OLG Dresden entscheidet über Haftung des Freistaats Sachsen für Polizeischüsse auf gestohlenes Auto

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden hat heute über die Haftung des Freistaates Sachsen für einen Polizeieinsatz entschieden, bei dem das gestohlene Auto des
Klägers durch Schusswaffengebrauch beschädigt worden war. Die Polizisten hatten versucht, die Täter zu stellen, indem sie einen Funkstreifenwagen quer zur Fahrbahn
gestellt hatten. Der Fahrer des Wagens hatte jedoch die Kontrollstelle durchbrochen, wobei einer der Beamten die Schüsse auf das Fahrzeug abgegeben hatte.

Nach dem heute verkündeten Urteil muss der Freistaat dem Kläger die Hälfte des ihm entstandenen Schadens (das sind 696,09 ?) ersetzen. Der Kläger sei als Eigentümer des
Fahrzeugs weder Handlungsstörer i. S. v. § 4 SächsPolG (dies waren allein die Täter) noch Zustandsstörer i. S. v. § 5 SächsPolG, sondern “Unbeteiligter” i. S. d. § 7
Abs. 1 SächsPolG. Allein die formale Eigentümerstellung reiche hier für die Begründung der Zustandsstörereigenschaft nicht aus, erforderlich sei vielmehr eine
tatsächliche Verfügungsmacht über die Sache. Diese habe der Kläger aufgrund des Diebstahls verloren. Ihm stehe daher grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung nach
§§ 52 ff. SächsPolG zu. Bei der Bemessung der Höhe des Entschädigungsanspruchs seien aber gemäß § 53 Abs. 5 SächsPolG alle Umstände des Einzelfalles zu
berücksichtigen, insbesondere die Art und Vorhersehbarkeit des Schadens und ob das Vermögen des Geschädigten geschützt worden sei. Hier sei der Schutz des klägerischen
Vermögens ein wesentlicher, wenn auch nicht der Hauptzweck (dieser bestand im “Dingfestmachen” der Straftäter) der Maßnahme gewesen. Andererseits falle zu Lasten des
Beklagten ins Gewicht, dass die Schüsse auf das Fahrzeug von vornherein nicht besonders erfolgversprechend erschienen und die Schäden nicht nur vorhersehbar, sondern
bewusst verursacht worden seien.

Einen weitergehenden Anspruch des Klägers aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) hat der Senat verneint. Die Polizeibeamten hätten nicht pflichtwidrig von der
Schusswaffe Gebrauch gemacht.

Az.: 6 U 1522/02