LG Coburg: Zur Frage, ob man die Zahlung eines Schuldners, der kurz darauf Insolvenzantrag stellt, behalten darf

Kurzfassung

Die Insolvenz eines Unternehmens trifft häufig auch seine Gläubiger hart. Wer hingegen kurz vor der Insolvenz noch an “sein” Geld gekommen ist, pflegt durchzuatmen. Doch er sollte sich nicht zu früh freuen: In bestimmten Fällen kann der Insolvenzverwalter nämlich derartige Zahlungen zurückverlangen.

Das zeigt eine Entscheidung des Landgerichts Coburg, mit der ein drei Wochen vor dem Insolvenzantrag befriedigter Gläubiger zur Rückzahlung von 6.300 € an den Insolvenzverwalter des Betriebes verurteilt wurde. Das Unternehmen hatte eine Darlehensschuld beglichen, obwohl es dazu noch nicht verpflichtet gewesen wäre. Darum focht der Insolvenzverwalter diese “inkongruente Deckungsleistung” mit Erfolg an.

Sachverhalt

Der Beklagte hatte der später insolventen Firma im Januar 2008 ein Darlehen in Höhe von 6.300 € gewährt. Als bereits die erste Tilgungsrate für Februar 2008 ausblieb, erklärte er noch im Februar die außerordentliche Kündigung des Kredits. Daraufhin zahlte das Unternehmen Anfang März den kompletten Darlehensbetrag zurück. Ende März stellte es dann Insolvenzantrag, kurz darauf wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Dieser verlangte Rückerstattung in die Insolvenzmasse.

Gerichtsentscheidung

Mit Recht, wie das Landgericht Coburg entschied. Denn die Zahlung fiel in die kritische Einmonatsfrist vor Insolvenzantragstellung und der Beklagte hatte noch keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kredits. Seine außerordentliche Darlehenskündigung war unwirksam, weil das Unternehmen nicht – wie vom Gesetz gefordert – mit mehr als einer Darlehensrate im Rückstand war. Außerdem hatte er auch keine Abmahnung ausgesprochen. Durch diese verfrühte Rückzahlung hatte der Beklagte deshalb einen unberechtigten Vorteil vor anderen Gläubigern des Unternehmens erlangt, den er nun wieder herauszugeben hat.

Fazit

Sich bei einem kriselnden Betrieb schnell noch schadlos halten, verspricht oftmals nur einen Erfolg auf Zeit.

§(Landgericht Coburg, Urteil vom 3. September 2008, Az: 13 O 334/08; rechtskräftig)

Zur Rechtslage:
Die Insolvenzordnung sieht vor, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt alle Gläubiger einer insolventen Firma gleich zu behandeln sind. Mit der Folge, dass Handlungen der Pleitefirma, mit denen sie einzelne Gläubiger befriedigt, unter gesetzlich normierten Voraussetzungen anfechtbar werden.
Die für oben geschilderten Fall maßgebliche Vorschrift lautet:
§ 131 InsO [Inkongruente Deckung]:
(1)§§Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte,
1.§§§wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist,
2. …
(2)§§§ …