Die Auffassung der Beklagten läuft darauf hinaus, daß vertragliche Vereinbarungen über die im Dienstplan vorgesehenen
Einsätze erst dadurch zustande kommen, daß die Mitarbeiter nicht widersprechen. Das ist lebensfremd. Die Mitarbeiter leisten die vorgesehenen Einsätze, weil sie im
Dienstplan enthalten sind und nicht, weil sie in jedem Einzelfall darüber vertragliche Vereinbarungen abschließen. Bereits in seinem Urteil vom 3. Oktober 1975 (- 5 AZR
427/74 – AP Nr. 16 zu § 611 BGB Abhängigkeit) hat der Senat ausgeführt, daß die Aufstellung von Dienstplänen auch dann ein Indiz für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses
ist, wenn die Betreffenden ihr Erscheinen zu den vorgesehenen Terminen jeweils durch ein Kreuz hinter ihrem Namen zu bestätigen haben.