Kurzfassung
Polizeihunde sind stets so zu sichern, dass sie nicht Unbeteiligte angreifen können. Dazu ist nicht ausreichend, dass der Hundeführer Ablegen befiehlt. Beißt dann
der Hund einen Passanten, so haftet der Freistaat Bayern auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
Das entschied das Landgericht Coburg und sprach einem von einem Diensthund Verletzten rund 400,- ? Schmerzensgeld und 40 ? Schadensersatz zu. Nicht der Hund, sondern der
Polizeibeamte müsse entscheiden, ob tatsächlich ein Angriff vorliege, der ein Zubeißen rechtfertige.
Sachverhalt
Den Kläger erwartete nach Betanken seines Auto neben dem üblichen ?Preisschock? an der Kasse bei Rückkehr zum Pkw eine weitere mehr als unliebsame Überraschung.
Als er nämlich mittels Fernbedienung sein Fahrzeug öffnen wollte, drangen ihm nicht nur die beißenden Benzindämpfe an die Nase, sondern ein ebensolcher Polizeihund
an den Unterarm. Das Tier hatte auf Geheiß seines Hundeführers neben einem fremden Pkw ? der auf Drogen durchsucht wurde ? gewartet und den ausgestreckten Arm des am
Polizeieinsatz völlig unbeteiligten Klägers als Angriff eingestuft. Der Kläger wollte Schadensersatz für seine beschädigte Jacke und ein Schmerzensgeld für die etwa
0,5 cm große Bisswunde. Als der Freistaat nicht zahlte, klagte er.
Gerichtsentscheidung
Mit Erfolg. Das Landgericht Coburg führte aus, der Hundeführer habe gegen seine Amtspflichten verstoßen. Es liege auf der Hand, dass einfaches Ablegenlassen keine
ausreichende Sicherungsmaßnahme darstelle. Vielmehr habe der Hundeführer mittels Leine oder Übergabe des Hundes an einen anderen Beamten die Lage unter
Kontrolle halten müssen. Polizeibeamte genügten den Sorgfaltsanforderungen nur, wenn sie sicherstellten, dass sie die Situation beherrschten ? und nicht der
Diensthund.
Fazit
Moderne Autoschlüssel bergen nicht nur das Risiko, dass die Batterie leer oder die Kfz-Elektrik defekt ist, sondern erregen jedenfalls bei Polizeihunden offensichtlich auch
Verdacht.
(Landgericht Coburg, Az: 11 O 380/01; rechtskräftig)
Zur Rechtslage:
Polizeibeamte haben ? wie andere Staatsdiener auch ? gegenüber Bürgern eine Vielzahl von Amtspflichten zu beachten. Verletzen sie diese und entsteht dem Bürger dadurch
ein Schaden, so haftet der Dienstherr (bei Polizisten im Staatsdienst ist dies in Bayern der Freistaat Bayern). Der kann dann seinerseits den Beamten in Regress nehmen, wenn
dieser vorsätzlich oder grob fahrlässig handelte. Bei ?einfacher? Fahrlässigkeit trifft den Staatsdiener dagegen keine Ausgleichspflicht gegenüber dem Dienstherrn
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 839 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Haftung bei Amtspflichtverletzung]:
(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu
ersetzen. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen
vermag.
(2) …
Artikel 34 Grundgesetz (GG):
Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit den Staat
oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht. Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit bleibt der Rückgriff vorbehalten. Für den Anspruch auf Schadensersatz und für den
Rückgriff darf der ordentliche Rechtsweg nicht ausgeschlossen werden.