§ 39 Absatz 1 BezWG lautet: „Lehnt ein gewählter Bewerber die Wahl ab oder scheidet ein Bezirksabgeordneter während der Wahlperiode aus, so ist der in der angeführten Reihenfolge nachfolgende Bewerber auf dem Wahlvorschlag vom Bezirkswahlleiter für gewählt zu erklären. Unberücksichtigt bleibt ein Bewerber, wenn er seit dem Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlages aus der Partei, die ihn aufgestellt hat, ausgeschieden ist. Das Ausscheiden wird vom Bezirkswahlleiter festgestellt.„
Der Beschwerdeführer hatte vor dem Hamburgischen Verfassungsgericht im wesentlichen geltend gemacht: Die Vorschrift des § 39 Absatz 1 Satz 2 BezWG sei als verfassungswidrig anzusehen, da sie insbesondere gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl verstoße. Die Vorschrift sei jedenfalls verfassungskonform dahin auszulegen, dass sie den Fall einer Parteispaltung nicht erfasse.
Der Präsident des Hamburgischen Verfassungsgerichts Wilhelm Rapp führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus: Der Beschwerdeführer habe nach dem Austritt aus der Partei nicht für das frei gewordene Mandat berücksichtigt werden können. In dem bei der Wahl zu den Bezirksversammlungen verwirklichten System der starren oder gebundenen Liste – d.h. der Wähler stimmt ab, indem er einen der Bezirkswahlvorschläge kennzeichnet, ohne die festgelegte Reihenfolge der Bewerber verändern zu können – sei die Parteizugehörigkeit ein entscheidendes Kriterium für die Wahl des Bezirksabgeordneten. Systemgerecht knüpfe § 39 Abs. 1 Satz 2 BezWG auch für das Nachrücken an die Parteizugehörigkeit an. Keine Bedeutung komme in diesem Einzelfall der Frage nach einer Parteispaltung zu. Vielmehr müsse nach dem System der starren oder gebundenen Liste auf das formale Kriterium der Parteimitgliedschaft abgestellt werden. Die Regelung des § 39 Abs. 1 Satz 2 BezWG für den hier zu beurteilenden Fall des freiwilligen Ausscheidens aus der Partei sei auch verfassungsgemäß. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl sei nicht verletzt, weil das Kriterium der Fortdauer der Parteizugehörigkeit eines für eine bestimmte Partei aufgetretenen Bewerbers eine allgemeine, sachlich bestimmte Voraussetzung für das Nachrücken sei und es allein vom Willen des Bewerbers abhänge, ob diese Voraussetzung fortbestehe. Auch das Prinzip der Personenwahl bleibe unverletzt, da die Abgeordneten im System der starren oder gebundenen Liste zugleich Exponenten ihrer Parteien seien.
Az.: HVerfG 3/00