OLG Koblenz: Zur Anfechtung eines Lebensversicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung durch Verschweigen schwerwiegender chronischer Erkrankungen

Leitsatz: Verschweigt ein Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit dem Abschluss einer Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung schwerwiegende
chronische Erkrankungen (Leberzirrhose/Bauchspeicheldrüsenentzündung), die dauernd behandlungsbedürftig und medikamentenpflichtig sind, berechtigt dies den Versicherer
zur Vertragsanfechtung wegen arglistiger Täuschung

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz hat mit Urteil vom 20. September 2002 einem Versicherungsnehmer, wie bereits zuvor das Landgericht, Ansprüche auf
Versicherungsleistungen versagt, weil er bei Abschluss des Versicherungsvertrags offenbarungspflichtige Tatsachen zu seinem Gesundheitszustand verschwiegen hatte.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger hatte 1996 eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung bei der beklagten
Versicherung abgeschlossen. Dabei hatte er in dem vor Vertragsabschluss auszufüllenden Fragebogen zu seiner gesundheitlichen Verfassung auf die Frage nach ärztlichen
Untersuchungen und Beratungen in den vergangenen 5 Jahren angegeben “Routine o.B. 1/96”.

Nachdem der Kläger nach Lebertransplantationen in den Jahren 1997 und 1999 infolge Leberzirrhose arbeitsunfähig geworden war, machte er Ansprüche aus der
Berufsunfähigkeitszusatzversicherung geltend. Im Zusammenhang mit der Anspruchsprüfung durch den Versicherer stellte sich heraus, dass bereits 1991 eine bei dem Kläger
bestehende Leberzirrhose diagnostiziert worden war, er sich dieserhalb in stationärer Behandlung befunden hatte und seither in Dauertherapie Medikamente eingenommen hatte.
Daraufhin erklärte der Versicherer im Jahre 2000 die Anfechtung des Vertrages.

Der Kläger begehrte mit seiner sodann erhobenen Klage vom Versicherer die Zahlung von monatlich 907,90 DM aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Senat wies die Berufung des Klägers zurück. Die Richter waren der Ansicht, der Kläger habe den Versicherer beim Abschluss
des Lebensversicherungsvertrags über gefahrerhebliche Umstände arglistig getäuscht. Der Kläger sei sich aufgrund des seit 1991 festzustellenden Krankheitsverlaufs
darüber im Klaren gewesen, dass der Versicherer, wenn ihm dieser bekannt gewesen wäre, den Vertrag so nicht ohne weiteres abgeschlossen hätte. In Anbetracht der Schwere
und der Risiken seiner Erkrankung habe den Kläger, unabhängig von den Gesundheitsfragen des Versicherers im Antragsformular die Pflicht getroffen, seine offenkundig
gefahrerheblichen Vorerkrankungen und ihre Behandlung mitzuteilen. Der Versicherer habe auch keine Nachfrageobliegenheit verletzt. Eine eigene Nachforschungspflicht des
Versicherers komme nur ausnahmsweise in Betracht, wenn die Angaben des Versicherungsnehmers Anhaltspunkte für das Erfordernis einer weiteren Abklärung böten. Dies sei
nicht der Fall gewesen. Weil der Kläger den Arztbesuch im Januar 1996 ausdrücklich als solchen ohne Befund bezeichnet habe, habe der Versicherer davon ausgehen können,
dass keine akuten Beschwerden oder chronische Erkrankungen zu dem Arztbesuch Veranlassung gegeben hätten.

Aktenzeichen: 10 U 333/02