LG Trier: Keine Haftung des Bauunternehmers aus Verkehrssicherungspflicht bei Lagerung von Baumaterial auf einer Baustraße

Ein nicht alltäglicher Verkehrsunfall war Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Amts- und Landgericht Trier.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hausanwesens in einem Neubaugebiet in Trier, das zum Unfallzeitpunkt noch nicht voll erschlossen war. Neben weiteren, im Bau befindlichen Häusern war auch die Straße noch nicht vollständig fertiggestellt.

Die Aufpflasterung war damals bis genau mittig zur Einfahrt des Carports der Klägerin fertiggestellt und brach dort ab. Die Abbruchkante war im weiteren Verlauf mit Lava aufgeschüttet. Im ungepflasterten Bereich existierte nur eine sogenannte “Baustraße”, die aus festgewalztem Boden bestand.

Die Beklagte war mit der Fertigstellung der Straße beschäftigt.

Als die Klägerin morgens mit ihrem PKW rückwärts aus dem Carportauf die Straße zurücksetzte, stieß sie mit dem Heck ihres Fahrzeugsgegen eine Europalette mit Pflastersteinen, die genau an derAbbruchkante des gepflasterten Straßenteils auf dergegenüberliegenden Straßenseite abgestellt war.

Mit der Klage begehrt die Kläger von der Beklagten Ersatz des anihrem PKW entstandenen Schadens. Sie hat behauptet, die Beklagte habedie Palette erst abgestellt, nachdem sie ihren PKW am Vortag im Carport geparkt habe.

Das Amtsgericht hat die Klage mit Urteil vom 28.06.2002 abgewiesen.

Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landgericht mit Urteil vom 29.10.2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte sei nur dann zu besonderen Absicherungsmaßnahmen i.S.d. § 32 Absatz 1 StVO verpflichtet, wenn mit der Europalette eine Gefährdungoder Erschwerung des Verkehrs einhergehe. Dabei müßten geringfügigeBehinderungen außer Betracht bleiben. Insoweit habe das Amtsgerichtzutreffend festgestellt, dass genügend Fahrraum für die Klägerinverblieben sei, da die Palette am Rande der gegenüber dem Carportliegenden Fahrbahn abgestellt gewesen sei.

Auch könne nicht von einem Verstoß der Beklagten gegen die Verkehrssicherungspflichten eines Bauunternehmers ausgegangen werden. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse nur diejenigen Gefahren ausräumen oder vor solchen warnen, die für einen Verkehrsteilnehmer, der die erforderliche Sorgfalt walten läßt, nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einrichten könne. Dass während der Vornahme von Pflasterarbeiten in der Nähe Pflastersteine gelagert werden, sei eine baustellentypische Situation. Diese müsse von einem aufmerksamen Verkehrsteilnehmer auch rechtzeitig erkannt werden.

Insbesondere dürfe der Rückwärtsfahrende nicht die gebotene Sorgfalt außer Acht lassen, wenn – wie bei einer Baustelle typisch – mit der Lagerung von Baumaterial zu rechnen sei. Daher könne die Klägerin nicht geltend machen, sie habe die Palette nicht gesehen. Sie sei vielmehr verpflichtet gewesen, sich aus ihrem Auto heraus mit Sicherheit davon zu überzeugen, dass der rückwärtige Raum hinter ihrem Fahrzeug frei von Hindernissen ist.

1 S 89/02 – Landgericht Trier und 31 C 45/02 – Amtsgericht Trier – rechtskräftig