OLG Köln: „Cross Ticketing“ bzw. „Cross Border Selling“ bleiben unzulässig

Lufthansa darf Unterlaufen ihres Tarifsystems durch Beförderungsbedingungen
unterbinden

Nach einem am 31.07.2009 verkündeten Urteil des Oberlandesgerichts Köln darf die
Deutsche Lufthansa AG ihren Kunden weiterhin durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
vorschreiben, bei ihr gebuchte Flüge hinsichtlich der gesamten Beförderungsstrecke und in
der im Flugschein vorgesehenen Reihenfolge in Anspruch zu nehmen. Der Bundesverband
der Verbraucherzentralen scheiterte vor dem Oberlandesgericht Köln im Wesentlichen mit
seiner Klage, mit der er der Deutschen Lufthansa AG die Verwendung der entsprechenden
Klauseln in deren Beförderungsbedingungen verbieten lassen wollte. Nur in einem
Nebenpunkt erklärte das OLG das Klauselwerk für unzulässig (Az. 6 U 224/08). Das Urteil ist
noch nicht rechtskräftig.
Cross-Ticketing – das heißt Verkauf von Flugscheinen mit sich überkreuzenden Daten, durch
den der Kunde Mindestaufenthaltsfristen umgeht und mit dem Verfall je eines Rück- und
Hinfluges im Einzelfall erhebliche Kosten spart. D. h. statt eines Normalfluges werden zwei
günstige “Return-Tickets” gekauft, wobei der Flugkunde von vornherein plant, von dem einen
Flug nur den Hinflug und von dem anderen nur den Rückflug in Anspruch zu nehmen. Beim
Cross Border Selling geht es darum, dass der Kunde beispielsweise einen Flug von Kairo
nach Sao Paulo via Frankfurt a. M. bucht, aber nur den Flug ab Frankfurt nutzen möchte,
weil das Ticket ab Kairo billiger verkauft wird als der Flug ab Frankfurt. Diese Praxis wollte
die Lufthansa durch Ticketverfall unterbinden, so dass die einzelnen Coupons für Teilflüge
ihre Gültigkeit verlieren, wenn sie nicht komplett in der gebuchten Reihenfolge angetreten
werden. Der Bundesverband Verbraucherzentralen sah in den entsprechenden Klauseln
eine unangemessene Benachteiligung der Kunden. Die Fluggesellschaft argumentierte
demgegenüber, die Klauseln seien zur Stützung ihres Tarifsystems notwendig, damit dies
von den Kunden nicht unterlaufen werde.
Anders als die Vorinstanz hält der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln es nicht für eine
unangemessene Benachteiligung der Flugkunden, wenn diese daran gehindert werden, nur
Teile einer gebuchten Flugreise in Anspruch zu nehmen. Die Lufthansa biete Flugreisen zu
Preisen an, deren Höhe sich nicht allein an der Länge der Flugstrecke, sondern auch an
anderen Kriterien, wie dem Datum der Reise und den Marktverhältnissen am Abflugort
orientiere. Das Tarifsystem biete findigen Fluggästen indes Möglichkeiten, es mit Cross
Ticketing oder Cross Border Selling zu umgehen und die Fluggesellschaft so
„auszutricksen“. Die Gesellschaft offeriere ihre Flüge zu einem bestimmten von ihr
festgelegten Preis. Sie bringe damit zum Ausdruck, zu welchen Konditionen sie bereit ist,
den Fluggast an dem von diesem bestimmten Tag in der von ihm gewählten Klasse an den
ausgesuchten Zielflughafen zu befördern, und mache deutlich, dass sie nicht willens ist, den
Fluggast zu für diesen günstigeren Konditionen, also insbesondere zu einem niedrigeren
Flugpreis, auf der gleichen Strecke reisen zu lassen. Daher stelle es eine berechtigte
Wahrnehmung ihrer Interessen dar, wenn die Gesellschaft versuche, das Unterlaufen ihrer
Tarifstruktur zu verhindern. Der Kunde, der von Anfang an das Ticket nur teilweise nutzen
wolle, verdiene auch keinen Schutz. Das Tarifsystem der Lufthansa und seine Absicherung
durch „das Kleingedruckte“ stelle sich daher nicht als unangemessene Benachteiligung der
Kunden dar.
Der Senat hat die Revision gegen sein Urteil wegen der grundsätzlichen Bedeutung der
Sache und wegen abweichender Entscheidungen anderer Gerichte zugelassen. Der
Bundesverband der Verbraucherzentralen kann daher binnen eines Monats nach Zustellung
des schriftlichen Urteils Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.