Das Ausleihen eines Kfz an einen „Führerscheinlosen„ kann eine teure Gefälligkeit werden. Weiß der Fahrzeughalter nämlich vom Fehlen der Fahrerlaubnis, so haftet er einem unfallgeschädigten Dritten gegebenenfalls auf Schmerzensgeld. Dass er nicht selber gefahren ist, entlastet ihn dann nicht.
Das musste der Halter eines Motorrades, mit dem ein Unfall verursacht wurde, jetzt erfahren. Das Landgericht Coburg verurteilte ihn zur Zahlung von 6.500,- DM Schmerzensgeld an den Verletzten. Wer das Krad gefahren hatte, blieb ungeklärt. Der Beklagte hatte sich auch geweigert, den Namen des Fahrers anzugeben. Denn der habe keinen Führerschein. Und weil er sich selber einer Straftat bezichtigen müsse, wenn er „Ross und Reiter„ nenne, berief er sich auf ein Aussageverweigerungsrecht. Jedenfalls ein „Zahlungsverweigerungsrecht„ sprach das Gericht ihm aber ab.
Sachverhalt
Der spätere Kläger hatte mehrere Motorradfahrer beobachtet, die mit Geländemaschinen seine Wiese „umpflügten„. Kurz danach erkannte er einen der drei Übeltäter auf der Straße. Mutig liefer auf die Straße und gab Zeichen zum Anhalten. Ohne Erfolg: der Behelmte gab Gas und fuhr ihn um. Während der Biker nach dem Zusammenprall unbeschadet weiterfuhr, blieb der Kläger mit einem schweren Knieschaden zurück. Der Fahrer konnte nicht identifiziert werden. Allerdings stellte sich der Beklagte als Halter des Motorrades heraus – und berief sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht. Er selber sei nicht gefahren, sondern habe sein Gefährt an einen Freund verliehen. Der habe aber nicht die erforderliche Fahrerlaubnis besessen. Und weil er sich durch die Namensnennung selber belasten müsse, dürfe er schweigen.
Gerichtsentscheidung
Ein juristischer Kniff, der im Schmerzensgeldprozeß nicht verfing. Zwar sei dem Beklagten tatsächlich nicht nachzuweisen, dass er selber gefahren sei, befand das Landgericht Coburg im Zivilverfahren. Doch durch das Verleihen habe er bewusst in Kauf genommen, dass der dem Gericht unbekannte Freund ohne Fahrerlaubnis fahre. Das aber stelle gemäß § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) ein strafbares „Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis„ dar. Die Vorschrift wolle gerade verhindern, dass charakterlich ungeeignete oder das Fahrzeug nicht beherrschende Personen an ein Kfz kommen und es führen könnten. Deshalb sei ein Schuldvorwurf gegen den Beklagten und damit ein Schmerzensgeld von 6.500,- DM gerechtfertigt.
Fazit
Das Schweigen des Beklagten war Gold bzw. Geld wert für den Kläger.
(Landgericht Coburg, Az: 11 O 502/00; rechtskräftig)
Zur Rechtslage:
Nicht nur wer selber ohne Fahrerlaubnis fährt, macht sich strafbar. Auch der, der ein solches Fahren ermöglicht – z. B. durch Verleihen seines Fahrzeuges an einen „Führerscheinlosen -, verstößt eventuell gegen das Gesetz (nämlich gegen den zitierten § 21 StVG). Voraussetzung: er muss vorsätzlich oder zumindest fahrlässig gehandelt haben. Weil es sich bei § 21 StVG um ein sogenanntes Schutzgesetz handelt – also eine Vorschrift, die auch zum Schutz Dritter (hier der anderen Verkehrsteilnehmer im weiteren Sinne) erlassen wurde -, kann ein entsprechender Verstoß zivilrechtlich einen Schmerzensgeldanspruch begründen.
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Schadensersatzpflicht]:
(1)Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2)Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
§ 847 BGB [Schmerzensgeld]:
(1)Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen.
(2)(…)
§ 21 StVG [Fahren ohne Fahrerlaubnis]:
(1)Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
1. …
2. als Halter eines Kraftfahrzeuges anordnet oder zulässt, dass jemand das Fahrzeug führt, der die dazu erforderliche Fahrerlaubnis nicht hat oder dem das Führen des Fahrzeuges nach § 44 des Strafgesetzbuches oder nach § 25 dieses Gesetzes verboten ist.
(2)Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen wird bestraft, wer
1. eine Tat nach Absatz 1 fahrlässig begeht,
2….