OLG Koblenz: Keine Berechnung der Leistungsfähigkeit des unterhaltspflichtigen Kindes nach der sogenannten “Ein-Topf-Methode”

Oberlandesgericht Koblenz
Pressestelle

Der 3. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Koblenz hat ein für den Elternunterhalt wichtiges Urteil gefällt.

In dem zu entscheidenden Fall hatte der klagende Kreis der verstorbenen Mutter des Beklagten für deren Heimaufenthalt Hilfe zur Pflege nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes gewährt. Von dem Beklagten als für die Mutter unterhaltspflichtigem Kind begehrte er Rückerstattung der geleisteten Beträge. Das Amtsgericht hatte den Beklagten teilweise zur Erstattung verurteilt und dabei die Auffassung vertreten, dass sich der Beklagte zum Einen sein mietfreies Wohnen im Haus seiner Ehefrau anrechnen lassen müsse und zum Anderen bei der Berechnung des ihm zustehenden Selbstbehaltes das Einkommen der Ehefrau mit herangezogen werden müsse.

Dem widersprachen nunmehr die Richter des Familiensenates des Oberlandesgerichts Koblenz und wiesen die Klage des
Landkreises ab.

Nach § 1603 BGB sei nicht unterhaltspflichtig, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande sei, ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Dem Unterhaltspflichtigen müsse der sogenannte Selbstbehalt verbleiben, d.h. ein angemessener Betrag seines monatlichen laufenden Einkommens zur Deckung des seiner allgemeinen Lebensstellung entsprechenden Bedarfes.

Eine Herabsetzung dieses Selbstbehaltes lehnten die Richter ab. Dieser sei als Mindestbetrag zu verstehen und könne daher nicht herabgesetzt werden. Der grundsätzlich unterhaltspflichtige Sohn sei auch nicht verpflichtet, aus seiner Teilhabe am Einkommen und Vermögen seiner Ehefrau den Unterhalt für seine Mutter zu bestreiten. Es sei anerkannt, dass ein Ehegatte nicht verpflichtet sei, seinem Ehepartner Geldmittel zur Verfügung zu stellen, damit dieser leistungsfähig zur Zahlung von Elternunterhalt werde. Deshalb verbiete sich die Berechnung der Leistungsfähigkeit nach der sogenannten “Ein-Topf-Methode”. Diese Methode beruhe im Wesentlichen darauf, dass das Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes und das seines Ehegatten zusammengerechnet werde, hiervon die Familienlast abgezogen werde und das verbleibende Einkommen sodann hälftig aufgeteilt werde. Diese Berechnung beruhe jedoch auf der Fehlvorstellung, dass sich der rechnerisch ergebende Betrag als Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes darstelle. In Wirklichkeit müsse dieser Fehlbetrag zwischen dem eigenen Einkommen des unterhaltspflichtigen Kindes und dem sich rechnerisch ergebenden Betrag jedoch durch Leistung des anderen Ehegatten gedeckt werden. Die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Kindes erhöhe sich damit gerade nicht. Zudem beruhe diese Methode auf der Vorstellung, dass innerhalb bestehender Ehe das Familieneinkommen den Ehepartnern zu bestimmten Anteilen oder hälftig zustehe. Dies lasse sich jedoch aus dem Gesetz nicht herleiten.

Die Richter rechneten dem Beklagten auch keinen Wohnvorteil zu, da sich das Wohnen im Haus der Ehefrau als freiwillige
Leistung eines Dritten darstelle.

Da der beklagte Sohn unter Berücksichtigung des ihm nach Auffassung des Familiensenats zustehenden Selbstbehaltes nicht leistungsfähig war, wurde die Klage abgewiesen.

Aktenzeichen 11 UF 338/01 (22. Januar 2002)