OLG Dresden: Bulgarien muss Grundstück in Leipziger Innenstadt herausgeben

Mit (Teil-)Urteil vom heutigen Tage hat der 9. Zivilsenat des OLG Dresden der gegen die Republik Bulgarien gerichteten Klage auf Eigentumsumschreibung und Herausgabe eines am Dittrichring in Leipzig gelegenen Grundstücks stattgegeben und die Beklagte gleichzeitig zur Auskunftserteilung über die im Zeitraum 1990 bis 2001 erzielten Nutzun-gen aus dem Grundstück verurteilt.

Sachverhalt und Prozessgeschichte: Die Klägerin ist die Witwe eines im Laufe des erstinstanzlichen Prozesses verstorbenen bulgarischen Staatsangehörigen (Erblasser), der im Jahre 1979 das streitgegenständliche, mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaute Grundstück an die Volksrepublik Bulgarien verschenkt hatte. Ausweislich des notariellen Schenkungsvertrages sollte der Eigentumserwerb der Erweiterung der bulgarischen Botschaft dienen. Seit 1992 wandte sich der Erblasser mit verschiedenen Argumenten gegen die Wirksamkeit des Schenkungsvertrages. Er begehrte die Herausgabe des Grundstücks und die Wiedereinräumung der innegehabten Grundbuchpositi-on. Im November 1998 hat er schließlich das jetzige Zivilverfahren angestrengt, mit dem er die Eigentumsumschreibung auf ihn, die Herausgabe des Grundstücks und Nutzungsentschä-digung für den Zeitraum ab 1979 erstrebt. Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe das Eigentum am Grundstück jedenfalls nach Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB erworben. Nach dieser Vorschrift erwirbt ein (fälschlicherweise) ins Grundbuch eingetragener Eigentümer das Eigentum am Grundstück, wenn nicht der wirkliche Eigentümer bis zum 30.09.1998 Klage bei Gericht erhoben hat.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg. Nach Auffassung des 9. Zivilsenats war der Lauf der in Art. 237 § 2 Abs. 1 EGBGB bestimmten Frist gehemmt, da zwischen den Parteien am 30.09.1998 nochVerhandlungen schwebten. Der im Jahre 1979 geschlossene Schenkungsvertrag sei aus zwei Gründen unwirksam: Zum einen habe die nach dem maßgeblichen DDR-Recht erforderliche Genehmigung nach dem Devisengesetz gefehlt. Zum anderen sei der für die Volksrepublik Bulgarien aufgetretene „außerordentliche und bevollmächtigte„ Botschafter nach der damaligen Rechtslage nur zur diplomatischen, nicht aber zur rechtsgeschäftlichen Vertretung bevollmächtigt gewesen. Da der Vertrag auch im Nachhinein nicht genehmigt worden sei, habe dies nachdem Recht der DDR dessen Unwirksamkeit zur Folge gehabt. Der Anspruch auf Nutzungs-entschädigung bestehe aber nur seit dem 03.10.1990, im übrigen sei er verjährt.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

OLG Dresden, Urteil vom 11.05.2004, Az.: 9 U 1420/03 Vorinstanz: LG Leipzig, Az.: 16 O 10485/98