OLG Köln: Werbung für Spielgemeinschaften zum Deutschen Lotto- und Toto-Block im Internet und am Telefon unzulässig

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat die Werbung für die Zu-sammenführung von Spielinteressenten zu Spielgemeinschaften zum Deut-schen Lotto- und Toto-Block im Internet und am Telefon in einem am 19. No-vember 2010 verkündeten Urteil als unzulässig angesehen. Rechtsgrundlage für das Verbot ist § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit § 5 Abs. 3 des Glückspielstaatsvertrages (GlüStV).
Geklagt hatte ein Verbraucherschutzverein gegen eine in Deutschland nieder-gelassene und im deutschen Handelsregister eingetragene Personengesell-schaft, die in deutscher Sprache telefonisch gegenüber einer Deutschen sowie gegenüber den Lesern ihrer Internetseite mit der Top-Level-Domain „de“ für Spielgemeinschaften zum Deutschen Lotto- und Toto-Block geworben hatte.
Das Oberlandesgericht nimmt einen Verstoß der Werbung gegen das Werbe-verbot aus § 5 Abs. 3 GlüStV an. Für den der Entscheidung zugrunde liegen-den Fall stellt sich die Frage der Vereinbarkeit des Werbeverbots aus § 5 Abs. 3 GlüStV mit dem europäischen Gemeinschaftsrechts (Art. 49 des EG-Vertrages: Freiheit des Dienstleistungsverkehrs oder Art. 43 des EG-Vertrages: Niederlassungsfreiheit) nicht, weil es in Bezug auf die angegriffene Werbung der Beklagten an einem grenzüberschreitenden Sachverhalt fehlt. Nach Auffassung des Senats ist das Verhalten der Beklagten allein nach den für Inländer geltenden Regeln und damit nach § 5 Abs. 3 GlüStV zu beurteilen.
Unabhängig davon bejaht das Oberlandesgericht eine Vereinbarkeit des Ver-bots, für öffentliches Glücksspiel im Internet und Fernsehen sowie über Tele-kommunikationsanlagen zu werben (§ 5 Abs. 3 GlüStV), mit europäischem Recht. Für den 6. Zivilsenat folgt aus den Urteilen des Europäischen Gerichts-hofs vom 08.09.2010 (Winner Wetten, Markus Stoß u.a. und Carmen Media) nicht, dass das deutsche Glücksspielrecht insgesamt europarechtswidrig und fortan öffentliches Glücksspiel und die Werbung dafür in Deutschland unbe-schränkt zulässig wäre. Es könne insbesondere keine Rede davon sein, dass die von allen Glücksspielanbietern – in öffentlicher oder privater Trägerschaft – zu beachtenden allgemeinen Regeln wie das hier in Rede stehende Werbe-verbot nach § 5 Abs. 3 GlüStV durch vorrangige europarechtliche Normen suspendiert wären.
Den Vorlageentscheidungen des Europäischen Gerichtshofs sei eine so weit-reichende Wirkung schon deshalb nicht beizumessen, weil der Gerichtshof keine eigenen Feststellungen zu den maßgeblichen tatsächlichen Verhältnis-sen treffen konnte und entgegen der Annahme der vorlegenden Gerichte zum Zeitpunkt ihres Vorabentscheidungsersuchens derzeit nicht davon auszugehen sei, dass die staatlichen Stellen in Deutschland auf dem Glücksspielsektor eine Politik der Angebotsausweitung verfolgen. Weder die gerade im Hinblick auf einen erhöhten Spielerschutz erfolgte Änderung der für gewerbliche Automa-tenspiele maßgebenden Spielverordnung noch die im Gesamtvergleich gerin-gen Marktanteile der staatlich konzessionierten Spielkasinos und Anbieter von Pferdewetten belegten eine expansive Tendenz. Hinzu komme, dass der Ge-richtshof zwar das Erfordernis einer insgesamt kohärenten Regelung betone, aber zugleich auf Differenzierungsmöglichkeiten hingewiesen habe, die sich aus dem Ermessen der Mitgliedsstaaten bei der Bestimmung des Niveaus des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung im Glücksspielsek-tor ergeben.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, so dass eine Revision zum Bundesgerichtshof nur nach erfolgreicher Nichtzu-lassungsbeschwerde möglich wäre. Eine Nichtzulassungsbeschwerde ist bin-nen eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen.

OLG Köln 6 U 38/10
LG Köln, Urteil vom 04. Februar 2010 – 81 O 119/09

§ 5 Abs. 3 Glückspielstaatsvertrag (GlüStV): Werbung für öffentliches Glücksspiel ist im Fernse-hen (§§ 7 und 8 Rundfunkstaatsvertrag), im Internet sowie über Telekommunikationsanlagen verboten.

§ 4 Nr. 11 Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG): Unlauter handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Markt-teilnehmer das Marktverhalten zu regeln.