LG Coburg: Zur Frage, ob der Kaskoschutz für Diebstahl verloren geht, wenn man den Autoschlüssel in einer frei zugänglichen Turnhallenumkleidekabine vergisst

Kurzfassung

Wer seinen Autoschlüssel beim Hallensport versehentlich in der Umkleidekabine lässt, verliert bei Pkw-Entwendung nicht in jedem Fall den Kasko-Versicherungsschutz. War er
irrtümlich der Ansicht, er habe den Schlüssel mit in die Turnhalle genommen, muss die Versicherung zahlen.

Das entschied jetzt das Landgericht Coburg und sprach einem Versicherten rund 7.000,- € Versicherungsleitung zu. Das klagende Diebstahlsopfer habe zwar fahrlässig,
nicht aber grob fahrlässig gehandelt – weshalb die Versicherung die Entschädigungsleitung zu Unrecht verweigert habe.

Sachverhalt

Der Kläger hatte bei der beklagten Versicherung sein Auto kasko- und damit auch gegen Diebstahl versichert. Beim Umziehen für das Tischtennistraining ließ er nicht nur seine
Kleider, sondern versehentlich auch den Autoschlüssel in der nicht abgesperrten – und von der Halle aus nicht einsehbaren – Umkleide zurück. Er selbst dachte
allerdings irrtümlich, er habe alle Wertsachen in seine Sporttasche gepackt – und riet seinen Vereinskollegen sogar noch, ihre Kleidung in der Kabine nochmals auf
vergessene Wertsachen hin zu überprüfen. Fündig wurde dann aber nur ein unbekannter Dieb, der sich mit Schlüssel und Fahrzeug des Klägers davon machte. Schaden: fast 7.000,-
€. Die Kaskoversicherung verweigerte Zahlungen: der Kläger habe den Diebstahl durch grobe Fahrlässigkeit verursacht.

Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Coburg sah es anders. Nach dem Gesetz werde die Versicherung bei grober Fahrlässigkeit ihres Versicherungsnehmers leistungsfrei. Grob fahrlässig handele aber
nur, wer jedermann einleuchtende Sicherungs- und Verhaltensmaßregeln außer Acht lasse. Und der Kläger habe zwar in objektiver Hinsicht grob gegen die ihn treffenden
Verwahrungspflichten verstoßen. Ihn treffe jedoch in subjektiver Hinsicht kein Verschulden, das nach allgemeinem Standard nicht mehr verständlich erscheine –
schließlich sei er gerade der festen Überzeugung gewesen, den Schlüssel mit in die Halle genommen zu haben. Es liege vielmehr ein Irrtum vor, wie er tagtäglich vorkomme.
Alles in allem sei das nur „einfach“, nicht aber „grob“ fahrlässig. Die Versicherung müsse daher zahlen.

Fazit

Einfache oder grobe Fahrlässigkeit – eine kleiner juristischer Unterschied mit für den Kläger „feiner“ Folge.

(Landgericht Coburg, Az: 21 O 718/01; rechtskräftig)

Ergänzende Anmerkungen zur Rechtslage:

Die Leistungsfreiheit der Kasko-Versicherung bei grob fahrlässigem Verhalten des Versicherungsnehmers folgt aus § 61 VVG. Dieser lautet:

[Schuldhafte Herbeiführung des Versicherungsfalles] Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall
vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt.