Kurzfassung
Vorschäden am Pkw sind vollständig anzugeben, wenn die Vollkaskoversicherung in Anspruch genommen wird. Selbst wenn nämlich die Versicherung die früheren Schäden
reguliert hat, kann sonst bei unvollständigen Angaben der Versicherungsschutz verloren sein.
Das entschied das Landgericht Coburg, bestätigt durch das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg ? und wies die Klage eines Versicherungsnehmers auf Zahlung von knapp 9.500,- ?
ab. Die Versicherung müsse sich auf richtige und lückenlose Angaben verlassen können. Dass sie sich die erforderlichen Informationen anderweitig beschaffen konnte, gebe
dem Versicherungsnehmer kein Recht zur Lüge.
Sachverhalt
Der Kläger unterhielt für seinen Daimler eine Vollkaskoversicherung bei der beklagten Versicherung. Als er dieser im September 2001 einen Unfallschaden von rund 9.500,- ?
meldete, beantwortete er die Frage nach Vorschäden auf der Schadensanzeige mit ?Nein?. Tatsächlich war seinem Mercedes aber in den beiden Vorjahren schon dreimal
Blechschädigendes widerfahren. Die drei Vorschäden (insgesamt mehr als 14.000,- ?) waren auch durch die Beklagte reguliert worden. Und weil das in der Schadensanzeige
verschwiegen worden war, verweigerte die Beklagte diesmal jede Zahlung.
Gerichtsentscheidung
Mit Recht, befand das Landgericht Coburg. Der Kläger habe objektiv Unwahres mitgeteilt, wobei von vorsätzlichen Falschangaben auszugehen sei. Diese sogenannte
Obliegenheitsverletzung sei auch geeignet, die Interessen der Versicherung zu gefährden, nachdem Vorschäden die Höhe der Versicherungsleistung beeinflussen könnten.
Keine Rolle spiele, dass die Beklagte durch Ermittlungen im eigenen Haus dem Kläger auf die Schliche habe kommen können ? und auch kam. Die Versicherung müsse sich auf
vollständige Aufklärung durch ihren Versicherungsnehmer verlassen können. Enttäusche der dieses Vertrauen, verliere er seine Ansprüche. Das vom Kläger daraufhin
angerufene OLG Bamberg sah die Sache genauso wie das Landgericht ? und wies die Berufung durch Beschluss zurück.
Fazit
Ehrlich währt am längsten ? und nur dem Ehrlichen wird Versicherungsschutz gewährt.
(Landgericht Coburg, Urteil v. 20.2.2002, Az: 12 O 81/01; OLG Bamberg, Beschluss v. 22.7.2002, Az: 1 U 51/02; rechtskräftig)
Zur Rechtslage
Den Versicherungsnehmer treffen sog. Obliegenheitspflichten gegenüber der Versicherung, zu denen auch die Pflicht zu wahrheitsgemäßen Angaben gehört. Die
vorsätzliche Verletzung derartiger Pflichten führt dazu, dass die Versicherung die Zahlung der Versicherungssumme verweigern darf. Das gilt selbst dann, wenn die
Verletzung der Obliegenheitspflicht folgenlos geblieben ist, wie der oben geschilderte Fall zeigt. Grundlage für dieses Ergebnis sind die Allgemeinen Vertragsbedingungen,
die in praktisch alle Kfz-Teilkaskoverträge einbezogen sind.
Die entsprechende Klausel lautet:
§ 7 Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung aus dem Jahr 1995 (AKB 95):
I (1) …Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann. … … V (4) Wird
eine dieser Obliegenheiten in der Fahrzeug- oder Kraftfahrtunfallversicherung verletzt, so besteht Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VVG.
§ 6 VersicherungsVertragsGesetz (VVG), auf den verwiesen wird, lautet:
…(3) Ist die Leistungsfreiheit für den Fall vereinbart, dass eine Obliegenheit verletzt wird, die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls dem Versicherer gegenüber zu
erfüllen ist, so tritt die vereinbarte Rechtsfolge nicht ein, wenn die Verletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht. …