LG Coburg: Zur Frage, ob die Rechtsschutzversicherung auch nach Ende des Versicherungsverhältnisses Deckung für eine “Folgekündigung” des Arbeitsverhältnisses gewähren muss

Kurzfassung

Die Rechtsschutzversicherung muss für Ereignisse nach Vertragsende keine Deckung gewähren. Das gilt auch bei sogenannten Folgekündigungen des Arbeitsverhältnisses. Wurde dem Versicherungsnehmer während laufenden Versicherungsvertrages vom Arbeitgeber gekündigt und nach Vertragsende nochmals, hat die Rechtsschutzversicherung daher nur die Prozesskosten für die Klage gegen die erste Kündigung zu übernehmen.

Das entschieden jetzt Amts- und Landgericht Coburg und wiesen deshalb eine Klage auf Gewährung von Deckungsschutz ab. Die Folgekündigung sei eine rechtlich selbständige Arbeitgeberkündigung, damit also ein Ereignis nach Ende des Versicherungsvertrages – und die Versicherung nicht eintrittspflichtig.

Sachverhalt

Der klagende Versicherungsnehmer war bei der Beklagten rechtsschutzversichert. Als sein Arbeitgeber ihm kündigte, zog er vor das Arbeitsgericht. Die Kosten für diese Kündigungsschutzklage übernahm die Beklagte. Als der Arbeitgeber schließlich vor dem Landesarbeitsgericht verlor, kündigte er dem Kläger die Arbeitsstelle nochmals. Dessen Versicherungsverhältnis war inzwischen aber beendet. Gleichwohl wollte er von seinem Ex-Versicherer aber Rechtsschutz, um auch gegen die neue Kündigung vorgehen zu können. Diese sei nämlich eine bloße Reaktion seines Arbeitgebers auf den verlorenen Prozess und daher Ausfluss der ersten Kündigung. Die Rechtsschutzversicherung verweigerte den Rechtsschutz.

Gerichtsentscheidung

Zu Recht, befanden Amts- und Landgericht Coburg. Es liege gerade kein „Dauer„-Rechtsschutzfall vor. Zwar wäre die zweite Kündigung logischer Weise unterblieben, hätte die erste Erfolg gehabt. Dies führe aber nicht dazu, dass die Versicherung auch für Prozesse gegen nach Vertragsende ausgesprochene Kündigungen aufzukommen habe. Die neue Kündigung sei rechtlich selbständig und müsse auch separat angegriffen werden.

Fazit

Die Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung ist beendet – ob das auch für das Arbeitsverhältnis des Klägers gilt, bleibt offen.

(Amtsgericht Coburg, Az: 11 C 739/01; Landgericht Coburg, Az: 33 S 8/02; rechtskräftig)

Zur Rechtslage:

Die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB) sind ein Unterfall der „Allgemeinen Vertragsbedingungen„ (AGB). Sie werden bei praktisch jedem Versicherungsvertrag mitvereinbart. Ein genauer Blick in das Kleingedruckte ist dabei jedenfalls zu empfehlen.

Die für den geschilderten Fall maßgebliche Klausel lautet:

§ 4 ARB 1994 [Voraussetzungen für den Anspruch auf Rechtsschutz]:

(1) Anspruch auf Rechtsschutz besteht nach Eintritt eines Rechtsschutzfalles

a) …

c)… von dem Zeitpunkt an, in dem der Versicherungsnehmer oder ein anderer einen Verstoß gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften begangen haben soll.

Die Voraussetzungen (…) müssen nach Beginn des Versicherungsschutzes (…) und vor dessen Beendigung eingetreten sein. (…)

(2) Erstreckt sich der Rechtsschutzfall über einen Zeitraum, ist dessen Beginn maßgeblich. Sind für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen mehrere Rechtsschutzfälle ursächlich, ist der erste entscheidend. (…)