Kurzfassung
Die Garden sind die Prunk-Stücke in den gleichnamigen Sitzungen: ohne Gardeauftritt sind Faschingsveranstaltungen kaum denkbar. Dabei beeindrucken die Tänzerinnen nicht nur durch synchronen Schritt, sondern auch durch die farbenfrohen, passgenauen Kostüme. Umso schlimmer, wenn Letztgenannte nicht mit den Gardemaßen übereinstimmen.
Das berechtige die Besteller, den Kostümerwerb rückgängig zu machen, befand das Landgericht Coburg (bestätigt durch das Oberlandesgericht Bamberg) auf die Klage eines Karnevalvereins hin. Folge: die Garde-Schneiderin muss nun 17 Kostüme zurücknehmen und zwei Drittel des Preises von knapp 12.000,- DM rückerstatten.
Sachverhalt
Der klagende Karnevalverein wollte seine Garde von der Beklagten angemessen einkleiden lassen. Die nahm daraufhin an den 17 Damen Maß und lieferte die Gewänder gegen einen „Werklohn„ von knapp 12.000,- DM. Doch als es an die Kostümprobe ging, stellte sich bei den jecken Damen Katzenjammer ein: die neuen Kleider passten nicht. Da der Fasching vor der Tür stand, forderten die vereinten Närrinen und Narrhallesen die Schneiderin auf, die Mängel zu beseitigen. Als eine Nachbesserung unterblieb, nahm man selbst notdürftige Änderungen vor, um faschingsgerecht gewandet auftreten zu können – verlangte aber anschließend Geld gegen Ware zurück. Die Beklagte war jedoch der Ansicht, die Kostüme entsprächen den Vorgaben und seien außerdem schon genutzt worden.
Gerichtsentscheidungen
Das vom Kläger angerufene Landgericht Coburg schaltete eine Sachverständige für das Schneiderhandwerk ein und gab dann dem Klagebegehren statt. Es führte aus, die Gutachterin habe erhebliche Mängel an allen Kostümen festgestellt. Unter anderem seien die Halsausschnitte zu groß mit der Folge, dass die Schultern (der Kostüme) hängen würden und die Ärmel zu lang seien. Die Beklagte sei nicht bereit gewesen, die Kleider zum Umarbeiten abzuholen – und damit ihrer Nachbesserungspflicht nicht nachgekommen. Deshalb greife die durch den Kläger erklärte „Wandelung„ durch und der Vertrag sei rückabzuwickeln. Daran ändere auch die Benutzung der Kostüme nichts.
Der beklagten Schneiderin passte dieses Urteil nicht – sie rief das Oberlandesgericht Bamberg an. Die dortigen Richter bestätigten jedoch den Coburger Urteilsspruch und billigten der Beklagten lediglich einen Abzug von 4.000,- DM zu. So hoch sei der Wert der Benutzung zu bemessen, um den die Karnevalisten bereichert seien. Damit bekommt der Verein 8.000,- DM zurück, ist aber die Kostüme los – und muss wieder für neue Maß nehmen lassen.
(Landgericht Coburg, Az: 12 O 217/00; Oberlandesgericht Bamberg, Az: 6 U 57/00; rechtskräftig)
Zur Rechtslage:
Bei der Herstellung derartiger Kostüme handelt es sich um einen sogenannten Werklieferungsvertrag, auf den – weil die Herstellung nach den speziellen Vorgaben und Maßen der Besteller erfolgen sollte – die Vorschriften des Werkvertragsrechts anzuwenden sind. Deshalb musste die Schneiderin Gelegenheit zur Nachbesserung – also Behebung der Mängel in Gestalt z. B. der zu großen Halsausschnitte – erhalten. Erst nachdem sie diese Gelegenheit ungenutzt verstreichen ließ, konnte der Verein die Wandelung erklären und damit die komplette Rückabwicklung des Vertrages erwirken.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 651 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Werklieferungsvertrag]:
(1) Verpflichtet sich der Unternehmer, das Werk aus einem von ihm zu beschaffenden Stoffe herzustellen, so hat er dem Besteller die hergestellte Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Auf einen solchen Vertrag finden die Vorschriften über den Kauf Anwendung; ist eine nicht vertretbare Sache herzustellen, so treten an die Stelle des § 433, des § 446 Abs. 1 Satz 1 und der §§ 447, 459, 460, 462 bis 464, 477 bis 479 die Vorschriften über den Werkvertrag mit Ausnahme der §§ 647 bis 648a.
(2) …
§ 634 BGB [Gewährleitung; Wandelung, Minderung]:
(1) Zur Beseitigung eines Mangels (…) kann der Besteller dem Unternehmer eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, dass er die Beseitigung des Mangels nach Ablauf der Frist ablehne. (…) Nach dem Ablaufe der Frist kann der Besteller Rückgängigmachung des Vertrags (Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung (Minderung) verlangen, wenn nicht der Mangel rechtzeitig beseitigt worden ist; der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen.
(2) …