Hamburgisches Verfassungsgericht: Volker Strantz unterliegt gegenüber der Bürgerschaft

Volker Stranz kann nicht auf das freigewordene Mandat der Bezirksversammlung Hamburg-Nord nachrücken. Das hat das Hamburgische Verfassungsgericht heute (2.7.2001) entschieden. Es hat die Beschwerde von Volker Strantz zurückgewiesen. Die Beschwerde richtete sich gegen den Beschluss der Bürgerschaft vom 15.11.2000, mit dem sein Einspruch gegen die Entscheidung des Bezirkswahlleiters des Bezirksamts Hamburg-Nord zurückgewiesen wurde. Der Bezirkswahlleiter hatte dem Beschwerdeführer unter dem 27.4.200 mitgeteilt, er werde als auf Platz 12 des Bezirkswahlvorschlags der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kandidierender Bewerber bei der Wiederbesetzung des freigewordenen Mandats der Bezirksversammlung Hamburg-Nord nicht berücksichtigt. Er sei nicht mehr Mitglied der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und könne daher nach § 39 Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über die Wahl zu den Bezirksversammlungen (BezWG) nicht berücksichtigt werden. Volker Strantz war im Mai 1999 aus der Partei ausgetreten und ist seit November 1999 Angehöriger der Wählervereinigung „Regenbogen – für eine neue Linke„.

§ 39 Absatz 1 BezWG lautet: „Lehnt ein gewählter Bewerber die Wahl ab oder scheidet ein Bezirksabgeordneter während der Wahlperiode aus, so ist der in der angeführten Reihenfolge nachfolgende Bewerber auf dem Wahlvorschlag vom Bezirkswahlleiter für gewählt zu erklären. Unberücksichtigt bleibt ein Bewerber, wenn er seit dem Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlages aus der Partei, die ihn aufgestellt hat, ausgeschieden ist. Das Ausscheiden wird vom Bezirkswahlleiter festgestellt.„

Der Beschwerdeführer hatte vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht im wesentlichen geltend gemacht: Die Vorschrift des § 39 Absatz 1 Satz 2 BezWG sei als verfassungswidrig anzusehen, da sie insbesondere gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl verstoße. Die Vorschrift sei jedenfalls verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie den Fall einer Parteispaltung nicht erfasse.

Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts Wilhelm Rapp führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus: Der Beschwerdeführer habe nach dem Austritt aus der Partei nicht für das frei gewordene Mandat berücksichtigt werden können. In dem bei der Wahl zu den Bezirksversammlungen verwirklichten System der starren oder gebundenen Liste – d.h. der Wähler stimmt ab, indem er einen der Bezirkswahlvorschläge kennzeichnet, ohne die festgelegte Reihenfolge der Bewerber verändern zu können – sei die Parteizugehörigkeit ein entscheidendes Kriterium für die Wahl des Bezirksabgeordneten. Systemgerecht knüpfe § 39 Abs. 1 Satz 2 BezWG auch für das Nachrücken an die Parteizugehörigkeit an. Keine Bedeutung komme in diesem Einzelfall der Frage nach einer Parteispaltung zu. Vielmehr müsse nach dem System der starren oder gebundenen Liste auf das formale Kriterium der Parteimitgliedschaft abgestellt werden. Die Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 2 BezWG für den hier zu beurteilenden Fall des freiwilligen Ausscheidens aus der Partei sei auch verfassungsgemäß. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl sei nicht verletzt, weil das Kriterium der Fortdauer der Parteizugehörigkeit eines für eine bestimmte Partei aufgetretenen Bewerbers eine allgemeine, sachlich bestimmte Voraussetzung für das Nachrücken sei und es allein vom Willen des Bewerbers abhänge, ob diese Voraussetzung fortbestehe. Auch das Prinzip der Personenwahl bleibe unverletzt, da die Abgeordneten im System der starren oder gebundenen Liste zugleich Exponenten ihrer Parteien seien.

Az.: HVerfG 3/00